Elisabeth Schmidt-Pecht

Textilkünstlerin, Keramikkünstlerin

Elisabeth Schmidt-Pecht, auch Elise Schmidt-Pecht (* 2. April 1857 in St. Blasien als Elisabetha Albertina Johanna Sachs[1]; † 24. März 1940 in Konstanz) war eine deutsche Keramikerin und Kunstgewerblerin.

Leben und Werk

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Hans und Cella Thoma (außen) sowie Elisabeth und Heinrich Schmidt-Pecht in Konstanz 1901

Werdegang

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Elisabeth Schmidt-Pecht war die Tochter von Georgina Karoline Susanne Müller und Eberhard Anton Friedrich Otto Sachs. 1881 heiratete sie den Maler und Lithografen Heinrich Christian Andreas Schmidt[1], der später die Lithografische Anstalt J. A. Pecht von seinem Vater übernahm.[2]

Elisabetha Sachs wurde in der Kunststickerei- und Zeichenschule des Badischen Frauen-Vereins Karlsruhe ausgebildet, deren Generalsekretär ihr Vater lange Jahre war.[2] Bei Franz Keller-Leuzinger studierte sie Keramikmalerei.[3] Im Jahr 1880 reiste nach London und verbrachte dort einen mehrmonatigen Studienaufenthalt. Zwischen 1880 und 1890 fertigte sie Stickerei- und Nagelarbeitsentwürfe für die Zeitschrift Die Modenwelt.[4]

Im Jahr 1894 begann Zusammenarbeit mit der Steingutfabrik Haager, Hoerth & Cie. in Zell am Harmersbach, die später als Georg Schmider Vereinigte Zeller Keramische Fabriken firmierte. Die Zusammenarbeit dauerte bis 1914 an. Der Töpfer Benz wies Schmidt-Pecht 1895 in seinen Werkstätten in Tägerwilen in sein Handwerk ein. Es begann eine Keramikproduktion, die später in der Töpferei Johann Glatz in Villingen fortgeführt wurde. Seit dem Jahr 1905 arbeitete Schmidt-Pecht mit Julius Diez zusammen, der Keramikdekore entwarf und auch selbst ausführte. In den Räumen der Lithografenwerkstatt ihres Mannes wurde 1906/07 statt der Lithografischen Anstalt eine Kunsttöpferei eingerichtet. Als Betriebsleiter wurde der erfahrene schwäbischen Töpfer Strohm eingestellt. Die Werkstatt arbeitete u. a. für das Kaufhaus Wertheim in Berlin, für Wahliss in Wien und das Kaufhaus Liberty in London. Mit dem Beginn des Ersten Weltkriegs wurde die Produktion eingestellt und 1917 wurde die Kunsttöpferei aufgegeben.[4]

Elisabeth Schmidt-Pecht, Max Laeuger und Theo Schmuz-Baudiß zählten um 1900 zu den Hauptvertretern einer auf regionale Volkskunst gegründeten deutschen Jugendstilkeramik. Schmidt-Pechts Entwürfe zeichneten sich durch breite, einfache Pinselstriche und klare Designs in leuchtenden Farben aus. Die handgemalte, dekorative Ware ließ sich kostengünstig produzieren und gut vermarkten. Als Zeller Service wurden florale Blau-Gelb-Dekore bekannt, die Keramikmalerinnen auf traditionelle Steingut-Formen auftrugen. Sie verkaufen sich sehr erfolgreich. Dennoch störte sich die Künstlerin Schmidt-Pecht an dem etwas groben Stil und kreierte das Hilda-Service, das auch in einer rot-grünen Variante produziert wurde. 1904 entwarf sie Favorite in einen rot-blauen Dekor mit Anklängen an das Rokoko. Als Konstanzer Geschirr wird es bis heute produziert. Dieser Entwurf schaffte es als Alltagsgeschirr bis zur Großherzoglich-Badener Familie auf der Insel Mainau sowie in die kaiserlichen Jagdschlösser. Ihre Designs, darunter auch Dekore mit Sprüchen und Lebensweisheiten, zierten Gebrauchsgegenstände aller Art. Wohl auf Anregung von Hans Thoma wurden ab Mitte der 1890er Jahre Vasen, Schalen, Krüge, Wandteller, Übertöpfe und andere Irdenwaren nicht nur nach Schmidt-Pechts Entwürfen bemalt, sondern auch geformt. Sie wurden durch Noppen, aufgelegte Tonschnüre, aus Drehrillen entwickelte Riefungen und Wellenränder dreidimensional durchgearbeitet. Die regionalen Einflüsse bei der Formgebung wichen im Lauf der Zeit zunehmend schlichten, ostasiatischer Vorbildern. Engobemalereien bzw. Sgrafittotechniken wurden individueller auf die Form der Gefäße abgestimmt. Die Stücke erhielten zwei oder drei Farben, z. B. Gelb auf Rot, Grün auf Blau, Oliv und Rot auf Weiß. Sie setzte zunehmend abstrahierende Dekorationen ein. Häufig kehrte ein rankenförmiges Spiralmotiv wieder. Linear-geometrischen Dekore nahmen bereits Motive des Art déco vorweg.[4]

