Deutscher Verband für Equality Tanzsport

bundesweiter Fachverband des Deutschen Tanzsportverbandes

Der Deutsche Verband für Equality Tanzsport e.V. (DVET) ist ein bundesweiter Fachverband des Deutschen Tanzsportverbandes mit besonderer Aufgabenstellung und mit eigener Sporthoheit.

Deutscher Verband für Equality Tanzsport e.V. (DVET)
Sportart Equality Tanzsport
Gegründet 2. Mai 2008[1]
Gründungsort München[2]
Präsident Jörg Jüngling
Vereine 32[3]
Verbandssitz Köln
Website https://www.equalitydancing.de

Der Verband koordiniert die jährlichen Internationalen Offenen Deutschen Meisterschaften für Frauen- und Männerpaare in den Standard- und Lateinamerikanischen Tänzen.[4] 2019 organisierte der DVET federführend die Tanzturniere im Rahmen der EuroGames 2019 in Rom.[5]

Dem Leitbild des DVET entsprechend sind Turniere des DVET grundsätzlich offen für alle, die gleichgeschlechtlich tanzen wollen – unabhängig von ihrer sexuellen Orientierung. Von den Teilnehmenden wird erwartet, dass sie „sich als Teil der Equality-Tanzszene mitsamt ihrer Wurzeln in der LGBT­Community verstehen und sich entsprechend verhalten, dieser mit Wertschätzung begegnen und sich sportlich fair verhalten.“[6]

Über den DVET starten Tanzpaare bei den EuroGames und den damit verbundenen Equality Dancing Europameisterschaften.[7]

Geschichte

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Der DVET wurde am 2. Mai 2008 von Equality-Tänzern, Turnierausrichtern, Club-Vertretern, Trainern und Wertungsrichtern gegründet. Der Gründung war die Entwicklung des gleichgeschlechtlichen Tanzens vor allem seit den 1980er-Jahren vorausgegangen, und in den 1990er-Jahren waren Equality-Tanz-Turniere ausgetragen worden – zunächst vor allem durch schwul-lesbische Sportvereine, die sich um eine Tanzsparte erweiterten, später zunehmend auch durch gemischtgeschlechtliche Tanzsportvereine.[2]

Am 27. November 2010,[8] nach einem im August gestellten Antrag,[9] wurde der Verband als Fachverband in den Deutschen Tanzsportverband (DTV) aufgenommen,[10] dem einzigen nationalen Dachverband des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) für die Sportart „Tanzen“. Der DVET war damit weltweit die erste Vereinigung von Equality-Tänzern, die von einem nationalen Sportspitzenverband aufgenommen wurde, der in seinem Land offiziell und alleinig die Sportart Tanzen vertritt.[8]

Die Teilnahme gleichgeschlechtlicher Paaren an den Turnieren des DVT war lange Zeit nicht vorgesehen; beispielsweise wurde Wertungsrichtern mit einer Sperre gedroht, wenn sie Equality-Turniere werteten.[11] Bereits in den Anfängen des Equality-Tanzsports wurde über die Möglichkeit diskutiert, gleichgeschlechtlichen Paaren die Teilnahme in DTV-Turnieren zu gestatten; stattdessen wurde damals entschieden, eigenständige und vom DTV unabhängige Equality-Turniere zu veranstalten.

Auf Entscheidung der European Gay and Lesbian Sports Federation (EGLSF) hin war der DVET anstelle der ESSDA federführender Organisator der Tanzturniere im Rahmen der EuroGames 2019, die im Juli 2019 in Rom stattfanden.[5][12]

Medien berichten, der Equality-Tanz werde außerhalb der Szene noch immer „belächelt“.[13][14] Als Vorteil wird unter anderem genannt, dass der Rollenwechsel Tänzern ein besseres Verständnis und Gespür für das Führen und Folgen vermitteln könne.[15]

Turniere

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Internationale Offene Deutsche Meisterschaften

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Die jährlich stattfindenden Internationalen Offenen Deutschen Meisterschaften für Frauen- und Männerpaare in den Standard- und Lateinamerikanischen Tänzen (auch „Equality-DM“ genannt) findet in unterschiedlichen Städten Deutschlands statt.[13][16][17][18][19][20][21] Die Meisterschaften sind für Frauen- und Männerpaare zugänglich. "Offen" steht für nationale Meisterschaften, bei denen auch internationale Equalitypaare antreten dürfen, hier jedoch keinen Titel erringen können. Außerdem steht "offen" für Diversität und Inklusion im Rahmen der sportlichen Wettkämpfe.[22]

Die Meisterschaften werden vom DVET in Kooperation mit lokalen DVET-Mitgliedsvereinen organisiert.

