Der Fleischkonsum in Deutschland nimmt tendenzmäßig immer mehr ab und lag 2022 bei 52 kg pro Kopf und Jahr.[1] Der Gesamtverbrauch einschließlich der Herstellung von Tierfutter, industrieller Verwertung und Verlusten lag 2022 bei rund 71 Kilogramm pro Kopf.[1] Damit belegt Deutschland im weltweiten Vergleich den 21. Platz.

Der Pro-Kopf-Fleischverbrauch in Deutschland seit 1991

Geschichte

Bearbeiten
 
Während 1950 in Deutschland ein Kilogramm Schweinefleisch 1,6 Prozent des monatlichen Nettoverdienstes kostete, waren es 2002 nur noch 0,28 Prozent.

Gemäß Schätzungen, die nur von wenigen Studien relativiert werden konnten, konsumierten die Menschen im Spätmittelalter auf dem Gebiet des heutigen Deutschlands etwa 100 kg (32,7 bis 107 kg pro Kopf und Jahr[2]) Fleisch pro Jahr.[3][4][5][6] Allerdings ist diese Zahl umstritten und die konsumierte Menge schwankte wohl lokal und zeitlich beträchtlich. Die Filetstücke waren zudem tendenziell dem Adel vorbehalten, während das einfache Volk vor allem Kochfleisch und Innereien aß.[7] Studien zum Fleischverbrauch in der spätmittelalterlichen Provence ergaben einen Pro-Kopf-Verbrauch von 26 bis 65 kg pro Jahr.[8][9]

Von Anfang des 16. Jahrhunderts bis Anfang des 19. Jahrhunderts sank der Fleischkonsum stetig. Bis zum frühen 17. Jahrhundert war der Fleischverbrauch im deutschsprachigen Raum bereits auf durchschnittlich 50 kg pro Kopf und Jahr zurückgegangen.[10] Gründe waren unter anderem die wachsende Bevölkerung, fehlende Möglichkeiten des Futteranbaus und verschlechterte klimatische Bedingungen.[6][11] Im frühen 19. Jahrhundert wird der Fleischkonsum pro Kopf und Jahr auf rund 15 kg geschätzt.[12][13] Mit der Industrialisierung stieg der Konsum wieder steil an und erreichte bis vor dem Ersten Weltkrieg 51 kg.[13] Nach Einbrüchen infolge der beiden Weltkriege stieg die verzehrte Menge weiter an.

Zwischen 1961 und 2011 stieg der Fleischverbrauch in Deutschland von durchschnittlich 64 kg auf 90 kg pro Kopf und Jahr.[14][15] In den Jahren 2014 und 2020 variierte der Fleischverbrauch pro Kopf und Jahr nach Angaben des Bundesinformationszentrum Landwirtschaft zwischen 84,5 und 90 kg und der geschätzte Fleischverzehr zwischen 57 und 61 kg.[16]

Am meisten Fleisch wird in den USA mit rund 120 Kilogramm pro Kopf und Jahr verbraucht, am wenigsten in Bangladesch und Indien mit ungefähr vier Kilogramm.[17] Im weltweiten Mittel werden etwa 42 Kilogramm Fleisch pro Kopf und Jahr verbraucht.[18]

Fleischkonsum in Deutschland

Bearbeiten
 
Fleisch- und Wurstverzehr nach Bundesländern und Geschlecht

Seit dem Jahr 2000 ist der Fleischkonsum gemäß Berechnungen aufgrund von Schlachtungsstatistiken zwischen 57 und 61 kg pro Kopf im Jahr weitgehend konstant geblieben.[19][20] Das entspricht einem mittleren täglichen Fleischkonsum von 160 – 170 g/Tag pro Kopf.

Die Nationale Verzehrsstudie II kommt auf der Basis von in den Jahren 2005 und 2006 durchgeführten Interviews von Konsumenten zu einem niedrigeren Ergebnis.[21] Es wurden 8278 Frauen und 7093 Männer der deutschen Bevölkerung befragt. Die Auswertung ergab einen mittleren täglichen Konsum von Fleisch, Wurst und Gerichten aus Fleisch (wie Wurstsalat, Hamburger) von 83 g/Tag für Frauen und 160 g/Tag für Männer. Hochgerechnet auf das Jahr ergibt das einen Fleischkonsum von 44,3 kg pro Kopf und Jahr.

