Diskussion:Naturtheorie

Letzter Kommentar: vor 4 Jahren von Leif Czerny in Abschnitt "Atomismus versus Metaphysik"

Löschantrag

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Für das Kopieren einer Seminararbeit bin ich als emeritierter Professor zu alt. Als einzige Sekundärliteratur wurde das Historische Wörterbuch der Philosophie verwendet. Das Lemma war im Portal Philosophie oder Geisteswissenschaften (?) als Desiderat angefordert worden.--Hnsjrgnweis (Diskussion) 09:40, 3. Jan. 2016 (CET) Worauf ich unter Literatur nicht mehr verweisen konnte, da bei der Bearbeitung der Löschantrag kam. --Hnsjrgnweis (Diskussion) 09:41, 3. Jan. 2016 (CET)Beantworten

womit dann wohl das hier unerwünschte Original research bestätigt wäre. --gdo 10:19, 3. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Was denn nun? Abgeschrieben oder original research? Hnsjrgnweis (Diskussion) 10:34, 3. Jan. 2016 (CET)Beantworten
muss ich jetzt nicht erklären, oder (eigene Hausarbeit "abschreiben" bliebe sich doch gehupft wie gesprungen)? Aber Du fügst nun in der Tat Sekundärliteratur ein und damit wird der wesentliche Mangel des Artikels ja beseitigt; ich schau gleich mal, ob ein LAZ nicht schon Sinn machen würde. Aber mal im Ernst: wäre es nicht geschickter gewesen, den ersten Entwurf in Dienem Benutzernamensbereich zu erstellen, dann mit Sekundärlit. zu ergänzen und dann zu verschieben? --gdo 10:40, 3. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Man denkt halt: sollen die Leute doch bei den Blaulinks nachschlagen, da sind die Argumente im einzelnen aufgeführt und belegt.--Hnsjrgnweis (Diskussion) 11:33, 3. Jan. 2016 (CET)Beantworten

Behauptete Notwendigkeiten

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Gerne noch ein paar konkrete Anregungen: Die Bemerkungen über Naturgesetz, Kausalität und Notwendigkeit in der Einleitung scheinen mir insofern fragwürdig, als sie eine Vorstellung von Naturgesetz, wie man sie im 19. Jahrhundert hatte, auf die Antike zurückführen, als sei das etwas Uraltes. Das mag in der älteren Literatur so dargestellt sein. – Es fehlt m.E. der Wegfall der göttlichen Autorität für die Wissenschaft im Lauf der Neuzeit und seine Konsequenzen. Die Vorstellung, dass Natur die göttliche Autorität und die durch sie garantierte Einheit ersetze, mag manche Naturtheorien motiviert haben. – Auch eine Neigung, das Sollen zum Sein zu erklären, um die Gültigkeit von Gesetzen zu behaupten, ist eine Falle für Naturtheorien. Es fehlt m.E. eine Bezugnahme auf Naturalistischer Fehlschluss. --Summ (Diskussion) 21:48, 3. Jan. 2016 (CET)Beantworten

Danke, ich schau mir das mal an.--Hnsjrgnweis (Diskussion) 13:10, 4. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Im Moment habe ich den Eindruck, es würde versucht, eine Vorstellung vom Naturgesetzlichen, wie sie das 19. Jahrhundert hatte, als Ziel "der" Naturtheorie darzustellen. In der Antike gebe es erste Ansätze zu einer Beobachtung von "Kausalität" (das war ja noch gar nicht die mechanistische des Descartes!), aber das Mittelalter sei für die Fortsetzung dieses Wegs noch zu wenig fortgeschritten, sodass es erst in der Neuzeit zu "richtigen" Naturtheorien gekommen sei, die sich mit den ingenieurtechnischen Erfolgen des 19. Jahrhunderts als überlegen gezeigt hätten. Das ist ein Standpunkt, also POV, wie man hier so schön sagt, und es scheint mir vor allem kein aktueller wissenschaftlicher Standpunkt mehr zu sein. --Summ (Diskussion) 13:29, 5. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Ich argumentiere ja eher, dass der Versuch, "richtige" Naturtheorien auf hohem Verallgemeinerungsniveau zu formulieren, im 19. jh. gescheitert ist, dass aber allein schon die Versuche wichtige Forschungsfragestellungen angestoßen haben.--Hnsjrgnweis (Diskussion) 15:02, 5. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Zu Kants naturtheoretischen Begriffen hat man eine Datenbank gemacht, weil die Vernetzung offenbar dem Gegenstand besser entspricht als eine lineare oder hierarchische Darstellung. Das ist ein interessanter Ansatz, der auch zeigt, dass eine Vereinheitlichung oder Integration im Sinn des 19. Jahrhunderts noch nicht angestrebt war. Diese Vereinheitlichungen haben doch damit zu tun, dass man unter gleichen Voraussetzungen gleiche Wirkungen beobachten will: Solange man noch nicht der Meinung ist, dass alle Menschen gleich sind und die schmutzigen Hände des Chirurgen ebenso zu Infektionen führen könnten wie diejenigen des Arbeiters, kommt man nicht zu dem, was man seither unter Hygiene versteht. Die Vereinheitlichungen, die in der Medizin oder in den Natur- und Ingenieurwissenschaften jener Zeit geschehen sind, haben soziale Ursachen – vergleichbare Bildung, vergleichbare Forschungseinrichtungen – die im Umkehrschluss wiederum in die Natur hineininterpretiert worden sind: Natur schaffe selbst gleiche Voraussetzungen, weil die Naturgesetze überall und für alle gleich seien. --Summ (Diskussion) 17:29, 5. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Das ist ja alles richtig; trotzdem ist Kant wichtig, weil er alle möglichen Theorien und Erklärungsansätze ausgeschlossen hat, die nicht als Grundlage für das Voranschreiten zu weiteren Erkenntnissen ausgeschlossen hat; siehe die Aufsätze von Stegmüller. Immerhin hat Kant zwischen den scheinbar unvereinbaren Positionen von Newton und Hume versucht den damals einzig möglichen Ausweg zu finden. (Heute würde man das der Methodologie überlassen.) Das Streben nach Vereinheitlichung ist ja nicht nur durch den Wunsch nach vergleichbaren Ergebnissen bedingt, sondern durch das Streben nach einer möglichst sparsamen und eleganten Theorie, nach möglichst wenig Prinzipien (wie schon bei Ockham).--Hnsjrgnweis (Diskussion) 18:36, 5. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Das wäre ein ästhetischer Aspekt, die Sichtweise des Logikers und Mathematikers oder die des rationalisierenden Ökonomen. Wir sind aber doch einig, dass dies nur Teilbereiche sind. --Summ (Diskussion) 14:55, 6. Jan. 2016 (CET)Beantworten

So what? --Hnsjrgnweis (Diskussion) 17:18, 6. Jan. 2016 (CET)Beantworten

Der Theoriebegriff ist vielgestaltig, und das ist das Problem dieses Lemmas, sofern man damit die Vereinheitlichungen vereinheitlichen will, wie du das versuchst. Wenn man den antiken Philosophen die mangelnde Nutzanwendung ihrer Theorien vorwirft, so wie hier, dann wird nicht in Betracht gezogen, dass sie Theorie vielleicht als Gegensatz zu Praxis verstanden haben. Wird der Begriff „Naturtheorie“ in der Primär- oder in der Sekundärliteratur für einen beschriebenen Sachverhalt verwendet? Wer bezeichnet verallgemeinernde Aussagen über eine wie verstandene Natur als „Theorie“, und wie ist dieser Zusammenhang gemeint? Das müsste doch stationenweise geklärt werden. Sonst läuft alles teleologisch auf einen naturwissenschaftlichen Theoriebegriff des 19. Jahrhunderts hinaus, der vorher noch unvollkommen und im 20. Jahrhundert überlebt ist. Das wäre nicht nur ein Problem von Naturtheorien. --Summ (Diskussion) 18:57, 6. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Der mangelnde praktische Nutzen einer Theorie ist ja kein Vorwurf, es wird nur konstatiert. Ziel von Theorie war ja zunächst je nachdem die Erklärung des Ungewöhnlichen, vielleicht des Beängstigenden, aber eben auch des Regelmäßigen (Kosmologie). Für's Grobe hatte man bekanntlich die Sklaven, was z.B. die Entwicklung einer wissenschaftlichen Mechanik behindert hat, aber bei medizinischen Themen wollte man es doch genauer wissen. Allerdings scheint der Zusammenhang zwischen der als Grundlage der Behandlung gewählten Theorie und dem Heilerfolg recht erratisch gewesen zu sein, weil man sich nicht die Mühe machte, die Erfahrungen aufzuschreiben und zu kumulieren. - Aber die Aufzählung all dieser Varianten von Theorien gehört vielleicht in das Lemma Theorie und die Zusammenstellung des epochentypischen Naturverständnisses in Natur oder Naturphilosophie. Hier sollte im Vordergrund die Suche nach Grundprinzipien oder integrativen Ansätzen und deren Erklärungs- und Verallgemeinerungsfunktion stehen. Ob das aus reinem Erkenntnis- oder ästhetischen Interesse erfolgt (weil eine einheitliche Theorie eleganter ist) oder aus ökonomischem / ökologischem Interesse, um den Nutzen der Landwirtschaft / den Wert der Natur zu beweisen - es gehört trotzdem zum Thema. Ein Verstoß dieser Proto-, Pseudo- oder echten Theorien gegen das Hume'sche Gesetz ist auch kein Auschlusskriterium, weil es dazu jede Menge Widerlegungsversuche gibt.--Hnsjrgnweis (Diskussion) 22:53, 6. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Mir scheint die Bedeutung der wissenschaftlichen Naturtheorien im Kontext der "spekulativen" philosophischen überbetont. Für die Antike müsste man die damaligen Naturtheorien darstellen und nicht darlegen, dass sie noch nicht wissenschaftlich genug seien. Warum könnten sie nicht für sich stehen und müssten sich am 19. Jahrhundert messen? Diesen Standpunkt haben wir doch überwunden. --Summ (Diskussion) 00:03, 7. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Die je eigene Perspektive im Sinne von „mir scheint...“ darf auch in der Wikipedia angesichts der Früchte von anderer Leute Arbeit gern etwas zurückhaltender behandelt werden. Ein „wir“ wird schon gar nicht gleich daraus... Auch deshalb habe ich zurückgesetzt.
-- Barnos (Post) 07:10, 7. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Lass das bitte, sonst haben wir ein größeres Problem miteinander. Der Artikelsteller ist nicht kompetent genug, und ich versuche nur, zu helfen. Es ist inhaltlich falsch, dass Naturtheorie nur naturwissenschaftlich begründete Naturtheorie bedeute, das entspricht weder dem historischen noch dem modernen Begriff. Gerade den antiken Naturtheorien tut das schweres Unrecht. Was der Autor hier als Naturtheorie darstellt, ist nur ein Aspekt. Ich versuche das nur, etwas zu berichtigen, daher die relativierende Einleitung. Die Quellen dazu sind in Ordnung. Es gibt also kein Argument, meine Mitarbeit zu verhindern. Ist das klar? --Summ (Diskussion) 11:55, 7. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Bei meiner Rücksetzung ging es wie gesagt um eine durchaus eigenwillige Perspektivverschiebung Deinerseits an vorderer Stelle in dem von Hnsjrgnweis erstellten Artikel. Dass Du in der Kompetenzfrage hinreichend urteilsfähig bist, bezweifle ich angesichts Deiner Einlassungen. -- Barnos (Post) 15:01, 7. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Ich wollte nur helfen und habe eine Entschuldigung erwartet. Doch, ich bin kompetent auf diesem Gebiet. Mit deinem einzigen Edit im Artikel hast du dich nicht als kompetent erwiesen. Nochmals: Beachte die Grundsätze des Projekts, lass solche hoheitlichen Allüren bleiben, und vor allem: Entschuldige dich bitte. --Summ (Diskussion) 15:17, 7. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Na, mein Vorschlag geht eher dahin, dass Du hier fernerhin konstruktiv zu denken gibst und das Kompetenzgehabe zeitnah einstellst – als wünschenswerter Beitrag zum Arbeitsklima...
-- Barnos (Post) 16:03, 7. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Von dir stammt bisher kein einziger sachbezogener Beitrag, weder im Artikel noch in den Diskussionen. Ich habe bis hierher ausschließlich Argumente eingebracht und nicht mit Diplomen oder Publikationen geprahlt, und so soll es weiter bleiben. Wie begründest oder legitimierst du dein Gehabe? Hier kann und soll jeder seine Fähigkeiten einbringen, oder hast du besondere Vorrechte, jenseits aller Kompetenz? --Summ (Diskussion) 16:13, 7. Jan. 2016 (CET)Beantworten
hansjürgen schreibt: "Ich argumentiere ja eher, dass der Versuch, "richtige" Naturtheorien auf hohem Verallgemeinerungsniveau zu formulieren, im 19. Jh. gescheitert ist, dass aber allein schon die Versuche wichtige Forschungsfragestellungen angestoßen haben" - aber das ist doch historisch falsch! Die Frage nach einer Einheit der Wissenschaften wurde bis in die 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts durchaus ernsthaft betrieben.-- Leif Czerny 18:43, 7. Jan. 2016 (CET)Beantworten
aber nur noch als Versuch, physikal Theorien zu vereinigen in einer unanschaulich-abstrakten GUT o.ä., die sich nur auf Artefakte bezieht. Das könnte man in der Tat deutlicher formulieren.--Hnsjrgnweis (Diskussion) 20:35, 7. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Einschub - man ging aber auch davon aus, dass man alle Wissenschaften auf Physikalische Phänomene reduzierbar wären.-- Leif Czerny 17:16, 8. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Die Bedeutung der Statistik nicht nur für die Naturwissenschaften hat die "eleganten" deterministischen Ansätze zurücktreten lassen. Und noch später wird das Paradigma der Fremdorganisation durch Modelle der Selbstorganisation ergänzt oder ersetzt. (Das wirkt vielleicht bis heute so paradox, weil man als Schüler von der intuitiven Impetustheorie zum Verständnis der unanschaulichen Trägheitsbewegung gelangen muss und es daher als zivilisierte Errungenschaft sieht, Natur als fremdorganisiert zu betrachten. Plötzlich scheint sie wieder von selbst aktiv zu sein.) Wenn Natur kein Mechanismus ist, dann verlieren Idealvorstellungen des 19. Jahrhunderts ihre Grundlage. So etwa war es wohl gemeint. – Aber ich meine auch: Der Begriff Naturtheorie müsste hier weiter gefasst sein und nicht bloß der Faszination der mathematischen Eleganz erliegen. Ich sehe eher die Induktion als "neue" Methode in allen Lebensbereichen seit dem späteren 18. Jahrhundert: Dass man versucht, von Beobachtungen auf ein Allgemeines zu schließen und nicht das vorgegebene Allgemeine in die besonderen Fälle hineinzudeuten. Das war eine gewisse Zeit sehr erfolgreich. – Ach ja: Und das Ideal einer Abgrenzung des Beobachters von der Natur gehört zu diesem Thema, das seit Heisenberg selbst in der Physik aufgegeben werden musste. In diesen Zusammenhang ließe sich auch Marcuses kritische Naturtheorie einarbeiten, der Natur in untrennbarer Verbindung zur Gesellschaft sah. --Summ (Diskussion) 20:58, 7. Jan. 2016 (CET)Beantworten

