Deutscher Krug (Chemnitz)
Der Deutsche Krug in Chemnitz, Lohgasse 3,[1] spätestens ab 1906 Lohstraße 3,[2] war im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert ein ausdrücklich antisemitisch ausgerichtetes[3] Restaurant, in dem auch Bildpostkarten mit Juden-Karikaturen herausgegeben und verkauft wurden.[4]
Geschichte
BearbeitenInhaber des Deutschen Krugs war der als bieder angesehene Chemnitzer Wirt Emil Krug.[4] In seiner Restauration gründeten Alte Herren vom Weinheimer Senioren-Convent am 28. Oktober 1893 eine monatlich abzuhaltende Kneipe nebst weiteren Zusammenkünften jeweils sonnabends.[5]
Spätestens 1895 wurden in dem antisemitischen Restaurant auch Schmähkarten mit entsprechenden Versen und Karikaturen verkauft. Die von Emil Krug selbst gezeichneten Illustrationen griffen – einen damaligen Zeitgeist bedienend – auch aktuelle Ereignisse auf. So kommentierte beispielsweise eine im Eigenverlag um 1895 herausgegebene und „Kursaal zu Kissingen“ betitelte Postkarte,[4] die die Affäre um die aus New York angereiste Familie von Louis Stern aufgriff:[6]
- „Schade, daß es in Kissingen keinen Krugwirth giebt, er hätte den Stern sicher ebenso promt an Ort und Stelle spedirt, wie s. Zt. den Ramscher aus New York.“[4]
In der Beilage der anfangs von dem völkisch-antisemitischen Publizisten, Verleger und Politiker Theodor Fritsch, später von Max Liebermann von Sonnenberg herausgegebenen Deutsch-Sozialen Blätter schaltete Emil Krug regelmäßig Anzeigen für seine so bezeichnete „Antisemiten-Kneipe“, in der er – „hochachtungsvoll“ – neben den im Parterre und im ersten Stock servierten Bieren auch „Speisen vorzügl. Flotte Bedienung“ bewarb.[7]
In der vom Jüdischen Museum Frankfurt 1999 veranstalteten Wanderausstellung „Abgestempelt. Judenfeindliche Postkarten“ auf der Grundlage der Sammlung von Wolfgang Haney[8] sowie in den 2016 von der Bundeszentrale für politische Bildung herausgegebenen Begleitmaterialien für Lehrerinnen und Lehrer zur Ausstellung fand sich ein weiteres Produkt aus dem Hause des Chemnitzer Deutschen Kruges: Die auf die 1890er Jahre datierte Postkarte mit dem Titel
karikiert einen mit Pickelhaube unbeholfen marschierenden und ungepflegt gekleideten Juden mit Hakennase, über dessen Anblick sich ein „korrekt deutsch“ gekleideter Beamter empört.[9]
Weblinks
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Angaben auf der Bildpostkarte "Ahasver ..."
- ↑ Adressbuch der Fabrik- und Handelsstadt Chemnitz von 1906
- ↑ Bildseite "Marschall Roberts ..."
- ↑ a b c d X. D.: Chemnitz ..., in: Mittheilungen aus dem Verein zur Abwehr des Antisemitismus, 5. Jahrgang, Ausgabe Nummer 34 vom 24. August 1895, S. 268; Google-Books
- ↑ o. V.: Aus dem Leben und Treiben der Alten Herren, in: Weinheimer SC-Nachrichten, 2. Jahrgang, Heft 8, München: Arachne-Verlag, 1893; S. 85; Google-Books
- ↑ Johanna Lutteroth: Kaiserreich-Posse / Eklat im Kursaal, illustrierter Artikel auf der Seite des Magazins Der Spiegel vom 13. Januar 2012, zuletzt abgerufen am 22. September 2023
- ↑ Max von Sonnenberg (Hrsg.): Deutsch-Soziale Blätter, 11. Jahrgang (1896), Leipzig: Verlag von Hermann Beyer, passim; Google-Books
- ↑ Helmut Gold, Georg Heuberger (Hrsg.): Abgestempelt. Judenfeindliche Postkarten. Auf der Grundlage der Sammlung Wolfgang Haney. Eine Publikation der Museumsstiftung Post und Telekommunikation und des Jüdischen Museums Frankfurt am Main anläßlich der Ausstellung "Abgestempelt - Judenfeindliche Postkarten" im Jüdischen Museum Frankfurt am Main und im Museum für Post und Kommunikation Frankfurt am Main (14.4.1999 - 1.8.1999)
- ↑ Thomas Goll: Wanderausstellung abgestempelt - Judenfeindliche Postkarten. Begleitmaterialien für Lehrerinnen und Lehrer, hrsg. von der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2016; als PDF-Datei
Koordinaten: 50° 49′ 55,2″ N, 12° 55′ 2,4″ O