Die fremde Frau und der Mann unter dem Bett

Erzählung von Fjodor Michailowitsch Dostojewski

Die fremde Frau und der Mann unter dem Bett[1] ist eine humoristische Erzählung des russischen Dichters Fjodor Michailowitsch Dostojewski. Sie erschien erstmals 1848 in zwei Teilen in der Zeitschrift „Vaterländische Annalen“. Später vereinigte Dostojewski die beiden Teile zu einer Erzählung und veröffentlichte sie 1860 in der zweibändigen Ausgabe seiner Werke. Die erste deutsche Übersetzung erschien 1920 im Musarion-Verlag in München.

Edvard Munch: Eifersucht, 1895.

Die Erzählung schildert das unruhige Leben eines krankhaft eifersüchtigen Mannes, der beim Ausspionieren seiner Frau groteske Abenteuer erlebt.

In der Erzählung mit dem Untertitel „Ein unmögliches Begebnis“ schildert der Erzähler die Geschichte eines älteren, eifersüchtigen Ehemanns, der an zwei aufeinanderfolgenden Abenden auf seinen lächerlichen Streifzügen durch Sankt Petersburg hinter seiner Gattin herjagt, um die Ungetreue in flagranti zu ertappen, mit seinem Vorhaben aber jedes Mal durch seine eigene Schusseligkeit scheitert.

Kapitel I (Die fremde Frau)

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Kapitel I beruht auf der Einzelerzählung „Die fremde Frau“ von 1848, die den Untertitel „Straßenszene“ trug.

Schabrin, ein vornehmer älterer Herr, lief unruhig vor einem Mietshaus in Sankt Petersburg auf und ab. In dem Haus vermutete er seine Frau Glafira, deren Treue er anzweifelte. Er traf auf Tworogow, einen jungen Mann, der ungeduldig seine Geliebte erwartete. Schabrin, in höchster Aufregung, sprach den jungen Mann unvermittelt an, schämte sich jedoch seines Anliegens, trippelte hin und her, stotterte herum, schwieg, rannte davon, kam unverhofft wieder zurück, und so fort. Schließlich gab er sich einen Ruck und fragte Tworogow schamhaft, ob er eine Dame gesehen habe, die Frau seines Freundes, er selbst sei Junggeselle, die ihm „fremde Frau“, sagte er ganz verwirrt, sei „eine Dame von anständigem Lebenswandel, das heißt leichteren Inhalts“ – so wie gewisse Romane, fügte er erklärend hinzu – und er wolle die Frau im Auftrag seines Freundes überführen. Zuerst hielt er den jungen Mann für ihren Liebhaber, ließ sich aber gern überzeugen, dass er sich irrte. Er verplapperte sich und Tworogow erriet den Namen der „fremden Frau“: sie hieß Glafira, wie seine Geliebte.

Beide vermuteten ihre jeweilige Glafira im dritten Stock des Hauses, in dem laut Schabrin ein junger Mann namens Bobynizin wohnte. Nun erfasste auch Tworogow eine düstere Vorahnung. Die beiden beschlossen, sich vor der verdächtigen Wohnung zu postieren. Alsbald öffnete sich die Tür und Bobynizin kam heraus, zusammen mit Glafira. In gewiefter Manier besänftigte Glafira ihre drei Männer, nicht zuletzt ihren Ehemann, der offenbar nur zu gern die Augen vor der Wahrheit verschloss.

Kapitel II (Der eifersüchtige Ehemann)

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Kapitel II beruht auf der Einzelerzählung „Der eifersüchtige Ehemann“ von 1848, die wie die Gesamterzählung den Untertitel „Ein unmögliches Begebnis“ trug.

Am nächsten Abend spionierte Schabrin erneut seiner Frau hinterher. Er begab sich in die Oper und erspähte Glafira im zweiten Rang („Sie war in der Oper und hatte doch gesagt, sie würde nicht da sein!“). Leider konnte er seinen jungen Nebenbuhler nicht vom Parkett aus erkennen. Er ließ sich in seinen Sessel fallen, genau unter der „Verräterloge“. In ihm tobte ein Sturm, als urplötzlich ein parfümiertes Briefchen auf seiner Glatze landete, die „dringende“ Einladung zu einem vertraulichen Stelldichein! Wild entschlossen, Glafira zu überführen, eilte er durch die Korridore, allein Glafira war längst entschwunden. Aber er hatte ja das Briefchen, und von den tausend Frauen in der Oper konnte es nur eine einzige geschrieben haben: seine Glafira, davon war er felsenfest überzeugt.

