Diskussion:Amblewagon

Der Artikel „Amblewagon“ wurde im Dezember 2020 für die Präsentation auf der Wikipedia-Hauptseite in der Rubrik „Schon gewusst?“ vorgeschlagen. Die Diskussion ist hier archiviert. So lautete der Teaser auf der damaligen Hauptseite vom 18.01.2021; die Abrufstatistik zeigt die täglichen Abrufzahlen dieses Artikels.

Ein und dasselbe Auto?

War es wirklich so oder verstehe ich es falsch, dass ein und dasselbe Auto abwechselnd als Kranken- und als Leichenwagen benutzt wurde? Hierzulande ist es meines Wissens nicht zulässig, Tote in Krankenwagen zu transportieren. -- Lothar Spurzem (Diskussion) 20:25, 21. Dez. 2020 (CET)

@Spurzem: Moin, Lothar! Das hast Du völlig richtig verstanden: Dasselbe Auto konnte binnen weniger Minuten Umbauzeit als Krankentransporter, als Leichenwagen und mit der hinteren Seriensitzbank wieder als "Familienkutsche" genutzt werden.

Gebräuchlich war dies vor allem in kleineren, abgelegenen, ländlichen Gemeinden. Dort war der lokale Bestatter durch die wenigen Sterbefälle selten ausgelastet genug, um alleine davon leben zu können. Praktischerweise hatte er zumeist einen zusätzlichen handwerklichen Beruf, häufig Schreiner, dann konnte er gleich auch die Särge herstellen und zwei Geschäfte machen. Oft war der Bestatter einer der wenigen im Ort, der einen größeren, repräsentativen Kombi hatte, für Begräbnisfeiern, zum Ausliefern von kleineren Möbelstücken und oft zugleich als Familienwagen. Ein eigener Rettungsdienst lohnte sich in solch kleinen Gemeinden zumeist nicht und die Feuerwehr war froh, wenn sie überhaupt ein Feuerlöschfahrzeug hatte. Die normalen Bürger hatten eher rustikale Fahrzeuge, sog. Light Trucks (Pick-ups, Geländewagen, Kleinbusse). Weil die Fahrzeuge der Bestatter berufsbedingt - anders als bei den Farmern - meist recht sauber waren, übernahmen viele von ihnen im Auftrag des Bürgermeisters oder Sheriffs als drittes wirtschaftliches Standbein gegen Bezahlung oft auch den lokalen Krankentransport zum örtlichen Arzt oder in das nächstgelegene Krankenhaus.

Hygienisch sah man damals darin wohl kein Problem: Aus Platzgründen wurden Kranke und Verletzte zunächst ohnehin außerhalb des Fahrzeugs (erst-)versorgt; und selbst bei Bedarf war der Innenraum der Amblewagons leicht zu reinigen und zu desinfizieren: abwaschbare Vinyloberflächen, Kunstleder, Gummimatten sowie - nach Lösen der Flügelmuttern und Herausnehmen der Einbauschränke - blankes Karosserieblech. Zudem hatten Ambulanz und Leichenwagen jeweils eigene Einbauten, Gestelle etc. Umgekehrt war und ist auch der Leichentransport eine relativ saubere Sache: Zinksärge und spezielle Sanitätssärge aus Metall sind wannenartig mit Deckel und selbst Holzsärge müssen ausreichend dickes Holz haben und mit aufsaugendem Material wie Holzspänen am Boden befüllt sein, um eventuell austretende Körperflüssigkeiten im Sarginnern aufzufangen. Ober- und Unterseite der Särge schließen zudem, ggf. durch Klemmen, recht dicht ab; Ventile zum Druckausgleich sind zumeist mit Filtern versehen, so dass beim Transport auch kaum Geruchsbelästigungen entstanden und entstehen. Zudem hatte der Amblewagon in den jeweiligen Ausstattungspaketen auch eine Zusatzheizung und ergänzende Belüftung im Heck.

Was bleibt, ist eine Pietätsfrage: In den USA aber waren Leichenwagen außen nicht unbedingt schwarz, Krankentransporter nicht unbedingt weiß-rot. Ein gebräuchlicher Mittelweg waren Grau, Marineblau, mit dem Aufkommen von Metallicfarben oft Silbergrau oder Stahlblau, in den 1950er- und 1960er-Jahren gerne auch zweifarbig. Rundumkennleuchten und Sirenen konnten bei den Amblewagons leicht demontiert werden, die äußere Kennzeichnung erfolgte primär durch schnell wechselbare Aufsätze auf den hinteren Seitenscheiben und kleine klemmbare Firmenschilder des Bestatters an den hinteren Seitentüren.

