Es fiel ein Reif in der Frühlingsnacht (Lied)

deutsches Volkslied

Es fiel ein Reif in der Frühlingsnacht, auch Blaublümelein, ist ein deutsches Volkslied.

Notenblatt und Wiedergabe exakt nach dem Notenblatt (eine Strophe, Tempo 90 MM, Stimmen und Klavier)[1] sowie Wiedergabe einer künstlerischen Bearbeitung (zwei Strophen, Tempo 97 MM, Posaune, Violine, Oboe und Violoncello), beide Versionen in der Tonart g-Moll

Geschichte

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Der Text wurde erstmals 1825 von Anton Wilhelm von Zuccalmaglio veröffentlicht, der ihn im Bergischen Land, genauer gesagt in Wiesdorf (heute zu Leverkusen) von Anna Maria Lützenkirchen[2] aufgezeichnet haben will.[3] Volksliedforscher halten es für wahrscheinlicher, dass es sich um eine Originaldichtung Zuccalmaglios handelt, der wiederholt eigene Texte als Volksgut auszugeben versuchte. Friedrich Karl von Erlach veröffentlichte den von Zuccalmaglio eingesandten Text 1835,[4] Andreas Kretzschmer 1838.[5] Bereits 1829 zitierte Heinrich Heine eine dreistrophige, etwas abweichende Textfassung in seinem dreiteiligen Gedicht Tragödie.[6][7] Ob Heine den Text wirklich selbst im Rheinland gehört hat, wie er angab, oder Zuccalmaglios Text als Vorlage hatte, ist nicht mehr zu klären. 1854 wurde der Text im von Ludwig Erk herausgegebenen Zusatzband zu Des Knaben Wunderhorn nachgedruckt.[8] Wann und wie der Text in Achim von Arnims Nachlass geriet, wie der Titel dieses Zusatzbandes nahelegt, ist nicht bekannt. In der Fußnote wird aber auf Heines Publikation verwiesen, was es unwahrscheinlich macht, dass diese Veröffentlichung auf eine weitere Quelle zurückgeht.

Die bei Zuccalmaglio ursprünglich veröffentlichte Melodie ist ungebräuchlich geworden. Ludwig Erk unterlegte den Text 1856 in der Erstausgabe des Deutschen Liederhort[9] der Weise des 1807 aufgezeichneten elsässischen Volkslieds Es fuhr ein Fuhrknecht übern Rhein, die Ähnlichkeiten mit der ursprünglichen Melodie aufweist. Diese Fassung ist seither in der Regel in Volksliederbüchern abgedruckt worden. Engelbert Humperdinck machte diese Melodie 1911 zum Leitmotiv seiner Oper Königskinder.

Franz Magnus Böhme konstatierte 1893: „Bis zur Gegenwart singt das Volk dieses Lied nicht, sondern nur Chorgesangvereine singen Heine’s Textfassung von Mendelssohn ‚Drei Volkslieder‘ Nr. 2, erschienen 1836“.[10] An dieser Einschätzung zur Bekanntheit des Liedes scheint sich bis heute wenig geändert zu haben, auch wenn das Lied durch die Aufnahme u. a. in den Zupfgeigenhansl eine gewisse Verbreitung erfuhr.[11] 1983 war das Lied nicht in einer für das ZDF durch Meinungsumfragen ermittelten Liste der 100 bekanntesten deutschen Volkslieder vertreten.[12] So bleibt die bekannteste Vertonung des Textes die Fassung für gemischten Chor, die Felix Mendelssohn Bartholdy 1836 veröffentlichte.[13][14] Weitere Vertonungen, die zumeist auf Heines Textfassung basieren, stammen u. a. von Clara Schumann (1840), Robert Schumann,[15] Josef Gabriel Rheinberger (op. 4,2), August Söderman, Charles Villiers Stanford, Frank Van der Stucken, Armin Knab und Richard Trunk.

Inhalt und Metaphorik

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Das Lied erzählt die einfache Geschichte eines jungen Liebespaares, dessen Liebe nicht die Billigung der Eltern erfährt, und die deshalb die Heimat verlassen, letztlich aber dem Elend anheimfallen und sterben. – Die im Text zitierten „Blaublümelein“ erinnern an die „Blaue Blume“, ein zentrales Symbol der Romantik. Anton Wilhelm von Zuccalmaglio versuchte, eine botanische Erklärung zu geben:

„Welche Blüte ist damit gemeint? Ich habe lange dabei an das Vergissmeinnicht gedacht. Aber dieses blüht nicht in der Frühlingsnacht, erst im Hochsommer, hat daher keine Gefahr zu erfrieren. Zuletzt entdeckte ich: dass die »scylla bifolia« (zweiblättrige Meerzwiebel) im Siebengebirge Blaublümlein heißt, und dort am Drachenfels, als nördlichsten Standpunkte meines Wissens, im Rheinlande blüht. Und zwar fällt dessen Blüte-Zeit in den April, oft schon in den Februar, so dass ich mich entsinne, diese schöne Blüte vom Reife welk gesehen zu haben.“

Anton Wilhelm von Zuccalmaglio: Brief an Hermann Kestner, zitiert nach Erk-Böhme, Deutscher Liederhort, S. 589.

