Emil Pinkau

deutscher Lithograph und Unternehmer

Emil Pinkau (* 10. Januar 1850 in Thonberg bei Leipzig; † 22. Juli 1922 in Halle; vollständiger Name: Eduard Franz Emil Pinkau) war ein deutscher Lithograph und Unternehmer. Er gilt als Pionier der Ansichtskarte und ist einer der Begründer der Ansichtskartenindustrie im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts.

Emil Pinkau: Selbstporträt
Familie Pinkau um 1900
Gründeraktie der Emil Pinkau & Co. AG vom 24. Dezember 1903
Arbeitszimmer Emil Pinkaus um 1912
Emil Pinkau (1850–1922): Gartenansicht der Villa Pinkau, nach 1912
Grabstätte Familie Emil Pinkau, Südfriedhof Leipzig

Emil Pinkau ist der Sohn des Stellmachers und Schmieds Johann Carl Pinkau (1817–1878) und seiner Frau Johanna Charlotte, geb. Wendel (1820–1850), die bei der Geburt starb. Sein Halbbruder war der Fotograf und spätere Reichstagsabgeordnete Karl Pinkau (1859–1922). Pinkau entstammte also einer bäuerlich-handwerklichen Tradition.[1]

Seine große zeichnerische Begabung fiel früh auf und so gaben ihn seine Eltern ca. 1867 zu einem Lithographen in die Lehre. „Daneben suchte und fand er Gelegenheit sich künstlerisch, wissenschaftlich und kaufmännisch weiter zu bilden“.[2] Die Lehrzeit betrug in der Regel drei bis dreieinhalb Jahre. In seiner Gesellenzeit, also auch in der Zeit des Deutsch-Französischen Krieges 1870–71, wanderte er durch Deutschland und die Schweiz bis nach Basel und eignete sich in dieser Zeit wohl auch Kenntnisse als Fotograf an. Er war in verschiedenen „Kunstanstalten“ tätig und erlangte aufgrund seiner Fähigkeiten schnell leitende Positionen. Im Zuge des wirtschaftlichen Aufschwungs nach dem gewonnenen Krieg, kehrte Emil Pinkau nach Leipzig zurück und gründete dort am 1. Oktober 1873 seine eigene Firma, die Lithographische Kunstanstalt Emil Pinkau, die er 1904 in die Emil Pinkau & Co AG umwandelte.[3]

1877 heiratete er Christiane Lina Regine Helene Müller (* 1855 in Leipzig; † 1932 in Leipzig), Tochter eines selbstständigen Schuhmachers aus dem Hannoverschen. Die beiden haben fünf Kinder: Charlotte Bertha Gertrud (1878–1967), Emil Heinrich Johannes (1879–1958), Lina Selma Charlotte (1882–1974), Eva Ida Margarethe (1892–1985), Hermann Otto Werner (1894–1970).[4]

Emil Pinkau wird als sehr weltgewandt beschrieben. Reisen führten ihn bis nach Sankt Petersburg und Konstantinopel. Er war ein passionierter Jäger und sang in einem Männerchor. Seit 1908 gehörte er zum Leipziger Herrenabend, einer Vereinigung von angesehenen Mitgliedern der bürgerlichen Gesellschaft, die sich alle vier Wochen im Leipziger Ratskeller traf.[5] Um 1910 zog er sich langsam aus dem Tagesgeschäft seiner Firma zurück und widmete sich verstärkt seinen musischen Neigungen, wie zeichnen, malen und radieren.

Das Grab von Emil und Lina Pinkau befindet sich auf dem Leipziger Südfriedhof. Es bestand ursprünglich aus einer tempelartigen Grabkapelle an der historischen Hauptachse des Friedhofs, die aber im Zuge der Anlage des Sozialistischen Ehrenhains 1982/86 abgerissen wurde. Die Urnen wurden in eine andere, historische Grabstätte umgebettet.[6]

Das Wohnhaus Emil Pinkaus wurde von 1906 bis 1907 durch Karl Poser errichtet und ist heute Sitz der Ländernotarkasse Leipzig.

Bedeutung

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Emil Pinkau gehörte, neben August Schwartz und Johannes Miesler, zu den Pionieren der frühen Ansichtskarte.[7] In einem Zeitungsartikel schrieb er 1918 rückblickend: „Am 15. Juli 1870 ließ ich eine kleine Landschaft als Korrekturabzug auf eine Postkarte drucken und an den Besteller in Schlesien gehen. Das war meines Wissens die erste Ansichtspostkarte, geschaffen unbewußt durch Zufall…“.[8][9] Pinkau erkannte das Potenzial dieser Idee. Nach Gründung seiner eigenen Firma 1873 versuchte er Aufträge für Ansichtskarten bei Verlegern zu akquirieren – zunächst mit geringem Erfolg – „bis ich auf den Gedanken kam, die Ansichtskarten als Zugabeartikel zu verwenden.“ Schließlich druckte er einige Karten mit Rheinansichten und legte sie bestellten Leporelloalben kostenlos bei. Deren Käufer baten um weitere solcher Postkarten, die sie dann („zu 5 Pfg. das Stück“) käuflich erwerben mussten. So weckte Pinkau das Interesse der Kunden und bewies seinen skeptischen Auftraggebern, dass ein Bedarf für das neue Produkt bestand.

