Diskussion:61. Sinfonie (Haydn)
"Finale"
BearbeitenDa die Haydn-Werkausgabe (Reihe 1, Band 8 von 1970) im Gegensatz zu den anderen Sinfonien des Bandes beim Schlusssatz kein "Finale" stehen hat, füge ich das hier auch nicht ein. Bei fast allen anderen Haydn-Sinfonien wird das "Finale" für den Schlusssatz genannt.--Karmingimpel (Diskussion) 21:56, 29. Jun. 2016 (CEST)
Cembalo-Frage
BearbeitenMir ist aufgefallen, dass bei einer Reihe von Wikipedia-Artikeln über Haydn-Sinfonien (ich habe nicht alle gelesen) behauptet wird, ein Cembalo wäre "wahrscheinlich nicht" benutzt worden. Das ist eine sehr konservative Ansicht. Als Quelle wird meist eine Website der Haydn-Festspiele angegeben, die in dieser Hinsicht auch nur eine subjektive Vermutung ausspricht und ins Blaue hinein behauptet, das wäre angeblich von einem Großteil von Fachleuten allgemein akzeptiert. Es gibt über diese Frage aber offensichtlich keine eindeutige und klare Quellenlage, sondern eben nur Meinungen und Vorlieben. Und es ist z.B. auch die Frage, wann und warum er plötzlich bei so großer festlicher Musik kein Cembalo mehr eingesetzt haben sollte, obwohl bekannt ist, dass er ja eins (oder mehrere) besaß und auch in Eszterházy darauf spielte (es verbrannte z. B. 1779 eins bei einem Feuer). Auch für späte Londoner Aufführungen ist bekannt, dass er das Orchester vom Cembalo leitete. Meiner Meinung nach sollte Wikipedia sich nicht in eine so heikle und ungeklärte Sache einmischen, sondern neutral bleiben. Das heißt: einfach nur feststellen, dass die Frage, ob er ein Cembalo als Continuoinstrument benutzte, nicht eindeutig geklärt ist und dass es dazu unterschiedliche Meinungen gibt. Grüße, --Marie Adelaide (Diskussion) 18:04, 18. Jun. 2019 (CEST)
- Ja, dass ist ein wichtiger Punkt 1. Ich habe mich damals an der Website der Haydn-Festspiele Eisenstadt orientiert in der Annahme, dass diese als aktuelle Quelle einen Konsens abbildet. Möglicherweise haben sich die dortigen Autoren auf den Artikel von James Webster (1990) in der Zeitschrift Early Music "On the absence of keybord continuo in Haydn´s symphonies“ gestützt, zumal Webster auch einige der Artikel der Haydn-Festspielseite verfasste. --- 2. Die Haydn-Werkausgabe als Standardwerk äußert sich meist nicht zum Cembalo, außer z. B. im Band mit Sinfonie 7 ebenfalls in dem Sinne, dass kein Cembalo in Haydns Orchester mitspielte: „Die mehrfach geäußerte Vermutung, daß bei der Ausführung der Baßstimme in diesen Sinfonien ein Cembalo als Generalbaßinstrument mitgewirkt und Haydn die Werke vom Cembalo aus geleitet habe, ist zu verwerfen.“) --- 3. Ich sehe aber gerade, dass es bereits um 1990 auch andere Auffassungen gab (bspw. hier von Hartmut Haenchen: Haydns Orchester und die Cembalo-Frage in den frühen Sinfonien. Booklet-Text für die Einspielungen der frühen Haydn-Sinfonien für Berlin Classics 1028-2,1027-2, 0110 024, 0110 014, 0110 013, aufgenommen 1988–1990, http://www.haenchen.net/en/publications/texts/?user_haenchendatabase_pi14%5Buid%5D=12&cHash=cbf64f7ff0bca65df539a14c28b599ec, Abruf 18.60.2019). --- 4. Ich habe zu der Thematik keinen Überblick zum aktuellen Stand des Wissens. Hierzu müssten sich