1. Es fiel ein Reif in der Frühlingsnacht.
Er fiel auf die zarten Blaublümelein,
sie sind verwelket, verdorret.

2. Ein Knabe hatte ein Mägdlein lieb,
sie flohen gar heimlich von Hause fort,
es wusst’s nicht Vater noch Mutter.

3. Sie sind gewandert hin und her,
sie haben gehabt weder Glück noch Stern,
sie sind verdorben, gestorben.

4. Auf ihrem Grab Blaublümlein blühn,
umschlingen sich zart wie sie im Grab,
der Reif sie nicht welket, nicht dorret.

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. Theodor Salzmann (Hrsg.): Die Lieder des Zupfgeigenhansl: Deutsche Volksweisen mit Klavierbegleitung. 6. Auflage. Friedrich Hofmeister, Leipzig 1916, S. 66 f. (186 S.). Notensatz und MIDI-Datei mit dem Notensatzprogramm MuseScore 3.
  2. Walter Wiora: Die rheinisch-bergischen Melodien bei Zuccalmaglio und Brahms: Alte Liedweisen in romantischer Färbung (= Beiträge zur rheinischen Musikgeschichte. 7). Voggenreiter, Bad Godesberg 1953, S. 120 (urn:nbn:de:101:1-20140224836; eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. Rheinische Flora. Blätter für Leben, Kunst, Wissen und Verkehr. Nr. 15 vom 25. Januar 1825, ZDB-ID 602865-2, zitiert nach Gudrun Demski (2012), S. 5.
  4. Friedrich Karl von Erlach: Die Volkslieder der Deutschen: eine vollständige Sammlung der vorzüglichen deutschen Volkslieder der Mitte des fünfzehnten bis in die erste Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts. Band 4. Hoff, Mannheim 1835, S. 602 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
  5. Andreas Kretzschmer: Deutsche Volkslieder mit ihren Original-Weisen. Erster Theil (in 8 Heften). Vereins-Buchhandlung, Berlin 1838–1840, in einem Band 1840, S. 148 (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
  6. Gedichte von H. Heine. In: Taschenbuch für Damen. Auf das Jahr 1829. Cotta, Stuttgart und Tübingen 1829, S. 65 f. (Digitalisat in der Google-Buchsuche).
  7. Heinrich Heine: Tragödie auf Wikisource
  8. Ludwig Erk (Hrsg.) Des Knaben Wunderhorn. Alte deutsche Lieder. Vierter Band. Berlin, Arnim 1854, S. 71 f. (Digitalisat).
  9. Ludwig Erk (Hrsg.): Deutscher Liederhort. Th. Chr. Fr. Enslin, Berlin 1856, Seite 218 f. (online bei Wikisource).
  10. Ludwig Erk, Franz Magnus Böhme (Hrsg.): Deutscher Liederhort. Band 1. Breitkopf und Härtel, Leipzig 1893, S. 587–589, hier S. 589 (Digitalisat).
  11. Hans Breuer (Hrsg.): Der Zupfgeigenhansl. 90. Auflage. Friedrich Hofmeister, Leipzig 1920, S. 78 f. (Digitalisat).
  12. Norbert Linke (Hrsg.): Kein schöner Land. Das große Buch unserer beliebtesten Volkslieder. Falken, Niedernhausen 1983, ISBN 3-8068-4150-0 (vgl. Vorwort S. 5 und Inhaltsverzeichnis).
  13. 6 Lieder im Freien zu singen, Op. 41: Noten und Audiodateien im International Music Score Library Project
  14. Gemeinfreie Noten von Es fiel ein Reif in der Frühlingsnacht (Lied) in der Choral Public Domain Library – ChoralWiki (englisch)
  15. Bernhard R. Appel: Lebensdrama in kalter Frühlingsnacht: Robert Schumanns Orchesterfassung der „Tragödie“ nach Heinrich Heine. In: Neue Zeitschrift für Musik. Vol. 153, 1992, Nr. 11, S. 13–17, JSTOR:23986161.