Dorfkirche Behlendorf

Kirche mit Ausstattung, Kirchhof, Grabmale bis 1870, Granit-Böschungsmauer

Die evangelisch-lutherische Dorfkirche Behlendorf ist eine frühgotische Feldsteinkirche in Behlendorf im Kreis Herzogtum Lauenburg im deutschen Bundesland Schleswig-Holstein.

Kirche in Behlendorf (Außenansicht)
Sakristei (Außenansicht)

Geschichte

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Die Gründung der einschiffigen Feldsteinkirche in Behlendorf ist urkundlich nicht belegt. In ihren Ursprüngen wird sie auf die Mitte des 13. Jahrhunderts datiert. Der Kirchturm wurde 1893 errichtet; vorher besaß die Kirche einen hölzernen Glockenturm aus dem Jahr 1660.

Die Kirche besteht aus einem Schiff von zwei Jochen und einem eingezogenen Kastenchor. Die Sakristei an der Nordseite ist ebenfalls aus der Zeit der Frühgotik. Der Vorbau an der Südseite der Kirche ist später angebaut worden. Im Inneren finden sich in den Jochen des Kirchenschiffes und im Chor Kreuzrippengewölbe. Im Westen befindet sich eine Empore. Einige Ausmalungen der Kirche aus ihrer Entstehungszeit sind erhalten.

Ausstattung

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Altarraum mit Kanzel

Den barocken Altaraufsatz und die Kanzel im Stil der Spätrenaissance stiftete 1635 Katharina Brosius geb. Warendorp, die Witwe des Behlendorfer Hofpächters Bernhard Brosius, der Kirche. Sie tragen die Wappen beider Familien.[1] Auf dem Altarbild ist die Stifterfamilie mit ihren drei Kindern abgebildet. Auf der Kanzelbrüstung ist eine Kanzeluhr mit vier Sanduhrgläsern angebracht.

Die erste Tauffünte aus Gotlandkalkstein befindet sich seit dem 19. Jahrhundert im Besitz des St.-Annen-Museums in Lübeck. Die Kirchenfenster tragen 39 Wappen in Glasmalerei, überwiegend die Wappen Lübecker Ratsfamilien aus dem Jahr 1603, ein Hinweis, dass Behlendorf von 1428 bis 1937 als Exklave zur Hansestadt gehörte. Weiter gibt es in der Kirche Pastorenbilder und -epitaphien.

 
Schulze-Becker-Orgel von 1868/1972

Die aus einem Manual mit angehängtem Pedal bestehende Orgel ist der Umbau eines älteren Instrumentes von Johann Friedrich Schulze aus dem Jahr 1868. Die ausführende Werkstatt des Orgelbauers Klaus Becker hatte zur Bauzeit 1972 ihren Firmensitz noch im nahe gelegenen Tremsbüttel. Das Instrument hat sieben Register und folgende Disposition:[2]

Manual C–f3
1. Lieblich Gedackt 16′
2. Geigenprinzipal 8′
3. Gedackt 8′
4. Prinzipal 4′
5. Flöte 4′
6. Quinte 113
7. Mixtur II
Pedal C–
Angehängt

Von dem ursprünglichen Geläut der Behlendorfer Kirche ist nichts mehr erhalten.

Dennoch rufen drei sehr unterschiedliche Glocken zu Gottesdienst und Gebet[3]:

Nr.  Gussjahr  Gießer  Durchmesser

(mm)

Masse

(kg)

Schlagton

(HT-1/16)

Anmerkungen
1 1935 Ohlsson, Lübeck 970 ~550 as'+2 gegossen für die im 1. Weltkrieg eingeschmolzene Glocke
2 1735 Johann Gottfried Wittwerck

(Glockengießer Danzig)

712 212 c2+6 ist eine Paten-/(Leih-)Glocke aus Weichselmünde

bei Danzig, heute Wisłoujście

3 2007 Gießerei Maria Laach ~635 172 es2+2

Gemeinde

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Fahrbarer Glockenstuhl der Kirchgemeinde

Auch nach der Eingliederung Behlendorfs in den Kreis Herzogtum Lauenburg 1937 gehörte die Kirchengemeinde weiterhin zur Evangelisch-Lutherischen Kirche in Lübeck bzw. zum Kirchenkreis Lübeck der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche. 1978 schlossen sich die Kirchengemeinden der beiden ehemaligen Exklaven Nusse und Behlendorf zusammen. Im Zusammenhang mit der Neugliederung der Kirchenkreise kam die Gemeinde 2009 zum Bezirk Lauenburg des vereinigten Kirchenkreises Lübeck-Lauenburg, seit 2012 der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Norddeutschland.

