Eyselit

sehr seltenes Mineral, Eisen-Germanium-Oxid mit zusätzlichen Hydroxidionen

Eyselit ist ein sehr selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Oxide und Hydroxide“. Es kristallisiert im orthorhombischen Kristallsystem mit der chemischen Formel Fe3+Ge4+3O7(OH),[3] ist also chemisch gesehen ein Eisen-Germanium-Oxid mit zusätzlichen Hydroxidionen.

Eyselit
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

2003-052[1]

IMA-Symbol

Eys[2]

Chemische Formel Fe3+Ge4+3O7(OH)
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Oxide und Hydroxide
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

IV/F.17
IV/F.17-050

4.DM.20
07.03.03.01
Kristallographische Daten
Kristallsystem orthorhombisch
Kristallklasse; Symbol unbekannt
Raumgruppe unbekannt
Gitterparameter a = 8,302 Å; b = 9,718 Å; c = 4,527 Å[3]
Formeleinheiten Z = 2[3]
Häufige Kristallflächen {100}, {010}, {011}, {001}
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte „weich“ (1 bis 2)
Dichte (g/cm3) 3,639 (berechnet)
Spaltbarkeit keine
Bruch; Tenazität spröde; uneben
Farbe schmutzig braungelb (Aggregate) bis gelblich-hellbraun (Kristalle)
Strichfarbe bräunlichgelb
Transparenz opak (Aggregate) bis durchsichtig (Kristalle)
Glanz Glasglanz
Kristalloptik
Brechungsindizes nα > 1,8
nγ > 1,8
Doppelbrechung δ = „niedrig“
Optischer Charakter zweiachsig positiv
Achsenwinkel 2V = „groß“

Eyselit bildet makroskopisch xenomorph erscheinende Aggregate, die aus zufällig orientierten subidiomorphen bis idiomorphen, plattigen bis sehr dünnprismatischen, nach [001] gestreckten Kristallen bis maximal 20 µm Länge bestehen. Die Kristalle sitzen zusammen mit Tennantit in einem Hohlraum in Renierit-Germanit-Erz. Das Mineral wurde nur als Einzelstufe in der Tsumeb Mine, Namibia, gefunden.[3]

Etymologie und Geschichte

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Die einzige bekannte Stufe Eyselit wurde im Jahre 1977 von Terry Maxwell Seward aus einer Sammlung von alterierten germaniumhaltigen Erzen aus dem Besitz von Sid Pieters aus Windhoek, Namibia, erworben. Das auf der Stufe sitzende Sekundärmineral wurde in den früher 1990er Jahren mittels Pulverdiffraktometrie analysiert, blieb aber unidentifiziert. Erst weitere Untersuchungen Ende 2002 zeigten, dass es sich um eine neue Phase handelt, die 2003 unter der Nummer „IMA 2003-052“ von der International Mineralogical Association (IMA) anerkannt und 2004 von einem kanadisch-schweizerisch-US-amerikanischen Forscherteam mit Andrew C. Roberts vom Geological Survey of Canada, Ottawa, Terry M. Seward und Eric Reusser von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, Graham J. C. Carpenter aus den Materials Technology Laboratories (CANMET) in Ottawa, Joel D. Grice vom Canadian Museum of Nature in Ottawa sowie Simon M. Clark und Matthew A. Marcus aus dem Lawrence Berkeley National Lab in Berkeley, im Wissenschaftsmagazin „The Canadian Mineralogist“ als Eyselit beschrieben wurde.[3]

Benannt wurde das Mineral nach dem deutschen Professor für Kristallographie Walter Hans Eysel (1935–1999) an der Ruprecht-Karls-Universität, Heidelberg, in Anerkennung seiner Arbeiten zu den Germanaten und für seine zahllosen Beiträge zum Powder Diffraction File des International Centre for Diffraction Data (ICDD).[3]

Das Typmaterial wird in der „Systematic Reference Series“ der „National Mineral Collection“ im Geological Survey of Canada, Ottawa, unter der Sammlungs-Nr. 68093 aufbewahrt.[3]

Klassifikation

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In der mittlerweile veralteten, aber noch gebräuchlichen 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Eyselit zur Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort zur Abteilung der „Hydroxide und oxidischen Hydrate (wasserhaltige Oxide mit Schichtstruktur)“, wo er als Namensgeber die „Stottit-Gruppe“ mit der System-Nr. IV/F.17 und den weiteren Mitgliedern Jeanbandyit, Mopungit, Stottit und Tetrawickmanit bildete.