Die Schirmherrschaft für die 17. Meisterschaften 2022 in Köln übernahm Oberbürgermeisterin Henriette Reker.[23]

Turnierregeln

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Gemäß den Turnierregeln des DVET wird ein Tanzpaar in der Regel durch zwei Personen des gleichen Geschlechts gebildet; Geschlecht ist hierbei gemäß der EGLSF definiert. Intersexuelle, Transgender und Transsexuelle können beim Sportausschuss des DVET eine hiervon abweichende Behandlung beantragen. Jedes teilnehmende Tanzpaar kann selbst entscheiden, wer „führend“ oder „folgend“ tanzt. Führungswechsel sind jederzeit möglich, sowohl von Tanz zu Tanz als auch innerhalb eines einzelnen Tanzes. Sofern gemischte Turniere (mit gleichgeschlechtlichen und gemischtgeschlechtlichen Paaren) organisiert werden, „soll dem Geist des Equality-Tanzsports insofern Rechnung getragen werden, dass Führende und Folgende ihre Rolle unabhängig von ihrem Geschlecht tauschen müssen bzw. ausschließlich in der Rolle tanzen, die dem gemischtgeschlechtlichen Tanzen widerspricht“.[24]

Die Turnierregeln stimmen zu weiten Teilen mit denen der der European Same-Sex Dance Association (ESSDA) überein. Sie sind an die der World DanceSport Federation (WDSF), des World Dance Council (WDC) und des Deutschen Tanzsportverbands (DTV) angelehnt, einzelne Regeln wurden jedoch durch spezifische Regeln für den Equality-Tanzsport ersetzt. Die wesentlichen acht Unterschiede der DVET-Regeln zu denen der WDSF/WDC/DTV sind Folgende: sie

  • erlauben mehr Flexibilität in den Teilnahmebedingungen;
  • berücksichtigen, dass Paare nicht immer in jedem Turnier in der gleichen Startklasse tanzen;
  • bieten ein eigenes Klassifizierungssystem;
  • berücksichtigen, dass die Rollen von „Führenden“ und „Folgenden“ auswechselbar und nicht geschlechtsspezifisch sind;
  • ermöglichen verschiedenen Altersgruppen die flexible Teilnahme innerhalb eines Turnieres;
  • haben keine Figurenbegrenzungen für die unteren Klassen;
  • haben keine Kleiderregeln;
  • unterscheiden nicht zwischen Breitensport, Turniersport und Professionals.[24]

In der Regel wird ein Turnier für die Klassen D-Klasse bis A-Klasse ausgeschrieben. Anders als beim DVT ist beim DVET keine S-Klasse vorgesehen.[24] Das Equality-Tanzen weicht teils deutlich vom Erscheinungsbild im Heterobereich ab, und dies ist bei der Klasseneinteilung zu berücksichtigen. Im Turnier liegt eine Herausforderung für das Wertungsgericht in der Würdigung der erhöhten Schwierigkeit, die ein Rollentausch darstellt.[6]

Mitgliedsvereine

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Dem Fachverband des Deutschen Tanzsportverbandes gehören über dreißig Mitgliedsvereine in ganz Deutschland an.

