Fediverse

offenes Netzwerk für soziale Medien, das das ActivityPub-Protokoll verwendet

Fediverse (Kofferwort aus engl. federation und universe) oder Fediversum[1][2] bezeichnet ein Netzwerk föderierter, voneinander unabhängiger sozialer Netzwerke, Mikroblogging-Dienste und Webseiten für Online-Publikation oder Daten-Hosting. Das Konzept kam 2008 mit Laconica / StatusNet auf Identi.ca und ab 2012 mit GNU Social auf und verbreitete sich 2016 vermehrt mit Mastodon und dem 2018 vom World Wide Web Consortium (W3C) definierten Kommunikationsprotokoll ActivityPub.[3] Menschen im Fediverse nennen sich selber unter anderem „Fedizens“ (Kofferwort aus engl. Fediverse und Citizens) oder auch „Fedinauten“ (Kofferwort aus engl. Fediverse und Astronauts).

Die Idee des „Fediverse“ ist, dass es möglich sein soll, ein Benutzerkonto auf einer beliebigen Plattform im Fediverse anzulegen und sich darüber mit Nutzern auf allen anderen Plattformen austauschen zu können, ohne dort ein weiteres Konto anlegen zu müssen. Ermöglicht wird das dadurch, dass die einzelnen Plattformen mittels bestimmter Kommunikationsprotokolle miteinander verbunden sind und so die föderierte Identität und Inhalte jeweils auf andere verbundene Plattformen und Instanzen verteilt werden.[4] Diese Praxis steht im Gegensatz zu geschlossenen sozialen Netzwerken wie Twitter oder Facebook, bei denen Benutzer ein eigenes Benutzerkonto in jedem der Netzwerke benötigen, wenn sie mit anderen Nutzern des jeweiligen Netzwerks interagieren möchten.[5]

Begriff und Abgrenzung

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Der Begriff des „Fediverse“ wurde erstmals in Zusammenhang mit dem von verschiedenen sozialen Netzwerken genutzten Protokoll OStatus verwendet. Im Jahr 2018 wurde dies um Dienste wie Mastodon, die das Protokoll ActivityPub verwenden, erweitert. In einer erweiterten Definition werden auch Netzwerke wie Diaspora, welches ein eigenes Protokoll verwendet, zum Fediverse hinzugezählt,[6] da die Instanzen mit anderen Plattformen verbunden sind, die Teil des Fediverse sind. Manchmal werden auch sämtliche dezentralen Netzwerke, die als Alternative zu Netzwerken wie Facebook oder Twitter dienen können, als Fediverse bezeichnet.[7]

Die Unklarheit der genauen Definition bringt einige Probleme mit sich. So kann zum Beispiel nicht davon ausgegangen werden, dass alle Plattformen im Fediverse auch tatsächlich in allen Funktionen miteinander kompatibel sind und Inhalte von jeder Plattform in alle anderen übertragen werden können. Dies ist abhängig von der jeweiligen Implementation und dem verwendeten Protokoll. Allen einzelnen Plattformen ist nur gemein, dass sie dezentrale verteilte soziale Netzwerke und freie Software sind.

Historische Entwicklung

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Das Konzept des Fediverse kam im Jahr 2008 mit dem sozialen Netzwerk identi.ca auf, das die Software GNU Social verwendet. Neben dem Server identi.ca existierten lange Zeit nur wenige andere Instanzen, die meist von Einzelpersonen für ihren persönlichen Gebrauch betrieben wurden. Dies änderte sich 2011/2012, als es zunehmend zu Problemen auf identi.ca kam und die Plattform auf eine neue Software (pump.io) umgestellt wurde. Im Zuge der Migration von identi.ca wurden mehrere andere GNU-Social-Instanzen eröffnet.

Parallel zur Entwicklung von GNU Social implementierten andere Projekte wie Friendica, Hubzilla[8], Mastodon oder Pleroma[9] das OStatus-Protokoll, womit das Fediverse immer weiter wuchs.

Im Januar 2016 stellte das W3C das Kommunikationsprotokoll ActivityPub vor, um die Interoperabilität der verschiedenen Plattformen zu verbessern. Inzwischen wird dieses Protokoll von verschiedenen Plattformen ganz oder teilweise unterstützt. Diese Plattformen nutzen gleichzeitig noch andere Kommunikationsprotokolle, wodurch diese auch Teil des Fediverse werden. Der Grad der Integration und damit die Interoperabilität zwischen den einzelnen Plattformen und Netzwerken ist unterschiedlich. So sind auch innerhalb eines Kommunikationsprotokolls nicht alle Plattformen miteinander verbunden – wenngleich dies das Ziel von Protokollen wie ActivityPub ist.

