Diskussion:Émile oder Über die Erziehung

Letzter Kommentar: vor 8 Jahren von Retorte in Abschnitt Sexualität

Emil soll den Gesellschaftsvertrag schließen?

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Der Autor dieses wirklich guten Artikels sollte sich über die Einleitung noch einmal Gedanken machen. Im Emil will Rousseau zum Menschen erziehen, im Gesellschaftsvertrag zum Bürger, wie soll man das vereinen können. Im 4. Buch führt Rousseau seinen Emil lediglich in die Gesellschaft ein, aber bei einer Erziehung wie sie Emil genoss, wäre es für ihn unmöglich den Gesellschaftsvertrag zu unterschreiben mit allen Konsequenzen die sich daraus ergeben. Er erzieht Emil aussschließlich für sich selbst, im Gesellschaftsvertrag schildert er wie man für die Gemeinschaft erzogen werden muss.

Rousseau schreibt nicht umsonst im 1. Buch des Emil:

„[Man] muss wählen, ob man einen Menschen oder einen Bürger erziehen will, beides zugleich ist unmöglich.“ (S. 12)

Da der Artikel sicher etwas Arbeit machte, überlasse ich dem Autor diese Abänderung bzw. ändere erst wenn sich nichts tut. Eine Diskussion zu diesem Sachverhalt kann man sich bestimmt sparen. Also weiter so anonymer Schreiber, mfg SoPäd im Dienst 02:28, 11. Jan. 2007 (CET)Beantworten

Gesellschaftsvertrag

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Sei gegrüßt, und vielen Dank für's Lob. Ja, Emil soll später in der Lage sein, den Gesellschaftsvertrag zu schließen, denn: "Emile ist nicht geschaffen, stets für sich allein zu leben. Er ist ein Glied der Gemeinschaft und muß seine Pflichten gegen sie erfüllen..." (EE 379). Wichtig ist aber, daß Emil zuvor die natürliche Freiheit kennen glernt hat, denn der Gesellschaftsvertrag besteht nicht nur aus Pflichten, sondern auch aus Rechten. Sollten andere Mitglieder der Gemeinschaft den Vertrag verletzen, so muss Emil in der Lage - also selbstständig genug - sein, den Vertrag zu kündigen. Dafür die Erziehung fernab von der Zivilisation: Er darf nicht abhängig von anderen Menschen und deren Urteil sein. Rousseau kritisiert vor allem die Gesellschaft seiner Zeit, in der es nicht möglich sei, zugleich Mensch und Bürger zu sein; der Gesellschaftsvertrag und die ihm vorangegangene "reformierte" Erziehung der Gemeinschaftsmitglieder soll gerade das überwinden.


