Dictionnaire universel de la langue française (Boiste)

Wörterbuch von Pierre-Claude Boiste

Der Dictionnaire universel de la langue française von Pierre-Claude Boiste war eines der erfolgreichsten enzyklopädischen Wörterbücher der französischen Sprache. Es erschien von 1800 bis 1866 in 15 Auflagen.

Auflagen

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(1) 1800. (2) 1803. (3) 1808. (4) 1812. (5) 1819. (6) 1823. (7) 1828. (8) 1834. (9) 1839. (10) 1841. (11) 1843. (12) 1847. (13) 1851. (14) 1857. (15) 1866.

Beschreibung der zweiten Auflage von 1803

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Boiste verwirklicht das totalisierende Programm eines «Corps complet de la langue française» einschließlich «Encyclopédie portative» auf 571 Seiten mittels äußerster Gedrängtheit des Textes und extremer Platzausnutzung. Alain Rey spricht von unglaublich eng gesetzten Spalten, von einem Rekord an Gedrängtheit und einem Wunder an Platzersparnis (colonnes incroyablement serrées, record de concision, prodige d’économie).[1] Das eigentliche Wörterbuch A–Z (auf 418 Seiten) ist dreispaltig, setzt zur Kurzdefinition sporadisch lateinische Äquivalente hinzu (nach dem lateinischen Wörterbuch von Nicolas Lallemant, 1683–1764), wenn zum Beweis nötig auch Beleghinweise durch Nennung von Autoren, und listet fachliche Zusammensetzungen mit knappster Erklärung in großer Zahl.

Angeschlossen sind: eine vergleichende Synonymik von mehr als 1.000 Synonymengruppen auf 24 Seiten und ein Schwierigkeitenwörterbuch von 17 Seiten, ein zehnspaltiges (!) Reimwörterbuch auf 40 Seiten mit rund 35.000 Einträgen, eine Verslehre von 15 Seiten, eine Interpunktions- und Großschreibungslehre von 6 Seiten, eine dreispaltige Homonymenliste von 2 Seiten, Konjugationstafeln auf 8 Seiten, ein sechspaltiges Mythologielexikon von 11 Seiten, ein sechsspaltiges Lexikon berühmter Personen auf 18 Seiten und ein fünfspaltiges Lexikon von rund 15.000 geographischen Namen auf 40 Seiten. Dort findet man zum Beispiel die drei Eifelorte Prüm (Prum), Gerolstein (Gerolsteim) und Daun (Dauhn) samt Lage (Gerolsteim, b. [bourg] canton. Sarre). Der Eintragsreichtum garantierte den Verkaufserfolg.

Die Mitwirkung von Charles Nodier

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Boiste starb 1824. Schon für die sechste Auflage von 1823 hatte er in Charles Nodier die lebende Ikone der französischen Romantik als Herausgeber gewinnen können. Nodier war von dem totalisierenden Programm fasziniert, baute es weiter aus und gab ihm ab der siebten Auflage von 1828 den Untertitel „Pan-Lexique“ (Totallexikon). Ab der achten Auflage von 1834 legte er Wert auf Korrektur des überhandnehmenden Reichtums, der zum Wust geworden war, und rechtfertigte sich in einem bemerkenswerten Vorwort für seine Teilnahme an einem so unvollkommenen aber gleichzeitig unersetzlichen Werk.

Beschreibung der 13. Auflage von 1851

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Die 13. Auflage nennt als Herausgeber Nodier und Louis Barré. Sie druckt Nodiers Vorwort zur achten Auflage ab und setzt dem Wörterbuch eine ausführliche Gebrauchsanweisung voran, die als bemerkenswerter früher metalexikografischer Text gelten kann. Das Wörterbuch A–Z hat nun 756 Seiten. Die Anhänge sind durchgezählt und machen 241 Seiten aus. Gegenüber der zweiten Auflage ist eine 44-seitige Nomenklatur der Biologie und Medizin hinzugekommen, ferner ein Index der nicht alphabetisch auffindbaren Synonyme. Insgesamt ist die Anlage des Wörterbuchs nicht wesentlich verändert. Die Überarbeitung hat viele veraltete Informationen stehenlassen. So wird Gerolstein zwar jetzt korrekt geschrieben, aber immer noch als zum Kanton „Sarre“ gehörig angegeben.

Würdigung

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Boistes enzyklopädisches Wörterbuch ist ein extremes Beispiel für Informationsverdichtung auf Papier. Sein Wörterbuch gab mehreren in der Französischen Revolution und im napoleonischen Kaiserreich emporgekommenen Generationen die Illusion, die fehlende Bildung in einem Band mit sich herumtragen zu können. Das von Nodier geförderte, aber später für seinen inhaltlichen Gigantismus verlachte Wörterbuch darf als lexikografisches Meisterwerk seiner Zeit gelten und verdient intensivere Forschung.

Literatur

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  • Michel Glatigny: Un avatar du colinguisme lexical: Boiste 1803 ? In : Langage & société 83–84, 1998, S. 113–136.
  • Alain Rey: Dictionnaire amoureux des dictionnaires. Plon, Paris 2011, S. 184–189.
  • Jacques-Philippe Saint-Gérand: P. C. V. Boiste, tératolexicographe. L’exemple du Dictionnaire universel. In: Autour de Féraud - La lexicographie en France de 1762 à 1835. Éditions rue d’Ulm, Paris 1986, S. 119–127.
  • Verónica Cristina Trujillo González: Charles Nodier et le Dictionnaire universel de la langue francąise de Boiste (1834)a. De la critique lexicographique à la pratique éditoriale. In: Zeitschrift für Romanische Philologie 136, 2020, S. 996–1017.
  • Henri de Vaulchier: Charles Nodier et la lexicographie française. 1808–1844. Didier, Paris 1984.
  • Henri de Vaulchier (Hrsg.): Corpus des écrits métalexicographiques de Charles Nodier. 1808–1842. Honoré Champion, Paris 2008.
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Einzelnachweise

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  1. Rey 2011, S. 185, 186 und 187