Diskussion:Ashbourne-Porträt
Porträt von Oxford?
BearbeitenDie Identifizierung des Dargestellten mit Edward de Vere basiert wesentlich auf der Datierung des Porträts auf die späten 1570er Jahre, die anhand der Mode erfolgt. Sie überzeugt in mehrfacher Hinsicht nicht:
Bei der Datierung des Porträts aufgrund der Mode der späten 1570er Jahre wird nicht beachtet, dass sehr viele - wenn nicht sogar die meisten - Menschen damals lebenslang die Mode ihrer Jugend beibehielten. Vor allem an niederländischen Gruppenporträts ist das abzulesen, auf denen die Porträtierten verschiedenen Alters je nach persönlichem Alter eine Auswahl aller Moden der letzten 3 bis 4 Jahrzehnte tragen. Der Mensch datierte sich daher mittels seiner Kleidung selbst, denn man ging damals nicht mit der Mode.
Der Porträtierte sieht keineswegs wie ein Mann von Ende 20 aus, dem Alter von Oxford in den späten 1570er Jahren. Das angegebene Alter von 47 Jahren ist vielmehr glaubhaft, wenn man davon ausgeht, dass das Porträt geringfügig geschmeichelt sein könnte (was wahrscheinlich ist). Der Dargestellte, streng und nüchtern in puritanisches Schwarz gekleidet, war höchstwahrscheinlich kein Modenarr. Umso näher liegt, dass er sich auch in 1611 - im Alter von 47 Jahren - immer noch an die Mode hielt, auf die er sich in seiner Jugend ein für allemale festgelegt hatte.
Oxford wird um 1580 - also zu der Zeit, aus der das Porträt angeblich stammen soll - als äußerst modebewusst beschrieben, geradezu als Modegeck und Trendsetter für den toskanischen Stil. Die strenge, ungeschmückte Kleidung des Dargestellten passt daher nicht zu ihm, zumal es bei Hofe immer üblich war, farbige Kleidung zu tragen. Oxford dürfte vor allem auch zu den Ausnahmen von der Regel der Selbstdatierung durch Beibehaltung der ein für allemale gewählten Mode gehört haben.
Ein weiteres Bedenken gegen die Identifizierung des Dargestellten als E. de Vere ist, dass de Vere zweifelsfrei Schriftsteller war (egal ob man ihm Shakespeares Werke zuschreibt oder nicht); doch das Buch, das der Mann in der rechten Hand hält, wird von ihm nicht geschrieben, sondern gelesen (der Finger markiert die Stelle, an der der Mann seine Lektüre unterbrochen hat). Der Mann wird damit nicht als Autor, sondern als Leser definiert. Oder soll ihm etwa die Lektüre der eigenen Werke unterstellt werden?
Ich räume allerdings ein, dass das Gesicht demjenigen von E. de Vere ähnelt, bis auf die Form der Nase. Das allein wiegt die Bedenken jedoch nicht auf.