Auf der Karlsruher Jubiläumsausstellung 1906 präsentierte Elisabeth Schmidt-Pecht eine komplette Zimmereinrichtung: »Ganz besonderes Entzücken aber — anders läßt sich der Eindruck kaum nennen — erregte Frau Schmidt-Pecht, Konstanz, mit ihrem Teezimmer. Wieder die große Lichtquelle, leichte Vorhänge, auf den weißen Möbeln hellgraue Decken mit weißen Bändern, und überall ausgebreitet das Geschirr. Es ist erstaunlich wie einladend dieses wirkt mit seiner kräftigen Bauern-Ornamentik und dem freundlichen Akkord hellblau-gelbgrün oder gelb, hie und da belebt durch Backsteinrot. Ebenso heiter wirken die Wandfliesen und größeren Gefäße. Ich vermag mir für einen bürgerlichen Haushalt gar nichts gemütlicheres und fröhlicheres vorzustellen, als diese Keramik.«[5]

Werke der Künstlerin befinden sich im Victoria and Albert Museum[6] sowie in den Sammlungen Winnicke im Keramik-Museums Berlin (KMB), im Augustinermuseum in Freiburg im Breisgau, im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, im Badischen Landesmuseum Karlsruhe sowie im Rosgarten-Museum Konstanz.[4]

Werke (Auswahl)

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  • 1897: Schwarzwälder Fayencen[7]
  • 1898: »Thonvasen«[8]
  • 1899: Töpfereien[9]
  • 1899: Majoliken[10]
  • 1899: Schwarzwälder Majoliken[11]
  • 1899: Ziertopf[11]
  • ohne Jahr: Gefäße für La Maison Moderne[12]
  • 1905: Schwarzwälder Keramik[13][14]
  • 1911: Buchumschläge[15]
  • 1911: Töpferwaren[16]

Ausstellungen

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Posthum

Auszeichnungen

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  • Silbermedaille auf der Weltausstellung St. Louis[25][26][27]

