Franz Ferdinands unbelegte Missfallensbekundung

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"In seiner Aussage während des Sarajewoer Prozesses im Herbst des selben Jahres gab Harrach an, dass der Thronfolger dies mit freundlichem Mißfallen quittiert habe."

Harrachs kurze Zeugenaussage (eigentlich sein Einvernahmeprotokoll vom 28. Juni) wurde am 16. Oktober Nachmittags vom Gerichtsrat Naumović verlesen, daher ist die Formulierung "in seiner Aussage während des Sarajewoer Prozesses" irreführend, weil der Eindruck entsteht, als ob er im Prozess persönlich ausgesagt hätte. Es ist jedoch unbekannt, wer Harrachs Aussage aufgenommen hat (siehe Text) und Schneiberg wird darin nicht erwähnt. Die Angaben über die Motive der Trittbrettsteherei Schneibergs, Franz Ferdinands angebliche missfällige Reaktion darauf sowie die Insinuationen über Princips Absichten (um angeblich Franz Ferdinand von der "ungeschützten Seite" zu treffen) sind unbelegt, sie kommen weder bei Würthle, Dedijer oder Brook-Shepherd, noch in Princips, Harrachs oder Boos-Waldecks Aussagen vor. Die einzige bekannte Abschrift der Aussage Harrachs (außer der Version, die im Prozess verlesen, stenografiert und von Pharos, Mousset und Bogićević veröffentlicht wurde) befindet sich im Sarajewoer Untersuchungsprotokoll (UP) im HHStA, Nachlass Franz Ferdinand (NEFF). Das UP wurde noch nicht veröffentlicht, eine Einsichtnahme muss von Franz Ferdinands Nachfahren (der Familie Hohenberg) genehmigt werden. Dedijer und Würthle haben sie aber erforscht, in Auszügen dargestellt und zitiert. Möglicherweise existieren auch die Protokolle der polizeilichen Untersuchung durch Viktor Ivasiuk (Dedijer macht darauf einige Anspielungen, als ob er sie gesichtet hätte, siehe auch Würthles diesbezügliche Ausführungen in den Dokumenten), aber im Allgemeinen gelten sie laut Würthle als verschollen. El Cazangero 00:33, 23. Dez. 2006 (CET)Beantworten

Also gegen falsche Vorwürfe möchte ich mich hier entschieden verwahren: "frei erfunden", wie der werte Kollege sich auszudrücken beliebt, ist nichts. Was die Aussage angeht hast du recht: es wurde keine direkte Aussage im Prozess gemacht sondern seine Aussage vom Tattag oder ein Affidavit verlesen (die auch Personendaten zu harrach enthielt; Präzises müsste ich noch mal nachlesen; müsste in Dokumente zum Sarajevoprozess. Ein Quellenbericht von Würthle oder ins Owings The¬ Sarajevo trial gewesen sein; werde bei Gelegenheit nochmal nachforschen). Im übrigen hatte ich alle mir zugängliche Literatur zum Thema gesichtet und bin dabei mehrfach auf eine Aussage Harrachs gestoßen, derzufolge er beim Verlassen des Rathauses erneut auf das Trittbrett gestiegen wäre worauf der Erzherzog etwas in der Art "Ach hören Sie doch auf" oder "Seien Sie nicht albern" gesagt habe.
Ich habe im übrigen nicht gesagt DASS es Princips definitive und unbezweifelbare Absicht gewesen sei durch den Wechsel der Straßenseite FFs ungeschützte Seite zu erwischen, sondern lediglich dass verschiedene Historiker festgestellt haben, dass er die Seite gewechselt hat und dass diese Historiker in ihren Beschreibungen des Vorgangs es für nicht unwahrscheinlich halten, dass Princip nach dem Cabrinovic-Zwischenfall den Mann auf dem rechten Trittbrett bemerkt hatte und daraus den Schluss gezogen haben könnte, dass ein Angriff von der linken Seite im Falle einer Rückfahrt vom Rathaus erfolgversprechender sein könnte - was ja durchaus logisch wäre. Da es aber letztlich nicht durch eine Aussage Princips gedeckt ist, der dazu damals nicht befragt wurde, habe ich es nicht als ausgemachte Tatsache, sondern als eine plausible Überlegung der Historiker dargestellt: so würde Harrachs Handlung zumindest Princips Positionswechsel erklären und wäre damit durchaus bedeutungsvoll, außerdem hilft es zu erklären, warum die Beschildungsmaßnahme nichts half. Im übrigen - nur weil du es versäumt hast, Teile der relevanten Literatur zu sichten, muss das was dir nicht bekannt ist nicht notwendigerweise falsch oder erfunden sein. --Zsasz 03:52, 23. Dez. 2006 (CET)Beantworten
Entgegen deiner Behauptung steht in der von dir angegebenen Werken nichts über die Seitenwechsel-Hypothese oder Franz Ferdinands Missfallensbekundung. Bitte um den Beweis des Gegenteils mit Seitennummer. Dedijer erwähnt nur, dass Princip zum Schillereck ging, weil die Polizei nach dem ersten Attentat den Quai absuchte. Weder in Würthles "Dokumenten" noch bei den von Pharos, Mousset, Bogićević oder Owings (The Sarajevo Trial) publizierten Gerichtsstenogrammen steht etwas darüber. Ich weiß nicht, wo du das gelesen hast, jedenfalls nicht in denjenigen Werken, die du als Quellen angibst. Dann erwähnst du Würthles "Dokumente" als mögliche Quelle, scheinst darin aber gerade die relevanten Passagen über Harrach und Schneiberg überlesen zu haben. Weil du dich am Begriff "frei erfunden" stößt: wie würdest du es nennen, wenn jemand etwas behauptet und sich dabei auf Quellen beruft, in denen das Behauptete gar nicht drinsteht? El Cazangero 04:29, 23. Dez. 2006 (CET)Beantworten