Nach Prognose der Heinrich-Böll-Stiftung, Herausgeberin des „Fleischatlas“, verbraucht ein Deutscher in seinem Leben im Schnitt zwischen 635 und 715 Tiere. Die angegebene Spannbreite wird mit dem Wandel im Konsumverhalten bezüglich Fleischarten begründet.[22] Von den rund 60 kg Fleisch, die 2013 pro Kopf verzehrt wurden, waren rund 30 kg Fleischwaren, also Wurst und Schinken. Pro Kopf wurden 2013 in Deutschland 38,1 kg Schweinefleisch, 11,6 kg Geflügelfleisch, 8,9 kg Rindfleisch, 0,6 kg Schaf- und Ziegenfleisch und 1 kg andere Fleischarten verzehrt. Der Fleisch- und Wurstverzehr hängt in Deutschland sowohl vom Geschlecht als auch vom Bundesland ab. Frauen verzehren dabei etwa halb so viel Fleisch wie Männer. Der Fleischkonsum sinkt in Deutschland mit steigendem Bildungsniveau und Einkommen.[21] Der Konsum von Fleisch bzw. Fleisch- und Wurstwaren als Bio-Lebensmittel wird auf bis zu zwei Prozent geschätzt.

Umfragen zeigen, dass die Deutschen ihren eigenen Fleischkonsum zu gering einschätzen. Die tatsächlich konsumierte Menge liegt 70 % höher als von den befragten Personen geschätzt.[23]

Die Fleischproduktion in Deutschland sank 2023 um vier Prozent, auf 6,8 Millionen Tonnen. Seit einem Höchststand im Jahr 2016, mit 8,25 Millionen Tonnen, ist die Produktion sieben Jahre in Folge zurückgegangen.[24]

Fleisch als Abfall

Bearbeiten

Im Jahr 2015 landeten in Deutschland 235.500 Tonnen Fleisch im Müll (sog. „vermeidbarer Abfall“). Davon fielen 150.000 Tonnen bis zur Schlachtung an, 32.200 Tonnen bei der Verarbeitung und 53.300 Tonnen im Einzelhandel. Nicht berücksichtigt sind hierbei jene Abfallmengen an Fleisch, die beispielsweise im Gastgewerbe oder bei den Verbrauchern anfielen.[25]

Kritik am Fleischkonsum in Deutschland

Bearbeiten
Video: Braucht der Mensch Fleisch?
 
Folgen einer Reduktion des Fleischverzehrs auf durchschnittlich 600 Gramm pro Person und Woche gemäß Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung und daher Senkung um 48 Prozent, für 2017 berechnet. Quelle: Fleischatlas 2021, Urheber: Bartz/Stockmar, Lizenz: CC BY 4.0[26]

Barbara Unmüßig sagte bei der Vorstellung des Fleischatlas 2013, der gemeinsam von der Heinrich-Böll-Stiftung, dem Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) und der Monatszeitung „Le Monde diplomatique“ in Berlin vorgestellt wurde, dass, um die Fleischproduktion und den Konsum in Deutschland aufrechtzuerhalten, große Mengen an Futtermitteln importiert werden müssten (siehe auch Außenhandel der deutschen Ernährungswirtschaft). Dies trage zur Bedrohung des Regenwaldes bei. Auch würden aufgrund der hohen Nachfrage nach Fleisch in Deutschland vermehrt Antibiotika in der Massentierhaltung eingesetzt.

Nach Meinung der Natur- und Umweltschutzorganisation WWF Deutschland wirkt sich Fleischkonsum auf den Flächen- und Wasserverbrauch, die Emission von Treibhausgasen und die Fruchtbarkeit des landwirtschaftlich genutzten Bodens aus. Vier Fünftel der weltweit landwirtschaftlich genutzten Flächen würden heute allein von der Tierhaltung beansprucht. 35 % des weltweit angebauten Getreides gingen inzwischen in die Tierhaltung; in der EU seien es im Schnitt mehr als 60 %.[27] In einer großangelegten dreiteiligen Untersuchung kommt der WWF Deutschland zu dem Ergebnis, dass erstens der „Flächen-Fußabdruck“ fleischbetonter Ernährung sehr groß sei, dass zweitens eine fleischärmere Ernährung und die Vermeidung von Nahrungsmittelabfällen zu bedeutsamen Einsparungen beim landwirtschaftlichen Flächenverbrauch und drittens zu deutlich geringeren Treibhausgasemissionen führen würde.[28]