Hallo noch mal.
Natürlich muss Emil die Gemeinschaft kennenlernen, weil der Mensch nun mal nicht mehr im Naturzustand leben kann (wenn er es überhaupt jemals tat, wie Rousseau ausführhrt) es ist aber absolut falsch, wenn man sagt, dass Emils Erziehung darauf hinausläuft den Gesellschaftsvertrag zu schließen.
Du sagst:„Sollten andere Mitglieder der Gemeinschaft den Vertrag verletzen, so muss Emil in der Lage - also selbstständig genug - sein, den Vertrag zu kündigen.“ Das wäre selbst dann unnötig, wenn Emil dazu erzogen wäre ihn zu unterschreiben, weil bei Vertragsbruch jeder Bürger mit einer Strafe rechnen muss, du hast aber Recht damit, dass man aus dem Gesellschaftsvertrag austreten kann.
Du sagst desweiteren: „Rousseau kritisiert vor allem die Gesellschaft seiner Zeit, in der es nicht möglich sei, zugleich Mensch und Bürger zu sein; der Gesellschaftsvertrag und die ihm vorangegangene "reformierte" Erziehung der Gemeinschaftsmitglieder soll gerade das überwinden.“ Das ist nun wirklich quatsch, das von mir genannte Zitat, das es nicht möglich ist zum Menschen und zum Bürger zu erziehen beschreibt ein pädagogisches Problem und wenn du dich mit der Theorie auskennst, weist du auch, dass man nur Schwierigkeiten lösen kann und nicht Probleme, deshalb ist eine Überwindung dieses pädagogischen Dilemmas unmöglich und es wird soweit ich weis auch nicht mit einem Satz im Emil oder im Gesellschaftsvertrag beschrieben, das Rousseau dies vorhat. Um dich von der Richtigkeit meiner Ausführungen zu überzeugen bringe ich nun einmal ein paar Beispiele wie gegensätzlich die Erziehung im Gesellschaftsvertrag und im Emil beschrieben wird, was darauf zurückzuführen ist, dass das verfolgte Ziel der Erziehung nicht dasselbe ist:
1. Mittel der Erziehung im GV sind Spiele und Wettbewerb damit die Schüler stark werden. Mittel der Erziehung im Emil sind dagegen vollkommen anders, denn Emil soll sich keinesfalls mit anderen messen, ganz im Gegenteil, wenn er etwas gut macht, dann wird lediglich das gute Produkt gelobt, damit Emil bloß nicht eitel wird. Bei einem so großer Unterschied in den Erziehungsmitteln muss jedem sofort ins Auge stechen, dass die Erziehung nicht das gleiche Ziel haben kann.
2. Rousseau beschreibt, dass er der einzige Erzieher Emils sein will, sonst will er ihn nicht erziehen. Im GV gibt es Schulen und viele Erzieher für die Kinder.
3. Emil wird einzig und allein für sich selbst erzogen oder besser durch sich besstimmt, er soll so vernünftig sein, dass er sich nur der Vernunft unterordnet, deshalb muss er auch von Anfang an keine Regeln befolgen sondern folgt nur seiner Vernunft (siehe die Geschichte mit dem Bohnenbeet), also soll er nur nach seinem Willen handeln und sich keinen Gesetzen unterordnen. Der Mensch im GV soll sich aber dem Gemeinschaftswillen unterordnen, auch wenn das frei geschieht, ist das ein großer Unterschied, da hier sozusagen ein Gleichschaltungsprozess gemeint ist (man trifft sich in der Mitte).
4. und letztens komme ich zum Schlussfazit meiner Ausführungen. Die große Gemeinsamkeit des GV mit dem Emil liegt im Ziel was jeweils damit verfolgt wird, und worauf ich auch deine Fehlinterpretation zurückführe. Das Ziel ist bei beiden Erziehungsmöglichkeiten eine widerspruchsfreie Existenz des einzelnen Menschen zu erreichen. Der Unterschied ist nur, oder was heißt nur, so groß wie er ist, na jedenfalls ist der Unterschied folgender: Beim Emil wird diese widerspruchsfreie Existenz durch Selbstbestimmung bzw. Autonomie (im höchsten Sinne des Wortes) erreicht, beim GV wird sie durch den „volonté générale“, also den Gemeinwillen erreicht. Emil soll zum Menschen erzogen werden und im Gesellschaftsvertrag ist eine Erziehung zum Bürger, oder genauer zum citoyen beschrieben. Beide, der Bürger aus dem GV und auch Emil sollen in Gesellschaft leben, aber der Unterschied wie das aussehen soll ist nicht von der Hand zu weisen und für Emil wäre es geradezu unmöglich den Gesellschaftsvertrag zu unterschreiben.
Ich hoffe ich habe dich mit meiner Kritik nicht aus der Wikipedia vertrieben und kann dich dazu bewegen meine Ausführungen einmal zu überprüfen und zu überdenken, mir ist es am Anfang ebenfalls schwer gefallen diese beiden Werke miteinander zu vergleichen, das geht sicher jedem so. Das Hauptproblem ist die sehr vielfältige und meist auch sehr schlechte Sekundärliteratur zu diesem Thema, ich sag da nur „Rousseau wollte zurück zur Natur“  . Also, sieh meinen Einwand einfach als konstruktive Kritik mfg SoPäd im Dienst 00:01, 12. Jan. 2007 (CET)Beantworten
Guten Morgen. Mir geht es nicht darum, irgendwas in meinem Artikel zu verteidigen, nur weil ich ihn geschrieben habe. Ich verstehe Rousseau wirklich in der Hinsicht, daß er Emil auf den état civile vorbereiten möchte: "Führe ich Emil in die Welt ein, nur in der Absicht, ihn zu unterrichten, so wird er sich mehr unterrichten, als mir lieb ist. Halte ich ihn bis zuletzt fern, was hat er dann von mir gelernt? Alles, nur nicht die Kunst, die dem Menschen und Bürger am meisten vonnöten ist: die Kunst, mit anderen zu leben." (EE 380)
zu Punkt 1: Rousseau beschreibt in seinem Buch einen Wettlauf zwischen Emil und anderen Kindern (EE141)


