Echsen ist die biologisch nicht eindeutige Bezeichnung für ein zu den Reptilien bzw. Sauropsiden gehörendes Taxon. Die gängigsten Definitionen stellen die Echsen entweder als Unterordnung zu den Schuppenkriechtieren oder ordnen ihnen alle heute lebenden Reptiliengruppen (traditionell unter Ausschluss der Schildkröten) zu. Der erstgenannten Gruppe wird der wissenschaftliche Name Lacertilia zugewiesen, der zweitgenannten der Name Sauria (altgriechisch σαῦρος saurosEidechse, Salamander[1]). Verwirrenderweise wird der Name „Sauria“ aber auch synonym zu Lacertilia verwendet, sodass man nur anhand des Kontextes bzw. bei Angabe des entsprechenden Autors erkennen kann, welches Taxon gemeint ist.

In jedem Fall handelt es sich bei den Echsen aber um ein paraphyletisches Taxon, da manche seiner Vertreter näher mit „Nicht-Echsen“ (insbesondere den Schlangen) verwandt sind als mit anderen Echsen. Die als Echsen im weiteren Sinne geltenden Krokodile sind näher mit den Vögeln verwandt als mit anderen Reptilien.

Etymologie

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Die Bezeichnung „Echsen“ wurde 1816 von Lorenz Oken aus der etymologisch wahrscheinlich inkorrekten * Verkürzung von „Eidechsen“ geschaffen.[2][3] Im dritten Teil seines Werkes Lehrbuch der Naturgeschichte dient sie als Alternativname für seine Ordnung „Vogellurche“, die sowohl Krokodile beinhaltet als auch zahlreiche Arten, die in der heute noch gebräuchlichen klassischen Systematik unter dem Namen „Lacertilia“ (siehe Echsen im engeren Sinn) zusammengefasst werden.[4]

* 
Inkorrekt deshalb, weil Eidechsen nicht aus Eid- und -echsen zusammengesetzt ist, sondern aus Ei- (urgermanisch *agi-, *awi- „schlangenartig“) und -dechsen (urgermanisch *þahsjō(n) „spindelförmig“), vgl. [2] und [5].

Echsen im engeren Sinn

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Echsen

Veraltete systematische Gruppe

Das hier behandelte Taxon ist nicht Teil der in der deutschsprachigen Wikipedia dargestellten Systematik. Näheres hierzu findet sich im Artikeltext.

 

Vertreter der vier Hauptgruppen der „Echsen“:
Oben links: Stirnlappenbasilisk (Basiliscus plumifrons: Iguania)
Oben rechts: Sandläufer (Psammodromus sp.: Scincomorpha)
Unten links: Gould’scher Waran (Varanus gouldii: Anguimorpha)
Unten rechts: Mauergecko (Tarentola mauritanica: Gekkota)

Systematik
Reihe: Landwirbeltiere (Tetrapoda)
Klasse: Reptilien (Reptilia)
Unterklasse: Diapsida
Überordnung: Schuppenechsen (Lepidosauria)
Ordnung: Schuppenkriechtiere (Squamata)
Paraphyletisches Taxon:
Unterordnung: Echsen
Wissenschaftlicher Name
Lacertilia
Owen, 1842

Echsen (Lacertilia; auch Sauria MacCartney 1802) sind in der klassischen zoologischen Systematik eine Unterordnung der Schuppenkriechtiere (Squamata). Die andere traditionelle Unterordnung der Schuppenkriechtiere ist die der Schlangen (Serpentes). Im Gegensatz zu diesen haben die meisten Echsen voll entwickelte Gliedmaßen. Eine Ausnahme bilden die Schleichen.[6] Die Echsen unterscheiden sich aber von den Schlangen durch eine Anzahl weiterer Merkmale. Schlangen haben z. B. nur eine einzelne Reihe sehr breiter ventraler (bauchseitig gelegener) Schuppen, während die Echsen mehrere Reihen schmalerer Schuppen aufweisen.

Die Lacertilia werden traditionell in vier Teilordnungen gegliedert:

  • Leguanartige (Iguania): Leguane, Agamen, Chamäleons etc.
  • Geckoartige (Gekkota): Geckos und Verwandte
  • Skinkartige (Scincomorpha): Skinke, Eidechsen, Gürtelschweife etc.
  • Schleichenartige i. w. S. (Anguimorpha): Schleichen, Warane, Krustenechsen etc.

