Einen Vogel haben
Die Redensart einen Vogel haben bedeutet so viel wie „verrückt, wahnsinnig, nicht ganz bei Verstand sein“. Regional ist auch die Form „eine Meise haben“ verbreitet.[1] Jemandem einen Vogel zeigen ist die gestische Entsprechung dieser Redewendung.
Herleitung
BearbeitenDer Ausdruck wird im Allgemeinen auf einen alten Volksglauben zurückgeführt, nach dem sich in den Köpfen von Geisteskranken kleine Tiere, wie Vögel, eingenistet haben; die gleiche Vorstellung liegt auch bei der Wendung „Bei dir piept's wohl!“ vor[2]. Der Wiener Medizinhistoriker Johann Werfring hingegen erklärt den Ursprung dieser Redensart mit der einstmaligen Bezeichnung „Vogelköpfe“ für mikrocephale Menschen (= Menschen mit kleinen Köpfen).[3] Bei der Mikrocephalie handelt es sich um eine Entwicklungsbesonderheit beim Menschen (geistige Behinderung), bei welcher der Kopf (wie auch das Gehirn) eine vergleichsweise geringe Größe aufweist.
Die Variante „eine Meise haben“ wird bisweilen auch als Verballhornung von Jiddisch mases, „Untaten“, gedeutet, das in der deutschen Umgangssprache wohl auch den Ausdruck „Mätzchen“ ergab („mach keine Mätzchen“, also „mach keinen Unfug“).[4][5]
Synonyme
BearbeitenSynonym gebrauchte Redensarten sind unter anderem „nicht alle Tassen im Schrank haben“, „nicht (mehr) alle Latten am Zaun haben“, „eine Schraube locker haben“ und „einen Sprung in der Schüssel haben“ sowie[6] „einen Schuss haben“.
Siehe auch
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Olga Ejikhine: Beim Wort genommen. Digitalis Books, 2006, ISBN 978-90-77713-05-1.
- ↑ Lutz Röhrich: Lexikon der sprichwörtlichen Redensarten, 5 Bände, Freiburg i. Br. 1991, Band 5, Sp. 1680; Lemma „Vogel“.
- ↑ Johann Werfring: „Vogelköpfe“ im Wiener „Narrenturm“ In: Wiener Zeitung vom 28. Oktober 2010, Beilage „ProgrammPunkte“, S. 7. Abgerufen am 12. März 2023
- ↑ Alfred Klepsch: Westjiddisches Wörterbuch: Auf der Basis dialektologischer Erhebungen in Mittelfranken. Walter De Gruyter, Berlin 2004, S. 1000.
- ↑ Heidi Stern: Wörterbuch zum jiddischen Lehnwortschatz in den deutschen Dialekten. De Gruyter, Berlin 2000, S. 138.
- ↑ Duden: Schuss (e).