Kommunikationsprotokolle und Instanzen

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Auszug aus den gemeinsamen Protokollen und Plattformen im Fediverse (2024)

Die Web-Plattformen, die gemeinsam das Fediverse aufspannen, sind allesamt freie Software. Einige ähneln Twitter (zum Beispiel Mastodon oder GNU Social, ähnlich in ihrer Mikrobloggingfunktion und den Nutzerinteraktionen), während andere mehr Kommunikations- und Transaktionsmöglichkeiten bieten, die dann eher mit Google+ oder Facebook vergleichbar sind (wie Diaspora, Friendica und Hubzilla).

Teil des Fediverse sind Plattformen, die Kommunikationsprotokolle verwenden, die mehrere Plattformen im Fediverse verbinden. Einige verwenden mehrere Protokolle. Im Fediverse verwendete Protokolle sind:

ActivityPub
implementiert von Mastodon[10], Friendica[11], Pleroma, PeerTube, Hubzilla[12], Nextcloud Social (alpha), Pixelfed und weiteren
DFRN
implementiert von Friendica[13]
Diaspora
implementiert von Diaspora, Friendica, Hubzilla, und weiteren
OStatus
implementiert von GNU Social, Friendica, Mastodon (bis Version 3.0[14]), Hubzilla, und weiteren
ZOT
implementiert von Hubzilla, Zap, Misty, Osada, Redmatrix, Roadhouse[15][16]

Selten werden auch Cloudnetzwerkprotokolle wie das von OwnCloud und Nextcloud verwendete Open Cloud Mesh hinzugezählt, da Nextcloud teilweise ActivityPub unterstützt und dadurch Verbindung zum Fediverse hat.[17]

Verbreitung

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Eine genaue Angabe der Anzahl verbundener Instanzen und Nutzer ist nicht möglich, da Statistiken nur per Opt-in erfasst werden. Diese machen keine Aussage zur gesamten Verbreitung des Fediverse; es können nur Aussagen zur Mindestverbreitung getroffen werden, die tatsächliche Verbreitung kann höher sein. Je nach Anzahl der erfassten Instanzen und Softwareprojekte erfassen verschiedene Statistikprojekte auch unterschiedliche Zahlen.

Ein Statistikserver hatte zum 8. März 2022 Kenntnis von 10.208 Instanzen (Servern), die sich auf 86 Projekte aufteilen, die drei dynamischsten Projekte von April bis Ende Dezember 2018 waren Mastodon (+600.858 Nutzer +717 neue Instanzen), Pleroma (+2.535 Nutzer, +286 Instanzen) und PeerTube (+7.382 Nutzer, +188 Instanzen), sowie das neue Projekt Pixelfed (+3.668 Nutzer, +34 Instanzen). Es waren insgesamt etwa 5,1 Mio. Nutzer registriert, die 606,6 Mio. Nachrichten verfassten[18]. Rund 1,3 Mio. Nutzer waren 2022 innerhalb des letzten halben Jahres aktiv.[19]

Spätestens Mitte März 2023[20] (nach anderen Statistiken[21] bereits im Februar) wurden mehr als 10 Mio. Benutzer im Fediverse erfasst, davon über 5,7 Mio. im letzten halben Jahr aktiv. Bei den Instanzen handelt es sich um alleine über 16.884 Mastodon-Instanzen[22], sowie 39.623 ActivityPub-Instanzen insgesamt. Der Dienst von FediDB durchsucht alle sechs Stunden die bekannten Instanzen und stellt diese als Diagramme dar.[23] Auch ein filtern nach Server oder benutzter Software ist möglich.

Netzwerk Nutzer (April 2022) Nutzer (März 2023) Nutzer (August 2024)
Mastodon 4,4[24] bis 5,1 Mio.[25] 10,7 Mio.[26] 15,3 Mio.[27]
PeerTube 0,3 Mio. 0,3 Mio. 0,2 Mio.[28][29]
diaspora 0,8 Mio.[30] 0,7 Mio. 0,7 Mio. (Okt 23)

Im Rahmen der Wissenschaftskommunikation, Open-Science-Bemühungen und dem gesellschaftlichen Auftrag öffentlicher Forschungs- und Bildungseinrichtungen plädierten Wissenschaftler wiederholt für das Hosting eigener Fediverse-Instanzen.[31][32][33]