Habe mich bemüht, die letzten Anregungen aufzunehmen, danke. Auch an Leif Czerny. --Hnsjrgnweis (Diskussion) 09:47, 8. Jan. 2016 (CET)Beantworten

Ok, aus meiner Sicht ist die Schlussweise der Induktion aber zentraler als dargestellt. Es braucht weder besondere Begabung noch besondere Bildung, um festzustellen, dass viele Frauen bei der Geburt sterben, wenn sich die Ärzte vor der Untersuchung nicht die Hände waschen. Es braucht lediglich die Überzeugung, dass sich diese Todesfälle "einfach so" vergleichen lassen, wie es Ignaz Semmelweis gegen viele Widerstände durchgesetzt hat. Darwin hat Exemplare von Pflanzen und Tieren, darunter auch den Affen und den Menschen, "einfach so" verglichen und damit theologische Naturtheorien als Spekulation bloßgestellt (auch wenn er sich bemühte, es nicht so offen zu sagen). Ist es nicht das, was du mit den wichtigen Forschungsfragestellungen meinst? Die Induktion ist es, die für viele Naturbeobachter zu einem erfolgreichen Rezept wurde: Durch Vergleiche komme ich zu einem gemeinsamen Prinzip. Gefährlich wird das, wenn man aus Verbrecherfotos Merkmale des Verbrechergesichts zu induzieren versucht, wie ebenfalls geschehen. Es gab noch keine geregelte Feldforschung und noch keine Überlegungen zur Signifikanz von Daten. --Summ (Diskussion) 10:49, 8. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Für die Medizin gilt das sicherlich, da konnte man kaum theoriegeleitet experimentieren, für die Evolutionstheorie nur sehr bedingt. Morphologische Vergleiche haben schon Linné, Lamarck usw. angestellt. Dennoch war die Malthussche Populationstheorie für sein Werk wichtig. Habe das nachgetragen. Merci.--Hnsjrgnweis (Diskussion) 11:36, 8. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Wieweit die Induktion von Erfahrung dennoch Deduktion ist, das ist ein Thema für sich. Ich hatte in dem gelöschten Abschnitt ein Werk zitiert, das die Methode der Induktion als Voraussetzung für eine wissenschaftliche Naturtheorie nennt:

Nikolai Dellingshausen möchte sich 1872 mit seinen Betrachtungen über die Beziehung von Bewegung und Wärme als „Elementen der Naturtheorie“ vom „Versuche einer spekulativen Physik“[1] unterscheiden, indem er die Methode der Verallgemeinerung ändert: Die Deduktion von philosophischen Annahmen auf Naturerscheinungen werde durch Induktion von beobachteten Erscheinungen auf allgemeine Gesetze ersetzt.“

Natürlich kann man einwenden, dass Dellingshausens Ausführungen eine populäre Vorstellung oder Vergröberung seien. Aber es zeigt doch den Stellenwert im damaligen Sprachgebrauch. --Summ (Diskussion) 12:11, 8. Jan. 2016 (CET)Beantworten

Was mir dazu noch einfällt, ohne dass man das direkt im Artikel verwenden kann, was aber die Breite dieses Umbruchs zeigt: Der Schauspieler François Delsarte hatte keine wissenschaftliche Ausbildung, aber wusste in den 1840er-Jarhren, dass die Induktion von Beobachtungen angesagt war. Auf der Suche danach, wie man einen Toten auf der Bühne authentisch darstellt, ging er in Leichenhäuser und beobachtete dort, dass bei Toten der Daumen eingeknickt ist. Auf Schlachtengemälden, an denen man sich bisher orientiert hatte, sind die Gefallenen nicht mit eingeknickten Daumen dargestellt, vielleicht weil das nicht so gut aussieht. Delsartes Entdeckung führte zur staatlichen Anweisung an die französischen Militärärzte, dass sie auf den Schlachtfeldern auf eingeknickte Daumen achten sollten, und so konnten tatsächlich die Verletzten von den Toten unterschieden werden. Delsarte wurde 1867 mit einem Vortrag vor den Professoren der medizinischen Schule in Paris geehrt, in dem er sich, als Nichtmediziner, unter allgemeinem Beifall über traditionelle Vorstellungen und subjektive Lehrmeinungen lustig machte. – Da zeigt sich doch eine enorme Veränderung von dem, was die Mediziner damals unter fachlicher Bildung verstanden, und gewissermaßen auch ein Jekami, was die Forschung betraf. Die ingenieurtechnischen Erfindungen jener Zeit wurden ja auch noch nicht von spezialisierten Instituten, sondern von Bastlern gemacht. – Delsarte entwickelte darauf eine empirisch einigermaßen begründete Theorie von der Stellung des Daumens als "Thermometer des Lebens"– auch eine Art Naturtheorie, die aber fragwürdig wird, wenn man sie als Lügendetektor zu verwenden versucht. --Summ (Diskussion) 13:28, 8. Jan. 2016 (CET)Beantworten

Hallo, die Funktionsgraphen beziehen sich - soweit ich sehe - nicht auf natürliche Prozesse, sondern sind rein mathematische (wenngleich anspruchsvolle) Kunstübungen. Vielleicht gibt es noch eine besseres Bild, um die Mathematisierung der Naturtheorien im 17./18. Jh. zu illustrieren? Gruß, --Hnsjrgnweis (Diskussion) 21:05, 11. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Nein, es ist kein Mathematik-Lehrbuch. Es geht immer um mechanische Gesetzmäßigkeiten. Siehe hier etwa S. 35ff.. --Summ (Diskussion) 21:25, 11. Jan. 2016 (CET)Beantworten

Begriff

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Mit der Abgrenzung zur Naturphilosophie in der Einleitung bin ich nicht ganz glücklich. Im zweiten Quellentext von 1869, den ich vorgeschlagen hatte, wird diese Unterscheidung genau umgekehrt getroffen:

„Die Naturtheorie, wie sie von den Philosophen verstanden wird, ist […] nur […] ein Überrest schweifender Bethätigungen der Phantasie […]. Dagegen ist das, was in den neuern Jahrhunderten von den eigentlichen Forschern […] als Naturphilosophie bezeichnet wurde, nichts als reine Naturwissenschaft ohne die geringsten metaphysischen Ansprüche.“[2]

Hier wird also Naturtheorie (der Philosophen) als Spekulation abgetan, wogegen Naturphilosophie (der Forscher) mit einer Naturwissenschaft gleichgesetzt wird, die sich mit den konkreten Phänomenen auseinandersetzt, ohne sie gewaltsam zu verbinden. Ich denke, es würde der unterschiedlichen Verwendung des Begriffs Naturtheorie besser entsprechen, wenn die Naturtheorien als Teil der Naturphilosophie betrachtet werden, und die empirisch begründete Naturtheorie (Theorie hier im modernen wissenschaftlichen Sinne) als Teilmenge der Naturtheorien. --Summ (Diskussion) 15:30, 8. Jan. 2016 (CET)Beantworten

