Diskussion:Antisemitismus und Sozialdemokratie
Der Artikel erwähnt die Reichstagswahl 1890, aber: Geht die Literatur nicht darauf ein, dass der Parteitag ja 4 Monate nach der Reichstagswahl 1893 stattfand, in der die Antisemiten wieder Stimmen gewonnen hatten? --Widerborst 15:18, 1. Jan. 2012 (CET)
Guter Punkt. Ich hatte die alte Konstellation im Kopf wegen der Unterstützung der Antisemiten bei der Einsetzung einer Kommission, wo sie nur 5 Mandate hatten und 15 Unterstützer brauchten. Ich ergänze etwas. -- Fortschritt1861 20:55, 1. Jan. 2012 (CET)
- Man muss bei sowas natürlich WP:Keine Theoriefindung beachten. Als Anhaltspunkte können solche Überlegungen aber natürlich hilfreich sein. Frohes Schaffen! --Widerborst 15:16, 2. Jan. 2012 (CET)
- Vielen Dank für den Hinweis. Ich hatte in dem Abschnitt zum Kontext nur die Lage bis Mitte 1893 geschildert und vergessen die neue Situation nach den Wahlen im Sommer auch zu benennen, die natürlich für den Kontext wichtig ist. Ich würde nicht sagen, daß ich da eine eigene Theorie aufgestellt habe oder in die Richtung gegangen wäre. Oder verpasse ich den Punkt der Bemerkung? -- Fortschritt1861 06:47, 4. Jan. 2012 (CET)
Hinweise zu weiterführender Literatur
BearbeitenInteressanter Artikel zu einem vielleicht heiklen Thema, mit dem sorgfältig umzugehen ist. Ein paar Aspekte dazu mag eine online verfügbare Abhandlung von Ludger Heid, einem ausgewiesenen Experten zum Thema Geschichte der Sozialdemokratie als auch Geschichte des Antisemitismus (auch in der Arbeiterbewegung) sein: "Was der Jude glaubt ist einerlei...": Der Rassenantisemitismus in Deutschland. Da diese Abhandlung relativ lang ist, zitiere ich daraus mal per Copy&Paste die für diesen Artikel relevante Passage:
- <Zitat Anfang>:
- „Nichts hat die öffentliche Meinung zu Beginn der 1880er Jahre mehr aufgewühlt und beschäftigt als die "Judenfrage". Eduard Bernstein, ein sensibler Beobachter der Szene, hat die Berliner Pogromluft dieser Jahre als eine "Sturzwelle judenfeindlicher Reaktion" beschrieben. (14) Kein Zweifel - die Antisemiten waren auf dem Vormarsch. Sie brachten eine Viertelmillion Unterschriften unter eine Petition zusammen, in der die Errungenschaften der Judenemanzipation von 1812 quasi rückgängig gemacht werden sollten. U.a. wurde darin die Einschränkung bzw. Verhinderung der (ost-)jüdischen Einwanderung sowie die Ausschließung der Juden aus allen obrigkeitsstaatlichen Stellungen gefordert. Im November 1880 debattierte das Preussische Abgeortdnetenhaus an zwei Sitzungstagen über diese Petition, und die Abgeordneten der "Fortschrittspartei", die die Debatte beantragt hatten, kämpften allein gegen eine Parlamentsmehrheit, die kein Vorurteil unausgesprochen liess.
