Diskussion:Barbarossa (2009)

Letzter Kommentar: vor 12 Jahren von 79.230.155.109 in Abschnitt ernster historiographischer anspruch

ernster historiographischer anspruch

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Hallo!

Der Abschnitt zum historischen Hintergrund ist meiner Ansicht nach ein wenig irreführend!

1. Ein Buch, das 2009 geschrieben wurde und einen historiographischen Anspruch hat, ist als Grundlage für eine historisch möglichst getreue Verfilmung völlig unzureichend! Das ist, als wollte man einen Film über den Investiturstreit machen, allein auf Basis einer Quelle, etwa Lampert von Hersfeld. Herauskäme die Verfilmung einer höchst tendenziösen und parteiischen Darstellung der Ereignisse und keineswegs ein historisch getreues Bild (wenn denn wirklich historiographisch gemeint ist, da aber ja der Artikel dazu im Artikel verlinkt ist, gehe ich mal davon aus!)! Denn Historiographie hat nicht als Zielsetzung die kritische Aufarbeitung von Geschichte, das macht die Geschichtswissenschaft - Historiker, nicht Historiographen!.

2. Was genau soll das überhaupt sein, ein ernster historiographischer Anspruch? Ein wissenschaftlicher Anspruch scheinbar nicht. Oder soll das "ernst" das Buch von einem Roman abgrenzen?

3. Der Autor ist ein Wirtschaftswissenschaftler. Ich kenne ihn nicht und kann daher nicht beurteilen, inwiefern er auch in seinem Nebenbetätigungsfeld in der Geschichte ernstgenommen werden kann. Da er aber offenbar kein Historiker ist, sollte man vlt. trotzdem zunächst mal skeptisch sein, ob er als "historical consult" für historische Genauigkeit bürgen kann. Scheinbar hat er ja sein Werk auch nur auf Basis bestimmter Quellen geschrieben, was dem Vorgehen in der Geschichtswissenschaft nicht gerecht wäre.

4. Zwei Beispiele: Im Artikel steht: "Die Bemühung um historische Korrektheit reicht sogar bis ins Detail". Dennoch lese ich im Abschnitt "Handlung", dass eine Frau wegen ihres Rufs als Hexe beinahe verbrannt wird. Die gezielte Hexenverbrennung ist eine Praxis, die zu der im Film behandelten Zeit überhaupt nicht üblich war. Sie kam erst später auf, vor allem mit Beginn der kirchlichen Inquisition (siehe verlinkter Artikel). Offenbar ein Detail-Fehler.

Ein wenig willkürlich erscheint mir die Aburteilung des nicht gesicherten Kniefalls Barbarossas gegenüber Heinrich als "nebulös", während das Zertreten des Warnbriefs mit dem Fuß als ein wunderbares, im Film aufgegriffenes Detail historisch verbürgten Charakters gefeiert wird. Der hier sogenannte "Kniefall" Barbarossas muss (selbst wenn Egon Boshof das meint) nicht erfunden sein. Es könnte sich hier um die im Mittelalter übliche Deditio handeln, die einfach eine Geste war, die der Konfliktlösung diente und erstmal nicht eine hierarchische Unterordnung bedeutete. Insofern könnte diese Episode durchaus stattgefunden haben, man muss sich den Hintergrund des sie überliefernden Autors ansehen, um dies weiter zu beurteilen. Das Zertreten des Briefes mit den Füßen macht auch nur als symbolische Handlung Sinn. Sie kann unter Umständen tatsächlich stattgefunden haben. Genauso kann sie aber von einem die Episode überliefernden Autor erfunden worden sein, um dem Leser in genau einer solchen symbolischen Handlung kurz und knackig die Haltung der Mailänder zu verdeutlichen (selbst wenn Egon Boshof das nicht so sieht).

Was das zeigen soll? Die Dinge sind nicht so sicher, wie sie her verkauft werden. Der Film ist ein Film, hat keinen dokumentarischen Anspruch und schon die Grundlage, das Buch, ist, was historische Akkuratheit angeht, kritisch zu sehen. Sicherlich wurde sich bemüht, ein möglichst authentisches Bild des Mittelalters zu zeigen, aber wie schon die im Abschnitt "Rezeption" angerissene Kontroverse um eine nationalistisches, Lega-Nord-nahes Geschichtsbild und eine dementsprechende Botschaft des Filmes zeigt, kann er historische Korrektheit eigentlich nicht als Qualitätsmerkmal führen, allerhöchstens Authentizität und auch die ist (siehe Hexenverbrennung) nicht immer und überall im Film gegeben.

MfG 79.230.155.109 16:51, 29. Jul. 2012 (CEST)Beantworten