Hm, ich sehe bei dieser Definition und durch eine Einfügung eine starke Überschneidung mit dem Lemma Naturphilosophie, das wesentlich um den Dualismus von Begriffsrealismus und Nominalismus kreist. Hier geht es aber nicht um die grundlegenden Ideen der Natur oder das Wesen, sondern so wenigstens meine ursprüngliche Intention - 1. um empirische begründete Naturtheorien und 2. um empirische Prüfung bzw. Vorhersage mittels intuitiv gewonnener oder hypothetischer Annahmen bei weitestgehendem Ausschluss der Metaphysik. Schau bitte daraufhin noch mal in das Lemma Naturphilosophie. Also um Prinzipien und nicht um Wesensschau oder "Ideen" der Natur. Dührings Begriffsverwendung ist eher idiosynkratisch, vgl. Engels im Vorwort zum Anti-Dührung: "Andrerseits ist der »systemschaffende« Herr Dühring keine vereinzelte Erscheinung in der deutschen Gegenwart. Seit einiger Zeit schießen in Deutschland die Systeme der Kosmogonie, der Naturphilosophie überhaupt, der Politik, der Ökonomie usw. über Nacht zu Dutzenden auf wie die Pilze. Der kleinste Doktor Philosophiae, ja selbst der Studiosus tut nicht mehr mit unter einem vollständigen »System«." --Hnsjrgnweis (Diskussion) 19:38, 8. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Vielleicht können wir den letzten Satz deiner Ergänzung rauslassen, der führt m.E. auf ein falsches Gleis (logische Schlüsse vom Allgemeinen auf das Besondere sind ja auch bei Anerkennung einer nominalistischen Position nicht ausgeschlossen; es kommt immer darauf an, wie das Allgemeine definiert wird. - Dührings Position halte ich bei nochmaligem Nachdenken für ganz fatal, sein Werk bildete soweit ich weiß noch im 20. Jh. die Grundlage für irgendeine esoterische Schule. --Hnsjrgnweis (Diskussion) 19:45, 8. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Nach wie vor nicht haltbar finde ich, dass Vorstellungen des 19. Jahrhunderts in die Antike, ins Mittelalter und in die frühe Neuzeit projiziert werden. Die „Selbstblockade“ eines moderneren Denkens in die Antike oder ins Mittelalter hineinzudeuten, geht seit etwa fünfzig Jahren nicht mehr. Die hatten damals andere Anliegen. Und es ist nicht an uns, zu sagen, dass sie nicht erfolgreich gewesen seien. Auf jeden Fall war ihnen eine moderne Vorstellung von Naturtheorie fremd. Nach meinem Eindruck hast du ein Ideal von "Naturtheorie", so ein bisschen wie Faust, der wissen will, was die Welt im Innersten zusammenhält. Aber es gibt nur ein Wort "Naturtheorie", das unterschiedlich verwendet wird, und diese unterschiedlichen Verwendungen sollten wir dem Leser erklären. Naturphilosophie ist ein Oberbegriff, und Naturtheorie bezeichnet darin bestimmte Verallgemeinerungen. Das halte ich für einen praktikablen Ansatz, der mit allen diesen Verwendungen ungefähr übereinstimmt. So auch im zitierten Beispiel. Dass Naturtheorie nur im Sinne von naturwissenschaftlicher Theorie verwendet würde, und dass man unter diesem Motto Vorläufern des modernen Denkens wie der Atomlehre oder der mechanistischen Kausalität nachgehen müsse, stimmt mit der Wortverwendung in Primär- und Sekundärliteratur nicht überein.
Deinen letzten Vorschläge verstehe ich nicht. Der Satz, den du weglassen willst, ist doch der Sinn des Ganzen. Ohne das gäbe es die Mathematisierung der Naturwissenschaften gar nicht. – Mir ist Dühring auch nicht sympathisch, aber das spielt doch keine Rolle für diesen Artikel. --Summ (Diskussion) 20:08, 8. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Vielleicht findet sich doch eine jüngere Definition? Es wäre in der Tat wichtig, vormoderne Kosmologie von Naturtheorie und Naturphilosophie durchgängig abzugrenzen. Notfalls muss auch ein Begriffswandel bzw. unterschiedliche historische Verwendungsweisen als solche dargestellt werden. Auf die Gefahr hin, mich zu widerholen: Das Schlagwort mehr als isoliert an deutschen Universitäteni in der Lehre auf: Link. Unter Umständen wäre der Artikel mit "Geschichte der Naturtheorie" besser benannt, um diese als historisch beschränktes Projekt darzustellen. Mir kommt es so vor, dass in den Geisteswissenschaften "Nautrtheprie" vor allem historisch für die Renaissance bzw. die Neuzeit bis zur Moderene einschlägig ist: Natur ein eigenes, von der vorneuzeitlichen Kosmologie abgrenzbares Thema bis zur einer Idee, die Naturwissenschaften könnten eine einheiltiche und vollständige Erklärung aller Phänomene liefern. Und damit würde die Idee einer Naturtheorie auch "begraben" werden.-- Leif Czerny 20:46, 8. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Danke, ja, das Lemma ist das Hauptproblem, und daran laborieren wir jetzt herum. So wie der Artikel begonnen wurde, sollte er auch m.E. auf die Neuzeit beschränkt werden. Auf der anderen Seite wird das Stichwort auch für integrative Ansätze bei Platon, bei Aristoteles etc. verwendet, die nicht Naturtheorie im Sinne von moderner Naturwissenschaft meinen. Ferner ist manchmal von einer Naturtheorie des Rechts, einer Naturtheorie der Sprache etc. die Rede, was wiederum in anderem Zusammenhang steht. --Summ (Diskussion) 20:58, 8. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Den Atomismus kann man von der Antike bis heute verfolgen. Aber gerade der ist für die meiste Zeit nicht empirisch. Es ist eher eine Tradition, bei diesem Stichwort von Naturtheorie zu sprechen. --Summ (Diskussion) 21:30, 8. Jan. 2016 (CET)Beantworten

Sowohl in der Löschdiskussion als auch in der hiesigen Artikeldiskussion nehme ich allein die Position eines enzyklopädisch interessierten und motivierten Lesers ein, dem Wikipedia eine solide Orientierung bieten soll. Dafür ist mir in der Einleitung ein weit gefasster Begriff von Naturtheorie sehr willkommen, wie er etwa in dieser Artikelversion vorliegt.

Mir erscheint selbstverständlich, dass darin auch die menschheitsgeschichtlich älteren theoretischen Vorstellungen einbezogen sind, und ebenso, dass dabei entwicklungsgeschichtliche Aspekte berücksichtigt werden. Denn der Leser von heute hat selbstverständlich auch ein Interesse daran zu erfahren, aus welchen Faktoren sich diese und jene historische und gegenwärtige Naturtheorie speisen. Das bedeutet beileibe nicht – und so lese ich auch die bisherige Gesamtdarstellung nicht –, dass Naturtheorien etwa der Antike unzulässig herabgewürdigt werden, weil ihnen bestimmte Erkenntnisse der modernen Naturwissenschaften nicht zur Verfügung standen und weil das auch verdeutlicht wird. Das gehört für mich schlicht zur Darstellung und Erklärung der Faktenlage.
Anhaltend gutes Vorankommen wünschend -- Barnos (Post) 09:19, 9. Jan. 2016 (CET)Beantworten

Danke. Der Begriff ist, so wie er in der Literatur verwendet wird, sehr weit gefasst. Es stellt sich die Frage einer sinnvollen Eingrenzung. Wenn z.B. Physik im Unterschied zu Metaphysik als Naturtheorie bezeichnet wird – das wäre eine der Begriffsverwendungen – dann trifft sich das erst im 18./19. Jahrhundert mit modernen Vorstellungen von Naturtheorie. Aber das Wort wird noch in vielen anderen Zusammenhängen verwendet. Der Artikel müsste dann eher so etwas wie eine ausführliche Begriffsklärung sein als eine historische Darstellung wie hier, er müsste außereuropäische Naturtheorien berücksichtigen etc. So habe ich es gesehen, als ich den Löschantrag bestätigt habe. – Eine Chance in der vorliegenden Darstellung sehe ich höchstens, so habe ich es oben ausgeführt, wenn man die Loslösung von der Forderung einer Deduktion von autoritären Lehrsätzen (von der auch Newton nicht frei ist) und die Hinwendung zur Induktion auf Grund eigener Beobachtungen, die zu einem Verallgemeinerungs-Hype im 19. Jahrhundert geführt hat, als Richtschnur sieht. Da hat Leif Czerny vielleicht ganz Recht mit seinem Vorschlag, dass man das Lemma auf "Geschichte der neuzeitlichen Naturtheorie" o.ä. ändern sollte. --Summ (Diskussion) 11:20, 9. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Beschränkung auf Neuzeit? Es gibt schon genug Artikel zur Geschichte der neuzeitlichen Wissenschaften.

1. Mit "Geschichte der Naturtheorien" wäre ich evtl. einverstanden. Aber ich orientiere mich hier am [Theorie]begriff, wie er in der WP expliziert wurde: 1. "Im Allgemeinen entwirft eine Theorie ein Bild (Modell) der Realität. In der Regel bezieht sie sich dabei auf einen spezifischen Ausschnitt der Realität. Eine Theorie enthält in der Regel beschreibende (deskriptive) und erklärende (kausale) Aussagen über diesen Teil der Realität. Auf dieser Grundlage werden Vorhersagen getroffen." Aber: "weitergehende Fragen grundsätzlicher Art, die Theorien der Realität im Allgemeinen betreffen, werden in Teilbereichen der philosophischen Disziplinen Metaphysik und Erkenntnistheorie diskutiert." Was in WP z.T. gegenstandsbezogen unter dem Lemma Naturphilosophie zusammengefasst wird. 2. Die Vorsokratiker und insbes. auch das Werk des Aristoteles hat eindeutig prototheoretischen bzw. Theoriestatus im Sinne der Definition in WP. Sie gehen über bloße Metaphorik hinaus, bemühen sich um Systematisierung, wollen reale Phänomen erklären und können sie teilweise richtige vorhersagen, egal ob die Prinzipien oder Konzepte induktiv (nämlich durch einfache Beobachtung) gewonnen oder deduktiv eingeführt werden. Die Kosmologie ist seit den Babyloniern mathematisiert, die Mechanik seit Archimedes. Die neuzeitliche Wissenschaft verdankt natürlich der Induktion viele ihrer Erfolge, aber sie erschöpft sich nicht darin, wie ich versucht habe zu zeigen, und erleidet ständig metaphysische Rückfälle. Wir haben nicht zwei getrennte Welten vor uns, sondern tatsächlich einen graduellen Übergang, auch wenn jede Zeit ihr eigenes Naturverständnis hatte, das nie ganz frei von metaphysischen Annahmen war. Der Positivismus ist in dieser Betrachtungsweise auch nur ein Übergangsphänomen. Wir nähern uns heute sogar wieder der Welt der Vorsokratiker insofern, als wir die Welt der Elementarteilchen aufgrund ihrer Unanschaulichkeit nur noch metaphorisch beschreiben können oder uns wieder völlig vom Teilchenbegriff lösen wie in der Stringtheorie. So stehen heute wieder alternative Weltdeutungen nebeneinander wie in der frühen Antike, und wir landen wieder beim Konventionalismus. 3. Zu Dühring möchte ich sagen, dass ich sein Theoriekonzept nicht für zitierfähig halte, weil Engels ihn zu Recht als Scharlatan abgetan hat (noch heute berufen sich die Impfgegner auf ihn) oder weil er einer der radikalsten Antisemiten des 19. Jh. war, sondern weil der Mann sich nie im Kreis ernsthafter naturwissenschaftlichen Forschung bewegt hat. (Das ist aber kein Vorwurf, den ich den Vorsokratiker machen würde, die sich gerade erst aus einem Mythennebel herausarbeiten und "nur" beobachten.) 4. Zur Menschheitsgeschichte: Darwin und seine Vorläufer sind natürlich ein Muss, aber die Fülle anthropologischer Theorien möchte ich lieber unter Anthropologie behandelt sehen, da es hier um die "äußere" Natur gehen soll, nicht primär um die des Menschen. Schließlich danke ich für alle konstruktiven Diskussionsbeiträge, vor allem auch von enzyklopäisch interessierten Lesern, die einen Überblick gewinnen wollen, schlage aber vor, die Bearbeitung jetzt einmal zu stoppen, bis das Lemma geklärt ist.--Hnsjrgnweis (Diskussion) 11:44, 9. Jan. 2016 (CET)Beantworten

