Ein Ereignissystem[1], auch Ereignisalgebra[2], Ereignisraum[3], Wahrscheinlichkeitsalgebra[2] oder Ereignisfeld[2] genannt ist ein Mengensystem in der Stochastik, das alle Mengen, denen man eine Wahrscheinlichkeit zuweisen will, enthält. Diese Mengen werden dann auch Ereignisse genannt. Die Einschränkung auf ein Mengensystem, das kleiner als die Potenzmenge des Ergebnisraumes ist, erfolgt aufgrund negativer Aussagen wie des Satzes von Vitali, dass nicht allen Elementen der Potenzmenge der reellen Zahlen sinnvoll ein Maß und damit eine Wahrscheinlichkeit zugeordnet werden kann.

Definition

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Gegeben sei ein Ergebnisraum  , der alle möglichen Ergebnisse eines modellierten Zufallsexperiments enthält. Dann heißt eine σ-Algebra   auf der Grundmenge   ein Ereignissystem, eine Ereignisalgebra, Ereignisraum oder Ereignisfeld.

Teilweise wird auch das Paar   als Ereignisraum bezeichnet[4], dies entspricht einem Messraum im Sinne der Maßtheorie.

Interpretation

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Grundlegend bei der Modellierung eines Zufallsexperiments sind folgende Forderungen:

  • Man will der Tatsache, dass irgendetwas passiert, die Wahrscheinlichkeit 1 zuordnen können. Also muss der Obermenge   eine Wahrscheinlichkeit zuordenbar sein und sie demnach in der Ereignismenge sein.
  • Kann man einem Ereignis eine Wahrscheinlichkeit zuordnen, so will man auch der Tatsache, dass dieses Ereignis nicht eintrifft, eine Wahrscheinlichkeit zuordnen können. Also muss mit   auch   in der Ereignismenge sein.
  • Treten abzählbar viele Ereignisse   auf, so soll auch das Ereignis, dass mindestens eines dieser Ereignisse eintritt, in der Ereignismenge sein. Dies ist genau die Vereinigung der abzählbar vielen  .

Eine Ereignismenge muss nun nicht zu groß sein, um nicht-messbare Mengen zu vermeiden, aber stabil gegenüber diesen Operationen sein, um sinnvolle Modellierungen zu ermöglichen. Das Mengensystem, das diese Forderungen erfüllt, ist eine σ-Algebra, die dementsprechend kanonisch zur Modellierung von Ereignismengen genutzt wird.

Beispiele

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Betrachten wir die Ergebnismenge  , sie besitzt die drei Ergebnisse  

Eines der möglichen Ereignissysteme wäre

 .

Zu beachten ist, dass nicht zwangsläufig zu jedem Ergebnis   auch das entsprechende Ereignis   in dem Ereignissystem enthalten sein muss.

Kanonische Ereignissysteme

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Endliche oder abzählbar unendliche Ergebnismengen

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Auf endlichen oder abzählbar unendlichen Ergebnismengen wählt man als Ereignissystem meist die Potenzmenge, da sie leicht zu handhaben ist und in diesem Fall noch zu keinen Paradoxien führt. Beispielsweise stattet man die Ergebnismenge der natürlichen Zahlen   mit dem Ereignissystem   aus.

Reelle Ergebnismenge

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Ist die Ergebnismenge die Menge der reellen Zahlen   oder eine überabzählbare Teilmenge von   wie zum Beispiel  , so stattet man diese immer mit der Borelschen σ-Algebra oder der entsprechend eingeschränkten Spur-σ-Algebra aus. Diese Ereignissysteme sind kleiner als die Potenzmengen, enthalten aber alle Mengen, die man naiv konstruieren kann. Die Borelsche σ-Algebra kann auch für beliebige topologische Räume definiert werden.

Ergebnismengen als Produkte

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Sind die Ergebnismengen Produkte von mehreren Mengen, so wählt man stets die Produkt-σ-Algebra als Ereignissystem.

Einordnung

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Es gilt folgende Hierarchie:

  • Ergebnisse   sind Elemente der Ergebnismenge und der Ereignisse
  • Ereignisse sind Teilmengen der Ergebnismenge und Elemente des Ereignissystems. Sie enthalten als Elemente Ergebnisse.
  • Ereignissysteme sind Teilmengen der Potenzmenge.

Insbesondere muss zwischen dem Ergebnis   und dem Ereignis   unterschieden werden.

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. Klaus D. Schmidt: Maß und Wahrscheinlichkeit. 2., durchgesehene Auflage. Springer-Verlag, Heidelberg Dordrecht London New York 2011, ISBN 978-3-642-21025-9, S. 195, doi:10.1007/978-3-642-21026-6.
  2. a b c P. H. Müller (Hrsg.): Lexikon der Stochastik – Wahrscheinlichkeitsrechnung und mathematische Statistik. 5. Auflage. Akademie-Verlag, Berlin 1991, ISBN 978-3-05-500608-1, Ereignisfelder und Wahrscheinlichkeitsalgebren (fields of events and probability algebras), S. 94–95.
  3. David Meintrup, Stefan Schäffler: Stochastik. Theorie und Anwendungen. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg New York 2005, ISBN 978-3-540-21676-6, S. 59, doi:10.1007/b137972.
  4. Georgii: Stochastik. 2009, S. 10.