Guten Morgen. Ich hab da ein kleines Problem, ich kann deine Quellen und den Zusammenhang in dem sie stehen nicht überprüfen, da ich vermutlich eine andere Ausgabe habe, welche benutzt du? Ich bleibe nach wie vor bei der Meinung, dass Emil den GV nicht unterschreiben kann. Da Rousseau den Begriff des Bürgers in unterschiedlicher Bedeutung benutzt, müssen deine genannten Zitate nichts belegen, aber ich werde mich dieser Lektüre nun wieder einmal etwas intensiver widmen, ich kann im Moment vor allem auf das Zitat von S.12 verweisen, was ich schon mehrmals nannte und welches auch im Zusammenhang wie es Rousseau benutzt nicht falsch verstanden werden kann. Wie du dieses Zitat in deine Ausführungen einordnen willst ist mir schleierhaft, aber ich finde das absolut nicht uninteressant. Mfg SoPäd im Dienst 10:17, 12. Jan. 2007 (CET)Beantworten

Repressionsthese und ihre Relativierung

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Mit diesem Diskussionsbeitrag führe ich einen Beitrag aus, der auf Rousseaus Diskussionsseite zu finden ist: Diskussionsseite Rousseaus -> Der Beitrag den ich weiterführen will. Meines Erachtens ist diese Diskussion hier besser aufgehoben. Bzw. meine Weiterführung, da sie sich auf „Emile oder Über die Erziehung“ bezieht und nicht etwa auf andere Werke, wie seine „Nouvelle Héloïse“.

Die Positionierung des Weiblichen in Rousseaus pädagogischer Hauptschrift (bzw. seiner Pädagogik überhaupt) ist ein sehr spannendes Thema. Vielleicht kann ich noch etwas zur Thematik beitragen, indem ich ein konkretes Beispiel für die Repressionsthese, nämlich Sylvia Bovenschen und auch für die Gegenpositionierung (die noch nicht aufgezeigt wurde), die Relativierung der Repressionsthese durch Christine Garbe, nenne und zu erläutern versuche.