- Die Sozialdemokraten - als außerparlamentarische Opposition - blieben in der Debatte stumm und überließen den Linksliberalen das Feld. Kein führender Sozialdemokrat erhob seine Stimme zur Verteidigung der Juden. (15) Erst 13 Jahre später rang sich die Partei zu einer grundsätzlichen Stellungnahme durch. Dennoch: Auf pogromähnliche antisemitische Ausschreitungen am Silvesterabend 1880 in Berlin hin, beriefen die Sozialdemokraten eine Massenversammlung ein, um die Stellung der Arbeiter zur "Judenfrage" klarzulegen. Auch in der Folgezeit demonstrierten sozialdemokratische Arbeiter in antisemitischen Versammlungen. (16)
- Doch auch innerhalb der Sozialdemokratie gab es einen volkstümlichen, "taktischen" Antisemitismus - als Reflex auf eine in der Arbeiterschaft verbreitete intellektuellenfeindliche Stimmung. Mit dieser Haltung konnten antisemitische Angriffe gegen die Sozialdemokratie neutralisiert und auf ihre Urheber zurückprojiziert werden. Sicherlich war die deutsche Sozialdemokratie - nach ihrer Selbsteinschätzung - nicht antisemitisch, einzelne Parteigenossen haben ihre Unsicherheit in der "Judenfrage" jedoch nicht abzulegen vermocht, und es gab in der Arbeiterpartei erklärte Antisemiten. Das funktionale Argument der Sozialisten gegen den Antisemitismus war die Behauptung, dass dieser das Klassenbewusstsein der Arbeiter verschleiere und den Klassenkampf in die falsche Richtung lenke. Dieses Argument bemühte sich nicht um das Problem des Antisemitismus als solchen, schon gar nicht um dessen Opfer, sondern bildete sozusagen die funktionale und politische Grundlage in der tagtäglichen Auseinandersetzung mit dem politischen Gegner. Wer das Judentum nicht mehr religiös, sondern als Synonym mit Geld und "Schacher" definiert, oder - wie Marx - mit dem weltbeherrschenden bösen Prinzip "Kapital", der muss irgendwann seine eigenen Ressentiments in eine gute Ideologie umpolen. Durch den Antisemitismus hindurch zum Klassenbewusstsein - das war ein wichtiges Element im Selbstverständnis der Arbeiterbewegung. Marxens Haltung zur "Judenfrage" hat dazu beigetragen judenfeindliche Vorurteile innerhalb der deutschen Arbeiterbewegung zu bewahren und den Juden mit dem kapitalistischen Ausbeuter gleichzusetzen. Erst als die Sozialdemokratie begriffen hatte, dass sich Antisemiten und Konservative zu einer Allianz gegen die Arbeiterbewegung zusammengeschlossen hatten und der Antisemitismus eine Domäne und integraler Bestandteil der Rechten geworden war, trat die Partei deutlich und programmatisch dagegen auf. Allgemein lässt sich feststellen, dass die deutsche Sozialdemokratie insgesamt in Theorie und Praxis den Antisemitismus ablehnte, wenngleich sie ebenso grundsätzlich allen Bestrebungen der Juden, ihre religiösen, kulturellen oder nationalen Traditionen zu bewahren oder mit neuem Leben zu erfüllen, gleichgültig bis feindlich gegenüberstand.“
- </Zitat Ende>
Zum Thema treffende Literatur (ohne eigene nähere Überprüfung) dürfte auch dieser Titelhinweis sein: Sozialdemokratie und Antisemitismus im Kaiserreich: die Auseinandersetzungen der Partei mit den konservativen und völkischen Strömungen des Antisemitismus, 1871-1914. Gruß von --Ulitz 21:54, 1. Jan. 2012 (CET)
- Vielen Dank für den Hinweis. Ich habe einen Teil zur Rezeption eingebaut, wo ich auch aus dem Buch zitiere. -- Fortschritt1861 06:03, 5. Jan. 2012 (CET)