Bundesland Mitgliedsvereine[3] Ort
Baden-Württemberg  Baden-Württemberg TSC Villingen-Schwenningen e.V. – TBW Villingen-Schwenningen
Baden-Württemberg  Baden-Württemberg Schwarz-Weiß-Club Esslingen e.V. Esslingen
Bayern  Bayern Team München e.V. München
Bayern  Bayern Tanzsportclub Savoy München e.V. München
Bayern  Bayern Tanzsportgemeinschaft Fürth e.V. Fürth
Berlin  Berlin TSC Richtigrum Berlin e.V. Berlin
Berlin  Berlin berliner tanzsportclub Grün-Gold & pinkballroom Berlin
Brandenburg  Brandenburg Sportverein Motor Eberswalde e.V. - Abtlg. Tanzen Schorfheide
Bremen  Bremen TanzCentrum Gold und Silber Bremen e.V. Bremen
Hamburg  Hamburg Startschuss Schwul/Lesbischer Sportverein Hamburg e.V. Hamburg
Hamburg  Hamburg Club Céronne im ETV Hamburg e.V. Hamburg
Hamburg  Hamburg Club Saltatio Hamburg e.V. Hamburg
Hessen  Hessen Artemis Sport Frankfurt e.V. Frankfurt
Hessen  Hessen TSC TANZ usw.! Frankfurt am Main e.V. Frankfurt am Main
Hessen  Hessen Schwarz-Silber e.V. Frankfurt Frankfurt am Main
Hessen  Hessen TSZ Blau-Gold Casino Darmstadt e.V. Darmstadt
Hessen  Hessen Tanz-Sport-Club Fischbach e.V. Kelkheim
Mecklenburg-Vorpommern  Mecklenburg-Vorpommern -
Niedersachsen  Niedersachsen TanzArt der etwas andere Sportverein e.V. (Hannover) Hannover
Nordrhein-Westfalen  Nordrhein-Westfalen Warminia Anstoß Bielefeld e.V. Bielefeld
Nordrhein-Westfalen  Nordrhein-Westfalen TSC conTAKT Düsseldorf e.V. Düsseldorf
Nordrhein-Westfalen  Nordrhein-Westfalen Tanzsportclub Dortmund e.V. Dortmund
Nordrhein-Westfalen  Nordrhein-Westfalen TC Seidenstadt Krefeld e.V. Krefeld
Nordrhein-Westfalen  Nordrhein-Westfalen Tanzsportclub Schwarz-Gold Coesfeld e.V. Coesfeld
Nordrhein-Westfalen  Nordrhein-Westfalen Swinging Sisters-Frauen für mehr AkzepTANZ e.V. Köln
Nordrhein-Westfalen  Nordrhein-Westfalen TTC Rot-Gold Köln e.V. Köln
Nordrhein-Westfalen  Nordrhein-Westfalen TSC Mondial e.V. Köln
Nordrhein-Westfalen  Nordrhein-Westfalen TSC Schwarz-Gelb Aachen e.V. Aachen
Nordrhein-Westfalen  Nordrhein-Westfalen TSC Blau-Gold-Rondo Bonn e.V. Bonn
Rheinland-Pfalz  Rheinland-Pfalz -
Saarland  Saarland -
Sachsen  Sachsen Tanzsportklub Residenz Dresden e.V. Dresden
Sachsen-Anhalt  Sachsen-Anhalt -
Schleswig-Holstein  Schleswig-Holstein Tanzen in Kiel e.V. Kiel
Schleswig-Holstein  Schleswig-Holstein TSA d. Gettorfer TV 1889 e.V. Gettorf
Thüringen  Thüringen Tanzclub Kristall Jena e.V. Jena
Alle Länder 32 Vereine (Stand: 2024)

Mitgliedschaften

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Der Verband ist Mitglied in folgenden Verbänden:

Sportliche Erfolge (Auswahl)

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Bei der Europameisterschaft im gleichgeschlechtlichen Tanzen im Rahmen der EuroGames 2024 gingen sieben Europameistertitel und 22 Medaillen an Paare des DVET.[25]

Bei der im November 2023 ausgetragenen Weltmeisterschaft im Equality-Tanzsport im Rahmen der Gay Games XI. in Guadalajara, Mexiko, stellte der DVET sechs A-Paare, mehr als alle anderen Länder aus Europa zusammengenommen; die meisten Teilnehmer kamen aus den USA.[26] Das Paar Simone Biagini und Thomas Bensch aus Deutschland siegte in drei Turnieren und war damit das erfolgreichste Männerpaar dieser WM.[27]

Kritik der Trennung in DVET- und DVT-Turniere

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Manche Tänzer haben die Trennung der DEVT-Equality-Turniere von den DTV-Turnieren kritisiert, da es sich um den gleichen Sport auf gleich hohem Niveau handele; eine Teilnahme von Equality-Paaren an klassischen Turnieren wie zum Beispiel in England und Österreich sei ihrer Auffassung nach vorzuziehen.[14][28]

Als hervorstechendes Merkmal des Equality-Tanzes wird immer wieder die Möglichkeit des Führungswechsels betont, der in DVT-Turnieren nicht möglich ist. Allerdings sei auch in DVET-Turnieren ein Führungswechsel vor allem in den höheren Klassen seltener geworden: „schließlich sei es leichter, eine Rolle zu perfektionieren als zwei“.[13]

2022 und 2024 veranstaltete der DVET Symposien zur Frage der Teilnahme gleichgeschlechtlicher Paare in Mainstream-Tanzturnieren sowie zu Geschlechterrollen im DTV und im DVET.[29]