Die Repressionsthese nach Sylvia Bovenschen

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Sehr interessant, in Bezug auf diese Thematik, ist Sylvia Bovenschens „Die imaginierte Weiblichkeit“. In diesem Buch setzt sie sich mit der kontinuierlichen Unterdrückung der Frau auseinander. Sie widmet ein ganzes Kapitel Rousseaus Konzeption des Weiblichen in seinem „Emile oder Über die Erziehung“. Dies ist der Abschnitt „Sophie oder Über die Erziehung zur Ungleichheit“. Sylvia Bovenschen ist innerhalb der feministischen Rousseaurezeption eine der Hauptvertreterinnen der Repressionsthese. Sie geht davon aus, dass Rousseau mit seiner Konzeption des Weiblichen stark zur Unterdrückung und Fremdbestimmung der Frau beigetragen hat. Die, wie auch schon in dem Beitrag auf der Diskussionsseite zu Rousseau eingebrachte, Aussage Rousseaus, dass „... sich die ganze Erziehung der Frauen im Hinblick auf die Männer vollziehen [muss]. Ihnen gefallen, ihnen nützlich sein, sich von ihnen lieben und achten lassen, sie großziehen, solange sie jung sind, als Männer für sie sorgen, sie beraten, sie trösten, ihnen ein angenehmes und süßes Dasein bereiten... .“ (Jean-Jacques Rousseau 2006, S. 733) kommentiert sie folgendermaßen: „Deutlicher und unverhüllter sind die supplementäre Bestimmung und die Appendixfunktion der Frauen wohl niemals formuliert worden.“ (Silvia Bovenschen 1979, S. 165). Im weiteren Verlauf ihrer Schrift wirft sie Rousseau vor, dass nach ihm lediglich dem Manne Perfektabilität (dies meint, dass der Mensch dazu in der Lage sein muss seine Möglichkeiten und Fähigkeiten unbegrenzt zu entfalten) zukomme. Die Frau diene lediglich dazu den Mann zu vervollkommnen. Laut Bovenschen ist die Frau bei Rousseau lediglich der „...Humus für die Vervollkommnung des (...) Mannes.“ (Silvia Bovenschen 1979, S. 173). Bovenschen schließt dieses Rousseaukapitel indem sie darauf hinweist, dass Rousseau in seinem „Emile oder Über die Erziehung“ lediglich (s)ein Idealbild einer Frau entworfen habe. Aus diesem Grund spricht Bovenschen von der „imaginierten Weiblichkeit“ (diese Theorie lässt sich sogar mittels Rousseau selbst stützen (vgl. Ines Maria Breinbauer 2000, S. 71): „Dabei spielt es keine Rolle, daß das Mädchen, das ich ihm schildere, nur in der Vorstellung existiert.“ (Jean-Jacques Rousseau 1998, S. 353)) Auch sie spricht von Rousseaus Erziehungskonzeption als einem Domestikationsprogramm der Frau.

Da die Repressionsthese durch den Beitrag auf der Diskussionsseite zu Rousseau ohnedies bereits dargelegt wurde, will ich meine Ausführungen, bezüglich der Repressionsthese, hier abbrechen und mich der Relativierung selbiger widmen (denn diese wurde bis jetzt noch nicht genannt, wirft aber ein sehr interessantes Licht auf Rousseau und sein Werk, „Emile oder Über die Erziehung“).

Die Relativierung der Repressionsthese nach Christine Garbe

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In ihrem Artikel „Sophie oder die heimliche Macht der Frauen“ beschäftigt sich Garbe eingehend mit Bovenschens Rousseau-Kritik. Garbe meint, dass diese „…ideologiekritisch orientierte Lektüre zu unserem Nachteil [dem der Frauen] seinem [Rousseaus] Text nicht gerecht wird… .“ Rousseaus eigentliche Konzeption der Frau wird durch solch ideologiekritische Vorgehensweise verstellt.

Christine Garbe formuliert anschließend zwei Einwände gegen Bovenschens Rousseau-Kritik und zwar einen Formalen und einen Inhaltlichen:

1) Der formale Einwand: „Die Lesart eines Textes muß seiner Schreibart angemessen sein… .“ (Christine Garbe 1983, S. 68) Laut Garbe handelt es sich bei Rousseaus Erziehungsroman „Emile oder über die Erziehung“ nicht bloß um eine pädagogische Schrift, sondern „… zugleich ein Pamphlet gegen die (traditionelle) Erziehung, eine philosophische Abhandlung über den Menschen, ein[en] Roman mit drei Hauptfiguren (…) und noch vieles mehr.“ (Christine Garbe 1983, S. 68) Rousseaus pädagogisches Hauptwerk ist also kein klassischer wissenschaftlicher Text, dessen Inhalt ohne Weiteres wörtlich genommen werden darf.