Pastoren

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Grab des Pastors Amann auf dem Kirchhof

Nach Jacob von Melle[4] und dem Archiv der Kirchengemeinde

  • Wulfgang Mantzoll, ca. 1566–1568
  • Johann Niebuhr, 1574–1627 (verstarb im Alter von 90 Jahren)
  • Johann Bilefeld, 1627–1658 (Epitaph von 1640 in der Kirche)
  • Hermann Bostel, 1658–1669
  • Magister Nicolaus Schoof, 1669–1670 (Pastorenbild in der Kirche)
  • Hinrich Lübbert, 1670–1703, lässt einen Behlendorfer Katechismus drucken
  • Caspar Köhn, 1703–1714, verheiratet mit Christina, jüngste Tochter von Samuel Pomarius. Nach seinem Tod heiratete sie Matthias Meyer.[5]
  • Matthias Meyer aus Lübeck, 1714–1748 (Epitaph in der Kirche)
  • Magister Franz Meyer aus Lübeck, 1748–1759, Sohn von Matthias Meyer und Großvater von Johann Friedrich Albrecht August Meyer
  • Samuel Georg Busekist, 1760–1784
  • Johann Daniel Denso aus Stargard, 1784–1810, Sohn von Johann Daniel Denso
  • Philipp C. Lamprecht, 1810–1838
  • Johannes A. Amann, 1838–1876
  • Carl J. Amann, 1876–1912, † 1915 (Pastorenbild in der Kirche)
  • Richard C. Fischer, 1913–1930
  • Pfarrverweser Rudolf Scheuer, 1936–1938
  • Carl Brummack, 1945–1948
  • Vakanz 1948–1952, Vertretung durch die Pastoren Adolf Riege, Dr. van Beuningen, Driemler und Vikar Pauls
  • Pastor Neumann, 1952–1963
  • Vakanz 1963–1964
  • Pastor Ritterhoff, 1964–1970
  • Hans-Joachim König
  • 1978 Fusion mit der Kirchengemeinde Nusse zur Kirchengemeinde Nusse-Behlendorf
  • Claus Christen, um 1985
  • Torsten Reimer

Kirchhof

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  • Der Autor Günter Grass wurde 2015 auf dem Behlendorfer Friedhof beigesetzt.

Literatur

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  • Hartwig Beseler (Hrsg.): Kunsttopographie Schleswig-Holstein. Neumünster 1974, S. 320–322.
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Commons: Dorfkirche Behlendorf – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Das gemeinschaftliche Testament der Eheleute Brosius von 1631 findet sich bei Carl Wilhelm Pauli: Abhandlungen aus dem Lübischen Rechte, Band 3. Aschenfeldt, Lübeck 1841, S. 458 ff.
  2. Eintrag in der Orgeldatenbank orgbase.nl. Abgerufen am 21. Januar 2016.
  3. Laut dem Abnahmebericht über das um eine Glocke erweiterte Geläut der Ev.-Luth. Kirche in 23919 Behlendorf vom 6. Juni 2007 durch Norbert Drechsler, Glockensachverständiger der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche, eingesehen in der Glockenakte der Ev.-Luth. Kirchengemeinde Nusse-Behlendorf.
  4. Gründliche Nachricht von der Kaiserl. freyen und des H. R. Reichs Stadt Lübeck, Lübeck 1787, S. 417 ff.
  5. S. 121 und 122, Ausführliche Nachricht von dem Leben und Charakter des Doctor Samuel Pomarius eines in der letzten Hälfte des vorigen Jahrhunderts berühmt gewesenen Gottesgelehrten von Johann Hermann von Melle, Lübeck, 1790

Koordinaten: 53° 41′ 59,2″ N, 10° 40′ 2,9″ O