Ehranger Walzenmühle

Umgebaute Mühle in Trier

Die Ehranger Walzenmühle[1] in Ehrang, heute als Ehrang/Quint ein Ortsbezirk von Trier in Rheinland-Pfalz, war eine im 19. Jahrhundert im Zuge der Industrialisierung umgebaute Mühle an dem Fluss Kyll, wurde daher auch „Ehranger Kyllmühle“ genannt,[2] wenngleich sie nur eine von zahlreichen Mühlen an[3] und nahe der Kyll war, die seit dem Mittelalter dort urkundlich bezeugt sind.[4]

Geschichte

Bearbeiten

Die Ehranger Mühle wurde erstmalig im Jahre 1212 erwähnt in einem Güter- und Zinsverzeichnis der kurtrierischen Kirche. 1817 ließ die Gemeinde die Mühle versteigern.[5]

Die Ehranger Kyllmühle wurde im Jahr 1886 durch den Unternehmer Peter Ernst Seifer, genannt Wilhelm Seifer (1841–1923) erworben. Dieser baute das nahe Trier gelegenen Unternehmen in großem Umfang um, machte es insbesondere durch Automatisierung zu einer Walzenmühle von „großer Bedeutung“.[2] Im November 1902 wurde das gesamte Anwesen durch einen Brand zerstört und kurz danach mit erneuerter Technik wieder aufgebaut. In den Anfangsjahren nach 1886 konnten etwa 100 Doppelzentner täglich vermahlen werden, nach dem abgeschlossenen Wiederaufbau nach dem Brand etwa 600 Doppelzentner. 1917 wurde die Anlage um ein weiteres Lagerhaus erweitert.[6]

Der Namensgeber der Seiferstraße in Trier war der Vater des späteren Maschinenbau-Ingenieurs, Erdöl-Geologen und Managers Theo Seifer (* 8. September 1883 in Trier; † 5. April 1946 in Hannover), der dann bis nach dem Ersten Weltkrieg unter anderem „die ihm gehörenden Mühlenwerke in Trier“ leitete. Seifers Vater Wilhelm sowie der Rechtsanwalt Otto Falk sollen große Anteile an der vor allem im späteren Niedersachsen operierenden Gewerkschaft Elwerath erworben haben und kraft ihrer Stimmrechte die Leitung jener Gewerkschaft an Theo Seifer übertragen haben.[7]

Nach dem Tod des um die niedersächsische Erdöl-Förderung verdienten und mit der Verleihung der Karmarsch-Denkmünze durch die Technische Hochschule Hannover ausgezeichneten Theo Seifer ging die bis dahin von der Firma Wilh. Seifer & Cie geleitete Ehranger Walzenmühle an die Erben des Verstorbenen über.[1]

1969 wurde die Seiferstraße in Trier-Quint nach Wilhelm Seifer benannt.[2][8] 1972 wurde die Ehranger Mühle geschlossen und im Jahr 2005 abgerissen. Seit 2016 führt die Bundesstraße 422 durch das ehemalige Mühlengelände. Dort wurde 2017 ein großer Nahversorgermarkt eröffnet.[5]

Erhaltene Kulturgüter

Bearbeiten

Zu den erhaltenen Kulturgütern der Familie Seifer in Ehrang zählen

  • das ehemalige Verwaltungsgebäude der Ehranger Walzenmühle unter der ehem. Adresse Marienfeldstraße 1,[9] heute: An der Ehranger Mühle 10
  • die Villa Seifer in der ehem. Marienfeldstraße 2,[10] heute: An der Ehranger Mühle 11

Ein weiteres Kulturdenkmal ist die heute noch arbeitende Turbine aus dem Jahre 1902 am Wasserlauf des Mühlengrabens.[11]

Literatur

Bearbeiten
  • Klaus Burbach: Verwirrendes Namensspiel um allerhand Kyllmühlen. In Erich Gerten, Andreas Wisniewski, Rudolf Höser (Bearb.), Karl-Heinz Böffgen et al. (Mitarb.): Die Kyll – Geschichte und Geschichten um einen Eifeler Wasserlauf. Kyllburg 2006, S. 195–196.
  • Kurt Pritzkoleit: Wem gehört Deutschland? Eine Chronik von Besitz und Macht. K. Desch, München/Wien/Basel 1957, S. 528 f.; Vorschau über Google-Bücher
  • Werner Schuhn: Ehrang. Landschaft, Geschichte, Gegenwart, 2 Bände, Hrsg.: Arbeitsgemeinschaft für Landesgeschichte und Volkskunde des Trierer Raumes, Trier: Vereinigung Ehranger Heimat, 1989[2]
  • unbekannter Autor: Ehranger Walzenmühle – Wilhelm Seifer & Cie – Ehrang, in: Gottfried Kentenich (Bearb.): Deutschlands Städtebau – Trier, 2. Auflage, Dari-Verlag 1925, S. 163–165.
  • Denkmalliste der Generaldirektion Kulturelles Erbe, Rheinland-Pfalz 2010[10]
Bearbeiten
Commons: Ehranger Mühle – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. a b Kurt Pritzkoleit: Wem gehört Deutschland? Eine Chronik von Besitz und Macht, München; Wien; Basel: K. Desch, 1957, S. 528f.; Vorschau über Google-Bücher
  2. a b c d Eintrag zu Seiferstraße (Ehrang-Quint) in der Datenbank der Kulturgüter in der Region Trier, abgerufen am 11. August 2017.
  3. Klaus Burbach: Verwirrendes Namensspiel um allerhand Kyllmühlen. In Erich Gerten, Andreas Wisniewski, Rudolf Höser (Bearb.), Karl-Heinz Böffgen et al. (Mitarb.): Die Kyll – Geschichte und Geschichten um einen Eifeler Wasserlauf, Kyllburg, 2006, S. 195–196
  4. Eintrag zu Ehemalige Gerberei im Linkenbachtal (Ehrang-Quint) in der Datenbank der Kulturgüter in der Region Trier, abgerufen am 11. August 2017.
  5. a b Mühlengelände (ehrang.de)
  6. Deutschlands Städtebau - Trier, 2. Auflage, Dari-Verlag 1925, S. 164
  7. Rainer Ertel (Bearb.), Antje Doll, Gunther Mühge (Red.): Theo Seifer / Ingenieur, Unternehmer, in dies.: Die Träger der Karmarsch-Denkmünze. 1925 bis 2011. Ein Streifzug durch die deutsche Wissenschafts- und Wirtschaftsgeschichte, hrsg. vom Freundeskreis der Leibniz-Universität Hannover e.V., Hannover: Verlag der Hahnschen Buchhandlung, 2011, ISBN 978-3-7752-6163-0, S. 26f.
  8. Bedeutung der Straßennamen im Geoportal Trier
  9. Eintrag zu Ehemalige Villa (Ehrang-Quint) in der Datenbank der Kulturgüter in der Region Trier, abgerufen am 11. August 2017 (Text und vergrößerbare Fotografien von Peter Valerius).
  10. a b Eintrag zu Villa Seifer (Ehrang-Quint) in der Datenbank der Kulturgüter in der Region Trier, abgerufen am 11. August 2017 (Text und vergrößerbare Fotografien).
  11. Eintrag zu Turbinenhaus der Ehranger Mühle in der Datenbank der Kulturgüter in der Region Trier.

Koordinaten: 49° 48′ 33,8″ N, 6° 40′ 55,8″ O