Ethylendinitramin
Ethylendinitramin ist eine organische Verbindung, die der Stoffgruppe der Nitramine zugeordnet werden kann. Wie auch andere Stoffe dieser Gruppe besitzt es explosionsgefährliche Eigenschaften und wird als Sprengstoff verwendet.
Strukturformel | ||||||||||||||||
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Allgemeines | ||||||||||||||||
Name | Ethylendinitramin | |||||||||||||||
Andere Namen |
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Summenformel | C2H6N4O4 | |||||||||||||||
Kurzbeschreibung |
farblose Kristalle[1] | |||||||||||||||
Externe Identifikatoren/Datenbanken | ||||||||||||||||
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Eigenschaften | ||||||||||||||||
Molare Masse | 150,09 g·mol−1 | |||||||||||||||
Aggregatzustand |
fest | |||||||||||||||
Dichte |
1,71 g·cm−3[1] | |||||||||||||||
Schmelzpunkt | ||||||||||||||||
Löslichkeit |
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Sicherheitshinweise | ||||||||||||||||
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Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen (0 °C, 1000 hPa). |
Geschichte
BearbeitenDie Verbindung wurde erstmals im Jahre 1887 von A.P.N. Franchimont und E.A. Klobbie beschrieben. Der Einsatz als militärische Sprengstoff erfolgte ab 1935.[2]
Darstellung und Gewinnung
BearbeitenDie Synthese geht im ersten Schritt von Harnstoff 1 und Ethylencarbonat 2 aus, aus welchen unter Druck Ethylenharnstoff gebildet wird. Dieser wird anschließend mit Mischsäure nitriert. Der resultierende Dinitroethylenharnstoff ergibt dann unter Abspaltung von Kohlendioxid das Endprodukt Ethylendinitramin 3.[1]
Eigenschaften
BearbeitenEthylendinitramin bildet orthorhombische, farblose Kristalle.[2] Es ist nicht hygroskopisch. Die Verbindung schmilzt bei 177 °C mit einer Schmelzenthalpie von 29,5 kJ·mol−1.[4] Als zweibasige Säure bildet es die entsprechenden Salze.[1] Die Säurekonstanten betragen pKa1 5,31 und pKa2 6,64.[5][6] Die Blei- und Silbersalze sind schlagempfindlich.[7] Die Verbindung ist durch Schlag, Reibung, Feuer und andere Zündquellen besonders explosionsgefährlich[7] und fällt im Umgang unter das Sprengstoffgesetz. Wichtige Explosionskenngrößen sind:
Tabelle mit wichtigen explosionsrelevanten Eigenschaften: Sauerstoffbilanz −32 %[1] Stickstoffgehalt 37,33 %[1] Normalgasvolumen 1047 l·kg−1[1] Explosionswärme 4699 kJ·kg−1 (H2O (l))
4281 kJ·kg−1 (H2O (g))[1]Spezifische Energie 1260 kJ·kg−1 (128,5 mt·kg−1)[1] Bleiblockausbauchung 41,0 cm3·g−1[1] Detonationsgeschwindigkeit 7570 m·s−1[1] Verpuffungspunkt 180 °C[1] Schlagempfindlichkeit 8 Nm[1]
Die Kinetik der thermischen Zersetzung wurde im Temperaturbereich von 184 °C und 254 °C für die Schmelze untersucht.[8] Der Zersetzungsverlauf kann mit einem Zeitgesetz erster Ordnung beschrieben werden. Die Aktivierungsenergie beträgt 127,7 kJ·mol−1, der Arrheniusfaktor 6,31·1012 s−1. Die Halbwertszeiten betragen bei 184 °C 43 s und bei 254 °C 0,5 s.[8] Die Zersetzung verläuft im Feststoff wesentlich langsamer.[8] Aus der Analyse der Zersetzungsgase wurde ein Zersetzungsverlauf nach
postuliert, wobei auch Nebenreaktionen mit der Bildung von NO und N2 ablaufen.[8]
Verwendung
BearbeitenDie Verbindung kann in gepressten Ladungen verwendet werden.[2] In Kombination mit Trinitrotoluol können gießbare, Ednatol genannte Gemische erhalten werden.[2][1]
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b c d e f g h i j k l m n o p q r J. Köhler, R. Meyer, A. Homburg: Explosivstoffe, zehnte, vollständig überarbeitete Auflage. Wiley-VCH, Weinheim 2008, S. 122, ISBN 978-3-527-32009-7.
- ↑ a b c d e Eintrag zu Ethylendinitramin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 30. Juli 2015.
- ↑ harmonisierte Einstufung vor. Wiedergegeben ist eine von einer Selbsteinstufung durch Inverkehrbringer abgeleitete Kennzeichnung von N,N'-dinitroethylenediamine im Classification and Labelling Inventory der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA), abgerufen am 19. Juli 2019. Für diesen Stoff liegt noch keine
- ↑ Oyumi, Y.; Brill, T.B.: Thermal decomposition of energetic materials. 23. Thermochemical differentiation of cyclic and acyclic nitramines by their phase transitions in Thermochim. Acta 116 (1987) 125–130, doi:10.1016/0040-6031(87)88171-6.
- ↑ Ivshin, V.P.; Ivshina, T.N.; Smirnova, L.G.; Ponomareva, M.G.: in Zh. Org. Khim. 20 (1984) 7–13.
- ↑ Aakeröy, C.B.; Wijethunga,T.K.; Desper; J.: Crystal Engineering of Energetic Materials: Co-crystals of Ethylenedinitramine (EDNA) with Modified Performance and Improved Chemical Stability in Chem. Eur. J. 21 (2015) 11029–11037, doi:10.1002/chem.201501721.
- ↑ a b Roth, L.; Weller, U.: Gefährliche Chemische Reaktionen, 65. Ergänzungslieferung, ecomed-Verlag 2011.
- ↑ a b c d Robertson, A.J.B.: The thermal decomposition of explosives. Part I. Ethylenedinitramine and tetryl in Trans. Faraday Soc. 44 (1948) 677–682, doi:10.1039/TF9484400677.