2) Der inhaltliche Einwand: Hier bringt die Autorin den Machtbegriff nach Michael Foucault (vgl. Michael Foucault 1983 S. 7ff.) ein und überprüft damit die Repressionsthese. Wenn von der „Unterdrückung der Frau“ gesprochen wird, schwingt dabei immer ein bestimmter Machtbegriff mit, nämlich die Macht als Repression. Der Mann übt also eine repressive Macht aus, „… er diktiert das Gesetz, erläßt das Verbot, zieht Grenzen.“ (Christine Garbe 1983, S. 69) Dieses Verständnis von Macht greift jedoch, so Foucault, zu kurz und reicht für die Erklärung der heutigen Machtmechanismen nicht mehr aus. Bovenschen ist darum bemüht gerade mittels dieses, nach Foucault unzulänglichen, Machtbegriffs Belege für Unterdrückung und Entrechtung der Frau, bei Rousseau, zu finden. Aus der Unzulässigkeit die Macht als Repression zu verstehen leitet Garbe ab, dass es innerhalb des modernen Machtbegriffs verschiedene Positionen und Funktionen geben muss. Die Frage, die sich stellt, ist, welche Position Mann und Frau innerhalb dieses neuen Verständnisses von Macht einnehmen und zu welchen Teilen. Garbe sieht das Verhältnis zwischen Mann und Frau nicht in dem von Bovenschen kritisierten starren Über- und Unterordnungsverhältnis. Garbe legt das Verhältnis zwischen Mann und Frau vielmehr als eine Art „… Dynamik des Zusammenspiels bzw. von Konfrontationen…“ (Christine Garbe 1983, S. 71) aus.

Wichtig ist abschließend noch, was Garbe nun unter dieser „heimlichen Macht der Frauen“ versteht, die sie im Titel ihres Artikels einführt. Laut Garbe liegt die Macht der Frau in den ihr von der Natur gegebenen Reizen. Es ist die Aufgabe der Frau dem Mann zu gefallen, während sie diesem untergeordnet ist. Aus diesem Grund muss sie sein Begehren wecken. Daraus ließe sich ableiten, dass der Mann lediglich auf die Reize der Frau reagiert und somit die Frau den Mann führt. Und somit kann sich wiederum die Frau den Mann untertan machen. Weiters führt Garbe aus, dass „… die weibliche Sprache und Strategie eine der List, der Verführung, der Koketterie…“ (Christine Garbe 1983, S. 73), also indirekt ist. Mittels ihrer Reize muss sie, um ihren Willen durchzusetzen, den Mann dazu bringen, zu wollen, was sie will, da der Mann zumindest „… formell ihr Oberhaupt ist.“ (Christine Garbe 1983, S. 73) Daraus ergibt sich, dass die Frau ihre Absichten nicht offen legen darf um erfolgreich zu sein. Sie agiert gleichsam hinter einem „Schleier“.

Und dass Sophie (bzw. die Frau), laut Rousseau, schon in der Kindheit an den Zwang gewöhnt werden muss hat, so Garbe, einzig und Alleine den Sinn diese heimliche Macht der Frauen, ihre List, zu erzeugen (vgl. Christine Garbe 1983, S. 84). Denn indem Sophie von Kindheit an dem Zwang ausgesetzt wird entwickelt sie, so die Theorie von Garbe, die spezifische weibliche List, mit der sie sich den Mann untertan machen kann (indem sie ihn, mittels ihrer Reize, wollen lässt, was eigentlich sie will). Das heißt der Sinn der hinter der Erziehung der Frau steht ist der, dass sie den Erzieher (bzw. den Mann) täuschen kann, was bei Emile durch die „negative Erziehung“ eben verhindert werden soll. Wichtig ist nach Garbe, dass die Frau ihre Absichten, um erfolgreich zu sein, nicht offen legen darf. Sie muss gleichsam hinter einem „Schleier“ agieren.

