Wieso wurde dennoch das Kettenhemd getragen, wenn es doch weniger Schutz bot und teurer war? Hier wird ein Widerspruch nicht aufgeklärt. Scoon
Eigentlich eine gute Frage. Für das Kettenhemd sprechen verschiedene Dinge.
Zum einen ist ein solide gefertigter Kettenpanzer nahezu "wartungsfrei". Die Ringe sind dauerhaft durch Keilnieten verschlossen (jedenfalls ab dem 12. Jahrhundert) und reiben während des Tragens ständig aneinander. Dadurch kann sich kaum Rost festsetzen. Ein Schuppenpanzer dagegen bietet zwischen den überlappenden Schuppen genügend Hohlräume, wo sich Feuchtigkeit sammeln kann, ohne dass eine Reinigung möglich wäre - fiese Roststellen vorprogrammiert.
Hinzu kommt, dass für viele Schuppenpanzer eine Unterlage aus Leder benötigt wird, auf die die einzelnen Schuppen aufgenietet werden. Leder aber bedarf ständiger Pflege, die in den oben genannten Zwischenräumen einfach nicht zu leisten ist. Folge: Das Leder wird brüchig, reißt und macht die ganze Rüstung früher oder später unbrauchbar.
Auch bei guter Pflege ist ein Schuppenpanzer also nie so robust und langlebig wie ein gutes Kettenhemd.
Ein weiterer Vorteil des Kettenpanzers ist, dass es durch Hinzufügen oder heraustrennen einzelner Ringe relativ leicht veränderten Körpermaßen oder modischen entwicklungen anzupassen ist. Es konnte also über Generationen getragen werden.
Noch ein Wort zur Mode. Die Rüstungen des Mittelalters orientierten sich stets an den jeweiligen Kleidermode. Form und Fall einer Kettenrüstung konnte leicht durch eine entsprechende Unterkleidung beeinflusst werden (z.B. die "Sanduhr"-Form des 14.Jahrhunderts), während ein Schuppenpanzer wesentlich steifer war.
Das Kettenhemd punktet also in Sachen Wartung, Langlebigkeit, Ästhetik und Wertbeständigkeit.
--Humungous Fungus 11:36, 6. Feb. 2008 (CET)
Was noch fehlt: Die Kettenrüstung war angenehmer zu tragen. Vom Eigengewicht abgesehen hinderte er die Bewegungen in keiner Weise. Auch dünnere Extremitäten und somit der gesamte Körper konnten mit ihm geschützt werden (Hals, Handgelenk, Fußgelenk, ja sogar der Daumen). Dabei konnten die gepanzerten Extremitäten aneinanderreiben ohne sich zu verhaken oder auch nur zu behindern. Die Luftzirkulation ist besser. Oder kurz: Der Kettenpanzer kommt im Tragkomfort Textilien sehr nahe. Kleinalrik 13:00, 1. Jul. 2009 (CEST)
- Es gab aber auch beides, sprich man trug auch Kettenhemd mit Kettenhaube und einen Schuppenpanzer-Überwurf für den Torso, wie auf einem Bild der Belagerung der Wartburg des Codex Manesse aus dem 14. Jahrhundert zu sehen ist. Also entweder eine Mischform indem ein Kettenhemd mit einem Schuppenpanzer kombiniert wurde, oder es handelt sich einfach um eine Verstärkung des Kettenhemdes wie einige sehr frühe und seltene Brustpanzerplatten aus dem 12. oder 13. Jahrhundert zeigen. --The real Marcoman 18:12, 30. Jul. 2010 (CEST)
- Siehe auch dieses Bild dazu (der Soldat in Schuppenpanzer links neben dem englischen König Wilhelm I.): [1]. --The real Marcoman 23:09, 11. Aug. 2010 (CEST)
- Oder hier [2] (rechts im Bild) in einer Darstellung der Schlacht bei Mühldorf. Ritter in Kettenpanzer mit Schuppenpanzer-Überwürfen aus Stoff, Leder und/oder Metall. --The real Marcoman 00:24, 8. Sep. 2010 (CEST)
- Siehe auch dieses Bild dazu (der Soldat in Schuppenpanzer links neben dem englischen König Wilhelm I.): [1]. --The real Marcoman 23:09, 11. Aug. 2010 (CEST)
Dazu kommt noch der Umstand, dass ein Kettenhemd aus allen Richtungen gleich gut schützt, während ein Schuppenpanzer konstruktionsbedingt gegen Stiche (und eingeschränkt auch gegen Schnitte) von unten nahezu keinen Schutz bietet. Eine Klingenspitze würde unter die Schuppe gleiten und hätte nur noch das Trägermaterial (Leder oder Textil) als Widerstand. Darum gibt es Schuppenpanzer mit 'hängenden' Schuppen für Infantrie und solche mit 'stehenden' Schuppen (die Schuppen sind also unten befestigt) für Reiterei. --Glimmlampe 11:49, 17. Mar. 2017