Denzelt (Echternach)
Der Denzelt (luxemburgisch: Dënzelt) ist ein historisches Gebäude auf dem Marktplatz von Echternach in Luxemburg und der ehemalige Dingstuhl der Stadt.[1] Der Name stammt aus dem althochdeutschen Wort thing, was „Versammlung“ oder „Zusammenkommen“ bedeutet.
Das Gebäude
BearbeitenEin genaues Baujahr des Gebäudes ist nicht bekannt, möglicherweise 1236. Im Jahr 1374 ließ Abt Wilhelm von Kerpen das Gebäude aufkaufen, das den Namen Dinstoil („Dingstuhl“) bzw. Dënzelt („Dingzelt“) erhielt. Der Bürger Johann Buschin hatte die Aufgabe, darin die Verwaltung der Stadt Echternach einzurichten. 1444, in der Amtszeit des Abtes Winand von Gluwel (1437–1465), wurde der Denzelt durch ein Feuer zerstört und wiederaufgebaut. Das innere Gewölbe des Gebäudes überstand das Feuer. Unter Abt Robert von Monreal († 1539) wurde der Denzelt 1520 im Stil der Spätgotik bzw. der Renaissance umgebaut. 1512 stattete Kaiser Maximilian I. Gebäude, Kloster und Stadt einen Besuch ab.[2][3] Nach einem weiteren Feuer wurden unter Abt Benedikt Zender (1694–1717) im Jahr 1705 barocke Elemente hinzugefügt. 1895–1896 wurden weitere Änderungen an der Fassade nach Plänen des Architekten Karl Arendt vorgenommen. Neben den neugotischen Elementen wurden Statuen an der Fassade angebracht, Arbeiten des Aachener Bildhauers Lambert Piedboeuf aus dem Jahr 1896. Diese stellen die vier Kardinaltugenden Klugheit (Prudentia), Tapferkeit (Fortitudo), Mäßigung (Temperantia) und Gerechtigkeit (Justitia), die Mutter Gottes, König Salomon sowie den Abt Robert von Monreal (1506–1539) vorn an der rechten Seite als einzige historische Figur dar.
Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gebäude teilweise zerstört, es wurde jedoch wiederaufgebaut. Zuletzt wurden 1993/1994 Sanierungsarbeiten durchgeführt, unter anderem am Dachstuhl. Seit dem 4. Juni 1974 steht der Dënzelt als Nationaalt Monument unter Denkmalschutz.
Funktion
BearbeitenDas Gebäude war der Sitz des ehemaligen Schöffengerichts, welches in der offenen Halle abgehalten wurde. Außerdem waren dort ein Gefängnis und eine Folterkammer untergebracht.[4] Heutzutage befindet sich der Sitzungssaal der Stadt im Dënzelt. Hier werden die Sitzungen des Gemeinderats abgehalten. Ebenfalls befindet sich das Standesamt, Büros, das Stadtarchiv und ein Ausstellungsraum im Gebäude. Außen am Gebäude hinter den Frontarkaden ist eine Bronzeplatte mit dem Siegel der Gräfin Ermesinde II. und lateinischem Text angebracht, der an die Verleihung der Stadtrechte durch sie im Jahr 1236 erinnert.[5] Das Siegel der Gräfin Ermesinde, flankiert von den Jahreszahlen 1236 und 1936, hat die Siegelumrandung: SIGILLVM HERMESSENDIS COMITISSE DE LVXEMBVRG(O) ET DE RVPE (Siegel Ermesindes, Gräfin von Luxemburg und von La Roche-en-Ardenne (lat. Rupes Arduennae)).
Darunter ist in lateinischen Bronzeunzialen eingelassen:
ERMESINDI EPTERNACVM POST SAECVLA SEPTEM
PIA REGENTE CAROLA MAGNA DVCE
HANC TABVLAM COMITI POSVIT QVAM LIBERTATVM
CHARTAM DEDISSE GRATA GAVDET CIVITAS
zu Deutsch:
Echternach hat nach sieben Jahrhunderten,
unter der fromm herrschenden Großherzogin Charlotte
diese Tafel für die Gräfin Ermesinde anbringen lassen,
dass sie (Gräfin Ermesinde) ihr den Freiheitsbrief gegeben hat,
freut sich die dankbare Stadt (Bürgerschaft).
Literatur
Bearbeiten- Jean-Venceslas-Charles Arendt: Der sogenannte 'Dingstuhl' auf dem Marktplatz in Echternach. In: Ons Hémecht. 1895, S. 68–73.
- Christina Mayer: Topographie der Baukultur des Großherzogtums Luxemburg. Hrsg.: Ministère de la culture, Service des sites et monuments nationaux. 1: Kanton Echternach, 2010, ISBN 978-2-495-15120-7, S. 268.
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Echternach. In: trifolion.lu (TRIFOLION Echternach – Centre Culturel, Touristique et de Congrès);. 6. August 2012, archiviert vom (nicht mehr online verfügbar) am 4. März 2016; abgerufen am 3. Juni 2023. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Luxemburger Illustrierte Nr.10, S. 147
- ↑ Luxemburger Illustrierte Nr.10, S. 148
- ↑ SEHENSWUERDIGKEITEN – Ein Kulturweg durch die Echternacher Altstadt. In: Echternach Tourist;. 4. August 2012, archiviert vom am 10. April 2013; abgerufen am 3. Juni 2023. Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
- ↑ Chronique de la Ville d’Echternach. Administration Communale de Echternach, archiviert vom am 2. Dezember 2011; abgerufen am 4. August 2012 (französisch).
Koordinaten: 49° 48′ 46,5″ N, 6° 25′ 13,6″ O