Einverstanden; habe nur das bereits begonnene partielle Begleitlektorat noch eingearbeitet. -- Barnos (Post) 12:24, 9. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Naja, den Kampf gegen „metaphysische Rückfälle“, wie ihn der Autor mit dem Artikel ausfechten will, halte ich nicht für enzyklopädisch. Aber macht mal, was ihr für richtig haltet. --Summ (Diskussion) 12:45, 9. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Eine genauere Begründung müsste ich doch noch ergänzen, bevor ich mich verabschiede: Was sachlich m.E. nicht in eine historische Darstellung diesen Umfangs gehört, ist die Vorstellung, dass eine richtige Theorie eine Theorie sei, die Prognosen erlaubt. So kristallisiert es sich mehr und mehr heraus. – Wirkungen zu kalkulieren, braucht keine besondere Kultur, sondern nur den Instinkt der Hofintrige, um es mal negativ zu sagen. Es hat einen Sinn, dass in der Antike lediglich die Astronomie Prognosen erlaubt, die sich nicht für tägliche Nutzanwendung eignete. Noch Diderot, der in diesem Projekt manchmal als Leitfigur genannt wird, hat in der Zeit, als seine Encyclopédie immer wieder verboten wurde, von Selbstzweifeln geplagt, einen unveröffentlichten Roman geschrieben, dessen Hauptfigur Wirkungen kalkuliert und dabei abgrundtief böse ist (Rameaus Neffe). Selbst in dieser Zeit war die Nutzanwendung von Prognosen noch nicht selbstverständlich. Die Causa formalis oder die Causa materialis von Aristoteles sind für uns nur schwer nachvollziehbar, auch dass die Causa efficiens ein Mensch oder ein Gott sein kann, verstehen wir kaum mehr. Das hat nicht den Grund, dass Aristoteles noch nicht gemerkt hätte, dass es doch viel einfacher ist mit der Kausalität, sondern dass Aristoteles mit seiner Philosophie nicht etwas Negatives für die Gesellschaft leisten wollte. Selbstbehauptung im Konkurrenzkampf war nicht oberstes Lebensziel. Aber diese Ideologie scheint deinem Artikel voranzustehen. --Summ (Diskussion) 13:56, 9. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Nie bestritten wurde in dem Artikel, dass man aus falschen Theorien "richtige" Schlussfolgerungen ziehen kann (i.S. von reslitätsadäquat). Auch wird nicht behauptet, dass metaphysische Annahmen grundsätzlich die Entwicklung moderner Theorien verhindert hat. Kant war allerdings diese Meinung und für das Verdikt des Experiments im MA. gilt das auch. In vielen anderen Fällen wurden ei ungerliegende metaphysische oder sogar theologische Annahmen (z.B. bei Newton) aber gar nicht relevant. Dass die Forderung nach Nützlichkeit einer Theorie eine historisch gewachsene ist, wird, so glaube ich, in der Überschrift des Unterabschnitts über das 19. Jh. genügend deutlich. Im 20. Jh. geht die Nutzenillusion ja z.T. wieder verloren. In England und Holland - zwei i.W. calvinistischen Ländern - wird die Grundlagenforschung fast auf Null zurück gefahren. Aber auch der "Erklärungsnutzen" für die durch Sonnenfijnsternisse oder Erdbeben verunsicherten Ionier war ein (immaterieller) Nutzen. Und für die Babylonier waren die Mathematik und die Kosmologie voller religiöser Spekulationen doch nützliche Instrumente, um ihre "Wasserbaugesellschaft" (Wittfolgel) zu regulieren. Ich sehe also keine grundlegende Trennung der vormodernen von der modernen Welt. Trotzdem Danke für die Anmerkungen.--Hnsjrgnweis (Diskussion) 16:05, 9. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Nutzen ist ein weiter Begriff. Aber was Prognosen verspricht, ist bis zum 18. Jahrhundert schlecht beleumdet. Was nicht heißt, dass die Weissager, Astrologen, Scharlatane kein Geschäft gemacht hätten… Aber ich muss mich wieder anderen Dingen widmen. Viel Spaß noch und Gruß --Summ (Diskussion) 17:21, 9. Jan. 2016 (CET)Beantworten

Zur Lemmafrage

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Die oben angestellten Erwägungen zu einer Spezifizierung des Lemmas halte ich aus systematischen Gründen einstweilen nicht für plausibel: Wie der Artikel derzeit angelegt ist, zielt er – dem Titel gemäß – auf die Einbeziehung jeglicher Art wikipedia-relevanter Naturtheorie. Eine begriffliche Spezifizierung hingegen wird immer dann erst nötig, wenn einzelne Aspekte in gesonderte Lemmata auszulagern sind, weil andernfalls Überlängen oder Disproportionalitäten in Kauf zu nehmen wären. Beides ist hier (noch) nicht der Fall.

Nachdenkenswürdig scheint mir allerdings die Gliederung, und zwar in dem Sinne, dass die bisherigen Abschnitte vielleicht unter zwei übergeordneten Aspekten zusammengefasst werden könnten: etwa unter

  1. Historische Entwicklung
  2. Neuere Reflexionen und Ansätze (beginnend aktuell bei Nr. 5)

-- Barnos (Post) 16:34, 10. Jan. 2016 (CET)Beantworten

Hallo Barnos, ich bin mir eben nicht sicher, ob sich a) ein geschlossener systematischer Begriff finden lässt, der 1) der aktuellen Verwendung des Begriffs entspricht 2) klar von Naturphilosophie abgrenzbar wäre oder ob es sich b) um 1) ein systematich bestimmbares oder b) dem Begriff nach heterogene, mehrere historische Projekte handelt. Ist diese Frage schon abschließend geklärt?-- Leif Czerny 17:04, 10. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Ich könnte mir denken, dass die Bezeichnung von Aristoteles' Physik im Allgemeinen, und des zweiten Buchs daraus "über die Natur" im Besonderen, in der Abgrenzung zur Metaphysik des Aristoteles zur Rede über „Naturtheorie“ und zum Ideal ihrer einheitlichen Darstellung und Abgrenzung geführt haben. Das wäre ein Motto, das man durch die gesamte Geschichte verfolgen könnte. Da der Begriff in den gängigen Lexika nicht aufscheint und es meines Wissens keine Monographie darüber gibt, kann ich es aber nicht belegen. --Summ (Diskussion) 17:25, 10. Jan. 2016 (CET)Beantworten
In der Tat war die Leitschnur des Lemmas - so wie es intendiert war - die Physik des Aristoteles in Verbindung mit Kants Versuch der Eliminierung der Metaphysik aus der Naturerklärung. In diesem Sinne wird der Begriff der Naturtheorie beim Max-Planck-Institut für Wissenschaftsgechichte verwendet. In der Physik wird der Begriff jedoch seit langer Zeit gebraucht als Theory/-ies of Nature oder Naturtheorie. Früher auch als Principles of Nature. Der Naturphilosophiebegriff seit Schelling und Hegel bezieht sich hingegen immer stärker auf das, was wir heute unter Erkenntnistheorie subsumieren. Die Theorie der Naturwissenschaften wiederum beschäftigt sich nur mit Methodologie, vielleicht noch mit dem Problem Realismus oder Instrumentalismus. Vielleicht helfen die Ergänzungen, die ich eingangs gemacht habe. --Hnsjrgnweis (Diskussion) 19:12, 10. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Für mich ist das Lemma insofern problematisch, als der Artikel in der Moderne die Philosophie gänzlich ausblendet. Auch Physiker, die sich um den philosophischen Aspekt ihrer Theorien bemüht haben (etwa Heisenberg, Schrödinger, Bohm u.a.) kommen nicht vor bzw. in Nebensätzen (z.B. Weizsäcker), und relevante Philosophen (Peirce, Whitehead, Rescher) sowie die gesamte Wissenschaftsphilosophie werden total ausgeblendet. Für mich wird hier einseitig ein naturalistisches Weltbild vermittelt, ohne dass das explizit gesagt wird. Es gibt auch andere Naturtheorien. Lutz Hartmann (Diskussion) 13:49, 26. Jan. 2016 (CET) PS: Kant hat in keinster Weise versucht, die Metaphysik aus der Naturerklärung zu eliminieren, im Gegenteil, siehe Metaphysische Anfangsgründe der Naturwissenschaft sowie das Opus Postumum. Ich halte diese Aussage, auch wenn sie hier in der Diskussion fällt, für bezeichnend. Lutz Hartmann (Diskussion) 14:44, 26. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Wissenschaftsphilosophie war - obwohl sie viel mit der Geschichte der Physik und der Naturphilosophie zu tun hat - nicht mein Thema; das sollte man im Zusammenhang mit einer fälligen Weiterentwicklung des Lemmas Wissenschaftstheorie abhandeln. Gegenstand dieses Lemmas sollte die Theorie der äußeren Wirklichkeit sein, welche auch auch Kant in den Metaphys. Anfangsgründen als objektiv gegeben voraussetzt. In diesem Werk will er ja nicht ihre Gesetzmäßigkeiten erklären, sondern die ihrem Verständnis a priori vorauszusetzenden Kategorien entwickeln. Diese Arbeit von Kant hat jedoch wohl keinerlei weiteren Einfluss auf die Entwicklung einer Theorie der Natur gehabt (und das Opus Postumum erst recht nicht), siehe dazu das Lemma Naturphilosophie. Die "Eliminierung der Metaphysik aus der Erklärung der Natur" bezieht sich auf seine Abgrenzung vom Spinozismus.--Hnsjrgnweis (Diskussion) 22:37, 26. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Du bestätigst eigentlich meinen Kommentar, indem du mich (bewusst?)missverstehst. Mein Hinweis auf die Wissenschaftstheorie war keine Forderung, hier mehr Wissenschaftstheorie einzubauen, sondern vielmehr die impliziten wissenschaftstheoretischen Annahmen dieses Textes offen zu legen. Diese sind erheblich und können nicht einfach ignoriert werden. Ähnliches zu Kant: Ich habe nicht gefordert, Kant stärker im Artikel zu berücksichtigen, was durchaus möglich wäre, denn es gibt auch moderne Ansätze, die sich auf Kant und die Transzendentalphilosophie beziehen und unter dem Lemma Naturtheorie interessant sind. Mir ging es vielmehr darum, darauf hinzuweisen, dass die Behauptung, es gäbe "Kants Versuch der Eliminierung der Metaphysik aus der Naturerklärung" grundsätzlich falsch ist. Kant hat vielmehr in der KrV gezeigt, dass die metaphysischen Konzepte der Vergangenheit falsch sind und hat seinerseits eine eigene Metaphysik auf der Grundlage seiner Transzendentalphilosophie formuliert, und zwar in den MAN. Ob ihm dies gelungen ist, kann gerne und mit Recht bezweifelt werden. Dass Kant selbst da erhebliche Zweifel hatte, zeigt ja das Opus postumum, auf das ich deshalb verwiesen habe. Nochmals meine Kritik: Der Artikel zeigt seine Prämissen nicht und übergeht maßgebliche Beiträge zu einer Theorie der Natur, die nicht naturalistisch sind. Gruß Lutz Hartmann (Diskussion) 12:38, 27. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Ich verstehe, dass sich Luha provoziert fühlt, weil sich der Artikel so liest, als habe sich im 20. Jahrhundert zwar keine Naturtheorie durchgesetzt, aber die Zahlenwelten in Wissenschaft und Wirtschaft hätten die Philosophie wenigstens in den Bereich der Esoterik verwiesen. (Ich formuliere das bewusst polemisch.) – Dass sich die Kalkulation mechanistischer Kausalität in Verbindung mit dem Experiment vom schmutzigen Geschäft der Kriegstaktik und der Intrigenküche seit dem 19. Jahrhundert zum vorbildlich nützlichen Verhalten mausert und über Theorien triumphiert, ist sicherlich richtig dargestellt. Ebenso richtig ist es, dass wir auch heute noch keine Alternative haben. Das ist das unterschwellige Ärgernis. --Summ (Diskussion) 13:26, 27. Jan. 2016 (CET)Beantworten

Das eine oder andere ist zugestanden, aber wir treiben ja hier nicht in erster Linie Ideologiekritik. Es geht hier um die Geschichte der vielfältigen bisherigen Versuche, eine erfahrungsgestützte Theorie oder zumindest ein nicht vollstndig spekulatives Modell der äußeren Welt auf wenige Prinzipien mit möglichst wenig metaphysischen oder gar theologischen Axiomen zu bauen - nicht um die transzendentalphilosophischen Grundlagen der Erfahrbarkeit der Außenwelt. Meine Skepsis gegenüber der Mathematik oder auch den Teilchenzertrümmeren als Grundlage einer solchen ganzheitlichen Theorie dürfte angeklungen sein, ich wollte aber Wertungen vermeiden. Die ganze Fragestellung war bisher in der WP unterbelichtet. Aber wir betten ja auch nicht jede Darstellung der - sagen wir mal - liberalen oder konservativen oder sonstigen Gesellschaftstheorie in eine ideologiekritische Analyse ihrer Erkenntnisgrundlagen ein. Zu den von Luha genannten Autoren: Recher sagt zur Natur (fast) nichts, er ist ein Meta-Meta-Theoretiker. Schrödinger dachte ich in der einheitlichen Feldtheorie berücksichtigt zu haben, ich habe das expliziter gemacht. Whitehead ist für mich zunächst vor allem Logiker, der sich primär mit symbolischen Formen und nicht mit der äußeren Welt befasst - und Metaphysiker. Auch Pierce ist in erster Linie Logiker und Semiotiker. Wirklich leid tut mir, dass ich Heisenbergs Weltformel vergessen habe. Das wird nachgetragen. --Hnsjrgnweis (Diskussion) 14:43, 27. Jan. 2016 (CET) Danke für die Anregungen. Habe Heisenberg nachgetragen, bin aber ab morgen 4 Wochen in Lateinamerika und habe selten Internetzugang.--Hnsjrgnweis (Diskussion) 15:15, 27. Jan. 2016 (CET)Beantworten

