Diskussion:Wartburgfest/Archiv/2012
Nochmal zum Heine-Zitat "Dies war ein Vorspiel nur..."
Da ich hier wie auch im Artikel Bücherverbrennung gerade nochmal darauf stoße: Ich halte es eine kühne Behauptung, dass Heines Almansor-Geschichte rein gar nichts mit der Wartburgaktion zu tun habe. Heines kritische Haltung zu den "Teutomanen" und ihren Aktionen auf der Wartburg ist hinlänglich bekannt und mehrfach belegt (u.a. in der im Artikel ebenfalls zitierten Börne-Denkschrift, aber auch - etwas subtiler - in "D. ein Wintermärchen"). Eine Kritik an zeitgenössischen Zuständen in eine historische (oder historisierende) Geschichte (Fabel) zu verpacken, ist in der Literatur hingegen ein gängiges Verfahren, vgl. z.B. Thomas Manns "Josef und seine Brüder" oder Stefan Heyms "König David Bericht". Es wäre daher m.E. korrekter, zwar den unmittelbaren Kontext des Zitats aufzuzeigen, aber gleichzeitig auch zu sagen, dass es sich durchaus um eine versteckte "Anspielung" auf das Wartburgfest handeln könnte. --Uwe Rohwedder 12:10, 7. Feb. 2012 (CET)
- Dann lies doch mal die Stelle im Almansor nach. Da muss man schon viel Phantasie haben, um auf den Bezug zum Wartburgfest zu kommen. Übrigens war das Wartburgfest 1817. Heine hat im Jahre 1819 in Bonn studiert und ist dann nach Göttingen gewechselt, wo er bald wegen einer Pistolenforderung gegen einen Kommilitonen relegiert wurde. Er war zumindest in den Jahren 1819 und 1820 ein glühender Verehrer der burschenschaftlichen Idee. In Bonn musste er ein Verhör wegen seiner Teilnahme an einer burschenschaftlichen Veranstaltung über sich ergehen lassen. Wann wurde Almansor geschrieben? 1820? Ich schau noch mal nach.--Rabe! 12:58, 7. Feb. 2012 (CET)
- Erschienen ist der Almansor 1821 (Heinrich_Heine#Erste_literarische_Erfolge), uraufgeführt 1823 in Braunschweig, Vorführung wurde wegen Protesten abgebrochen. Wenn das 1821 erschienen ist, ist das wahrscheinlich noch in Göttingen 1820 durch den begeisterten Burschenschafter Heine geschrieben worden. Die abfälligen Äußerungen Heines über die Burschenschaft stammen alle aus der späteren Zeit, als die Idee schon ein bisschen abgehangen und vor allen Dingen (zumindest kurzfristig und in der ursprünglichen Form) erfolglos war. --Rabe! 13:05, 7. Feb. 2012 (CET)
- Ach Rabe!
- 1. lese ich in besagtem Heine-Artikel, dass der Almansor 1821 entstanden ist und 1823 (zusammen mit den anderen Tragödien, siehe weiter unten unter "Werke") veröffentlicht wurde. Wir können also nicht mit Sicherheit wissen, ob Heine das Stück, in dem es (zumindest sagen das die einschlägigen Wikipedia-Textstellen, das Original habe ich offen gestanden nicht zur Hand) um Toleranz geht, nicht doch erst in den Monaten nach seinem seinem Rausschmiss aus der Burschenschaft (d.h. unter dem Eindruck erlebter Intoleranz) geschrieben hat. A propos: Worum ging es denn bei der erwähnten Duellgeschichte? Um seine jüdische Abstammung!
- 2. besagen die spärlichen Hinweise auf Heines Mitgliedschaft in der Bonner "Allgemeinheit" bzw. der Göttinger "Burschenschaft" m.E. wenig darüber, wie "begeistert" Heine tatsächlich von dieser Bewegung war. (Schließlich war er zeitweise auch in einem Corps, und ihr legt doch immer Wert darauf, dass das nicht dasselbe ist!) Zudem wissen wir beide gut genug, dass die frühe Burschenschaft ein äußerst heterogener Haufen war, in dem es sowohl progressive, liberal-demokratische Elemente gab (denen H. möglicherweise zugetan war) als auch rückwärtsgewandte Deutschtümelei und Hass gegen alles Fremde (insbesondere Franzosen und Juden), mit denen H. aus naheliegenden Gründen weniger anfangen konnte. Mir ist auch klar, dass die in dieser Hinsicht eindeutigere Börne-Schrift erst rund 20 Jahre später entstanden ist, aber das schließt m.E. überhaupt nicht aus, dass Heines Groll auf die "Teutomanen" nicht auch schon früher angelegt war.
- Und 3. bedeutet Anspielung laut einschlägigem Wikipedia-Artikel, dass ein Sachverhalt "der nicht in eindeutiger Wortwahl ausgesagt werden soll oder kann", nur angedeutet wird. Es muss also nicht unbedingt das Wort "Wartburgfest" im Almansor auftauchen, um hier einen möglichen Zusammenhang zu erkennen. Ich will nicht darüber spekulieren, ob es nun genau so gemeint war, aber eindeutig ausschließen können wir es eben auch nicht. Das könnten wir nur, wenn das Stück vor dem Wartburgfest erschienen wär ;-) Nur darum ging es mir mit meinem obigen Einwurf! Schönen Tag noch! --Uwe Rohwedder 14:21, 7. Feb. 2012 (CET)
Der Almansor liegt online vor, den kann man sich leicht zu Gemüte führen. In irgendeinem Gutenberg-Projekt oder so. Ist googelbar. Dass die Duellgeschichte mit seinem Judentum zu tun hatte, ist auch wieder so ein Märchen. Ich habe in einem Buch eine Abschrift der Göttinger Untersuchungsakten, die mal im Göttinger Tageblatt von ca. 1925 als Abschrift veröffentlicht wurden. Das war eine ganz kleinkarierte Kabbelei, wie sie damals ständig vorkamen (wenn man sich seinerzeitliche studentengeschichtliche Primärquellen vornimmt). Wenn ich mich recht erinnere, hatte Heine in einer Diskussion um studentische Angelegenheiten gesagt, wenn wir das so und so machen, dann haben wir die gleiche "Schweinerei" wie in Heidelberg, wo offensichtlich etwas Vergleichbares vorgefallen war. Daraufhin fühlte sich ein anwesender früherer Heidelberger Student beleidigt und so weiter. Daraus eine antisemitische Burschenschaftsgeschichte zu stricken, erfordert viel Phantasie.--Rabe! 11:25, 10. Feb. 2012 (CET)