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Commons: Fediverse – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. Peter Welchering: Alternativen zu Youtube & Co.: Die unendlichen Weiten des Fediversums. In: FAZ.NET. ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 30. November 2021]).
  2. Leena Simon und Christian Pietsch: Fediverse – so geht gutes Social Media. In: digitalcourage.de. 17. April 2021 (digitalcourage.de [abgerufen am 3. September 2023]).
  3. Eileen Brown: Is Mastodon the new social media star, or imploding black hole? In: zdnet.com. 17. April 2017, abgerufen am 5. Dezember 2018 (englisch).
  4. Leena Simon: Alternativen zu Facebook. In: Mittelbayerische. 13. April 2018, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 18. August 2018; abgerufen am 5. Dezember 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.mittelbayerische.de
  5. John Hilton III (Hrsg.): Teaching Religion Using Technology in Higher Education. Routledge, New York 2018, ISBN 978-1-351-61658-4, S. 104.
  6. Monika Ermert: No-Spy Konferenz: CryptoParties sind out, mehr Fediverse ist in. In: heise. 18. Juni 2018, abgerufen am 5. Dezember 2018.
  7. Sean O'Brien: Facebook Domination vs. Self-Determination. In: boingboing.net. 18. Juli 2018, abgerufen am 5. Dezember 2018 (englisch).
  8. framagit.org/hubzilla/: gnusoc · master · hubzilla / addons. Abgerufen am 17. Juli 2018 (englisch).
  9. pleroma.social: Pleroma. Abgerufen am 17. Juli 2018.
  10. github.com/tootsuite/mastodon/: ActivityPub support #1557. Abgerufen am 18. August 2018 (englisch).
  11. ActivityPub support in Friendica. In: friendi.ca Projektblog. 18. November 2018, abgerufen am 6. Dezember 2018 (englisch).
  12. framagit.org/hubzilla/: pubcrawl · master · hubzilla / addons. Abgerufen am 17. Juli 2018 (englisch).
  13. github.com/friendica/: DFRN2. (PDF) Abgerufen am 18. August 2018.
  14. Eleanor: Mastodon 3.0. In: blog.joinmastodon.org. 11. Oktober 2019, abgerufen am 30. Oktober 2020 (englisch).
  15. zotlabs. Abgerufen am 10. Oktober 2021 (englisch).
  16. spec/Zot6. In: Framagit. Abgerufen am 29. Oktober 2021 (englisch).
  17. wiki.geant.org: Open Cloud Mesh. Abgerufen am 18. August 2018 (englisch).
  18. fediverse network, 2018 Report. 31. Dezember 2018, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 8. Februar 2019; abgerufen am 2. Januar 2019 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/fediverse.network
  19. The Federation – A statistics hub. Abgerufen am 8. März 2022 (englisch).
  20. Mastodon Users (@mastodonusercount@mastodon.social). 19. März 2023, abgerufen am 5. April 2023 (englisch).
  21. The Federation – a statistics hub. Abgerufen am 5. April 2023 (englisch).
  22. Mastodon instances. Abgerufen am 5. April 2023.
  23. FediDB, Fediverse Network Statistics. Abgerufen am 12. Oktober 2024 (englisch).
  24. Jörg Schieb: Toots statt Tweets: Ist Mastodon ein würdiger Ersatz für Twitter? In: Tagesschau. 28. April 2022, abgerufen am 29. April 2022.
  25. Mastodon Users (@mastodonusercount@bitcoinhackers.org). In: Mastodon. 27. April 2022, abgerufen am 27. April 2022 (englisch).
  26. Mastodon Users (@mastodonusercount@mastodon.social). 5. April 2023, abgerufen am 5. April 2023 (englisch).
  27. Mastodon Users (@mastodonusercount@mastodon.social). 29. August 2024, abgerufen am 29. August 2024 (englisch).
  28. PeerTube Usage Statistics. Abgerufen am 29. August 2024.
  29. PeerTube instances. Abgerufen am 29. August 2024.
  30. The Federation. Jason Robinson, abgerufen am 28. Oktober 2021 (englisch).
  31. Leonhard Dobusch: Aufruf: Hochschulen aller Länder ins Fediverse! In: Netzpolitik.org. 29. Januar 2023, abgerufen am 4. Januar 2024 (deutsch).
  32. A Fedi-Vision. In: David Lohner. 6. Juli 2023, abgerufen am 4. Januar 2024 (deutsch).
  33. Melanie Bartos: Universities, Step into the Fediverse! Reclaiming Digital Sovereignty. In: media.ccc.de. Chaos Computer Club, 30. Dezember 2023, abgerufen am 4. Januar 2024 (englisch).