Tut mir leid, wenn ich hier etwas krass werde, aber ich fühle ich echt provoziert. Vielleicht kannst Du etwas mehr verstehen, was ich meine, wenn Du von Rescher etwa Rationalität, Wissenschaft und Praxis liest. Deine Kommentare zu Peirce und Whitehead sind unterirdisch. Peirce war ein Wissenschaftler, den man vielleicht noch als "polymath" bezeichnen kann und Whitehead war nicht nur ein herausragender Mathematiker, sondern auch ein exzellenter theoretischer Physiker. Lies doch bitte wenigstens die Wikipedia - Artikel zu den beiden. Für einen Wissenschaftler wäre es aber besser, er hätte sich wirklich mit solchen Personen auseinandergesetzt hat, bevor er solche Statements abgibt. Lutz Hartmann (Diskussion) 22:35, 27. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Die naturalistische Beschränkung ist meines Erachtens nicht der Kern der Provokation. Aus dem Text spricht die Überzeugung, dass Handlungen, die nicht auf einen messbaren Nutzen ausgerichtet sind, eigentlich nicht relevant seien. Vereinheitlichung von Theorien wäre dann Rationalisierung im wirtschaftlich-organisatorischen Sinn, ihre Ästhetik wäre die Schönheit des Nützlichen. Dieser Forderung sind wir auch in den Geisteswissenschaften ausgesetzt, wenn etwa von soundsovielen Seiten einer Edition oder bloß eines Digitalisierungsprojekts als Forschungsergebnis die Rede ist. Wenn sie nicht als Standpunkt, sondern wie hier als eherne Wahrheit dasteht, finde ich das etwas bitter. Aber es regt sich ja sonst kaum Widerspruch. --Summ (Diskussion) 09:56, 28. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Warum auch? Eine „naturalistische Beschränkung“ ist jedenfalls für mich nicht des hiesigen Pudels Kern, sondern die in der Tat sinnvolle und nötige Abgrenzung des Lemmas gegenüber Naturphilosophie; und die sollte auch nicht unnötig verwässert werden.
-- Barnos (Post) 14:39, 28. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Nein, es fehlt die ganze Reflektion, wie man auf beste Weise eine Theorie der Natur aufstellen kann. Ein Artikel zu diesem Lemma muss das aber leisten, denn das ist das Kriterium, ob eine Theorie gute Erklärungen liefert. Hier wird gut aber nicht mit der Qualität der Erklärung, sondern mit dem Erfolg in der Praxis gleichgesetzt. Und da reicht es nicht, irgendwo im Text einmal Feyerabend hinzuschreiben. Lutz Hartmann (Diskussion) 15:32, 28. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Kein kleiner Anspruch, den Du da in den Raum stellst, Lutz. Lass Dein Baugerüst ruhig sehen, damit Alternativen bzw. Komplementäres erkennbar werden. -- Barnos (Post) 16:09, 28. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Das ist doch relativ eindeutig. Am Anfang steht eine Begriffsanalyse. Was ist eine Naturtheorie? Was muss eine Naturtheorie leisten? Welche Formen von Naturtheorien gibt es? Welche grundsätzlichen Ansätze für Naturtheorien werden diskutiert? Über das Nachdenken zu diesen Fragen wird im Artikel überhaupt nicht berichtet, sondern es wird nur positiv ein bestimmtes Spektrum an Naturtheorien dargestellt. Mich befriedigt das nicht. Lutz Hartmann (Diskussion) 08:34, 29. Jan. 2016 (CET)Beantworten
Die Darstellungen sind als solche in Ordnung. Aber wenn sich dem unvoreingenommenen Leser die Vorstellung vermittelt, dass sich die erfolgreichen Theorien der Naturwissenschaften vom erfolglosen Geschwafel der Naturphilosophen unterscheiden und das Erfolgreiche "Naturtheorie" genannt werde, dann ist es eine Polemik im Gewand der Wissenensvermittlung. Auch wenn dies ein verbreiteter Standpunkt ist, sollte er im Interesse der wirtschaftlich weniger Erfolgreichen (und im Interesse der Bedeutungsvielfalt des Theoriebegriffs) neutralisiert werden. --Summ (Diskussion) 14:17, 2. Feb. 2016 (CET)Beantworten
Das sehe ich anders. Mal von Rescher weg und eine deutsche Variante: Jürgen Mittelstrass: Was heisst „Grenzen des Wissens“?, in: Peter Walde (Hrsg,): An den Grenzen des Wissens, vdf Hochschulverlag 2008, 9-26. Es geht doch darum, wie der Zugang zur Natur gesucht wird. Und da legt der Artikel die jeweils impliziten Annahmen nicht offen. Wenn ich in der Einleitung lese: „[…] unterscheiden sich die neueren Naturtheorien vor allem durch ihre Versuche, das Verständnis allgemeiner Prinzipien der Natur erfahrungswissenschaftlich und nicht metaphysisch zu fundieren.“, dann schüttelt es mich. Und in diesem Halbsatz steckt das ideologische Programm. Weil sich das durch den ganzen Artikel zieht, stimme ich Deiner Einschätzung, dass die Darstellung als solche in Ordnung sei, nicht zu. Lutz Hartmann (Diskussion) 16:35, 2. Feb. 2016 (CET)Beantworten

Zum Abschnitt „Grenzen der antiken Naturbeobachtung“

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Auf der Linie dieses früheren Statements und in der Absicht, bei der Einlösung zu helfen, habe ich den o. a. Abschnitt modifiziert. Dabei ging es mir vor allem darum, dass der Altmeister nahezu aller Wissenschaftsbereiche und ihrer Erforschung Aristoteles nicht auf einmal als die Fortschrittsbremse schlechthin vorgeführt werden möge (und selbstverständlich schon gar nicht – mitschwingend im Begleittext – für die sozialen und mentalen Strukturen und Rahmenbedingungen der Antike verantwortlich gemacht werden kann).

Der renommierte Aristoteles-Forscher Hellmut Flashar resümiert am Schluss seines Rezeptionskapitels:

Die Aktualität manifestiert sich nicht in erster Linie an der Übernahme einzelner Lehrmeinungen, sondern in der Fruchtbarkeit der Fragestellungen und Lösungsmodelle. Sie zeigt sich vor allem darin, dass unser Denken bis heute durch die Begriffe des Aristoteles im Sinne von wissenschaftlichen Ordnungsbegriffen geprägt ist.“
[…]
Seine [des Aristoteles] Wissenschaftsnähe bewahrt sein Werk auch vor irrationalen Umdeutungen – die scholastisch-kirchliche Überformung ist Vergangenheit. Die Dialoge Platons, in denen die Fiktionalität der Aussage immer wieder an Unsagbares stößt, stehen jedoch bis in die Gegenwart in der Gefahr einer wissenschaftsfernen, quasi-religiösen Überhöhung, wie in neuerer Zeit das Beispiel des George-Kreises zeigt. Das Werk des Aristoteles dagegen ist das des gesunden Menschenverstandes, gepaart mit dem Ethos des ernsten Forschers.“[3]
  1. Nikolai Dellingshausen: Grundzüge einer Vibrationstheorie der Natur, Kluge, Reval 1872, S. IV.
  2. Eugen Dühring: Kritische Geschichte der Philosophie von ihren Anfängen bis zur Gegenwart, Heimann, Berlin 1869, S. 215–216.
  3. Hellmut Flashar: Aristoteles. Lehrer des Abendlandes. München 2013, S. 368.
  4. Die m. E. nötige und mit einer Straffung verbundene Modifizierung des Abschnitts behandelt das in der Überschrift vorgegebene Sujet hiernach eher generalisierend im Hinblick auf die gemeinte Epoche.
    -- Barnos (Post) 12:09, 12. Jun. 2016 (CEST)Beantworten

    Danke für die transparente und konstruktive Bearbeitung, die ja in WP nicht immer die Regel ist. Ich denke allerdings, dass A. mit der Ausgrenzung der Handwerker und körperlich arbeitenden Menschen aus der Gemeinschaft der Vollbürger, die er natürlich nicht zu vertreten hat, aber durchaus legitimiert u.a. mit dem Argument, dass körperliche Arbeit zur geistigen Degeneration und quasi zum Sklaventum führe (Politieia 1328 und 1329), zur Abwertung der praktisch-experimentellen Erkenntnis nqachhaltig beigetragen hat und auch eine implizite Legitimationsgrundlage für die Meidung körperlicher Arbeit durch das Mönchstum (oder jedenfalls viele seiner maßgeblichen Vertreter im hohen MA.) geschaffen hat. Ich finde es immer wieder interessant, dass dort, wo Mönche als wichtige Wissens- und Kulturträger sich der körperlichen Arbeit entledigten, auch die Naturerkenntnis nicht vorankam (Hinduismus, Buddhismus, christliches MA.). Die gelehrte Attitüde, die Beine einer Fliege nicht selbst zählen oder kein Fernrohr in die Hand nehmen zu müssen, um die angeblichen Venusmonde zu betrachten (in Brechts Galilei), weil dazu bereits alles gesagt worden sei, hat sich stets auf A. berufen. Ähnlich der sunnitische Islam im MA.: Es gibt kein Wissen, das über die Offenbarung hinausgeht. Gruß, --Hnsjrgnweis (Diskussion) 20:59, 12. Jun. 2016 (CEST)Beantworten
    Die Apologie der eigenen Existenz und Seinsweise dürfte der Normalfall menschlicher Denkart sein, und zwar in den diversesten Geschichts- und Kulturepochen. Unabhängig davon und aus heutiger Sicht: Wollte man einen Aristoteles auf Kosten seiner geistigen Hinterlassenschaften lieber auf dem Acker oder im Bergwerk beschäftigt gesehen haben? Das erscheint mir wenig wünschenswert.
    Die Deutung der Aussagen in Politieia 1328 und 1329, „dass körperliche Arbeit zur geistigen Degeneration und quasi zum Sklaventum führe“, ist mir nicht auf Anhieb plausibel. Die in Frage kommende Stelle besagt – vor dem Hintergrund einer für die staatliche Existenz als notwendig erkannten Arbeitsteilung – m. E., dass das Handwerker- und Krämerdasein „unedel“ sei und dass auch Bauern nicht als vollwertige Bürger anzusehen seien, weil kompetentes und tugendhaftes politisches Handeln nicht derartige Arbeiten, sondern geistige Muße voraussetze.
    Bliebe die Frage, wie wir unsere heutigen Berufspolitiker dazu in Bezug setzen wollen.
    -- Barnos (Post) 08:10, 13. Jun. 2016 (CEST)Beantworten
    Postscriptum aus gegebenem Anlass: Danke für die beherzte Anlage und eindrucksvolle Weiterentwicklung dieses für mich äußerst spannenden Artikels, Hnsjrgnweis: schön, dass die Wikipedia an dieser Stelle so bereichert wird! Mit freundlichen Morgengrüßen -- Barnos (Post) 08:53, 13. Jun. 2016 (CEST)Beantworten

    Interessanter Hinweis auf die Berufspolitiker. Diese sind seit den 1980er Jahren in keinem stabilen sozialen Milieu mehr verankert (außer vielleicht in dem der Verwaltungsjuristen). Der Ordenseintritt (resp. Eintritt in eine politische Partei) wird wie bei den aus allen Schichten rekrutierten buddhistischen Mönchen nicht als Buße, sondern als Übungszeit und Vorbereitung auf den Aufstieg verstanden. Nur mit der Eigentumslosigkeit klappt es nicht so ganz. Grüße, --Hnsjrgnweis (Diskussion) 21:33, 13. Jun. 2016 (CEST)Beantworten