Doch die Kunden wünschen Karten auf dem gleichen Karton, den auch die Reichspost verwendete und auf denen die Marke praktischerweise bereits aufgedruckt war. Zunächst behalf sich Pinkau damit, Karten der Reichspost zu kaufen und diese dann zu bedrucken. Doch die dabei nötige Vorfinanzierung, die kleinen Druckbögen und der anfallende Druckausschuss machten dies Modell nicht lukrativ. Um wirklich große Druckbögen zu bekommen, erlangte er „nach Bekämpfung verschiedener Vorurteile“ die Erlaubnis, seinen Karton bei derselben Fabrik zu bestellen, von der auch die Reichsdruckerei ihr Material bezog.[10]

Pinkau setzte früh auf große Auflagen. Produktionszahlen der Kunstanstalt Emil Pinkau belegten für 1879: 15.000, 1880: 160.000, 1885: 4 Mio., 1890: 45 Mio. Ansichtskarten.[11]

Da sich viele ausländische Verleger regelmäßig in Leipzig aufhielten, nutzte Pinkau die Gelegenheit, ins internationale Geschäft einzusteigen. 1888 wurde er von der amerikanischen Regierung mit einer Studie über den Verkauf und den Erlös von Ansichtskarten im Deutschen Reich beauftragt.[12] Auf der Weltausstellung in Chicago 1893 erhielt Pinkau den „großen Staatspreis“ für die Perfektion seiner photolithographischen Leporellos. 1895 erteilte ihm der Istanbuler Kunsthändler Max Fruchtermann den Auftrag, Karten mit Motiven aus der Türkei zu drucken. Dabei handelte es sich möglicherweise um die ersten Ansichtskarten, die überhaupt aus der Türkei in Auftrag gegeben wurden.[13][14]

Nachfahren

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Emil Pinkau war der Großvater von Hans-Georg Rausch und Klaus Pinkau.

Sammlungen

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Das Stadtgeschichtliche Museum Leipzig besitzt eine größere Anzahl von Postkarten der Emil Pinkau AG. Im Internet werden häufig Pinkau-Postkarten angeboten.

Literatur und Quellen

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  • Emil Pinkau: Die Ansichtspostkarte, ihre Entstehung und Verbreitung. In Zeitschr.: Deutsches Steindruckgewerbe. Nr. 19/20, 15. Oktober 1918, S. 89 f.
  • Nachruf auf Emil Pinkau. Hrsg.: Emil Pinkau & Co AG, Leipzig 1923[15]
  • Wolf v. Waldow: Leipzig, Springerstraße 8 – eine Spurensuche. In: 25 Jahre freiberufliches Notariat in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt. Otto Schmidt Verlag, Köln, 1. Auflage 2015, ISBN 978-3-504-06222-4, S. 507–39.
  • Findbuch zum Bestand 22286 Emil Pinkau & Co., Leipzig, im Staatsarchiv Leipzig
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Commons: Emil Pinkau (Person) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Wolf v. Waldow: Leipzig, Springerstraße 8 - eine Spurensuche. S. 508.
  2. Zit.: Nachruf Emil Pinkau
  3. Nachruf Emil Pinkau
  4. Wolf v. Waldow: Leipzig, Springerstraße 8 - eine Spurensuche. S. 510.
  5. Wolf v. Waldow: Leipzig, Springerstraße 8 - eine Spurensuche. S. 532.
  6. Angaben nach Familie Pinkau
  7. Pieske, Christa: Das ABC des Luxuspapiers. Herstellung, Verarbeitung und Gebrauch 1860–1930. Reimer, Berlin 1984. S. 93.
  8. Zit. Emil Pinkau: Die Ansichtspostkarte, ihre Entstehung und Verbreitung.
  9. Bereits mit dem Entstehen erster Postkarten-Sammelvereine um 1895 kam die Frage nach dem „Erfinder“ der Ansichtskarte auf. Pinkau selbst beschrieb diverse Vorformen. August Schwartz, dem bisher die erste Ansichtskarte zugeschrieben wird, versandte seine (erhaltene) Karte einen Tag später, am 16. Juli 1870.
  10. Zit. und Darstellung nach: Emil Pinkau: Die Ansichtspostkarte, ihre Entstehung und Verbreitung.
  11. Angaben laut Nachruf Emil Pinkau.
  12. Emil Pinkau: Die Ansichtspostkarte, ihre Entstehung und Verbreitung.
  13. Seite mit historischen Postkarten aus dem Osmanischen Reich
  14. Anzeigentext eines Buches mit Postkarten von Max Fruchtermann. Pinkau wird dort allerdings fälschlicherweise in Breslau lokalisiert
  15. Einzusehen im Sächsischen Staatsarchiv Leipzig, Aktenbestand Emil Pinkau AG