Also anbei ein Auszug aus meiner Endnote Datei, darin alle Bücher zum Thema die ich gelesen habe:

  • gsa 2/m64a-9 (Dokumente zum Sarajevoprozess, Qullenbericht)[vorerst uninteressant]
  • gsp 72/c18 (Der Erzherzog und sein Mörde) [erledigt; durchgesehen]
  • gsp 66/d22 (The Road to Sarajevo) [erledigt; durchgesehen]
  • gsp 72/d22 (Die Zeitbombe) [erledigt; durchgesehen]
  • gsp 72/j69 (Sarjaevo shots) [erledigt; durchgesehen]
  • gsp 72/o94-1 (The Sarajevo trial) [erledigt; durchgesehen]
  • gsp 72/w92 (Die Spur führt nach Belgrad)
  • gsp 180/b74 (From Sadowa to Sarajevo) [vorerst uninteressant]
  • gsp 182:q/h49 (The Nationality problem) [vorerst uninteressant]
  • gsp 203/f71 (Franz Ferinand und die Pläne zur Reform der Habsburger Monarchie)[erledigt; durchgesehen]
  • gsp 203/k16 (Erzherzog Franz Ferdinand Studien) [vorerst uninteressant]
  • gsp 210:f83/b76 (Die Opfer von Sarajevo) [erledigt; durchgearbeitet]
  • gsp 210:f83/p65 (Europas verlorene Hoffnung)
  • gsp 210:f83/s68 (Franz Ferdinand; Sosnosky) [erledigt; durchgesehen]
  • gsp 210:f83/w24 (Der verhinderte Herrscher) [erledigt; durchgearbeitet]
  • gsz 373:p86/j27 (General im Schatten von Sarajevo) [erledigt; durchgearbeitet]
  • kun 394:f77/f76a (Das Attentat von Sarajevo; Fronius) [erledigt; durchgearbeitet]

Da ich den Artikel vor über einem halben Jahr geschrieben habe kann ich nicht mehr hundert prozentig aus dem Kopf sagen bei welchem Autoren sich die besagte Hypothese fand, werde aber Mitte Januar wenn ich Zugriff auf die Bände habe noch mal überprüfen, welcher Autor auf welcher Seite diese Angabe gemacht hat. Nur eine logische Überlegung, um dir einen kleinen Denkanstoß mit auf den Weg zu geben: wieso sollte ich als Urheber und Hauptautor dieses Artikels meine eigene Arbeit entwerten, indem ich wider besseren Wissens Dinge schreibe, die ich für falsch halte? Wieso bitteschön hätte ich das Geschriebene geschrieben, wenn es mir nicht aus der Literatur bekannt wäre: in der perfiden Absicht, Menschen fehlzuinformieren? Was hätte ich davon und vor allem, glaubst du nicht, dass ich was besseres zu tun habe? Andere Sache: Die Überlegungen zu Princips Motiven, die Straßenseite zu wechseln und der mögliche Zusammenhang dieses Verhaltens mit dem Erblicken des Mannes auf dem Trittbrett, habe ich nicht unter Berufung auf irgendwelche Quellen getan die nicht zutreffen (ich schreibe nirgendwo Titel x, Seite y gibt an), da ich die exakten Titel und Seiten nach so langer Zeit logischerweise nicht mehr im Kopf hatte - ich behaupte also nicht dass in einem bestimmten Buch etwas bestimmtes steht, was dort nicht vorhanden ist, sondern sagte lediglich dass einige Historiker sich in eine bestimmte Richtung gehend geäußert haben. Es ist sicherlich schlampig gewesen aus Bequemlichkeit nicht extra in die Bib zu gehen und die entsprechenden Stellen herauszusuchen, sondern einfach unverbindlich auf die Existenz dieser Hypothese zu verweisen - das verdient wohl auch einen kleinen Nasenstüber: nur sind mangelnde Sorgfalt und die Faulheit, das einem selbst bekannte noch einmal extra zu referenzieren ein anderes paar Schuhe als etwas zu erfinden, also Fiktion für Faktizität auszugeben. Die Mißfallensbekundung von FF habe ich mindestens zwei vielleicht sogar drei der oberen Werke gelesen- möglich, dass Harrach da geflunkert hat und sie nie gefallen ist, interessant ist aber, dass er zumindest behauptet hat, dass sie gefallen sei. Aber gut: trotz leichter Reibungen, geht es uns denke ich letztlich um, das selbe: möglichst alle interessanten Informationen zum Thema ordentlich darzustellen. Ich nehms auf mich die Literatur noch einmal zu sondieren und die präzisen Referenzen zu obigen Sachverhalten wieder zutage zu fördern und wenn ich sie beisammen habe, bauen wir sie einvernehmlich und in wissenschaftlicher Pedanterie, unter genauer Belegung mit Titel, Seite, Ausgabe etc., in den Text ein. Ich denke damit können wir beide leben oder? Ansonsten beste Grüße und trotz allem schöne Feiertage. --Zsasz 15:36, 23. Dez. 2006 (CET)Beantworten