    Die Diskussion zum Thema und die Parallele zu den Politikern ist interessant. Ich würde zu bedenken geben, dass eine Art der Beobachtung, die darin besteht, zu vergleichen und sich dabei selbst vergleichbar zu machen (das ist die Grundlage jeder modernen wissenschaftlichen Betrachtungsweise), differenzierte Strategien voraussetzt, mit der Konkurrenz, die aus solchen Vergleichbarkeiten entsteht, zurechtzukommen. Wettkämpfe, Wettbewerbe, Wahlkämpfe, mit denen friedliche Konkurrenz demonstriert und geübt wird, müssen zur kulturellen Grundlage gehören. Wenn das nicht oder noch nicht oder nicht mehr der Fall ist, braucht es vorausgesetzte, nicht wandelbare Berechtigungen, und die schränken alle Vergleichsmöglichkeiten stark ein. Max Weber betrachtete z.B. eine strikte religiöse Moral als neuzeitliche Voraussetzung friedlicher Konkurrenz in Wissenschaft und Wirtschaft. --Summ (Diskussion) 12:07, 16. Jun. 2016 (CEST)Beantworten
    Chiaro. Das ist eine legitime systemtheorische Perspektive auf die Bestenauswahl durch Beobachtung in der Bewährungsphase. Wenn dieser Prozess aber zeitlich immer weiter vorverlagert wird (wie im Mittelalter oder im Buddhismus in die Klosterschulen oder heute in die Jugendorganisationen der Parteien oder in den Tenure Tracks der Hochschulen der USA) und die "Ordens"zugehörigkeit nicht befristet ist, zugleich aber schon ab dem Eintritt Privilegien verschafft, verlieren die "Novizen" die Bodenhaftung - von buddhistische oder lamaistischen Mönchen, die ja z.B. in Tibet vor 1949 extrem verhasst waren, aber zugleich den einzigen Aufstiegweg markierten, bis zu Politikern in von Arbeitslosigkeit geschüttelten Regionen wie hier auf den Kanaren. In diesen hierarchisch gestuften Systemen - zumal wenn in ihnen Wahlen oder Ausleseverfahren in kurzen Intervallen ausgetragen werden - wird die Konkurrenz auf Dauer gestellt (vom Ortsverein über sieben Etappen in den Bundesvorstand...) und die Kooperation wird teils so geschwächt, dass eine effektive Bündelung von Interessen kaum noch möglich ist (siehe die absurde Nachwahlsituation hier in Spanien, das sieben faktisch regierungslose Monate erlebt). Wenn die Politiker nicht mehr in Stammmilieus verankert sind, kommt es außerdem zu den typischen kurzfristigen ruckartigen Entscheidungen, mit denen auf beobachtete Veränderungen der Stimmungen im einstelligen Prozentbereich reagiert wird (Grenze auf - Grenze zu; Rentenalter rauf - runter). Dadurch verlieren ganze "Milieus" das Gefühl, dass sie überhaupt noch repräsentiert werden. Das "Gemurmel" der Unterprivilegierten (Foucault) sucht sich andere Artikulationskanäle, wenn die ELiten mit ihnen nicht mehr kommunizieren bzw. wenn die Kommunikation in inszenierten Arenen von performativen Aspekten dominiert wird. Hier könnte man wieder die Brücke zum Theater in den Arenen der Wissenschaft schlagen...--Hnsjrgnweis (Diskussion) 16:06, 16. Jun. 2016 (CEST)Beantworten
    Ob der Schauspieler (im allgemeinsten Sinne als jemand, der sich öffentlich zeigt) ein Betrüger ist oder etwas Wahres zum Ausdruck bringt, ist auch aus meiner Sicht eine Gretchenfrage für die westliche Kultur. In der politischen Kommunikation zeigt sich vielleicht am deutlichsten das Problem, ob Naturbeobachtung und die Anwendung der daraus gewonnenen Erkenntnisse ("Wie verwirkliche ich meine Ziele?") zu Betrug und Rattenfängerei im großen Maßstab oder im Gegenteil zu einem gemeinsamen Nutzen führen. Daher mein Interesse am schon oben erwähnten François Delsarte, der aufgrund von Naturbeobachtung am Menschen ein System der Rhetorik entwickelt hat, das in Politik und Rechtswesen der USA immer noch eine traditionelle Grundlage des öffentlichen Verhaltens ist, ohne dass es von den Beteiligten wie eine Fremdsprache gelernt werden müsste. Das Bedürfnis aller Akteure und Zuschauer, glaubhaft zu repräsentieren und zugleich repräsentiert zu werden, ist offenbar Grundlage solcher Traditionen. Wenn es fehlt, wird das Ganze obsolet. – Delsarte hat im Paris des 19. Jahrhunderts allerdings keine Politiker, sondern katholische Priester unterrichtet. Allgemeiner formuliert: Wenn das Training im Zusammenhang mit dem Ritual steht, ist es in einen ethischen Kontext eingebunden. --Summ (Diskussion) 08:29, 17. Jun. 2016 (CEST)Beantworten
    In der Tat ist das eine Gretchenfrage. Ich weiß zwar nichts über den Einfluss Delsartes auf die USA; wenn er aber so einflussreich war, hat er gute Arbeit geleistet. Die Emotionen und Intentionen der Filmschauspieler in den USA sind für jedermann so evident, dass es keiner Tonspur bedarf, um sie zu verstehen. Paul Ekman, der viel für die US-Army gearbeitet hat, geht aufgrund empirischer Studien von einer universellen Verständlichkeit des emotionalen Ausdrucks aus, die nur schwach durch soziale Normen und Dekodierregeln überformt sei. Das Modell wird beim Training von Soldaten, Polizisten, Geheimagenten usw. verwendet, z.B. um "Angst" oder "Aggression" zu erkennen, was oft gründlich misslingt. Schaut man genauer hin, so sind die Ausdrucksformen in den USA viel stärker sozial und medial geprägt als in Europa, aber gleichzeitig viel uniformer, was die Ekman-Schule vermutlich mit universell verwechselt. Univerell verständlich werden sie erst u.a. durch die globale Ausstrahlung der amerikanischen Filmindustrie. - Die Angst, sich missverständlich auszudrücken, und der Konformitätsdruck hinsichtlich der emotionalen Ausdrucks ist in einer inhomogenen Gesellschaft mit latenter Gewalttendenz vermutlich mindestens so groß wie in vielen tadtionellen Kulturen. Kulturell "fremden", nicht normierten Ausdrucksformen von Emotionen gegenüber ist man oft hilflos. In Europa teilen wir oft schon intuitiv das Konzept einer graduellen Dekodierung von Expressionen: wir wissen (meist), dass bei einer begrenzten Universalität des Gesichtsausdrucks innerhalb kulturell und sozial homogener Gruppen eine deutlich präzisere Decodierung möglich ist als bei "Fremden". Die Charakterzeichung in US-Filmen empfinden wir wegen ihrer Überdeutlichkeit oft als "gekünstelt", "übertrieben" und wenig authentisch. --Hnsjrgnweis (Diskussion) 12:27, 17. Jun. 2016 (CEST) Link zu Paul Ekman korrigiert.--Hnsjrgnweis (Diskussion)Beantworten
    Womit wir wieder beim Artikel wären: Wie sollte man jene Entwicklung des 18./19. Jahrhunderts integrieren, die dazu führte, dass man soziale Normen zu Naturgesetzen erklärt hat, um die Gleichheit von Personengruppen zu behaupten? Die Asiaten seien alle gleich, so meinte man in Europa vor fünfzig Jahren; heute sind sie – ähnlich oberflächlich gesehen – gleich wie wir. Ein solcher Anpassungsdruck ist erfolgreich, solange er zur eigenen Emanzipation beiträgt. --Summ (Diskussion) 07:55, 21. Jun. 2016 (CEST)Beantworten
    Der Umkehrschluss des späten 19. Jh., dass die evidenten Unterschiede zwischen Völkern und Kulturen evolutionsbedingt und naturgegeben seien, war freilich noch verheerender. Das habe ich mal in den Abschnitt über den Evolutionsgedanken aufgenommen. --Hnsjrgnweis (Diskussion) 09:29, 21. Jun. 2016 (CEST)Beantworten


    Um auf die besagten „Grenzen der antiken Naturbeobachtung“ zurückzukommen: Mir gefällt die auf Seneca bezogene Aussage im Abschnitt „Mythos, Teleologie, Kausalität“, der zufolge er „das aufgeklärte antike Denken seiner Zeit“ repräsentierte. Eben das gilt mindestens in nämlicher Weise auch für Aristoteles; und beide haben uns auch heute noch einiges zu sagen. -- Barnos (Post) 17:34, 21. Jun. 2016 (CEST)Beantworten

    Gliederungs- und Darstellungsprobleme jenseits des Aufklärungszeitalters

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    Bin bei neuerlicher Gesamtschau schwer gestolpert über den Abschnitt „Romantik: Naturgeschichte, Geowissenschaften, Vitalismus“, der zwischen Aufklärung und Industrialisierung als eigene Größe firmiert. Dabei kann es m. E. nicht bleiben, zumal damit äußerst problematische Zuordnungen verbunden sind, am schlimmsten was Alexander von Humboldt betrifft. Dieser Universal- und Spezialforscher par excellence soll unter „Romantik“ subsummiert werden? Das passt ganz und gar nicht und ist selbst hinsichtlich seines unvollendeten Kosmos-Projekts abwegig.

    Humboldt bietet sich aber an, den Übergang vom Universalismus zur Spezialforschung in der Wissenschaftsgeschichte und entsprechend im naturtheoretischen Denken zu markieren. Was der Romantik-Abschnitt an Brauchbarem enthält, sollte daher aus meiner Sicht einem modifizierten Großabschnitt „Naturtheorien im Zeitalter der industriellen Naturverwertung und wissenschaftlichen Spezialisierung“ zugeschlagen werden – in dem auch dialektische Gegenströmungen wie Romantik, Lebensreform- und Jugendbewegung bis hin zu heutigem ökologischem Denken ihren keinesfalls zu vernachlässigenden Platz haben. Wir haben es da mit dem Beginn eines Zeitalters neuer Unübersichtlichkeiten und Widersprüche zu tun, auch wenn alles im naturgesetzlichen Rahmen abläuft.

    Diesbezüglich scheint mir ein Umbau dringend erforderlich, Hnsjrgnweis, vielleicht nicht heute und morgen, aber doch als nächstwichtige größere Operation.
    Mit besten Grüßen -- Barnos (Post) 15:24, 22. Jun. 2016 (CEST)Beantworten

