Zitat von hier: Einen Adel nach heutigem Verständnis kennt die bairische Gesellschaft jener Zeit nicht, auch wenn das Geschlecht der Agilolfinger eine Sonderstellung einnimmt und 5 Geschlechter, gentes ( Huosi, Trozza, Fagana, Hahiligga, Anniona), in der Lex als besonders vornehm bezeichnet werden. Bei ihnen werden wir den Impuls zur Entstehung des Stammesherzogtums zu suchen haben. --Lorem ipsum 18:21, 12. Aug. 2007 (CEST)
- Antwort: Diese Aussage kann sich auf zwei komplett unterschiedliche Dinge beziehen, nämlich:
- 1. dass der Adel im heutigen Sinn zur Gänze vom fränkischen Adel abstammt (der Hochadel sogar direkt vom Frankenkönig und späteren Kaiser Karl dem Grossen persönlich), die ja zu dieser Zeit die Feinde der Bajuwaren waren und die den autochtonen bajuwarischen Adel ja schlussendlich entmachtet haben und sich anschliessend selber als Herzöge, Markgrafen und Grafen im ganzen bajuwarischen Herzogtum installiert haben.
- 2. oder, dass die bajuwarische Gesellschaft damals viel egalitärer war, als es später unter dem fränkischen Feudalsystem der Fall war, was auch aus dem archäologischen Befund abgeleitet wird. In der vorchristlichen Zeit konnte auch kein weltlicher Besitz, ausser Land und Vieh, an die nächste Generation weiter gegeben werde, weil den Toten ihre Wertgegenstände wie Schmuck, Edelsteine und Geld, aber auch Kleidung und Geschirr ins Grab mitgegeben wurde. Der Grund und Boden war bei den frühen Bajuwaren zu dem weitgehend im Gemeinschaftsbesitz der einzelnen Dörfer und Siedlungen (Allmende) und auch viel weniger Wert, da die Bevölkerungsdichte sehr gering war und viel freies und unbebautes Land jedem zur Verfügung stand, der es roden und bebauen wollte.
- Ausserdem bedeutet das wort gens/gentis auf Latein eigentlich Sippschaft oder auch Stamm und Volk und nicht umbedingt Adelsfamilie, obwohl natürlich im Spätlatein die Bedeutung wahrscheinlich etwas verschoben war. Das müsste ein Experte für das spätantike und frühmittelalterliche Latein genauer wissen.