Einheitsgemeinde (Judentum)

jüdische Religionsgemeinde im deutschsprachigen Raum

Einheitsgemeinde ist eine Bezeichnung für jüdische Religionsgemeinden im deutschsprachigen Raum. Die Bezeichnung geht auf die deutsche Gesetzgebung des 19. Jahrhunderts zurück, das sogenannte Autonomiegesetz von 1847, das den Juden nur eine jüdische Gemeinde pro Ort zugestand und die Juden verpflichtete, ihr anzugehören.[1]

Die Einheitsgemeinde wurde nach der Gesetzesänderung von 1876 freiwillig beibehalten, was in Ortschaften mit zahlenmäßig bedeutender jüdischer Bevölkerung zur Bildung von sogenannten „Austrittsgemeinden“ und zur Stärkung der liberalen Richtung unter dem Dach der örtlichen Einheitsgemeinde führte.[2] Das Modell der Einheitsgemeinde nach deutschem Muster wurde in einigen anderen europäischen Ländern übernommen, so etwa in Schweden und in der Schweiz.[3]

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden die jüdischen Einheitsgemeinden in Deutschland wiederaufgebaut, wobei sich viele vom Einfluss des Reformjudentums ablösten und stattdessen an osteuropäischen Vorbildern orientierten.[4] Die Mehrheit der sich heute als „Einheitsgemeinden“ bezeichnenden jüdischen Gemeinden verfügen lediglich über ein Rabbinat und eine Synagoge und folgen der orthodoxen Richtung;[5] in Berlin gibt es seit Ende des 20.,[6] in Frankfurt am Main seit Anfang des 21. Jahrhunderts wieder eine Einheitsgemeinde, die mehrere Strömungen des Judentums vereint.[7]

Einzelnachweise

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  1. Karlheinz Schneider: Judentum und Modernisierung: ein deutsch-amerikanischer Vergleich, 1870-1920. Campus, Frankfurt 2005, ISBN 978-3-593-37386-7, S. 265 (online [abgerufen am 5. Oktober 2011]).
  2. Karlheinz Schneider: Judentum und Modernisierung: ein deutsch-amerikanischer Vergleich, 1870-1920. S. 273 (online [abgerufen am 5. Oktober 2011]).
  3. Hartmut Bomhoff: Josefs bunter Mantel. Pluralismus im Judentum hat eine lange Tradition, Hintergrund: Einheitsgemeinde/Austrittsgemeinde. In: Jüdische Zeitung. Mai 2007, archiviert vom Original am 11. Juli 2007; abgerufen am 5. Oktober 2011.
  4. Christine Müller: Zur Bedeutung von Religion für jüdische Jugendliche in Deutschland. Band 11 von Jugend, Religion, Unterricht. Waxmann, Münster 2007, ISBN 978-3-8309-1763-2, S. 53 (online [abgerufen am 5. Oktober 2011]).
  5. Albrecht Lohrbächer et al. (Hrsg.): Was Christen vom Judentum lernen können: Anstöße, Materialien, Entwürfe. Kohlhammer, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-17-018133-5, S. 46 (online [abgerufen am 5. Oktober 2011]).
  6. Alexander Jungmann: Jüdisches Leben in Berlin: Der aktuelle Wandel in einer metropolitanen Diasporagemeinschaft. Transcript, Bielefeld 2007, ISBN 978-3-89942-811-7 (auszugsweise online [abgerufen am 5. Oktober 2011]).
  7. Meron Mendel: Jüdische Jugendliche in Deutschland. Band 10 von Frankfurter Beiträge zur Erziehungswissenschaft. Books on Demand, Frankfurt 2010, ISBN 978-3-9813388-1-2, S. 99 (online [abgerufen am 5. Oktober 2011]).