    Hallo Barnos, dass Humboldt mit seiner Affinität zu präzisen Messverfahren und Spezialuntersuchungen als Romantiker nicht widerspruchsfrei akzeptiert wird, ist mir klar (und auch dass der Romantik-Abschnitt sehr unvollständig ist). Andererseits geht H. den Schritt "zurück" zum Holismus. Ich beziehe mich u.a. auf Köchy, [1] [2] [3] usw. Vgl.auch Sandra Rebok [4]. Ich würde H. also gern in dem Abschnitt belassen, ihn aber überarbeiten. Die Gegenströmungen waren ja von 1800 (die Entdeckung der animalischen Elektrizität wäre noch einmal zu unterstreichen) bis ca. 1830 am heftigsten, danach verstummten sie erst einmal. Grüße, --Hnsjrgnweis (Diskussion) 19:47, 22. Jun. 2016 (CEST)Beantworten
    Danke für die Literaturhinweise zur romantischen Verortung Humboldts durch die genannten Forscher, Hnsjrgnweis. Wissenschaft und Wissenschaftler leben auch von zweifelhaften Thesen und Perspektiven, und darum handelt es sich hier m. E. trotz aller begrüßenswerten Reflexionsbereitschaft. Die gemeinten Parallelen bei Humboldt zu einem ja als solchem in Frage stehenden romantischen Programm oder Erkenntniskonzept treffen schlicht nicht das Wesentliche: Humboldt war sich auf der Höhe Kants offenbar dessen sehr bewusst, dass unser Erkenntnisapparat unser Welt- und Wirklichkeitsbild entscheidend mitbestimmt. Sein unabweisbares Korrektiv diesbezüglich war die naturwissenschaftlich fundierte Beobachtung und experimentelle Forschung. Was Humboldt mit seiner Kosmos-Hinterlassenschaft geleistet hat, war folglich auf seinem Weltdurchdringungsniveau das, was unsereiner – jeder auf seinem Niveau – auch irgendwie zustande bringen muss: eine halbwegs kohärente Perspektive für die individuelle Auseinandersetzung mit der Umwelt zu entwickeln – so korrigierbar wie unabschließbar, versteht sich.
    Da es sich für mich, wie oben gezeigt, nicht um ein nachrangiges Gliederungs- und Zuordnungsproblem handelt, wünsche ich nun bei der Lösung guten Erfolg. -- Barnos (Post) 07:53, 23. Jun. 2016 (CEST)Beantworten
    Zugestanden: Humboldt hat seine im Vorgriff auf die romantischen Ideen in Schillers Horen publizierte These von den eigenen Lebenskräften der belebten Natur schon 1797 wieder revidiert zugunsten der Annahmen des komplexen Zusammenwirkens einzelner chemischer und physikalischer Ursachen in einem Organismus, für den alles Zweck und Mittel gleichzeitig ist. Ich habe mich aber auch an seinem noch in den "Ansichten der Natur" formulierten Ziel orientiert, "mit Worten zu bezeichnen, was eigentlich nur der nachahmlichen Kunst des Malers dazustellen geziemt". Sein aus der unmittelbaren Anschauung "gemaltes" Bild der Natur soll deren Einfluss auf die moralische Stimmung der Menschen verdeutlichen (Vorrede). Damit liegt er zwischen Goethes Italienreise und der Romantik z.B. Andreas Achenbachs. Zur Gliederung: Gegenströmung gegen die Spzialisierung der Forschung - d'accord. Aber nicht gegen die industrielle Verwertng der Forschung; die hatten die Romantiker noch gar nicht vor Augen, sie setzt erst nach 1840 so deutlich ein, dass man es auch im Landschaftsbild beobachten kann. [5] Bevor ich an eine komplette Überarbeitung des Absatzes gehe, werde ich erst nur einige Relativierungen anbringen können.--Hnsjrgnweis (Diskussion) 11:07, 23. Jun. 2016 (CEST)Beantworten
    Wer sich im Besitz der Sprachmächtigkeit eines Humboldt und seiner Weggefährten weiß, zu denen auch der u. a. sprachforschende Bruder gehörte, wird die Zeitgenossen und Nachkommenden nicht nur in nüchterner Wissenschaftssprache mit auf die Forschungsreisen nehmen wollen; zumal an der attraktiven sprachlichen Vermittlung auch Absatz und damit Finanzierbarkeit des eigenen schier uferlosen, aber qualitativ hochmögenden Druckwerkes hingen. Das macht Alexander von Humboldt aber nicht zum Romantiker. Er bleibt der Klassiker von singulärer Vielseitigkeit, als den ihn die Welt einschließlich des Wikipedia-Publikums kennt.
    In puncto Gliederung: Die Frühphase der Industrialisierung in England läuft zur Frühphase der Romantik parallel, für die zunächst andere Motive wichtiger gewesen sein mögen. Allerdings passt natürlich das nostalgisch-rückwärtsgewandte Moment der Romantik auch trefflich zu den sich anbahnenden grundstürzenden Veränderungen des Industrialisierungsprozesses. Die Romantik gerade in diesem Artikel einem Großabschnitt „Naturtheorien im Zeitalter der industriellen Naturverwertung und wissenschaftlichen Spezialisierung“ zuzuschlagen, sehe ich also eher nicht als Problem. -- Barnos (Post) 15:34, 23. Jun. 2016 (CEST)Beantworten
    Davon abgesehen bin ich für dieses Entgegenkommen als Wikipedianer dankbar: Jede Verbesserung zählt! -- Barnos (Post) 17:06, 23. Jun. 2016 (CEST)Beantworten
    Immer gerne, so lange es derart sprachmächtig begründet und außerdem noch konstruktiv gemeint ist. --Hnsjrgnweis (Diskussion) 17:52, 23. Jun. 2016 (CEST)Beantworten

    Naturalismus

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    Ich möchte doch nochmals auf Lutz Hartmanns Einwand eingehen, dass der Artikel den Naturalismus (Philosophie) als gegeben voraussetze. Das ist, so weit ich sehe, noch immer der Fall. Es werden nur indexikalische Zeichen als Grundlagen von Vereinheitlichungen bzw. Theorien für anerkennenswert gehalten, weil davon ausgegangen wird, dass Wirkungen "natürliche" Ursachen (nicht Wunder bzw. göttliches Eingreifen) haben. So lehrt es die westliche "Volksaufklärung" vielleicht seit zweihundert Jahren. Symbole dagegen können zwar vereinheitlichende Erklärungen liefern, aber keine Messergebnisse. Damit sind sie nicht irrelevant oder bestenfalls "unreife" Naturtheorien, sondern gehen einfach davon aus, dass es etwas außerhalb der Natur gebe, das auf diese Natur Einfluss nimmt und somit als Ursache in der Natur nicht wahrgenommen werden kann. --Summ (Diskussion) 08:30, 2. Sep. 2016 (CEST)Beantworten

    M.E. habe ich dem Naturalismus der Welterklärung keinen Vorschub geleistet. Ich habe mich zunächst auf die Geschichte der Erklärungsversuche der äußeren Welt bezogen und in den Abschnitten über die Virtualisierung / Informatisiserung der Natur einerseits und den Artefaktcharakter der grundlegenden Bausteine und Theorien über die Welt andererseits darauf hingewiesen, dass die Naturerklärung von der der inneren Welt und der Welt der symbolischen Formen nicht zu trennen ist, was im späten 20. Jh. zunehmend deutlich geworden ist. Das heißt aber nicht, dass alle möglichen früheren Metaphysiken nun rehabilitiert sind. Aber ein Kapitel über die Theorie der symbolischen Formen seit Cassirer usw. gehört in einen anderen Kontext. --Hnsjrgnweis (Diskussion) 17:16, 2. Sep. 2016 (CEST)Beantworten
    Irgendwie schwebt ein Missverständnis im Raum. Vielleicht kann ich so illustrieren, was ich mit den indexikalischen Zeichen meine: Wir fragen uns, wenn wir etwas sehen: Was bedeutet das? Und wir erwarten als Antwort eine "natürliche Ursache"? Das ist eine Voraussetzung, die in unserem kulturellen Kontext nützlich ist. Planeten kreisen, weil sie träge sind, in Analogie zu anderen Körpern, deren Bewegung wir besser beeinflussen können. Sie könnten aber auch kreisen, weil sie einer Himmelordnung treu sind, woran wir uns ein Vorbild nehmen sollen. – Wenn wir einen geknickten Löffelstiel im Wasserglas sehen, aber beim Herausnehmen bemerken, dass der Löffel intakt ist, dann sehen wir, dass uns die Wahrnehmung täuscht. Entweder werden wir uns dadurch bewusst, dass wir von Täuschungen umgeben sind, und beschäftigen uns mit Dingen des Glaubens, oder wir versuchen, diese Täuschung auf natürliche Ursachen zurückzuführen. Beide Folgerungen können einen Sinn haben, je nachdem, von welcher sozialen Umgebung wir abhängen, die das eine oder das andere fördert. – Der Fuß tut weh, weil wir falsche Schuhe tragen, oder weil er etwas hat, was der Arzt untersuchen muss. Wenn wir den Fuß nur für blöd halten (im 18. Jahrhundert spricht man durchaus noch vom blöden statt vom kranken oder schmerzenden Fuß), kommen wir nicht zu Handlungen, die uns aus unserer heutigen Sicht weiterhelfen. Dass Ursachen zur „äußeren“ Welt gerechnet werden, ist eine Methode zur Lösung von Problemen. Wenn der Fuß und andere Körperteile jeweils mit Personen aus unserem Umkreis verbunden sind, mit denen wir in Frieden leben sollen (was eine andere kulturelle Voraussetzung wäre), dann lässt sich der Schmerz nicht jenseits eines persönlichen sozialen Lebens bewältigen. Wenn der schmerzende Fuß die familiäre Entzweiung bedeutet und umgekehrt, dann hilft der Gang zum Arzt nur mittelbar. Solche Probleme sind uns nicht gar so fremd, wie jene Kulturen es zu sein scheinen, und die geforderte Versachlichung ist für alle Beteiligten eine permanente Anstrengung in einer generationenlang gewachsenen Überzeugung, am besten das Nützliche zu tun. Das unmittelbar Nützliche allerdings ist immer und überall der Konsens.
    Für den Artikel bedeutet das m.E., dass er von Voraussetzungen ausgeht, die nicht selbstverständlich sind. Die chronologische Darstellung hat die Tendenz zur Teleologie oder zur Erfolgsgeschichte, auch wenn es im Einzelnen wesentlich differenzierter gestaltet ist. Konkret halte ich Luhas Vorschlag für nicht schlecht, vom Artikel Wissenschaftstheorie auszugehen, um unterschiedliche denkbare und bereits gedachte Positionen voneinander abzugrenzen. --Summ (Diskussion) 13:55, 5. Sep. 2016 (CEST)Beantworten
    Die Annahme "natürlicher Ursachen" ist auch in vormodernen Kontexten extrem nützlich und lebenserhaltend; sie hat dort allerdings engere Grenzen, weil das Alltagswissen dieser Gesellschaften nicht ausreicht, die äußere Umwelt in größerem Umfang zu bearbeiten (vielleicht wollen sie das auch gar nicht). Keine Volk glaubt m.W. daran, dass der Stock im Wasser wirklich knickt; sonst könnten die Einwohner Amazoniens nicht die Fische mit dem Speer so präzise jagen wie sie es tun. Die Erklärungen des prälogische Denkens für von ihm nicht kausal beeinflussbare Phänomene der äußeren Umwelt würde ich unter dem Lemma Mythos diskutieren wollen. Die Rolle der Griechen bestand m.E. darin, dass sie begonnen haben, auf Basis von Beobachtungen über konkurrierende Hypothesen zur Kosmogonie zu streiten. Damit setzt die Wissenschaftsförmigkeit und Theoriequalität des Denkens über die Natur ein, auch wenn es noch mit Mythologie durchmischt ist. Entsprechend habe ich ein oder zwei Sätze vorn eingefügt. --Hnsjrgnweis (Diskussion) 15:30, 5. Sep. 2016 (CEST)Beantworten
    Nana. Prälogisches Denken unter dem Begriff Mythos und logisches hier unter Naturtheorie? Das sind Vereinfachungen, die nicht gehen. --Summ (Diskussion) 11:32, 6. Sep. 2016 (CEST)Beantworten
    Prälogisch i.S. von vorbegrifflich oder unvollständig-begrifflich. Die Dinge werden sachadäquat gehandhabt und bezeichnet, aber sobald Begriffe sich auf Abwesendes beziehen, können Generalisierungs-, Klassifikations-, Zurechnungs- usw. -fehler unterlaufen. Das ist in der Tat oft im Mythos der Fall. --Hnsjrgnweis (Diskussion) 11:56, 6. Sep. 2016 (CEST) PS: im Sinne von prélogique (Lévy-Bruhl). Mary Douglas nimmt diesen Begriff vor der Kritik, er sei rassistisch, in Schutz. Vgl. auch Piaget zur Entwicklung des Denkens beim Kinde. --Hnsjrgnweis (Diskussion) 12:01, 6. Sep. 2016 (CEST)Beantworten
    Dass einem Mythos Fehler unterlaufen, würde ich nicht unterschreiben, auch nicht, dass es bei ihm notwendig ein Abwesendes gäbe. Die Wilden als Kinder mit ihrer vorbegrifflichen Sprache? Dann werden sie zu Erwachsenen, indem sie ihre prälogischen Wurzeln ablegen. Sicherlich gab es im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts derartige Äußerungen. Außerhalb von Gänsefüßchen können wir sie nicht mehr vorbringen. – Bezieht sich das Adjektiv logisch auf Logos statt auf Logik? Dann könnte man diese Abgrenzung in die griechische Antike zurückverfolgen. In einer populären naturwissenschaftlichen Zeitschrift kann man den "Fortschritt vom Mythos zum logischen Denken" möglicherweise unproblematisch schildern, weil die Leser verstehen, was gemeint ist. Manche Missionare haben dagegen versucht, den Mythos ihrer Schützlinge mit logischem Denken zu überwinden, und da war kaum die Rede von Naturtheorie im hier ausgebreiteten Verständnis, sondern vom Glauben. Das gesellschaftliche Denken in Bezug auf Technik und Naturwissenschaft seit dem späteren 19. Jahrhundert hat komplizierte, nicht zuletzt theologische Voraussetzungen (vgl. gerade Isaac Newton) und lässt sich kaum auf eine einfache Formel bringen. Dass es die Glaubenswelt nicht überwunden habe, sondern selbst eine Glaubenswelt ist, lässt sich nicht mehr bestreiten. --Summ (Diskussion) 12:32, 6. Sep. 2016 (CEST)Beantworten

