Eduard van der Nüll
Eduard van der Nüll (getauft am 9. Jänner 1812 in Wien; † 3. April 1868 ebenda[1]) war ein österreichischer Architekt, der als einer der bedeutendsten Meister des Historismus der Ringstraßenzeit gilt.
Leben und Wirken
BearbeitenNach einem Studium am Polytechnikum in Wien und Akademiestudien (unter anderem bei Peter von Nobile, Paul Wilhelm Eduard Sprenger und Carl Roesner) unternahm er mit seinem Freund August Sicard von Sicardsburg ausgedehnte Studienreisen durch Westeuropa. 1844 wurde er Professor an der Wiener Akademie, für ihn wurde ein neuer Lehrstuhl für Perspektive und Ornamentik geschaffen.
Mit von Sicardsburg blieb er lebenslang in einer beruflichen und künstlerischen Gemeinschaft verbunden, wobei von Sicardsburg eher für praktisch-technische und van der Nüll für ästhetisch-dekorative Fragen zuständig war. Ihr erstes gemeinsames Werk war 1847 das mittlerweile abgetragene Carltheater in Wien-Leopoldstadt. Auch am Arsenal bauten sie in den 1850er Jahren einige Teile, so etwa das Kommandogebäude. Van der Nüll alleine hatte in diesem Jahrzehnt die Oberaufsicht über die Ausstattung der Altlerchenfelder Pfarrkirche, einem wichtigen Übergangswerk vom Klassizismus zum Historismus.
Ihr bedeutendstes gemeinsames Werk ist jedoch die Hofoper, die im Stil der Frührenaissance 1861 bis 1869 als erstes öffentliches Gebäude der Wiener Ringstraße errichtet wurde. Gegenüber dem Heinrichshof (im Zweiten Weltkrieg zerstört und 1955 durch den Opernringhof ersetzt), einem privaten Zinshaus riesigen Ausmaßes konnte sie ihre Monumentalität jedoch nicht richtig entfalten. Die Enttäuschung der Wiener Öffentlichkeit, dass das lang erwartete erste Monumentalgebäude des neuen Prachtboulevards nur ein halber Erfolg war, schlug in eine Pressekampagne gegen die beiden Architekten um, auch Kaiser Franz Joseph sparte nicht mit Kritik. Nachdem das Straßenniveau vor der Oper nach Baubeginn um einen Meter gehoben worden war, bezeichnete man die Oper als „versunkene Kiste“ und – in Analogie zum militärischen Desaster von 1866 – „Königgrätz der Baukunst“.
Nach allgemeiner Ansicht verzweifelte Van der Nüll an der Kritik und erhängte sich am 3. April 1868, während seine Ehefrau Marie im achten Monat schwanger war. Manche Quellen wie der Sachbuchautor Johann Szegö bezweifeln aber diesen Kausalzusammenhang und geben schwere gesundheitliche Probleme als wahrscheinliche Ursache für den Suizid an.[2] Van der Nülls Kollege von Sicardsburg starb knapp 10 Wochen später. Es heißt, der Kaiser habe auf den Selbstmord van der Nülls so schockiert reagiert, dass er sich von da an zu allen neuen Kunstphänomenen nur mit der stereotypen Phrase „Es war sehr schön, es hat mich sehr gefreut“ geäußert hätte.
Eduard van der Nüll wurde 1868 im Währinger Ortsfriedhof begraben und am 21. Mai 1889 in ein Ehrengrab auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 32 A, Nummer 5) transferiert. In seiner Geburtsstadt Wien wurde 1875 die Van-der-Nüll-Gasse im 10. Bezirk Favoriten nach ihm benannt.
Arbeiten und Entwürfe
Bearbeiten- Innenausstattung Altlerchenfelder Pfarrkirche, 1848–1861
- Sockel für das Denkmal für Erzherzog Karl am Heldenplatz, 1859
- Sockel für das Denkmal für Prinz Eugen am Heldenplatz, 1856
gemeinsam mit August Sicard von Sicardsburg
- Schutzengelbrunnen, 1843–1846
- Sophienbad, 1845
- Carltheater, 1846–1847
- Arsenal, 1849–1855
- Miethaus Roberthof, 1855
- Hofoper, 1861–1869
- Haas-Haus, 1866–1868
- Palais Larisch-Mönnich, 1867–1868
- Industriepalast anlässlich der Wiener Weltausstellung 1873
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Arsenal Objekt 1
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Altlerchenfelder Pfarrkirche, Innenansicht
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Der Roberthof in der Leopoldstadt
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Sockel Reiterdenkmal Erzherzog Karl auf dem Wiener Heldenplatz
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Das Teppichhaus „Philipp Haas & Söhne“ Ende des 19. Jahrhunderts
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Rotunde/Industriepalast Wiener Weltausstellung 1873
Bekannte Schüler
Bearbeiten- Heinrich von Ferstel (1828–1883)[3]
- Otto Wagner (1841–1918)
Literatur
Bearbeiten- Eduard van der Nüll. In: Deutsche Bauzeitung, 10. April 1868, 2. Jahrgang, Nr. 15, S. 144 f. (Nachruf)
- Constantin von Wurzbach: Nüll, Eduard van der. In: Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich. 20. Theil. Kaiserlich-königliche Hof- und Staatsdruckerei, Wien 1869, S. 422–426 (Digitalisat).
- Albert Ilg: Nüll, Eduard van der. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 24, Duncker & Humblot, Leipzig 1887, S. 51 f.
- Hans-Christoph Hoffmann: Die Architekten Eduard van der Nüll und August von Sicardsburg. In: Hans-Christoph Hoffmann, Werner Kitlitschka, Walter Krause: Das Wiener Opernhaus. Steiner, Wiesbaden 1972, S. 1–206 (= Die Wiener Ringstraße, Band 8: Die Bauten und ihre Architekten, Teil 1).
- Otto Antonia Graf: Nüll, Eduard van der. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-00200-8, S. 369 f. (Digitalisat).
Weblinks
Bearbeiten- Architekturzentrum Wien – Eduard van der Nüll. architektenlexikon.at
- Eintrag zu Eduard van der Nüll im Austria-Forum (im AEIOU-Österreich-Lexikon)
- Eduard van der Nüll. planet-vienna.com
- Wiener Zentralfriedhof – Ehrengräber – Gruppe 32 A – Nr. 5 – Eduard van der Nüll. viennatouristguide.at
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Nach zeitgenössischen Zeitungsberichten, der Todesanzeige (Neues Wiener Tagblatt, 6. April 1868, S. 7), Wiener Architektenlexikon und anderen. Abweichend 4. April nach Sterbebuch Wien Alservorstadtpfarre, tom. XVII, fol. 419 (Faksimile), ÖBL, OeML und anderen.
- ↑ Johann Szegö: 53 Selbstmörder im Portrait. In: vienna.at. 26. Oktober 2011, abgerufen am 10. März 2022.
- ↑ -R.-: Heinrich Freiherr von Ferstel †. In: Centralblatt der Bauverwaltung. Nr. 29, 1883, S. 259–260 (zlb.de).
Personendaten | |
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NAME | Nüll, Eduard van der |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Architekt |
GEBURTSDATUM | getauft 9. Januar 1812 |
GEBURTSORT | Wien |
STERBEDATUM | 3. April 1868 |
STERBEORT | Wien |