Eine sehr interessante Interpretationsweise, die sich dem Text eben nicht ideologiekritisch nähert (denn mit einem ideologiekritisch geschärften Blick kann man bei Rousseau nur fündig werden) und ein vielschichtigeres Bild zeigt.

Weitere wichtige Vertreterinnen der Relativierung der Repressionstheorie wären zum Beispiel noch Juliane Jacobi („Wer ist Sophie?“) und Liselotte Steinbrügge („Das moralische Geschlecht“).


Quellen:

Bovenschen, Silvia: Die imaginierte Weiblichkeit. Exemplarische Untersuchungen zu kulturgeschichtlichen und literarischen Präsentationsformen des Weiblichen. Suhrkamp Verlag, Frankfurt am Main, 1 1979

Breinbauer, Ines Maria: Einführung in die Allgemeine Pädagogik. WUV-Universitätsverlag, Wien, 3 2000

Garbe, Christine: Sophie oder die heimliche Macht der Frauen. Zur Konzeption des Weiblichen bei Jean-Jacques Rousseau. In: Brehmer, Ilse et. al. (Hrsg.): Frauen in der Geschichte IV. „Wissen heißt leben…“ Beiträge zur Bildungsgeschichte von Frauen im 18. und 19. Jahrhundert. Schwann, Düsseldorf, 1 1983

Jacobi, Juliane: „Wer ist Sophie?“ In: Pädagogische Rundschau 1990, S. 303-319

Rousseau, Jean-Jacques: Emile oder Über die Erziehung. Reclam, Stuttgart, 2006

Rousseau, Jean-Jacques: Emile oder Über die Erziehung. UTB Schöningh, Paderborn, 13 1998

Steinbrügge, Liselotte: Das moralische Geschlecht. Theorien und literarische Entwürfe über die Natur der Frau in der französischen Aufklärung. Beltz, Weinheim, Basel 1987.

LeSolitaire 16:00, 01. Nov. 2007 (CET)Beantworten

Erfahrungslernen

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Ich habe einen Seitenhieb auf heutige Lehrpläne entfernt, da Rousseau mit Sicherheit nicht die heutigen Lehrpläne kritisiert hat. Diese haben sich vielleicht gegenüber der damaligen Zeit nicht grundlegend verändert (teilweise), aber trotzdem hat Rousseau sie nicht kritisiert, da es sie noch nicht gab.

Die Hälfte fehlt

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Ein flüssig geschriebener Artikel, in dem der Inhalt unter der Prämisse des Artikel-Autors erzählt wird, Emile werde zum idealen Bürger erzogen, um bei Erlangung der nötigen Reife den Gesellschaftsvertrag abschließen zu können. Der Gesellschaftsvertrag kann also nach Rousseau, so stellt es der Autor dar, nur von Menschen geschlossen werden, die eine so beschriebene Erziehung genossen haben. Ob R. das so gemeint hat? Mir geht es um etwas anderes: Es scheint sich hier eingebürgert zu haben, dass man unter dem Titel des Buches lediglich den Inhalt nacherzählt. Die Geschichte der Rezeption, die ja wohl mindestens ebenso wichtig ist, fehlt völlig!! Keine Nachwirkungen des Buches? Kein Einfluss auf das französische Erziehungssystem seit der Revolution? Keine weltweiten Wirkungen? Ich will ja nicht meckern, aber anderssprachige Wikipedien haben das alles sehr wohl, jedenfalls ansatzweise. Das finde ich schon komisch, dass das niemand zu vermissen scheint. --Peewit 10:26, 1. Mai 2011 (CEST)Beantworten

Die Verlinkung zu Google-Books ist unglücklich, da für viele Leser solche Links unbrauchbar sind angesichts der vielen Einschränkungen (keine Möglichkeit zu kopieren und auszudrucken). Zumindest muss das vermerkt werden, dass es sich eben nicht um wirklich zugängliche Digitalisate handelt! --13Peewit (Diskussion) 09:00, 13. Aug. 2012 (CEST)Beantworten