Allerdings gab es (angedeutet bei coachbuilt.com und weiteren Quellen), besonders in den größeren Städten, mitunter Vorbehalte der Familien, wenn der Bestatter zum Begräbnis "nur" mit einem Amblewagon vorfuhr, was sie als unpassend, mitunter auch pietätlos ansahen. Manche sollen sich geweigert haben, dafür die (wohl staatlich festgesetzten) Gebühren voll zu zahlen. Umgekehrt nutzten manche größeren Bestattungsunternehmen den Amblewagon für das "Basisangebot" zum "Normaltarif" und verlangten Aufpreise per Gebührenvereinbarung für repräsentativere Leichenwagen. Dies führte dazu, dass Amblewagons von Bestattern zunehmend nur für die Abholung der Toten am Auffindeort, ggf. Fahrten zum Gerichtsmediziner, für Überführungsfahrten oder als bloßes Begleitfahrzeug bei größeren Beerdigungen allein zum Transport der Kränze und Blumen zur Kirche oder Friedhofskapelle und zum Grab genutzt wurden.

Bei Interesse: In den angegebenen Weblinks und Online-ENWs findest zu weitere, allerdings englischsprachige Details, speziell hier und hier unter denjenigen abrufbaren "Brochures", die sich speziell oder zumindest auch den Kombis befassen, unter den Stichworten "Combination Car", "Combo Car" oder nur "Combination". Auf diesem PDF beispielsweise gibt es auf S. 2 das "Combination"-Umrüstpaket (Model C-4) als Kombination der "Ambulance Conversion" (Model C-2) (S. 1) und des "Professional Service Cars" (Model C-3) (S. 2) für die Chevrolet Kombis Biscayne, BelAir und Impala Station Wagon des Modelljahrs 1965.

Viele Grüße und auch hier nochmal herzlichen Dank für Deinen gestrigen prüfenden Blick auf den Artikel und Deine Änderungen, --Roland Rattfink (Diskussion) 14:17, 22. Dez. 2020 (CET)

Lieber Roland, danke für die eingehende Schilderung auf meine kurze Frage. Was Du schreibst erinnert ein bisschen an das Pferd in den 1950er-Jahren in meinem früheren Heimatort. Während der Woche zog es den Pflug, den Erntewagen und zwischendurch den Müllwagen der Gemeinde. Und war am Wochenende eine Beerdigung, wurden ihm die Vorderbeine und die Hufe mit schwarzer Schuhcreme gefärbt, eine schwarze Decke mit silberner Paspelierung und einen entsprechenden Kopfputz bekam es übergezogen und dann zog es den Leichenwagen zum Friedhof. Schade, dass beide Einsätze nie fotografiert wurden. Aber damals war Fotografieren noch teuer und man fotografierte kaum etwas, das einem alltäglich begegnete. Und dann war es eines Tages zu spät. Viele Grüße -- Lothar Spurzem (Diskussion) 14:40, 22. Dez. 2020 (CET)

Lieber Lothar Spurzem, schöne, blumige Geschichte. Wo gabs denn noch so was nach dem Krieg (ich mein den von 1945)? Mein Vater berichtete von einem Pferd auf dem Land (war wohl aus Nostalgie noch nicht beim Abdecker, ging durch und rannte über ein Auto), aber ein Pferd im Mittelpunkt des Gemeindelebens? Übersee- und Ostgebiete hatten wir doch damals schon abgegeben. --Wolle1303 (Diskussion) 10:42, 18. Jan. 2021 (CET)

kompliment

Ich wollte einfach nur einmal danke sagen für die Interessante Morgenlektüre. Der Artikel ist wirklich gut gemacht! Grüße aus Fernost, --✍ Janwo ^Disk./_Mail 08:22, 18. Jan. 2021 (CET)

billiger und einfacher Umbau

Ich mutmaße, dass der billige Umbau nicht nur auf die damaligen bescheidenen Ansprüche, speziell auf dem Land, zurückzuführen ist, sondern auch darauf, dass die US-Wagen jener Zeit für uns unvorstellbare Dimensionen aufwiesen (Bei uns wurde die Karosserie für Krankentransport- und Leichenwagen zumindest verlängert, oft auch erhöht). Erwähnenswert? --77.0.68.43 10:30, 18. Jan. 2021 (CET)