Musikwissenschaftler melden, ich bin Laie. Allerdings finde ich Deinen Einwand berechtigt, da der derzeitigen Wikipedia-Satz zum Cembalo möglicherweise suggeriert, dass nicht nur in Haydns Orchester, sondern damals allgemein bei Sinfonien kein Cembalo eingesetzt wurde. Außerdem ist auf gegenteilige Meinungen wie die von H. Haenchen hinzuweisen. Möglicherweise gibt es weitere relevante und aktuellere Quellen (z. B. Andreas Friesenhagen (2010): Haydns Sinfonien: Besetzungsprobleme und Aufführungstraditionen. Studia Musicologica 51 (1-2): 127-140, das müsste ich erst über Fernleihe bestellen). --- 5. Ich würde am Wochenende auf der Diskussionsseite der Liste der Haydn-Sinfonien das nochmal thematisieren, ich denke das passt da besser hin als hier bei Nr. 61. --Karmingimpel (Diskussion) 23:16, 18. Jun. 2019 (CEST)
- Hallo Karmingimpel. Danke für Deine freundliche Antwort. Ich kann auch noch hinweisen auf die Einspielung zahlreicher Sinfonien mit der Hanover Band unter Roy Goodman (mindestens 9 CDs, 2002 bei Hyperion) und auf eine Einspielung der sogenannten Sturm und Drang-Sinfonien mit The English Concert unter Trevor Pinnock (6 CDs; 1989/90, Archiv Produktion), die beide ein Cembalocontinuo verwenden. Bei der Gesamteinspielung unter Christopher Hogwood weiß ich nicht genau, ob der eins genommen hat, aber der ist sowieso bekannt dafür, dass er immer ein sehr dünnes, zurückhaltendes und spärliches Continuo gespielt hat, das man kaum hört. Ich weise auch auf einen Artikel von Kees Rosenhart hin: "Haydn - harpsichord or fortepiano ?". Der Autor weist u.a. auch auf Haydns Cembalo, Baujahr 1775 (!), von Burkat Shudi & John Broadwood hin, das sich heute in der Musikinstrumentensammlung des Kunsthistorischen Museums in Wien befindet (wo ich es auch selber gesehen habe).
- Besonders problematisch ist es z.B. bei Sinfonien wie Nr. 33 oder 36, die satztechnisch und stilistisch noch beinahe spätbarock sind, wenn da behauptet wird, Haydn hätte "wahrscheinlich kein Cembalo" benutzt. Diese frühen und auch die mittleren Werke schreien oft regelrecht nach einem Continuocembalo.
- Ich wäre gerade in diesem Fall übrigens sehr vorsichtig, nur auf die neuesten wissenschaftlichen "Erkenntnisse" zu warten. Zumindest müsste man dann sehr genau prüfen, ob jemand wirklich handfeste Beweise gegen ein Cembalocontinuo liefern kann, was bisher nicht geschehen ist, soweit mir das bekannt ist. Man muss auch bedenken, dass es leider eine starke Aufführungstradition aus dem späten 19. und 20. Jahrhundert gibt, die "Wiener Klassik" grundsätzlich ohne Cembalo besetzt, weil sie Haydn aus der Perspektive von Beethoven sehen. Das ist aber nicht die historische Realität. Leider wurde dieser konservative "Establishment"-Standpunkt teilweise sogar von Dirigenten wie Harnoncourt übernommen, als er Haydn und Mozart-Sinfonien mit dem Concertgebouw-Orchestra eingespielt hat. Auch in der heutigen "Alte Musik"-Szene gibt es leider immer wieder irgendwelche Modewellen, die auch dazu führen können, dass jemand z.B. kein Cembalo einsetzt (selbst bei Barockmusik - die nehmen dann eine ganze Arche Noah von Lauten, Theorben usw., weil sie kein Cembalo mögen).