Also eilte er nach der Vorstellung zur angegebenen Adresse, im Treppenhaus huschte ein junger Mann an ihm vorbei (war es der Elegant von gestern?), der durch eine offene Wohnungstür schlüpfte, und Schabrin nichts wie hinterher! Wie eine „Bombe“ drang er in das Schlafzimmer einer – unbekannten Dame. In diesem Augenblick war das „starke Getöse einer Equipage“ zu vernehmen, die Dame des Hauses erschrak zu Tode: ihr Gatte kehrte zurück! Schabrin rettete sich in höchster Angst unter das Bett der Dame. Zu seinem Ungemach fand er dort den jungen Mann wieder, der nicht, wie er mutmaßte, der Liebhaber der Dame war, sondern sich im Stockwerk geirrt hatte. Nun entspann sich ein stiller Kampf und ein grotesker Dialog zwischen den beiden, während die junge Dame sich rührend um ihren greisen Ehemann kümmerte. Der junge Mann konnte unbemerkt entwischen, Schabrin jedoch wurde entdeckt. Er versuchte, mit dämlichen Ausreden seine Unschuld zu beweisen, bis ein Lachkrampf des Ehepaars ihm die Erlösung brachte, sie ließen Schabrin in Frieden ziehen.

Personen

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Die Seitenangaben beziehen sich auf die erste Erwähnung eines Namens oder Namensteils in #Dostojewski 1921.

Kapitel Person Beschreibung Seiten
I+II Iwan Andrejewitsch Schabrin
(„Koko“, „Jean“)
älterer Herr, Glafiras eifersüchtiger Gatte 249, 261, 269, 272, 273
I+II Glafira Petrowna Schabrin Schabrins junge Gattin, Geliebte von Tworogow und Bobynizin 256, 261, 271
I Iwan Iljitsch Tworogow junger Mann, Geliebter Glafiras 249, 250, 271, 272
I Bobynizin junger Mann, Geliebter Glafiras 261
II Lisa junge Frau von Alexander Demjanowitsch 299
II Alexander Demjanowitsch alter Mann, Lisas Gatte 286, 288
II Ami Hündchen der Dame 303
II junger Mann ein Elegant 282

Die Seitenangaben beziehen sich auf die Ausgabe #Dostojewski 1921.

Ort der Handlung: Sankt Petersburg.

Kapitel Seiten Ort Szene
I 249–263 Auf der Straße vor einem Mietshaus Schabrin sucht seine Frau Glafira, und Tworogow wartet auf seine Geliebte.
I 263–274 Vor Bobynizins Wohnung Schabrin und Tworogow ertappen Glafira mit Bobynizin.
II 274–282 Opernhaus Schabrin findet ein verdächtiges Liebesbriefchen.
II 282–305 Lisas Schlafzimmer Schabrin begegnet einem jungen Herrn unter Lisas Ehebett.
II 305–314 Lisas Schlafzimmer Schabrin verlässt das Versteck und stellt sich dem fremden Ehepaar.
II 314–315 Wohnzimmer der Schabrins Schabrin kehrt zu Glafira nach Hause zurück.

Entstehung

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Zwischen 1838 und 1849, vor der Verurteilung wegen seiner Zugehörigkeit zu den Petraschewzen, lebte Dostojewski in Sankt Petersburg, das auch der Schauplatz seiner Erzählung Die fremde Frau und der Mann unter dem Bett ist. Im Januar beziehungsweise Dezember 1848 veröffentlichte er die beiden Einzelerzählungen Die fremde Frau und Der eifersüchtige Ehemann[2] in der Literaturzeitschrift Vaterländische Annalen. Zwischen 1849 und 1859 wurde Dostojewski in einem Lager interniert und musste anschließend Zwangsdienst beim Militär ableisten. Als er 1859 wieder ein freier Mann war, kehrte er nach Sankt Petersburg zurück. In diesem Jahr fasste er die beiden Erzählungen von 1848 zu der Erzählung Die fremde Frau und der Mann unter dem Bett zusammen und veröffentlichte sie 1860 in der zweibändigen Ausgabe seiner Werke.[3] Sie ist in die Kapitel I und II unterteilt, die den ursprünglichen Einzelgeschichten entsprechen, wobei Dostojewski die erste Erzählung nur geringfügig, die zweite etwas stärker anpasste.[4]

