Der Artikel „Der Eisvogel (Roman)“ wurde im März 2018 für die Präsentation auf der Wikipedia-Hauptseite in der Rubrik „Schon gewusst?vorgeschlagen. Die Diskussion ist hier archiviert. So lautete der Teaser auf der damaligen Hauptseite vom 8.05.2018; die Abrufstatistik zeigt die täglichen Abrufzahlen dieses Artikels.

Renaissance des Interesses am „Eisvogel“ 2018

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Von mehreren Seiten wird 2018 darauf hingewiesen, dass man den Roman Der Eisvogel lesen sollte, um zu verstehen, was Uwe Tellkamp im Jahr 2018 umtreibt.
Ich halte diesen Appell für gewagt, weil er unterstellt, dass Uwe Tellkamp sich zeit seines Lebens stets treu geblieben sei.
Interpreten des Romans Der Turm gehen davon aus, dass Tellkamps Familie in der DDR doppelt ausgegrenzt gewesen sei: erstens als Bürger eines Staates, der physisches Reisen systematisch einschränkte, und zweitens als Konservatoren einer Bildungsbürgerlichkeit, die nicht typisch für die DDR-Gesellschaft gewesen sei.
In Der Eisvogel nimmt der Erzähler einen Habitus ein, den Tellkamp bei anderen abgucken musste: Tellkamp ist eben nicht jemand, der in Nizza und London aufwuchs und deshalb Französisch und Englisch auf Muttersprachlerniveau spricht, und er hat eben nicht in Kindheit und Jugend unter den „68er“n gelitten, weil diese in der DDR keinerlei Einfluss hatten. Die Weltläufigkeit der Protagonisten ist nicht die Tellkamps. Er konnte eben bis 1989 nicht all die Orte aufsuchen, die in Der Eisvogel erwähnt werden: (West-)Berlin, München, London, Nizza, Mailand… Globalität kannte er lange Zeit nur als rein geistiges Phänomen. Der Vorwurf, Tellkamp beschreibe in Der Eisvogel „erfundene Konflikte“, hat insofern eine gewisse Berechtigung. In diesem Sinn ist weder Wiggo Ritter noch Mauritz Kaltmeister „eigentlich“ Uwe Tellkamp (Figurenrede!).
2018 ist Tellkamp nun in eine Phase geraten, in der ihm Globalität nicht mehr als etwas im Prinzip Positives erscheint und in der er dem Westen, wo er vorübergehend gewohnt hat, auch physisch den Rücken gekehrt hat. Was dieser Tellkamp mit dem Tellkamp der Zeit um 2000 zu tun hat, müsste erst noch geklärt werden. --CorradoX (Diskussion) 09:51, 20. Mär. 2018 (CET)Beantworten

Zur Mahnung:

Man hätte sich von dem Buch [«Tagebuch eines Landpfarrers» von Georges Bernanos] auch daran erinnern lassen können, dass es ein literarisches Sprechen gibt, das mit dem politischen Sprechen nie deckungsgleich ist. Denn einer der bleibenden Kollateralschäden des Gesprächs zwischen Durs Grünbein und Uwe Tellkamp im Dresdner Kulturpalast könnte sein, dass das literarische Sprechen da buchstäblich unter die Räder gekommen ist. […]
Im Feuilleton ist […] die Forderung erhoben worden, man müsse nun noch einmal genauer auf das literarische Schreiben Uwe Tellkamps schauen, insbesondere auf seinen Roman «Der Eisvogel», und sehen, was man darin alles finde könne. Ein bisschen erinnert das an die Untersuchungen der Werke Iris Murdochs, nachdem ihre Alzheimererkrankung festgestellt worden ist. Ab wann und wie haben sich die ersten Symptome in ihren Büchern angekündigt? Gibt es Stellen, die schon früh einen Hinweis darauf liefern?
Und kann man im «Turm» oder im «Eisvogel» alles bereits finden, was die Dresdner Offenbarung Uwe Tellkamps dann in die Welt gebracht hat? […]
[D]ie Übertragung von Realität in Literatur erfolgt nicht nach einfachen Gesetzen, und niemand sollte denken, man könne nach einfachen Gesetzen aus der Literatur auf die Realität zurückschliessen. Es beginnt mit der Binsenweisheit, dass Literatur der Lüge nähersteht als der Wahrheit oder, anders gesagt, Wahrhaftigkeit dadurch erst herstellt, indem sie sich auf die Realitätsabweichung in der Fiktion ganz und gar einlässt. So oft man auch die Warnung für Erstsemestrige ausgibt, Autor und Erzähler nicht zu verwechseln, so oft wird sich nicht nur ein Student, sondern immer gleich auch ein Professor finden, der die vielleicht gerade noch selbst ausgegebene Warnung in den Wind schlägt und dem Autor nachzuweisen versucht, dass er mit dem Erzähler mindestens dessen schlechte Eigenschaften und dessen unwillkommene Meinungen teilt.
Das literarische Sprechen wäre dann nicht Lüge im tautologischen Sinn, dass es die Existenz einer in Wirklichkeit nicht existierenden Welt mit der ganzen Kraft seiner Worte behauptet, sondern Lüge einzig und allein zu dem Zweck, damit der Autor dahinter seine moralische Minderwertigkeit verbergen kann: beim weniger Schlauen, weil es ihm ohne sein Wissen unterläuft, beim Schlaueren als Strategie des Bösen.