- Meiner Meinung nach kann man nichts falsch machen es so vorsichtig zu formulieren, wie ich es oben bereits vorgeschlagen habe, also: Die Frage, ob Haydn ein Cembalo als Continuoinstrument benutzte, ist nicht eindeutig geklärt, es gibt dazu unterschiedliche Meinungen. Grüße,--Marie Adelaide (Diskussion) 12:51, 19. Jun. 2019 (CEST)
- (An Karmingimpel) Danke übrigens für den Hinweis zum intelligenten Artikel von Hartmut Haenchen. Damit ist doch eigentlich schon Alles gesagt. Die völlig subjektiven, dreisten und aggressiv vorgebrachten Behauptungen bzw. Meinungsäußerungen einiger sogenannter Wissenschaftler „die Mitwirkung eines Cembalos sei zu verwerfen“ sind einfach komplett absurd und in Wahrheit zu verwerfen. Grüße, --Marie Adelaide (Diskussion) 17:53, 19. Jun. 2019 (CEST)
- Habe mittlerweile entdeckt, dass Antal Doráti schon zwischen 1969 und 1972 mindestens in der frühen Sinfonie 29 (andere kenne ich nicht von ihm) ein Cembalo eingesetzt hat (da das noch vorsintflutliche Zeiten waren bezüglich historischer Aufführungspraxis und Instrumentenbau, muss man da allerdings ein paar Abstriche machen, was das Ergebnis angeht) --Marie Adelaide (Diskussion) 12:45, 21. Jun. 2019 (CEST)
- (An Karmingimpel) Danke übrigens für den Hinweis zum intelligenten Artikel von Hartmut Haenchen. Damit ist doch eigentlich schon Alles gesagt. Die völlig subjektiven, dreisten und aggressiv vorgebrachten Behauptungen bzw. Meinungsäußerungen einiger sogenannter Wissenschaftler „die Mitwirkung eines Cembalos sei zu verwerfen“ sind einfach komplett absurd und in Wahrheit zu verwerfen. Grüße, --Marie Adelaide (Diskussion) 17:53, 19. Jun. 2019 (CEST)
- Hallo Karmingimpel ? Ich habe den Friesenhagen-Artikel gelesen. Der bringt leider nichts Neues oder Interessantes zum Cembalo-Continuo-Problem, er weist zwar auf Robbins Landons (immerhin der größte Haydn-Spezialist des 20. Jahrhunderts !) Forderung nach einem Continuo-Cembalo mindestens bei frühen Sinfonien hin, und auf entsprechende Aufnahmen, hat aber selber weder Interesse noch Ahnung von diesem Thema. Letzteres verrät sein abschließendes Urteil über Landons Forderung mit den Worten "...obwohl dieses Instrument (d.h. das Cembalo, Anm. d. Verf.) weder eine eigene Stimme besitzt noch überhaupt bei den Bass-Stimmen genannt ist". Inkompetenter kann man leider gar nicht mehr sein, denn ein spezielles Continuoinstrument wurde nie genannt und braucht auch nicht genannt zu werden; die harmonische Aussetzung richtete sich immer nach der Basslinie. Es gibt viele Beispiele , u.a. sogar Bach-Kantaten, die nicht einmal beziffert sind, obwohl sie harmonisch sehr komplex sind. Da Haydn selber das Orchester vom Cembalo aus leitete, so wie das allgemein üblich war, brauchte es auch keinen Extra-Continuospieler (und auch keine Bezifferung). Das gehörte einfach zur Aufführungspraxis der Epoche. Haydn selber hat übrigens Aussagen darüber gemacht, dass er viel über italienisches Continuospiel bei Porpora gelernt hat. Und der frühe Haydn-Stil ist auch noch so nah an dem Stil von Komponisten wie Wagenseil († 1777), Gassmann († 1774), Monn, Holzbauer († 1783) und selbst Hasse († 1783), Gluck († 1787) oder italienischer Opernkomponisten, dass es schon allein deshalb sehr fragwürdig ist, das Cembalocontinuo bei Werken vor 1770 oder 1775 wegzulassen. Dann müsste man es ja auch bei allen anderen weglassen. Absurd ! Übrigens hat auch Mozart in seinen Clavierkonzerten noch Continuo gespielt... Aus all diesen Gründen fallen auch die Argumentationen anderer "Anti-Cembalo-Continuo"-Leute (wie Sonja Gerlach und James Webster) in sich zusammen. Ähnlich und sehr gut hat das ja auch Hartmut Haenchen in dem von Dir genannten Artikel ausgeführt. Das reicht doch eigentlich schon oder nicht ? Die Formulierungen in den Sinfonie-Artikeln bezüglich der Mitwirkung eines Cembalos müssen mindestens neutralisiert werden, oder vielleicht sogar auf die Aufführungspraxis der Epoche hingewiesen werden, mit Hinweisen auf Robbins Landon und H. Haenchen und auf diverse Einspielungen. Grüße, --Marie Adelaide (Diskussion) 19:12, 21. Jun. 2019 (CEST)
- Hallo, danke für Deine Mühe. Habe eben auf der Hauptseite der Sinfonien dazu was geschrieben. Ich schlage vor, die Diskussion dort fortzusetzen. Gruß, --Karmingimpel (Diskussion) 21:42, 21. Jun. 2019 (CEST)