Die seit 2001 gültige und von der International Mineralogical Association (IMA) verwendete 9. Auflage der Strunzschen Mineralsystematik ordnet den Eyselit ebenfalls in die Klasse der „Oxide und Hydroxide“ und dort in die Abteilung der „Metall : Sauerstoff = 1 : 2 und vergleichbare“ ein. Diese Abteilung ist allerdings weiter unterteilt nach der Größe der beteiligten Kationen und der Kristallstruktur, so dass das Mineral entsprechend seiner Zusammensetzung und seines Aufbaus in der Unterabteilung „M. Mit großen (± mittelgroßen) Kationen; unklassifiziert“ zu finden ist, wo es als alleiniger Vertreter die unbenannte Gruppe 4.DM.20 bildet.

Auch die vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchliche Systematik der Minerale nach Dana sortiert den Eyselit in die Klasse der Oxide, dort allerdings in die Abteilung der „Mehrfachen Oxide“ ein. Hier ist er einziges Mitglied der unbenannten Gruppe 07.03.03 innerhalb der Unterabteilung der „Mehrfachen Oxide mit 2+ und höher geladenen Kationen“ zu finden.

Chemismus

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Mittelwerte aus neun Mikrosondenanalysen an Eyselit aus Tsumeb führten zu Gehalten von 0,06 % CaO; 18,54 % Fe2O3; 1,01 % Ga2O3; 77,75 % GeO2 und [2,64] % H2O (berechnet). Auf der Basis von 8 Sauerstoffatomen pro Formeleinheit errechnete sich daraus die empirische Formel (Fe3+0,93Ga3+0,04)Σ=0,97Ge4+2,98O6,90(OH)1,17, die zu Fe3+Ge4+3O7(OH) idealisiert wurde, welche Gehalte von 19,83 % Fe2O3, 77,93 % GeO2 und 2,24 % H2O erfordert.[3]

Die beiden einzigen weiteren natürlichen Fe-Ge-Oxi-Komponenten sind Brunogeierit (Ge2+,Fe2+)Fe3+2O4 und Stottit Fe2+Ge4+(OH)6.[3]

Kristallstruktur

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Eyselit kristallisiert orthorhombisch mit den Gitterparametern a = 8,302 Å; b = 9,718 Å und c = 4,527 Å sowie zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3] Kristallklasse und Raumgruppe sind aufgrund der Größe der Kristalle, der Wachstumsphänomene auf den Kristallflächen und der teilweise hohlen Kristalle nicht bestimmbar. Die Röntgenpulverdaten sind singulär und weisen keine Ähnlichkeiten mit denen eines anderen Germanates, Silicates oder einer anderen im Powder Diffraction File gelisteten anorganischen Phase auf.[3]

Mittels Mikro-Röntgen-Atomabsorptionsspektroskopie konnte gezeigt werden, dass alles Eisen im Eyselit dreiwertig ist, dass die Germaniumatome oktaedrisch koordiniert sind und dass die Struktur des Minerals sehr wahrscheinlich eine gute Ordnung aufweist.[3]

Eigenschaften

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Morphologie

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Eyselit bildet makroskopisch xenomorphe Aggregate aus zufällig orientierten subidiomorphen bis selten auch idiomorphen, plattigen bis sehr dünnprismatischen, nach [001] gestreckten Kristallen bis zu maximal 20 µm Länge. Das Längen-Breiten-Verhältnis der typischerweise 20 µm × 14 µm × 1 µm großen Kristalle liegt ungefähr bei 3 : 1. Tragende und trachtbestimmende Form ist das Pinakoid {100}. Dazu treten das sehr dünne Pinakoid {010}, das verrundete Prisma {011} und das sehr dünne, ebenfalls verrundete Basispinakoid {001}. Die z. T. hohlen Kristalle zeigen auf den Flächen von {100} oft ein ausgeprägtes Stufenwachstum. Die winzigen Eyselitkristalle sitzen in dem 4–5 mm großen Hohlraum im Primärerz lose auf den den Hohlraum auskleidenden Sulfidmineralen.[3]

