Der Arme und der Reiche

Märchen in der Fassung der Brüder Grimm

Der Arme und der Reiche ist ein Märchen (ATU 750A). Es steht in den Kinder- und Hausmärchen der Brüder Grimm an Stelle 87 (KHM 87). Zudem ist es auch im polnischen Sprachraum bekannt.[1]

Erstausgabe von 1815

Der liebe Gott auf Wanderschaft will abends bei einem Reichen einkehren, weil er dem wohl wenig zur Last fällt, aber wird abgewiesen. Der Arme im Haus gegenüber und dessen Frau nehmen ihn freundlich auf, essen mit ihm und bestehen darauf, dass er ihr Bett zum Schlafen nimmt. Morgens gewährt Gott ihnen drei Wünsche, und der Mann wählt Seligkeit, Gesundheit und bekommt noch ein schöneres Haus dazu. Als der Reiche das hört, ärgert er sich. Seine Frau lässt ihn dem Wanderer nachreiten und auch drei Wünsche erbitten. Gott gewährt sie ihm, rät ihm jedoch davon ab, sie umzusetzen. Doch auf dem Heimweg überlegt der Reiche krampfhaft, wie er sich genug wünschen könnte. Dabei stört ihn sein unruhiges Pferd so, dass er es totwünscht. Er muss mit dem Sattel auf dem Rücken zurücklaufen und verwünscht seine Frau daheim, die auf dem Sattel sitzen und nicht mehr herunter können sollte. Zu Hause will er allein über den verbliebenen Wunsch nachdenken, aber muss seine Frau von dem Sattel erlösen und vertut so auch den dritten Wunsch.

Herkunft

Bearbeiten

Das Märchen ist in den Kinder- und Hausmärchen seit dem zweiten Teil der Erstauflage enthalten, wo es an erster Stelle steht (insgesamt Nr. 87). Die Anmerkungen notieren aus der Schwalmgegend und ergehen sich in verständlicherweise vielfältigen Varianten. Aus Grimms Sammlung vergleichen sie KHM 13 Die drei Männlein im Walde, KHM 24 Frau Holle, KHM 135 Die weiße und die schwarze Braut und KHM 103 Der süße Brei.

Das Märchen dürfte auf die unzähligen mittelalterlichen Rezeptionen des griechischen Mythos von Philemon und Baucis zurückgehen.[2]

Vergleiche auch: KHM 81 Bruder Lustig, KHM 82 De Spielhansl, KHM 142 Simeliberg, KHM 182 Die Geschenke des kleinen Volkes; Die drei Wünsche in Ludwig Bechsteins Neues deutsches Märchenbuch; Sodom und Gomorrha; Weihnachtsgeschichte.

Versionen

Bearbeiten

In Ernst Heinrich Meiers Werk Deutsche Volksmärchen aus Schwaben (Stuttgart 1852) wurden zwei Versionen des Märchens abgedruckt. In der ersten (Nr. 40), mit dem grimmschen Titel, tötet Gott den reichen Bauer als dieser nach den Wünschen begehrend zudringlich wird.[3] In der zweiten (Nr. 65), die den Titel Die drei Wünsche erhielt, gibt die Frau den ersten Wunsch für eine Hechel aus, woraufhin der Mann im Zorn über den verschwendeten Wunsch wünscht, dass sie darauf reiten solle, was auch sogleich geschieht. Um sie von dem blutigen Ritt zu erlösen gebraucht er den dritten Wunsch dafür, die Hechel vom Henker holen zu lassen, wodurch sie mit leeren Händen dastehen.[4]

Eine polnische Version des Artia-Verlags, die im Deutschen den Titel Drei Wünsche erhielt, erzählt davon, wie die Frau probeweise einer Kuh ein drittes Horn wünscht, woraufhin ihr Mann ihr dieses im Zorn auf die Stirn wünscht, wovon er sie schließlich wieder befreien muss.[1] Es existieren etliche weitere Versionen des Märchens, ohne die Vorerzählung von einem guten und einem schlechten Ehepaar und in denen sich meist eine Wurst gewünscht wird. Ein bekanntes Beispiel dafür ist Charles Perraults Die törichten Wünsche.

Literatur

Bearbeiten
Bearbeiten
Wikisource: Der Arme und der Reiche – Quellen und Volltexte

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. a b Polnische Märchen. Artia Verlag, Prag 1990, S. 174–179; erzählt von Oldřich Sirovátka.
  2. Röhrich, Lutz: Märchen – Mythos – Sage. In: Siegmund, Wolfdietrich (Hrsg.): Antiker Mythos in unseren Märchen. Kassel 1984. S. 27–30. (Veröffentlichungen der Europäischen Märchengesellschaft Bd. 6; ISBN 3-87680-335-7)
  3. Ernst Heinrich Meier: Der Arme und der Reiche. In: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. C.P. Scheitlin’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, S. 139–141; Digitalisat. zeno.org.
  4. Ernst Heinrich Meier: Die drei Wünsche. In: Deutsche Volksmärchen aus Schwaben. C.P. Scheitlin’s Verlagshandlung, Stuttgart 1852, S. 233–236; Digitalisat. zeno.org.