Erminger Turritellenplatte
Koordinaten: 48° 23′ 21″ N, 9° 53′ 34″ O
Die Erminger Turritellenplatte ist eine Massenanhäufung von fossilen Gehäusen der Turmschnecke Turritella turris aus der Zeit des unteren Miozäns beim Ulmer Stadtteil Ermingen (Hochsträß) am Nordrand des süddeutschen Molassebeckens.[1] Die Länge der Turritellenplatte beträgt nur wenige hundert Meter, ihre größte Mächtigkeit 6 m.[2]
Die Erminger Turritellenplatte in ihrer Gesamtheit einschließlich der Hauptfundstelle Stockert ist seit 1980 ein geschütztes flächenhaftes geologisches Bodendenkmal (Geotop) des Regierungsbezirks Tübingen.[3][2] Nähere Informationen darüber bietet die erste Station des Erminger Naturlehrpfades auf Informationstafeln. Das Gestein wurde aufgrund seiner Härte und Witterungsbeständigkeit früher von den Einwohnern von Ermingen als Baumaterial verwendet, wovon im Erminger Wald zahllose Gruben zeugen, in denen das Gestein abgebaut wurde. Ein großer Teil des Areals ist seit einigen Jahren durch einen Zaun vor Raubgrabungen geschützt.
Die Erminger Turritellenplatte ist ein Erosionsrest der Oberen Meeresmolasse. Ihre Sedimente lagerten sich vor rund 18,5 Millionen Jahren, im frühen Ottnangium, unter flachmarinen Bedingungen nahe der Küste ab.[4] Die dort nachgewiesenen bathyalen Haie Notorhynchus primigenius und Mitsukurina lineata deuten sowohl auf gute Verbindungen zu Tiefwasserregionen hin als auch auf ein gutes Nahrungsangebot im Ablagerungsbereich der späteren Turritellenplatte.[5] Rosenquarz und Kieselschiefer als detritische Bestandteile entstammen wahrscheinlich einer von moldanubisch-saxothurigischen Grundgebirgsgesteinen geprägten Region.[4] Die Turritellenplatte entspricht petrographisch und stratigraphisch dem Randengrobkalk, der im Hegau ansteht, sowie der Tennikerfluh (Bezirk Sissach, Kanton Basel-Landschaft).[6]
Literatur
Bearbeiten- Johannes Baier: Die wissenschaftliche Erforschung der Erminger Turritellenplatte (Hochsträß) im 19. Jahrhundert. Geohistorische Blätter. Bd. 27, 2016, S. 25–39.
- Michael W. Rasser: Die Erminger Turritellenplatte. Ein historischer Baustein aus Turmschneckenkalk. Schwäbische Heimat. Bd. 59, Nr. 4, 2008, S. 448–453, doi:10.53458/sh.v59i4.3361.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Johannes Baier: Über die Tertiärbildungen im Ulmer Raum. Documenta Naturae 168. München 2008, ISBN 978-3-86544-168-3.
- ↑ a b Naturdenkmal Ermingen Die Turritellenplatte. ( vom 5. März 2016 im Internet Archive) Webseite der Ortschaft Ermingen
- ↑ Manfred Schöttle, Hans-Dieter Bergner, Georg Burgmeier, Thomas Huth: Geotope im Regierungsbezirk Tübingen, Steckbriefe. Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg (LUBW), Karlsruhe 2007 (LUBW-Publikationsserver), S. 963.
- ↑ a b Johannes Baier: Ein Beitrag zur Erminger Turritellenplatte (Mittlere Schwäbische Alb, SW-Deutschland). Jahresberichte und Mitteilungen des Oberrheinischen Geologischen Vereins, Neue Folge. Bd. 90, 2008, S. 9-17 doi:10.1127/jmogv/90/2008/9
- ↑ Johannes Baier, Karl-Heinz Schmitt und Rudi Mick: Notizen zur untermiozänen Hai- und Rochenfauna der Erminger Turritellenplatte (Mittlere Schwäbische Alb, SW-Deutschland). Jahresberichte und Mitteilungen des Oberrheinischen Geologischen Vereins, Neue Folge. Bd. 86, 2004, S. 361-371, doi:10.1127/jmogv/86/2004/361.
- ↑ Johannes Baier: Die Geologie des Ulmer Raums. Documenta Naturae 173. München 2009, ISBN 978-3-86544-173-7.
Weblinks
Bearbeiten- Geotop-Steckbrief des Landesamtes für Geologie, Rohstoffe und Bergbau (LGRB)
- Michael W. Rasser & James H. Nebelsick: Die Erminger Turritellenplatte. – HTML-Version eines in der Zeitschrift Fossilien (Heft 4/2006) erschienenen Artikels über die Grabung in der Turritellenplatte im Jahr 2005