Literatur

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Commons: Elisabeth Schmidt-Pecht – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. a b Heiratsregister Karlsruhe, 1870-1921, Nr. 172 für Elisabetha Albertina Johanna Sachs, ancestry.de, abgerufen am 2. Januar 2025.
  2. a b c Brigitte Baumstark: Kunstgewerblerinnen in Karlsruhe und Baden. In: stadtgeschichte.karlsruhe.de. 1995, abgerufen am 2. Januar 2025.
  3. archive.org, Frau Elise Schmidt-Pecht, Atelier-Nachrichten – Kleine Mitteilungen in: Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten, Band IV., Darmstadt, 1899, S. 492.
  4. a b c d Winfried Winnicke: Schmidt-Pecht, Elisabeth. In: Andreas Beyer, Bénédicte Savoy, Wolf Tegethoff (Hrsg.): Allgemeines Künstlerlexikon, Internationale Künstlerdatenbank, Online. K. G. Saur, Berlin, New York 2021.
  5. ''Die Rheinlande'', 12.1906, S. 204
  6. Jar and Cover. In: collections.vam.ac.uk. Victoria and Albert Museum, 16. Juli 2008, abgerufen am 2. Januar 2025 (englisch).
  7. a b digi.ub.uni-heidelberg.de L. Gmelin: Die Kleinkunst auf der Kunstausstellung zu München 1897 in: Bayerischer Kunstgewerbe-Verein (Hrsg.): Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851, 47.1897–1898, S. 53, abgerufen am 25. April 2022.
  8. a b digi.ub.uni-heidelberg.de L. Gmelin: Das Kunsthandwerk im Münchener Glaspalast in: Bayerischer Kunstgewerbe-Verein (Hrsg.): Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851, 47.1897–1898, S. 380, abgerufen am 25. April 2022.
  9. digi.ub.uni-heidelberg.de Ernst Zimmermann: Die künstlerische Nothlage der Westerwälder Steinzeugindustrie in: Bayerischer Kunstgewerbe-Verein (Hrsg.): Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851, 50.1899–1900, S. 81, abgerufen am 25. April 2022.
  10. digi.ub.uni-heidelberg.de Badisches Kunstgewerbe in: Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten, 4.1899, S. 457, abgerufen am 23. April 2022.
  11. a b digi.ub.uni-heidelberg.de Badisches Kunstgewerbe in: Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten, 4.1899, S. 456, abgerufen am 23. April 2022.
  12. archive.org, Roberta Waddell: The Art nouveau style in jewelry, metalwork, glass, ceramics, textiles, architecture, and furniture, Dover Publications Inc., New York, 1977, S. 110.
  13. digi.ub.uni-heidelberg.de Anton Jaumann: Vereinfachen und stilisieren in: Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten, 15.1904–1905, S. 334, abgerufen am 23. April 2022.
  14. digi.ub.uni-heidelberg.de Anton Jaumann: Vereinfachen und stilisieren in: Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten, 15.1904–1905, S. 335, abgerufen am 23. April 2022.
  15. archive.org, L. Deubner: German Architecture and Decoration in: The Studio Year Book of Decorative Art, 1911, S. 197.
  16. archive.org, L. Deubner: German Architecture and Decoration in: The Studio Year Book of Decorative Art, 1911, S. 198, 199.
  17. digi.ub.uni-heidelberg.de Von der Weihnachts-Ausstellung im Münchener Kunstgewerbehause in: Bayerischer Kunstgewerbe-Verein (Hrsg.): Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851, 47.1897–1898, S. 175, abgerufen am 25. April 2022.
  18. digi.ub.uni-heidelberg.de Das Kunsthandwerk im Münchener Glaspalast in: Bayerischer Kunstgewerbe-Verein (Hrsg.): Kunst und Handwerk: Zeitschrift für Kunstgewerbe und Kunsthandwerk seit 1851 — 50.1899-1900, S. 57, abgerufen am 25. April 2022.
  19. digi.ub.uni-heidelberg.deDeutsche Kunst und Dekoration auf der PariserWelt-Ausstellung, Erster Rundgang durch die deutsche und oesterreichische Abtheilung in: Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten, 6.1900; S. 465, abgerufen am 25. April 2022.
  20. digi.ub.uni-heidelberg.de Paul Schumann: Das Kunstgewerbe auf der internationalen Kunst-Ausstellung zu Dresden Mai - Oktober 1901 in: Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten, 8.1901, S. 414, abgerufen am 25. April 2022.
  21. digi.ub.uni-heidelberg.de Max Osborn: Die Düsseldorfer Ausstellung in: Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe, 2.1904, S. 496, abgerufen am 25. April 2022.
  22. digi.ub.uni-heidelberg.de Geplante Ausstellungen in: Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler, 5.1905/1906, Heft 40, S. 548, abgerufen am 23. April 2022.
  23. digi.ub.uni-heidelberg.de K. Widmer: Die Karlsruher Jubiläums-Kunst-Ausstellung in: Deutsche Kunst und Dekoration: illustr. Monatshefte für moderne Malerei, Plastik, Architektur, Wohnungskunst u. künstlerisches Frauen-Arbeiten, 18.1906, S. 786, abgerufen am 25. April 2022.
  24. [1] villastuck.de, Die Jugend der Moderne. Art Nouveau und Jugendstil – Meisterwerke aus Münchner Privatbesitz 28.10.2010 - 23.1.2011, abgerufen am 26. April 2022.
  25. digi.ub.uni-heidelberg.de, Auszeichnungen und Medaillen, Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler, 4.1904/​1905, Heft 11, S. 152, abgerufen am 23. April 2022.
  26. digi.ub.uni-heidelberg.de Die Auszeichnungen in St. Louis in: Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler, 4.1904/​1905, Heft 13, S. 179, abgerufen am 23. April 2022.
  27. digi.ub.uni-heidelberg.de Die Auszeichnungen in St. Louis in: Die Werkstatt der Kunst: Organ für d. Interessen d. bildenden Künstler, 4.1904/​1905, Heft 14, S. 196, abgerufen am 23. April 2022.