Der Ablauf der Ereignisse

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Die Diskussion um Schneiberg bzw. Harrach und wer wann auf welchem Trittbrett gestanden ist, sollte eigentlich längst beendet sein.

Erstens geht es immer nur um das linke Trittbrett, also auf jener Seite des Wagens, die dem Gehsteig zugewandt ist (nota bene: Linksverkehr!) und auf der auch der Erzherzog im Fond des Wagens seinen Platz hatte. Man hat - unbeschadet der Tatsache, daß Cabrinovic seine Bombe von rechts (von der Uferseite her) geworfen hat - damit gerechnet, daß die linke Seite die gefährdetere sei.

Zweitens gilt es, verschiedene Phasen zu unterscheiden:

Beim Antritt der Fahrt, dem Verlassen der Philippovic-Kaserne (Defensionslager) sind alle sechs Person im Auto gesessen: vorne links neben dem Fahrer Leopold Lojka der Hofkammerbüchsenspanner Gustav Schneiberg, in der mittleren Reihe auf den Klappsitzen links der Landeschef FZM Potiorek und rechts der Fahrzeugbeitzer, der k.k. Landsturm-Oberleutnant Franz Graf Harrach, und im Fond, wie bereits erwähnt, auf der linken Seite der Erzherzog-Thronfolger und rechts neben ihm seine Gattin, die Herzogin.

Nach der Explosion der Bombe des Cabrinovic ließ der Erzherzog in einem gewissen Sicherheitsabstand anhalten und Graf Harrach Nachschau halten; beide Hoheiten drehten sich dabei um. Während dieser Zeit stieg Schneiberg auf das Trittbrett und positionierte sich neben dem Erzherzog, um ihn zu decken. Als Harrach zurückkam, setzte sich der Graf vorne neben den Fahrer auf jenen Platz, den zuerst Schneiberg inne hatte; dieser blieb nämlich für die nächste Fahrtstrecke am Trittbrett stehen. Deutlich sieht man in einem der erhaltenen Filmdokumente, wie Schneiberg vom Trittbrett abspringt, als Lojka vor der Rathaus vorfährt und sich einbremst. Die Herzogin faltet ihren neckischen Sonnenschirm zusammen, FZM Potiorek steht auf und klappt die Behelfssitze der mittleren Reihe zusammen, damit die Hoheiten ungehindert aussteigen können, der Erzherzog steigt aus, Harrach steigt aus und hilft der Herzogin beim Aussteigen, schließlich als letzter FMZ Potiorek. Der Kraftfahrer ("Chauffeur") bleibt zunächst sitzen.

Bei der Abfahrt vom Rathaus (das Fahrzeug hatte inzwischen gewendet) stellt sich Graf Harrach auf das Trittbrett neben den Erzherzog; Schneiberg fährt auf diesem Streckenabschnitt überhaupt nicht mehr mit. Auf den Bildern, die damals von professionellen Photographen gemacht und dann in den Verkauf gebracht worden sind (teilweise mit irreführenden Beschriftungen), sieht man deutlich, wie sich Graf Harrach an den hinteren Kotflügel anlehnt, sich mit der linken Hand an der Zwischenwand und mit der rechten am Gestänge des Verdecks anhaltend, dabei offensichtlich bemüht, sie so weit wie möglich nach rechts (bzw. in Bezug auf das Fahrzeug nach hinten) zu lehnen, um den Erzherzog mit seinem Körper zu decken.

Der Sukkus: sowohl Schneiberg als auch Graf Harrach standen zeitweise am Trittbrett, allerdings während verschiedener Abschnitte der Fahrt. Belege: zahlreiche Bilder und Filme, auch im WWW. (nicht signierter Beitrag von Peter Mulacz (Diskussion | Beiträge) 02:14, 7. Jul 2014 (CEST))