    Den schnell wechselnden Argumenten kann ich nicht immer folgen. 1. Ein Mythos bezieht fast sich immer auf ein zumindest zeitweise Abwesendes, Verschwundenes oder auf eine zeitweise wechselnde Identität (und wenn es nur Verkleidung oder Verstecken ist). 2. Prälogisch - wenn das wie von mir oben gemeint "vorbegrifflich" i.S. der Orientierung an der greifbaren Dingwelt heißen soll, bezieht es sich auch (negativ) auf Logos. 3. Glauben - zum Verhältnis von Religion und Naturwissenschaft siehe den WP-Artikel Naturwissenschaft und Religion. Dort hat die Diskussion ihren Platz. Dass Glaubenssätze oder -systeme wichtige wiss. Fragestellungen anstoßen und Erkentnisse sogar fördern können, steht explizit im Text. Und dass keine naturwiss. Erkentnis frei von Glaubenssätzen oder nicht beobachtbaren und belegbaren Prämissen ist, dürfte seit dem Streit über den Neopositivismus gegessen sein. Entscheidend ist doch: Hier gibt es eine eigene Domäne mit eigenen Regeln, konkurrierenden Hypothesen und institutionalisierter Theorienkonkurrenz, die ohne Offenbarung, heilige Bücher und im Tagesgeschäft auch ohne erkenntnistheoretische Dauerreflektion, aber nicht ohne empirische Beobachtung auskommt. Wo diese nicht mehr möglich ist, bewegt man sich in den Bereich der Philosophie hinein. Vielleicht müssen wir mal ein Bier trinken, um diese Fragen zu klären.--Hnsjrgnweis (Diskussion) 12:59, 6. Sep. 2016 (CEST)Beantworten

    Nicht dass ich grundsätzlich widersprechen wollte. Deine Thesen erscheinen mir einfach etwas zu radikal. Worauf sich ein Mythos fast immer beziehe, würde ich nicht zu formulieren wagen. Sicher ist jedoch, dass unsere Vorstellung von Anwesendem und Abwesendem, in welchem Medium auch immer, unserer eigenen modernen Vorstellungswelt angehört. Natürlich kann in Erzählungen von Anwesendem die Rede sein, und die Erzählung allein kann die Präsenz nicht nur von Geistern und Göttern bestätigen, sofern die Forderung eines (empirischen) Nachweises nicht oder noch nicht existiert. Und auch die empirische Beobachtung ist mit dem Glauben daran verbunden, was zum Erfolg führt, sonst kann sie nicht stattfinden. Zahlreiche Rituale müssen beachtet werden, um diese Möglichkeit zu erhalten, heute mehr als in der Vergangenheit, weil komplexe Institutionen und teure Apparaturen Voraussetzung für naturwissenschaftliche Beobachtung sind. Und solche Rituale sind oft alles andere als rational, wie es Rituale eben an sich haben. --Summ (Diskussion) 15:04, 7. Sep. 2016 (CEST)Beantworten
    Oder nochmals anders gesagt: Es scheint mir, als würdest du von einer Sicht auf "Natur" träumen, die keinen Konsens erfordert. Konsens kommt durch Rituale zwischen den Beteiligten zustande, wie sollte man das vermeiden? In der Frühzeit der Fotografie, der Tonaufzeichnung oder des Films glaubte man vielleicht, künftig von unpräzisen oder falsch interpretierenden Zeichnungen oder mündlichen Berichten unabhängig zu sein. Wenn man sich an diese Medien gewöhnt hat, weiß man sehr wohl, dass auch ein Foto oder eine Tonaufzeichnung etwas unrichtig oder einseitig wiedergeben können. Nicht anders ist es mit Naturtheorien, auch wenn sie wie ein Foto behaupten, dass etwas Abwesendes genau so und nicht anders sei. --Summ (Diskussion) 15:25, 7. Sep. 2016 (CEST)Beantworten

    Da nähern wir uns an. Natürlich besteht auch die Wissenschaft zum großen Teil aus Ritualen bzw. aus dem Glauben an sie. Ich kein Empirie-Fetischist. Die Frage ist nur, ob wir uns in jedem WP-Artikel bestätigen müssen, dass es eine Dingwelt oder Natur oder ... gibt und dass wir nicht in einer Höhle mit Irrlichern leben oder dass die Dinge nur in unserem Kopf existieren. Aber wie wird der Konsens hergestellt? Durch Akzeptanz von Expertise und durch Konsens in den Domänen und durch Benutzung von Alltagssprache, in die die Begriffe der Wissenschaftssprache mehr oder weniger eingebettet sind. Das kann man nicht in jedem Artikel hinterfragen, am ehesten vielleicht in Natur oder Naturphilosophie oder Wissenschaftstheorie. --Hnsjrgnweis (Diskussion) 19:51, 7. Sep. 2016 (CEST)Beantworten

    Akzeptanz von Expertise? Hoffentlich nicht grundsätzlich. So einfach ist es ja nicht. Du glaubst zum Beispiel so sehr an den Mythos Experiment für deine Art Naturtheorie, dass du jede Vernunft ausblendest. Zum Experiment gehört eine gewisse Hinterlist. Wenn ich Experimente mit dir mache, um meine Theorien zu bestätigen ("Reagiert er so oder anders, wenn ich dies oder jenes sage?"), dann wirst du zu Recht misstrauisch. Eine gewisse Unaufrichtigkeit ist die Voraussetzung dafür, dass ich dabei ein außenstehender Beobachter bleiben kann. Natürlich ist so etwas bis in die Neuzeit hinein schlecht angesehen! Und es braucht eine gehörige Portion Rhetorik, um das reinzuwaschen. Die Hysterikerin oder der Wilde haben sich gegen 1900 mit dem Psychologen oder dem Ethnologen arrangiert, indem sie sich dachten: "Ich durchschaue dich und zeige dir die Krankheitssymptome, beziehungsweise die rituellen Tänze und Lieder, die du von mir erwartest." Das ist auch ein Konsens, aber aufgrund einer reziproken Hinterlist. Ein Konsens über eine gemeinsam konstruierte, abwesende Natur. Damit so etwas funktioniert, braucht es komplexe kulturelle Voraussetzungen.
    Und auch unter solchen Voraussetzungen ist das häufig gescheitert: Ignaz Semmelweis hat die Ärzte als Mörder beschimpft, die nicht auf seinen einwandfreien Nachweis reagierten, dass sie Infektionen verursachen können, wenn sie sich nicht die Hände waschen. Damit war ein Konsens nicht mehr möglich, und weitere Patienten mussten sterben. Das waren alles Leute, die Expertisen gewohnt waren und die Alltagssprache beherrschten. Aber sie verstanden zuallererst und verständlicherweise, dass ein Außenstehender mit ihnen und ihren Fällen kalkulierte. --Summ (Diskussion) 00:02, 8. Sep. 2016 (CEST)Beantworten
    Oder der Physiker Lichtenberg (nur weil ich im Zusammenhang mit A Rake's Progress auf diese Aussage gestoßen bin) spricht nicht von Pendeln und Luftpumpen, wenn er das Experiment rechtfertigen will, sondern fragt sich, warum man nicht auch Experimente mit kleinen Kindern im Dunkeln machen dürfe, wenn man die Jungen doch kastriere, um berühmte Opernsänger aus ihnen zu züchten. Eine Theorietradition, die solcherart von der Praxis abhängig ist, kann nicht im selben Maße Prestige für sich beanspruchen wie allgemein die Theorie gegenüber der Praxis, jedenfalls nach europäischer wissenschaftlicher Tradition. --Summ (Diskussion) 15:10, 28. Sep. 2016 (CEST)Beantworten

    Mittelalter

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    Die Entwicklung des Artikels gefällt mir. Mit dem Mittelalter-Abschnitt habe ich im Moment zwei Probleme: Der Titel sollte vielleicht besser "zwischen Glaubensgewissheit und Anschauung" heißen, weil "Dogma" negativ klingt und den Sachverhalt m.E. nicht ganz trifft. Der sinnlichen Wahrnehmung wird nicht recht getraut, daher kann sie auch zu keinen positiven Resultaten führen. Dagegen steht der Glaube als größere Gewissheit. Erst mit der erneuten Aufwertung der Wahrnehmung wird die Anschauung wieder beweiskräftig.

    Das zweite Problem ist Aristoteles. Es wird doch bis zum 12./13. Jahrhundert höchstens nebenher zitiert. Tertullian hält ihn, wenn ich das richtig deute, aufgrund seiner Logik und Systematik eher für einen Fanatiker als für ein Vorbild. Der Neuplatonismus beherrscht die Spätantike und noch das christliche Frühmittelalter. Er müsste im Abschnitt wohl zuerst stehen, und der Aristotelismus ins Spätmittelalter versetzt werden. – Gutes Gelingen und Gruß --Summ (Diskussion) 18:36, 1. Feb. 2017 (CET)Beantworten

    Danke, habe einiges übernommen und denke noch mal darüber nach. Paradoxerweise hat der Neuplatonismus im Bereich der Optik das Experiment stärker angeregt als Aristoteles. Daher die Abfolge. --Hnsjrgnweis (Diskussion) 19:00, 1. Feb. 2017 (CET)Beantworten

    "Atomismus versus Metaphysik"

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    Ich verstehe nicht ganz, wieso der Atomismus selbst damals nicht den Status einer metaphysischen Annahme gehabt haben soll.-- Leif Czerny 13:31, 1. Nov. 2020 (CET)Beantworten

    weil er eine gewisse empirische Evidenz hatte. Aber ich kümmere mich bei Gelegenheit darum. Danke. --Hnsjrgnweis (Diskussion) 23:45, 1. Nov. 2020 (CET)Beantworten
    Besser so? --Hnsjrgnweis (Diskussion) 12:01, 2. Nov. 2020 (CET)Beantworten
    Vielen Dank, ja und nein! In jedem Fall vielen Dank für die Mühe und die Veränderungen, die mir gefallen. Ganz zufrieden bin ich aber noch nicht. Auch die neue Überschrift scheint mir anzudeuten, das der Atomismus schon in der Antike a) eine implizite Metaphysikkritik beinhaltet b) sich selbst als Forschungshypothese, nicht als kosmologische Annahme verstand. War das die Absicht, oder interpretiere ich zu viel hinein? Der Artikeltext scheint das dann aber gar nicht ausdrücklich widerzuspiegeln. Gibt es ein "hypothesis non fingo" schon in der Antike?-- Leif Czerny 08:35, 3. Nov. 2020 (CET)#Beantworten
    Wow, vielen Dank! -- Leif Czerny 11:53, 3. Nov. 2020 (CET)Beantworten
    Offenbar hat du jetzt den letzten Zustand gesehen. Ich habe deine Anregung aufgegriffen und deine Frage auch mit "jein" beantwortet. Ich hoffe, es ist stimmig so. Vielen Dank! --Hnsjrgnweis (Diskussion) 12:15, 3. Nov. 2020 (CET)Beantworten
    Vielen Dank! in solchen fragen ist jein sicher immer die beste Antwort, vor allem mit deinem ausführlichen Inwiefern.-- Leif Czerny 09:45, 4. Nov. 2020 (CET)Beantworten