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Einzelnachweise

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  1. Equality-Tänzer gründen Deutschen Verband. In: tanzsport.de. Abgerufen am 5. August 2024.
  2. a b Die Geschichte des Equality-Tanzsportes in Deutschland. In: equalitydancing.de. Abgerufen am 5. August 2024.
  3. a b Ordentliche Mitglieder des DVET. Mitgliedsvereine. In: equalitydancing.de. Abgerufen am 8. August 2024.
  4. Internationale Offene Deutsche Meisterschaften für Frauen- und Männerpaare (Equality-DM)
  5. a b 19.04.2019 /// Common declaration and press release of EGLSF, EuroGames 2019 Roma and DVET referring to the dance tournaments of the EuroGames 2019 in Rome. In: http://romaeurogames-dance.eu. 19. April 2019, abgerufen am 9. August 2024 (englisch).
  6. a b Präsidium und Sportausschuss des DVET: Leitbild des DVET. Selbstverständnis des Equality-Tanzsports im DVET. In: equalitydancing.de. 16. Mai 2013, abgerufen am 8. August 2024.
  7. Equality EM: Titel und Medaillen für Deutschland tanzsport.de
  8. a b Deutscher Verband für Equality Tanzsport e.V. (DVET). In: tanzsport.de. Abgerufen am 5. August 2024.
  9. Außerordentlicher Verbandstag 2010 colordance.de
  10. Fachverbände tanzsport.de
  11. Geschlechterstereotype umtanzen. Interview mit dem Frauentanzpaar Marina Hüls und Ute Graffenberger. In: Blog der Hirschfeld-Eddy-Stiftung. 21. April 2017, abgerufen am 9. August 2024.
  12. a b Breaking News: Tanzturniere der EuroGames 2019 in Rom. In: equalitydancing.de. Abgerufen am 9. August 2024.
  13. a b c Philipp Awounou: Meisterschaft im Equality-Tanzsport: „Rettet den Führungswechsel!“ In: spiegel.de. Der Spiegel, 22. Mai 2018, abgerufen am 10. August 2024.
  14. a b Kristina Bräutigam: Männer, die mit Männern tanzen. In: hanauer.de. Hanauer Anzeiger, 13. März 2024, abgerufen am 12. August 2024.
  15. Ballroom und Equality: Wenn wir uns beim Tanzen von Konventionen befreien. In: deutschlandfunknova.de. 19. Mai 2023, abgerufen am 12. August 2024.
  16. Stefan Gerken: Equality Tanzsport: Gleichgeschlechtliches Frauen-Tanzpaar des Gettorfer TV gewinnt überraschend DM-Silber. In: shz.de. Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag, 12. Mai 2023, abgerufen am 10. August 2024.
  17. Stefan Gerken: Equality Tanzsport: Alina Schumann und Hanna Biastoch vom GTV trumpfen bei internationaler DM auf. In: shz.de. Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag, 27. Mai 2024, abgerufen am 10. August 2024.
  18. Sandra Kathe: Tanzturnier mal anders. In: fnp.de. Frankfurter Neue Presse, 15. November 2018, abgerufen am 10. August 2024.
  19. Bruno Sellschopp: Lateinformation Dancecrew verteidigt Deutschen Meistertitel in Köln. In: weser-kurier.de. Weser-Kurier, 29. Mai 2024, abgerufen am 12. August 2024.
  20. Dagny Lack: Tanzen mit Führungswechsel. In: eimsbuetteler-nachrichten.de. Eimsbuetteler Nachrichten, 30. Mai 2014, abgerufen am 10. August 2024.
  21. Antje Lesemann: Meisterschaften im Equality-Tanzen. In: inqueery.de. Abgerufen am 10. August 2024.
  22. Internationale Offene Deutsche Meisterschaften für Frauen- und Männerpaare (Equality-DM). In: Stadt Köln. Abgerufen am 11. August 2024.
  23. Sabine Hey: Erst kommt die Sichtungsrunde, dann die Meisterschaft. In: tanzspiegel 9-22. 2022, S. 49–50 (equalitydancing.de [PDF; abgerufen am 10. August 2024]).
  24. a b c Turnierregeln für Equality Tanzwettbewerbe des Deutschen Verbands für Equality Tanzsport (DVET). DVET, 5. April 2018, abgerufen am 9. August 2024.
  25. Lars Keller 21.07.2024: Equality EM: Titel und Medaillen für Deutschland - aktualisiert. EuroGames 2024 und Equality Dancing Europameisterschaften in Wien. In: tanzsport.de. 24. Juli 2024, abgerufen am 8. August 2024.
  26. Gold und Silber für Deutschland am ersten WM-Tag in Guadalajara. In: equalitydancing.de. Abgerufen am 8. August 2024.
  27. Thorsten Reulen: WM Equality: Vier WM-Titel für zwei Berliner Paare in Guadalajara. In: ltv-berlin.de. 10. November 2023, abgerufen am 8. August 2024.
  28. Theresa Ricke: Equality-Tanzpaar kritisiert Ausschluss von „Mainstream“-Turnieren. In: op-online.de. Offenbach-Post, 26. Juli 2023, abgerufen am 12. August 2024.
  29. Symposium „Equality-Paare auf DTV-Turnieren?” Equality-Tanzsport in der Tanzsportabteilung der TiB 1848 e.V, 8. Juni 2024, abgerufen am 9. August 2024.