Vielen Dank für den wirklich sehr interessanten Hinweis. Die Versammlung vom 11. Januar 1881 in den Reichshallen und deren Verurteilung der antisemitischen Bewegung wird (auch von Bernstein in seiner Geschichte der Berliner Arbeiterbewegung) für die Sozialdemokraten reklamiert. Allerdings fanden sich dabei sozialdemokratische und fortschrittliche Arbeiter (organisiert in den der Patei nahestehenden Gewerkvereinen) zusammen und die Argumentation in der Resolution ist offen für beide Seiten und betont das Gemeinsame, nämlich "Demokratische" im Sinne der Zeit. Es scheint das eher der Stimmung in Berlin geschuldet zu sein, der sich zu ihrer Ehre auch die sozialdemokratischen Arbeiter ohne Rückendeckung ihrer Führung anschlossen, eine Stimmung, die sich wieder am nächsten Tag bei der Versammlung der Wahlmänner in den Reichshallen auf Einladung der Fortschrittspartei ausdrückte. -- Fortschritt1861 22:57, 1. Jan. 2012 (CET)
Thema und Sekundärliteratur
BearbeitenIch habe die letzten Änderungen erstmal gesichtet, möchte aber gleichzeitig zum Ausdruck bringen, dass der Artikel aus dem Ruder läuft. Die Zitate gerade aus der Rede Bebels nehmen überhand. (Soll das Thema eigentlich „Antisemitismus und Sozialdemokratie“ sein oder das Referat Bebels mit diesem Titel? Trifft der letzte Punkt zu, braucht es die ausführliche Vorgeschichte überhaupt nicht.) Teilweise werden grundlegende Aussagen mit Primärquellen belegt. (Vgl. „Die Haltung der Sozialdemokraten war hingegen unklar. 1891 und 1892 illustrierte das sozialdemokratische Witzblatt Der Wahre Jacob wiederholt die Parole „Wider Junker und Juden!“ zustimmend auf seiner Titelseite und in weiteren Beiträgen.“ usw.) Das entwickelt sich in Richtung WP:OR. Von daher würde ich eine sehr viel stärkere Anbindung an die doch reichlich vorhandene Sekundärliteratur anraten. Gruß, --Assayer 04:08, 10. Jan. 2012 (CET)
Aussage
BearbeitenEigentlich sollte man allein nach Lesen der Einleitung erfahren haben welche Haltung Bebel nun zum Antisemitismus zum Ausdruck gebracht hat. --Itu (Diskussion) 04:25, 20. Jan. 2014 (CET)
Wieso
Bearbeitenwird eigentlich, z. B. an anderen Stellen der Wikipedia, dieses höchst differenziert und ausziseliert auf die Antisemiten und ihre Argumente eingehende Referat einfachhin so zitiert, als habe Bebel "den Antisemitismus mit der Sozialdemokratie für unvereinbar erklärt"? Wenn man den Artikel insgesamt liest, ist das eine seltsame Verkürzung der Sachlage. (Natürlich will niemand Bebel den Antisemitismus in der Form unterstellen, wie ihn Hitler und Streicher haben würden - aber, mal ehrlich, das wäre auch bei den damaligen Antisemitenparteien oder einem Treitschke wohl fehl am Platz.)--2001:A61:260C:C01:B9EE:88F1:DAEA:A5C8 14:27, 4. Mai 2018 (CEST)
Falsche Verlinkung
BearbeitenIn der Wikipedia sind leider oft "blinde", ungeprüfte und falsche Verlinkungen zu beobachten, die Verwirrung stiften. Im Artikel wird als Quelle der Name Lars Fischer genannt, Autor von The Socialist Response to Antisemitism in Imperial Germany, erschienen bei Cambridge University Press. Aus dieser Quelle wird zitiert. Also offensichtlich ein Historiker oder Politologe, der eine akademische Arbeit vorgelegt hat, der ansonsten bislang aber nicht weiter bekannt und enzyklopädierelevant ist. So weit, so gut. Dann wird der Allerweltsname Lars Fischer einfach mit dem nächstbesten Lars Fischer verlinkt: einem Wissenschaftsjournalisten, der laut Artikel von Fach Chemiker ist. Dieser Lars Fischer ist mit dem zitierten Historiker oder Politologen höchstwahrscheinlich nicht identisch; unter den Publikationen des Journalisten Lars Fischer wird nichts gelistet, was in diese Richtung weist, er bearbeitet ein ganz anderes Themengebiet und hat keine akademischen Referenzen in Geschichte oder Politikwissenschaft. Ich entferne deshalb die Verlinkung. Es wäre generell wünschenswert, bei Verlinkungen einfach mehr Sorgfalt walten zu lassen und zu prüfen, ob ein verlinkter Artikel sich tatsächlich auf das jeweilige Stichwort bezieht. -- ~~~~ --2003:CC:8729:9B00:B74C:F434:9A66:D2B6 13:50, 27. Aug. 2023 (CEST)
- Dieser Historiker ist wohl der richtige. Das wurde bei der Anlage des anderen 2021 nicht angepasst. --Nuuk · See you at the bitter end 14:10, 27. Aug. 2023 (CEST)