Physikalische und chemische Eigenschaften

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Die Aggregate und Kristalle des Eyselits variieren in ihrer Färbung von schmutzig braungelb (in Aggregaten) bis zu gelblich-hellbraun (Kristalle). Ihre Strichfarbe ist dagegen immer bräunlichgelb.[3] Die Oberflächen der opaken (Aggregate) bis durchsichtigen (Kristalle) Eyselit-Individuen zeigen einen glasartigen Glanz. Im durchscheinenden Licht (Dünnschliff) ist Eyselit hell blassgelb mit sehr hoher Lichtbrechung und einer niedrigen Doppelbrechung.[3]

Eyselit besitzt keine beobachtbare Spaltbarkeit, bricht aufgrund seiner Sprödigkeit aber ähnlich wie Triphylin bzw. Amblygonit, wobei die Bruchflächen uneben ausgebildet sind. Er wird als „weich“ beschrieben, gehört also mit einer Mohshärte von 1 bis 2[4] zu den weichen Mineralen, die sich wie die Referenzminerale Talk (Härte 1) mit dem Fingernagel schaben oder Gips (Härte 2) mit dem Fingernagel ritzen lassen. Gemessene Werte für die Dichte des Eyselits existieren nicht, die berechnete Dichte für das Mineral beträgt 3,639 g/cm³.[3]

Bildung und Fundorte

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Eyselit entsteht als typische Sekundärbildung im korrodierten Erz einer in Carbonatgesteinen sitzenden komplexen Cu-Pb-Zn-Lagerstätte. Eisen und Germanium stammen dabei aus der Zersetzung primärer Germanium-Erze sowie sulfidischer Erzminerale wie Germanit, Renierit und Tennantit. Das Mineral bildete sich bei der Alteration der germaniumhaltigen Sulfidminerale durch wässrige, durch den Erzkörper migrierende Lösungen (Grundwässer). In direkter Vergesellschaftung mit Eyselit wurden keine weiteren Sekundärminerale beobachtet.[3]

Als extrem seltene Mineralbildung konnte Eyselit bisher (Stand 2016) nur von einem Fundpunkt beschrieben werden.[5][6] Die Typlokalität des Minerals ist die weltberühmte Cu-Pb-Zn-Ag-Ge-Cd-Lagerstätte der „Tsumeb Mine“ (Tsumcorp Mine) in Tsumeb, Region Oshikoto, Namibia. Der genaue Fundpunkt innerhalb der „Tsumeb Mine“ ist nicht bekannt.[3][6]

Verwendung

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Eyselit ist aufgrund seiner Seltenheit lediglich für Mineralsammler interessant.

Siehe auch

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Literatur

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  • Andrew C. Roberts, Terry M. Seward, Eric Reusser, Graham J. C. Carpenter, Joel D. Grice, Simon M. Clark, Matthew A. Marcus: Eyselite, Fe3+Ge4+3O7(OH), a new mineral species from Tsumeb, Namibia. In: The Canadian Mineralogist. Band 42, 2004, S. 1771–1776, doi:10.2113/gscanmin.42.6.1771 (rruff.info [PDF; 543 kB]).
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Einzelnachweise

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  1. Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: July 2024. (PDF; 3,6 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Juli 2024, abgerufen am 13. August 2024 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 320 kB; abgerufen am 5. Januar 2023]).
  3. a b c d e f g h i j k l m n o p q Andrew C. Roberts, Terry M. Seward, Eric Reusser, Graham J. C. Carpenter, Joel D. Grice, Simon M. Clark, Matthew A. Marcus: Eyselite, Fe3+Ge4+3O7(OH), a new mineral species from Tsumeb, Namibia. In: The Canadian Mineralogist. Band 42, 2004, S. 1771–1776, doi:10.2113/gscanmin.42.6.1771 (rruff.info [PDF; 543 kB]).
  4. Mineralienatlas – Mineralbeschreibung Eyselit
  5. Mindat – Anzahl der Fundorte für Eyselit
  6. a b Fundortliste für Eyselit beim Mineralienatlas und bei Mindat