Es stimmt nicht, dass die lateinischen Wörter "vel" und "aut" ausschließlich im ein- bzw. ausschließenden Sinn verwendet werden; auch im Deutschen ist es durchaus nicht so, dass das einfache "oder" eindeutig nicht ausschließend verwendet wird, nicht einmal in Wissenschafts- und Rechtssprache(n) - im Gegenteil, gerade dort wird, wenn der Unterschied im Kontext bedeutsam und nicht eindeutig ist, sehr ausdrücklich disambiguiert (z.B. "und/oder" oder der Zusatz "oder beides").
Meinungen bezüglich der Frage, ob eine Verwendungsweise eines Wortes glücklich ist oder nicht ("sehr verwirrend"), finde ich in einem Lexikonartikel nicht sehr, hm, glücklich. ;-) Die (sehr originär klingende) Argumentation des "dis-" finde ich ebenfalls ein bisschen überraschend (das lateinische Word "disjungere" bedeutet einfach trennen, unterscheiden, ...), denn nach dieser Argumentation könnte man auch die Konjunktion Disjunktion nennen wollen (denn bei der Konjunktion werden noch viele "weitere Möglichkeit[en] ausgeschlossen"). ;-)
Ich bin auch nicht so sicher, ob Reiner Winter: Grundlagen der formalen Logik, Frankfurt a. M. 2001 jetzt unbedingt die Quelle schlechthin ist; es gibt soo viele Logik-Einführungen, auch von bekannten Autoren wie Kalish/Montague, Mates, Quine..., und dort dominiert - wie modern generell - die Verwendung von "Disjunktion" im Sinn des nicht ausschließenden Oder.
Viele Grüße, --GottschallCh 16:48, 4. Jul. 2008 (CEST)
- ich wäre aus den von dir genannten oder analogen gründen für eine löschung dieses artikels mit redirect auf disjunktion. dort kann in einem satz erwähnt werden, dass man bisweilen auch so redet, dass OR=adjunktion, XOR=disjunktion, mit einem seitengenauen beleg aus einer wohletablierten quelle. oder wenn's einen solchen beleg nicht gibt, dann gar nicht. Ca$e 17:30, 4. Jul. 2008 (CEST)
1. Es wurde nicht nur nicht behauptet, die Konjunktion "oder" werde definit im einschließenden Sinne verwendet, sondern sogar hervorgehoben, dass sie, je nach Sprachraum, äquivok gebraucht werde. Das führt in der Logik ja zu einer notwendigen terminologischen Differenzierung.
2. Zu den lateinischen Konjunktionen "vel" und "aut", sowie dem Präfix "dis-" genügt ein Blick in den kleinen Stowasser.
3. Es bleibt dabei: verwendet man für die einschließende "oder-Verknüpfung" den Namen Disjunktion, so begeht man terminologisch eine contradictio in praefixo.
4. Wenn das Wort "Glück" (mnd. (ge)lucke) vom Verb "gelingen" kommt, so ist die Verwendung des Terminus "Disjunktion" für die einschließende "oder-Verknüpfung" in dem Sinne "unglücklich", als es damit nicht gelingt, den logischen Sachverhalt terminologisch angemessen zu bezeichnen.
Viele Grüße, --Reiner Winter 10:51, 26. Jul. 2008 (CEST)