Norbert Gstrein: Die aggressiv auftretende Moral liebt die ganze Menschheit. Das ist das Unmoralische an ihr. Neue Zürcher Zeitung. 22. März 2018 ([1]) --CorradoX (Diskussion) 17:30, 23. Mär. 2018 (CET)Beantworten

unverständlicher Satz

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Was soll der Satz “Es wird vermutet, dass der Roman eigentlich bereits deutlich früher entstand.” aussagen, wenn der Handlungszeitraum bis 2000 geht und der Verfasser das fertige Buch 2003 anbot? --Agnete (Diskussion) 16:33, 9. Mai 2018 (CEST)Beantworten

Die Handlung hat keinen spezifizierten Zeitraum, aber man sollte sie wohl etwa in die Zeit des Regierungswechsels zu rot-grün verorten. Manche vermuten wohl, dass Tellkamp das Buch oder Teile davon auch schon früher geschrieben haben könnte, nicht zuletzt weil er in den Nuller Jahren ja wohl vor allem am „Turm“ arbeitete. Natürlich ist das Spekulation, veröffentlicht wurde das Buch jedenfalls 2005. Was auf jeden Fall auf einen früheren Handlungszeitraum hindeutet ist die Geschichte vom jüdischen Professor, der im KZ gewesen sein soll. 2005 hat es vermutlich keine aktiven Professoren mit einer solchen Erfahrung mehr gegeben.—S. K. Kwan (Diskussion) 19:19, 9. Mai 2018 (CEST)Beantworten
Die Frage ist, was der Anlass dafür ist, dass die latente Wut, die im Roman dargestellt wird, virulent wird. Es kann sich eigentlich nur um den Regierungswechsel 1998 handeln. Wenn Wiggo den „Sehr Hohen Politiker“ (Bundeskanzler Gerhard Schröder) gemeinsam mit seinem Vater das Rauchen von Cohibas zelebrieren sieht, dann wird verständlich, was aus seiner Sicht und der Sicht seiner Sympathisanten unter „Morbus 68“ zu verstehen ist (übrigens ist auch Stefan Ritter ein Emporkömmling; er weist ausdrücklich und glaubhaft darauf hin, dass seine Mutter Friseurin gewesen sei).
Der Roman kann also nicht vor 1998 geschrieben worden sein.
Wenn Uwe Tellkamp nach 2003 noch den Roman überarbeitet hätte, dann wäre in die Szenen, die von Wiggos Arbeitslosigkeit handeln, mit Sicherheit noch der Hartz IV-Komplex eingearbeitet worden. In der Druckfassung der Erstausgabe des Romans ist nur von seinem „Arbeitslosenhilfe“-Bezug die Rede. --CorradoX (Diskussion) 10:24, 10. Mai 2018 (CEST)Beantworten

Der Eisvogel - Literaturkritik und der Vorwurf an Tellkamp, rechts zu sein

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Ich bin nicht besonders glücklich mit dem Abschnitt über das "Verhältnis des Autors zu den Protagonisten des Romans". Selten habe ich so Stümperhaftes in Kritiken gelesen! Über Tellkamps Gesinnung zu debattieren, ist ja völlig in Ordnung, aber dem Roman mangelnde Distanzierung zu unterstellen ist doch literaturwissenschaftlich betrachtet objektiv falsch. Noch mehr interne Fokalisierung als die hier verwendete Montage aus Bewusstseinsstrom und Figurenrede, ist kaum möglich. Betrachtet man außerdem die Erzählsituation, handelt es sich bei diesem Roman um die Akte eines Strafverteidigers (Leser), einem Stimmenchor aus Mandant und anderen Zeugen (verschiedene Erzähler). Auch wenn hier ein apologetisches Moment des Beschuldigten mitschwingt, sollte deutlich auf die Möglichkeit eines unzuverlässigen Erzählers hingewiesen werden (Vgl. den Film "Die üblichen Verdächtigen"). Darüber hinaus radikaliert sich Wiggo nicht in gleichem Maße wie Mauritz, zweifelt bis zuletzt und verhindert durch den Schuss am Beginn/Ende die Tragödie. Zuletzt ist es ein Fehler aus dem Proseminar I, Autor und Erzähler gleichzusetzen... Ist es dem gemäß legitim, diesem Abschnitt eine Entgegnung zu den Pressestimmen hinzuzufügen, auch wenn diese nicht aus einer Veröffentlichung zitiert wird? --134.2.251.16 (Diskussion) 18:55, 19. Jan. 2019‎ (CET)Beantworten

Die Crux im Fall „Der Eisvogel“ von Uwe Tellkamp besteht (wie übrigens auch im Fall von Lukas Rietzschels Roman „Mit der Faust in die Welt schlagen“) darin, dass es Bücher gibt, deren Rezeption durch Journalisten und Politiker so stark ist, dass Stimmen von Literaturwissenschaftlern von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen werden.
Bei Wikipedia ist es „gute“ Sitte, Mitarbeitern davon abzuraten, eigene Interpretationen einzubringen. Sofort wird der Ruf nach einer Sekundärquelle laut.
Wenn du es schaffst, eine Veröffentlichung in einer möglichst reputablen (d.h. von einem Literaturwissenschaftler in einem als seriös geltenden Medium veröffentlichten) Quelle zu finden, in der in etwa dasselbe steht, was du oben geschrieben hast: Nur zu! --CorradoX (Diskussion) 10:52, 20. Jan. 2019 (CET)Beantworten