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wie richtig angemerkt wurde, ist googlebooks eine etwas bescheidene Quelle, vor allem, wenn man was kopieren, ausdrucken etc. will. Daher hier vom Projekt Gutenberg: Emile Buch 1-3 http://gutenberg.spiegel.de/buch/3811/1 Emile Buch 4-5 http://gutenberg.spiegel.de/buch/3815/1

Da sind zwar teilweise einige kleine Fehler drin (verrutschte Zeilen, falsche Satzzeichen, zb. "!" mitten im Satz usw), aber diese Fehler sind erstens sehr überschaubar und zweitens nicht sinnentstellend.

PS: würde es auch gut finden, wenn die einzelnen Bücher hier mehr ausgeführt würden, da doch jeweils verschiedene Dinge thematisiert werden (insbesondere bezogen aufs Lebensalter). Die bloße "Kopie" von v. Hentigs durchaus gutem Buch finde ich etwas schwach. ich habe allerdings keine Ahnung, wie man in die Wikiclique kommt und inwieweit hier überhaupt ohne langjährige Mitgliedschaft noch mitgearbeitet werden kann (ohne diese komischen Kriege!). Notizen zu allen Büchern hätte ich. Grüße --88.69.243.230 21:06, 11. Sep. 2012 (CEST)Beantworten


Vielleicht wäre es auch noch relevant: der Emilé wurde im Mai 1762 zuerst veröffentlicht (bei Rey in Amsterdam) und schon am 9. Juni des selben Jahres beschloß das franz. Paralament, den Emile (wie den Contrat sociale) zu verbrennen. (steht bei Hentig, S. 26f.) Ein gewisser A. Langewand begründete dies hier Rousseau über Lockes Grundsatz, vernünftig mit Kindern zu reden. In:Pädagogische Rundschau, 66. Jahrgang Heft Mai/Juni 2012, S. 303-315 vor allem damit, dass Rousseaus Auffassung, die Gesellschaft verderbe den Menschen erst, in Verbindung mit der Schlussfolgerung, das Kind (der Mensch) müsse also per se gut geboren werden, als quasi völlig ketzerischer Akt verstanden wurde gegen alles, was sich im Zusammenhang mit der Erbsünde denken ließe und der kirchlichen Macht an sich. Genau genommen habe Rousseaus Idee von Kindheit diese Lehre der Erbsünde aufgelöst (da für ihn Menschen nicht schlecht bzw. böse geboren werden, d.h. ein physischer Übertrag der Sünde nicht stattfindet, sondern von der Gesellschaft wird der Mensch böse und schlecht gemacht), womit eine seit Augustinus bestehende Lehre angegriffen wurde (gültig seit ca. 400 n.chr). In dem Langewandtext meint dieser, die Kirche hätte "von Sinnen" sein müssen, das nicht als zutiefst ketzerisch aufzufassen. Über eine genaue Verstrickung des franz Parlamentes mit der Kirchenmacht im Mai/Juni 1762 habe ich aber keine Quellen. --88.69.243.230 12:17, 12. Sep. 2012 (CEST)Beantworten

Sexualität

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"Nach der Pubertät [...] soll der Erzieher [...] die Geschlechtsorgane und Geschlechtsfunktionen als abstoßenden, gefährlichen und streng zu kontrollierenden Teil des Menschen darstellen." Soweit ich mich entsinne, hat er nicht geschrieben, dass Geschlechtsorgane verteufelt werden sollen. Er hat lediglich einmal ein Beispiel in der Richtung genannt, wie eine Frau einem Kind die Sexualität grauenhaft beschrieben hat ohne es weiter zu kommentieren. Ob ich mich irre oder nicht, es gilt m. E. diesen Abschnitt zu belegen (mit dem Originaltext) oder eben zu löschen bzw. zu nennen, dass es sich hier um eine Vermutung handelt. --Retorte (Diskussion) 17:11, 1. Mär. 2016 (CET)Beantworten