Ausgaben

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  • Чужая жена. Уличная сцена [Die fremde Frau. Straßenszene]. In: Отечественные записки [Vaterländische Annalen], Band 56, Januar 1848, Seite 50–58, online.
  • Ревнивый муж. Происшестее необыкноеенное [Der eifersüchtige Ehemann. Ein unmögliches Begebnis]. In: Отечественные записки [Vaterländische Annalen], Band 56, Dezember 1848, Seite 158–175, online.
  • Чужая жена и муж под кроватью. Происшестеие необыкноеенное [Die fremde Frau und der Mann unter dem Bett. Ein unmögliches Begebnis]. In: Сочинения Ф.М. Достоевского [Werke von F. M. Dostojewski], Band 1. Moskau 1860, Seite 449–500, online: [1], [2].
 
Buchdeckel.
 
Titelblatt (Auflage von 1922).

Übersetzungen

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Die erste deutsche Ausgabe erschien 1920 unter dem Titel „Die fremde Frau und der Mann unterm Bett“ im Musarion-Verlag in München. Sie wurde von Frida Ichak (1879–1952) übersetzt und von Anny Bernstein (erwähnt 1920–1926) reich illustriert. Die zweite deutsche Ausgabe erschien ein Jahr später 1921. Sie wurde von Hermann Röhl (1851–1923) übersetzt und erschien zusammen mit der Erzählung „Der lebenslängliche Ehemann“ in Band 17 von Dostojewskis „Sämtlichen Romanen und Novellen“ im Insel-Verlag in Leipzig.

  • Fjodor Dostojewski: Die fremde Frau und der Mann unterm Bett. Deutsch von Frida Ichak. Mit einer lithographierter Deckelzeichnung, 16 Textvignetten und zwölf ganzseitigen Steinzeichnungen von Anny Bernstein. Musarion, München 1920.
  • Fjodor Dostojewski: Sämtliche Romane und Novellen, Band 17. Der lebenslängliche Ehemann. Die fremde Frau und der Mann unter dem Bett. Zwei Erzählungen. Übertragen von Hermann Röhl. Insel-Verlag, Leipzig 1921, online (Auflage von 1922).

Bearbeitungen

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  • Wladimir Jakowlewitsch Stromilow: Ревнивый муж [Der eifersüchtige Ehemann], 1900.
  • Sergej Iwanowitsch Antimonow: Чужая жена и муж под кроватью [Die fremde Frau und der Mann unter dem Bett], 1910.
  • Bruno Frank: Bibikoff. Lustspiel in drei Akten frei nach einer Humoreske Dostojewskis. Drei Masken, Berlin/München 1918.
  • Die fremde Frau und der Mann unterm Bett, Fernsehfilm, Deutschland, 1968, Regie: Oswald Döpke. Siehe: IMDb.
  • Чужая жена и муж под кроватью [Die fremde Frau und der Mann unter dem Bett], Fernsehfilm, Sowjetunion, 1984, Regie: Witali Melnikow. Siehe: youtube:, IMDb.

Hörbücher

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Fußnoten

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  1. Abweichende Titel: „Die fremde Frau und der Ehemann unter dem Bett“, siehe #Hörbücher, und: „Die fremde Frau und der Mann unterm Bett“, siehe #Übersetzungen und #Film.
  2. #Dostojewski 1848.1, #Dostojewski 1848.2.
  3. #Dostojewski 1860.
  4. Siehe russische und englische Wikipedia: ru:Чужая жена и муж под кроватью und en:Another Man's Wife and a Husband under the Bed.
  5. Abebooks.