Aus dem Blickwinkel der Kladistik handelt es sich bei den Echsen im Sinne der klassischen Systematik um eine paraphyletische Gruppe: Die Gegenüberstellung von Schlangen und Echsen ist nicht haltbar, da Schlangen offenbar enger mit einer bestimmten Echsen-Gruppe, nämlich den Waranen, verwandt sind, als die Warane mit anderen Echsen-Gruppen. Daraus folgt wiederum, dass Schlangen vermutlich aus waranartigen Echsen hervorgingen und somit eigentlich selbst „Echsen“ sind. Echsen sind somit besser als ein Organisationsgrad (engl.: grade) in der Evolution der Schuppenkriechtiere zu verstehen.

Traditionelle Systematik der Unterordnung Lacertilia

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Echsen im weiteren Sinn

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Zwei Reptilienarten mit typischem „Echsenhabitus“, die mit den Lacertiliern eher entfernt verwandt sind. Links: Nilkrokodil (Crocodylus niloticus). Rechts: † Belebey vegrandis (Lebendrekonstruktion), ein Vertreter der Parareptilien aus dem Perm von Russland.

Bezieht man auch Brückenechsen und Krokodile („Panzerechsen“) in den Begriff mit ein, nutzt ihn also im ursprünglichen, Oken’schen Sinn, bezeichnet „Echse“ nur mehr ein auf allen vier Beinen gehendes Reptil mit eher langem Schwanz und eher kurzem Hals, steht also für den typischen „Echsenhabitus“. Dieser Habitus ist evolutionsgeschichtlich sehr alt. Bereits die frühesten Reptilien wie z. B. Hylonomus aus dem Karbon besaßen ihn, wobei ihnen dieser wiederum von ihren amphibischen Vorfahren vererbt wurde.

In dieser Hinsicht ist es auch nicht verwunderlich, dass in allgemeinsprachlich-populärwissenschaftlichem Zusammenhang alle im Laufe der Erdgeschichte ausgestorbenen, eher großwüchsigen Amphibien und Reptilien als „Saurier“ bezeichnet werden.

Das Großtaxon „Sauria“, das 1988 vom US-amerikanischen Wirbeltier-Paläontologen und Kladisten Jacques Gauthier errichtet wurde, umfasst jedoch nicht alle Reptilien mit Echsenhabitus oder gar alle äußerlich ähnlichen Landwirbeltiere, sondern die Diapsiden-Kronengruppe,[7] das heißt alle heute lebenden Diapsiden­arten und deren fossile Verwandte. Damit sind einige „primitive“, allerdings durchaus echsenähnliche „echte“ Reptilien, wie die Bolosaurier, die Procolophoniden oder die „Protorothyrididen“, und sogar die ersten Diapsiden (z. B. Petrolacosaurus) nicht inbegriffen, dafür aber die Vögel als rezente Dinosaurier.

Anmerkungen und Einzelnachweise

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  1. Fritz Clemens Werner: Wortelemente lateinisch-griechischer Fachausdrücke in den biologischen Wissenschaften (= suhrkamp taschenbuch. Band 64). 1. Auflage. Suhrkamp, Frankfurt a. M. 1972, S. 364.
  2. a b Echse im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache (DWDS)
  3. Albrecht Greule: Kurzwörter in historischer Sicht. In: Jochen A. Bär, Thorsten Roelcke, Anja Steinhauer (Hrsg.): Sprachliche Kürze. Konzeptuelle, strukturelle und pragmatische Aspekte. De Gruyter, 2007, ISBN 978-3-11-017542-4, S. 128 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  4. Lorenz Oken: Okens Lehrbuch der Naturgeschichte. Dritter Theil: Zoologie. Zweite Abtheilung: Fleischthiere. August Schmidt und Comp., 1816, S. 290 (BSB Digital).
  5. Eidechse im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache (DWDS)
  6. Die Schleichen werden bei Oken nicht bei den Echsen, sondern zusammen mit den Armmolchen bei den Schlangen eingeordnet, was zeigt, wie stark sich die Systematik zu dieser Zeit an der äußeren Körperform orientierte.
  7. Jacques A. Gauthier, Arnold G. Kluge, Timothy Rowe: The early evolution of the Amniota. S. 103–155 in: Michael J. Benton (Hrsg.): The phylogeny and classification of the tetrapods, Volume 1: amphibians, reptiles, birds. Clarendon Press, Oxford 1988.
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Wiktionary: Echse – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen