Präsentation einer Gruppe

Darstellung durch Erzeuger und Relationen zwischen den Erzeugern
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In der Mathematik ist die Präsentation (oder Präsentierung) einer Gruppe gegeben durch eine Menge von Elementen , die die Gruppe erzeugen, und eine Menge von Relationen , die zwischen diesen Erzeugern bestehen und sie wird mit

notiert.

Zum Beispiel wird die zyklische Gruppe der Ordnung erzeugt von einem Element mit der Relation , folglich ist ihre Präsentation

Eine solche Präsentation nennt man daher auch Darstellung durch Erzeuger und Relationen. Ausführlicher bedeutet dies Folgendes:

  • Jedes Element der Gruppe lässt sich schreiben als Produkt der angegebenen Erzeuger (sowie ihrer Inversen).
  • Je zwei solche Schreibweisen desselben Elements unterscheiden sich nur durch die angegebenen Relationen (und ihre Konsequenzen).

Jede Gruppe lässt sich auf diese Weise präsentieren, und somit sind Präsentationen ein universelles Werkzeug, um Gruppen zu konstruieren und zu untersuchen. Eine endlich präsentierte Gruppe ist eine Gruppe, die durch endlich viele Erzeuger und Relationen beschrieben werden kann. Viele unendliche Gruppen erlauben eine endliche Präsentation und damit eine effiziente Beschreibung. Die kombinatorische Gruppentheorie untersucht Gruppen mit Hilfe ihrer Präsentationen und stellt hierzu umfangreiche Techniken zur Verfügung.

Motivation und Geschichte

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Um in einer Gruppe praktisch zu rechnen, ist es oft hilfreich, sich auf eine geschickt gewählte Menge von Erzeugern zu stützen. Dies gilt insbesondere, wenn die Gruppe groß und kompliziert ist (oder gar unendlich), aber erzeugt wird von einer kleinen, übersichtlichen Menge (im besten Falle endlich). Die entsprechende Idee für Vektorräume über einem Körper führt zum Begriff der Basis, der wesentlich für die lineare Algebra ist.

Für beliebige Gruppen kann man im Allgemeinen keine so einfache Struktur erwarten: Um die Rechenregeln in der Gruppe festzulegen, muss man die Relationen zwischen den Erzeugern angeben. Diese hängen von der betrachteten Gruppe ab und können beliebig kompliziert sein. In diesem praktischen Sinne wurde das Konzept der Präsentation schon seit den Anfängen der Gruppentheorie verwendet, wenn auch zunächst ohne präzise Definition. Rechnungen mit Erzeugern und Relationen finden sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum Beispiel in den Arbeiten von Arthur Cayley, Henri Poincaré und Walther von Dyck. Erst im 20. Jahrhundert wurde die Praxis der endlich präsentierten Gruppen zu einer Theorie ausgebaut, der kombinatorischen Gruppentheorie, die maßgeblich von Max Dehn initiiert wurde.

Einführende Beispiele

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Den einfachsten Fall einer Präsentation erhält man für die Gruppe   der ganzen Zahlen mit ihrer Addition. Diese Gruppe kann von einem einzigen Element   erzeugt werden, nämlich   oder  . In diesem Fall bestehen keine Relationen, und dies schreibt man als

 .

Jedes Element von   schreibt sich eindeutig als   mit  . In Abwesenheit jeglicher Relationen spricht man auch von der freien Gruppe über den gegebenen Erzeugern.

Fügen wir nun die Relation   ein, wobei  , so erhalten wir die Gruppe

 

Auch hier lässt sich jedes Element von   schreiben als   mit  . Es gilt jedoch zudem  , und als Konsequenz   für alle  . Daraus folgt, dass die Gruppe   genau   Elemente hat. Man nennt sie die zyklische Gruppe der Ordnung  , und sie ist isomorph zu  .

Universelle Konstruktion

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Wenn man sich beliebige Erzeuger   und Relationen   vorgibt, dann ist zunächst nicht klar, ob und wie dadurch eine Gruppe definiert werden kann. Die folgende Konstruktion löst dieses Problem, indem sie die dargestellte Gruppe   als Quotienten einer freien Gruppe definiert:

Gegeben sei eine Menge  , deren Elemente wir im Folgenden als Erzeuger verwenden wollen. Es sei   die freie Gruppe über  . Diese besteht aus allen reduzierten Wörtern   mit Faktoren  , wobei   für alle  , und Exponenten  , wobei   für alle  . Ferner sei   eine Menge von solchen Wörtern über  . Wir bezeichnen mit   die Menge aller konjugierten Elemente   wobei   und  . Es sei   die von der Menge   erzeugte Untergruppe von  . Man nennt   die Menge aller Konsequenzen der Relationen  . Sie lässt sich auch beschreiben als der von   erzeugte Normalteiler, und dafür ist die Bezeichnung   gebräuchlich.

Nach Konstruktion ist   ein Normalteiler der freien Gruppe  . Wir erhalten demnach als Quotient eine Gruppe

 

und nennen diese die Gruppe mit Erzeugern   und Relationen  . Genauer nennt man das Paar   die Präsentation und   die durch   präsentierte Gruppe.

Sprechweise

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In obiger Konstruktion betrachtet man die Elemente von   üblicherweise als Elemente der Gruppe  . Formal gesehen sind sie aber Elemente der freien Gruppe   und nicht des Quotienten  . Es ist dennoch oft bequemer, sie mittels des Quotientenhomomorphismus   als Erzeuger von   zu betrachten. Wenn keine Verwechslungen zu befürchten sind, unterscheidet man daher nicht zwischen dem Element   und seinem Bild   in  .

Schreibweisen

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Sind   und   endliche Mengen, so nennt man die Präsentation   endlich. In diesem Falle schreibt man die so präsentierte Gruppe   auch einfach  .

Oft schreibt man eine Relation   auch in der Form  , um zu betonen, dass diese im Quotienten   auf das neutrale Element   abgebildet wird. Etwas allgemeiner benutzt man die bequemere Schreibweise   anstelle der Relation  .

Universelle Eigenschaft

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Sei   eine Menge und sei   eine Menge von Wörter über  . Die so präsentierte Gruppe   hat folgende universelle Eigenschaft:

Zu jeder Abbildung   in eine Gruppe  , die die Bedingung   erfüllt, existiert genau ein Gruppenhomomorphismus  , der   fortsetzt, also   für alle   erfüllt.

Anders gesagt, die Gruppe   ist die „freiest mögliche“ von   erzeugte Gruppe unter den vorgegebenen Relationen  . Diese universelle Abbildungseigenschaft ist zu der eingangs gegebenen Definition äquivalent. Jede der beiden Charakterisierungen kann also als Definition der Gruppe   verwendet werden, und in der Literatur finden sich beide Zugänge. Die jeweils andere Charakterisierung ist dann eine Folgerung.

Präsentation einer gegebenen Gruppe

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Ist eine Gruppe   gegeben, so können wir ein Erzeugendensystem   von Elementen   wählen. Die freie Gruppe   über   erlaubt dann einen surjektiven Gruppenhomomorphismus   mit   für alle  . Als zweites können wir nun eine Teilmenge   wählen, die der Kern   als normale Untergruppe erzeugt. Damit erhalten wir einen Gruppenisomorphismus  . Dieser präsentiert die gegebene Gruppe   durch die Erzeuger   und die zwischen ihnen bestehenden Relationen  . Man beachte dabei den Kunstgriff, dass die Relationen   in den freien Erzeugern   ausgedrückt werden, die hier als Variablen oder Platzhalter für die eigentlichen Gruppenelemente   in   dienen.

Wenn man ein endliches Erzeugendensystem   wählen kann, dann heißt   endlich erzeugt. Wenn man zudem eine endliche Menge   von Relationen wählen kann, dann heißt   endlich präsentiert.

Beispiele

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Verknüpfungstafel einer endlichen Gruppe

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Ist   eine endliche Gruppe der Ordnung  , so können wir ihre Verknüpfungstafel als eine Präsentation durch   Erzeuger und   Relationen interpretieren. Die Erzeuger sind hierbei die Elemente   der gegebenen Gruppe  , und jedes Produkt   definiert eine Relation   in der freien Gruppe über  . Im Allgemeinen erlaubt   jedoch auch viel kürzere Präsentationen, wie die nachfolgenden Beispiele zeigen.

Zyklische Gruppen

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Die Präsentationen   und   wurden oben bereits als einführende Beispiele vorgestellt. Jede Präsentation mit nur einem Erzeuger definiert eine hierzu isomorphe Gruppe.

Präsentationen mit zwei Erzeugern können hingegen bereits überraschend kompliziert sein. Zwei besonders einfache Beispiele sind durch die Diedergruppe und die Quaternionengruppe gegeben.

Diedergruppen

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Die Diedergruppe   der Ordnung   ist die Isometriegruppe eines regelmäßigen  -Ecks in der Ebene. Sie wird erzeugt von zwei benachbarten Spiegelungen   und man erhält so die Präsentation

 .

Quaternionengruppen

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Die verallgemeinerte Quaternionengruppe   der Ordnung   für   ist gegeben durch die Präsentation

 .

Für   erhält man hieraus die Hamiltonsche Quaternionengruppe   mit der Verknüpfung

 .

In diesem Fall ist die Schreibweise   und   und   sowie   historisch üblich.

Symmetrische Gruppen

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Die symmetrische Gruppe   wird von den Transpositionen   erzeugt, wobei  . Man rechnet direkt nach, dass zwischen diesen Erzeugern folgende Relationen gelten:

  •   für alle  
  •   falls  
  •   falls  

Die so präsentierte Gruppe

 

erlaubt demnach einen surjektiven Gruppenhomomorphismus   vermöge  . Es ist zunächst nicht offensichtlich, dass dieser auch injektiv ist, dass die angegebenen Relationen bereits alle Relationen erzeugen. Man kann jedoch mit Hilfe der obigen Relationen zeigen, dass   höchstens   Elemente enthält, und damit gilt  .

Man beachte, dass man wegen   die obigen Relationen auch umschreiben kann als

  •   für  ,
  •   für  .

Auch diese äquivalente Schreibweise ist in der Literatur häufig zu finden.

Coxeter-Gruppen

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Spiegelungsgruppen sind solche Gruppen, die von Spiegelungen, das heißt Elementen der Ordnung  , erzeugt werden. Spiegelungsgruppen spielen eine wichtige Rolle in der klassischen Geometrie, zum Beispiel bei der Klassifikation regulärer Polyeder. Sie wurden vom britischen Mathematiker Harold Scott MacDonald Coxeter eingehend studiert, zu dessen Ehren sie auch Coxeter-Gruppen genannt werden.

Um alle Relationen einer solchen Gruppe übersichtlich aufzuschreiben, wählen wir eine symmetrische Matrix  , deren Einträge natürliche Zahlen oder unendlich sind, also   für  . Wir nehmen dabei zusätzlich an, dass   und   für alle  . Eine solche Matrix heißt dann Coxeter-Matrix und definiert die folgende Coxeter-Gruppe:

 

Falls  , so wird die entsprechende Relation einfach weggelassen.

Zum Beispiel ist die Diedergruppe   die Coxeter-Gruppe zur Matrix

 

Die symmetrische Gruppe   ist die Coxeter-Gruppe zur   Matrix

 

Solche Matrizen lassen sich übersichtlich als Dynkin-Diagramme darstellen und klassifizieren.

Flächengruppen

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Die Fundamentalgruppe der geschlossenen, orientierbaren Fläche vom Geschlecht   hat die Präsentierung

 .

Tietze-Transformationen

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Zu einer vorgegebenen Gruppe   gibt es stets unendlich viele verschiedene Präsentationen. Zum Beispiel ändern die folgenden Transformationen die Präsentation  , nicht aber die präsentierte Gruppe  :

Hinzufügen bzw. Entfernen einer redundanten Relation
Ist   eine Konsequenz der Relationen  , so erhält man mit den Relationen   zwar eine neue Präsentation  , aber doch eine isomorphe Gruppe  .
Hinzufügen bzw. Entfernen eines redundanten Erzeugers
Für   und   erhält man mit den Erzeugern   und den Relationen   zwar eine neue Präsentation  , aber doch eine isomorphe Gruppe  .

Der Satz von Tietze besagt, dass diese Transformationen bereits alle Möglichkeiten ausschöpfen:

Sind   und   zwei endliche Präsentationen, so stellen sie genau dann isomorphe Gruppen dar, wenn sie sich durch eine endliche Folge der beiden obigen Transformationen ineinander überführen lassen.

Die drei Dehnschen Probleme

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Der deutsche Mathematiker Max Dehn hat zu Beginn des 20. Jahrhunderts mit seinen grundlegenden Arbeiten die kombinatorische Gruppentheorie entscheidend geprägt. Er hat hierbei insbesondere drei allgemeine Probleme herausgestellt, die für die Arbeit mit Präsentationen von fundamentaler Bedeutung sind, sowohl in praktischer wie in theoretischer Hinsicht.

Das Wortproblem

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Das erste Problem ist das offensichtlichste: Wenn man in der Gruppe   konkret rechnen will, dann muss man Elemente vergleichen und feststellen können, ob sie gleich oder verschieden sind. Da alle Elemente als Wörter über der erzeugenden Menge   geschrieben werden können, führt dies unmittelbar auf folgendes Wortproblem:

Gegeben sei eine endliche Präsentation   der Gruppe  .
Zu gegebenen Wörtern   bestimme man, ob sie dasselbe Element in   darstellen.

Hierzu ist folgendes Problem äquivalent, mittels  :

Zu einem gegebenen Wort   bestimme man, ob   in der Gruppe   das neutrale Element darstellt.

Nach Konstruktion von   muss man also bestimmen, ob   im Normalteiler   liegt oder nicht. Selbst bei einer kleinen Menge   von Relationen ist der so erzeugte Normalteiler   jedoch riesig. Immerhin kann man die Menge   systematisch aufzählen und damit ist das Wortproblem stets semi-entscheidbar: Wenn   gilt, dann findet man dies nach endlich langer Zeit als Konsequenz der Relationen. Gilt hingegen  , dann findet die Aufzählung von   kein Ende.

Der Satz von Novikov-Boone besagt, dass das Wortproblem im Allgemeinen algorithmisch unlösbar ist.

Das Konjugationsproblem

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Das Konjugationsproblem ähnelt dem Wortproblem, ist aber im Allgemeinen noch schwieriger:

Gegeben sei eine endliche Präsentation   der Gruppe  .
Zu gegebenen Wörtern   bestimme man, ob sie konjugierte Elemente in   darstellen.

Mit   enthält man hier das Wortproblem als Spezialfall.

Ebenso wie das Wortproblem ist das Konjugationsproblem nur semi-entscheidbar und im Allgemeinen algorithmisch unlösbar.

Das Isomorphieproblem

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Das dritte und schwierigste der Dehnschen Probleme ist das Isomorphieproblem:

Gegeben seien zwei endliche Präsentationen   und  .
Man bestimme, ob die so präsentierten Gruppen   und   isomorph sind.

Die oben erklärten Tietze-Transformationen beschreiben, wie man Präsentationen ineinander umformen kann. Ausgehend von einer gegebenen Präsentation kann man somit alle äquivalenten Präsentationen aufzählen. Ebenso wie das Wort- und Konjugationsproblem ist das Isomorphieproblem nur semi-entscheidbar und im Allgemeinen algorithmisch unlösbar.

Literatur

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  • Roger C. Lyndon, Paul E. Schupp: Combinatorial group theory. Reprint of the 1977 edition. Classics in Mathematics. Springer-Verlag, Berlin, 2001. ISBN 3-540-41158-5.
  • Joseph J. Rotman: An introduction to the theory of groups. Fourth edition. Graduate Texts in Mathematics, 148. Springer-Verlag, New York, 1995. ISBN 0-387-94285-8.
  • Max Dehn: Papers on group theory and topology. Translated from the German and with introductions and an appendix by John Stillwell. With an appendix by Otto Schreier. Springer-Verlag, New York, 1987. ISBN 0-387-96416-9.
  • Wilhelm Magnus, Abraham Karrass, Donald Solitar: Combinatorial Group Theory. Presentations of Groups in Terms of Generators and Relations. Interscience, New York 1966, 2. Auflage, Dover 1976.
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