Im Juni 2016 fordern die Grünen im Bundestag ein Ende extremer Billigfleisch-Angebote im Supermarkt. Ziel eines Konzeptpapiers der Fraktion ist es, die Tierhaltung in den nächsten 20 Jahren zusammen mit der Landwirtschaft tierfreundlich umzubauen.[29] Der Deutsche Bauernverband lehnt eine Agrarwende hingegen ab.[30]

Um die Umwelt wirksamer zu schützen und das Tierwohl zu heben, wird vorgeschlagen, sowohl beim Konsum wie auch bei der Produktion anzusetzen. Möglich wäre dies nur durch Maßnahmen, hinter denen eine umfassende politische Strategie steht. Für Nichtregierungsorganisationen wie auch für Wissenschaftler wäre das wichtigste Ziel hierbei, bis 2050 den Konsum tierischer Produkte um die Hälfte zu senken. Reduzierte man beispielsweise den durchschnittlichen Fleischverbrauch pro Person von aktuell etwa 1,1 Kilogramm auf 600 Gramm pro Woche, ließen sich die Bestände an Mastschweinen und Mastgeflügel um über 40 Prozent verkleinern.[31]

Literatur

Bearbeiten
  • Barbara Krug-Richter: Alltag und Fest. Nahrungsgewohnheiten im Magdalenenhospital in Münster 1558–1635. In: Trude Ehlert (Hrsg.): Haushalt und Familie in Mittelalter und früher Neuzeit. Vorträge eines interdisziplinären Symposions vom 6.–9. Juni 1990 an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Mit einem Register von Ralf Nelles. Thorbecke, Sigmaringen 1991, ISBN 3-7995-4156-X, S. 71–90, hier: S. 74–85 (Grundzüge der Ernährung) und 85–90 (Fest- und Fastenzeiten).
Bearbeiten

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. a b Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung: Versorgung mit Fleisch in Deutschland im Kalenderjahr 2010-2023. 24. April 2024, abgerufen am 26. August 2024.
  2. Ulf Dirlmeier: Untersuchungen zu Einkommensverhältnissen und Lebenshaltungskosten in oberdeutschen Städten des Spätmittelalters. (Mitte 14. bis Anfang 16. Jahrhundert) (= Abhandlungen der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-Historische Klasse. Jg. 1978, Abh. 1). Winter, Heidelberg 1978, ISBN 3-533-02607-8, S. 358–359.
  3. Wilhelm Abel: Wandlungen des Fleischverbrauchs und der Fleischversorgung in Deutschland seit dem ausgehenden Mittelalter. In: Berichte über Landwirtschaft. Neue Folge, Band 22, Heft 3, 1938, S. 412–452.
  4. Wilhelm Abel: Stufen der Ernährung. Eine historische Skizze. Göttingen 1981, S. 13.
  5. Ernährung (Spätmittelalter/Frühe Neuzeit) – Historisches Lexikon Bayerns. Abgerufen am 15. Januar 2024.
  6. a b Gunther Hirschfelder: Vom Wohlstands- zum Krisensymbol. 17. Dezember 2021, abgerufen am 15. Januar 2024.
  7. Hans Jürgen Teuteberg: Der Fleischverzehr in Deutschland und seine strukturellen Veränderungen. In: Unsere tägliche Kost. Münster 1988, ISBN 3-88547-279-1, S. 65 (d-nb.info).
  8. Louis Stouff: Ravitaillement et alimentation en Provence aux XIVe et XVe siècle (= Civilisations et Société. Band 20). Paris 1970, S. 174–194 und 236.
  9. Barbara Krug-Richter: Alltag und Fest. Nahrungsgewohnheiten im Magdalenenhospital in Münster 1558–1635. In: Trude Ehlert (Hrsg.): Haushalt und Familie in Mittelalter und früher Neuzeit. Vorträge eines interdisziplinären Symposions vom 6.–9. Juni 1990 an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn. Mit einem Register von Ralf Nelles. Thorbecke, Sigmaringen 1991, ISBN 3-7995-4156-X, S. 71–90, hier: S. 75.
  10. Friedrich-Wilhelm Henning: Landwirtschaft und ländliche Gesellschaft in Deutschland. Band 1: 800–1750. 2. Auflage. Paderborn 1985, S. 211.
  11. Hans Jürgen Teuteberg: Der Fleischverzehr in Deutschland und seine strukturellen Veränderungen. In: Unsere tägliche Kost. Münster 1988, ISBN 3-88547-279-1, S. 69 (d-nb.info).
  12. Zahlenangaben nach Hypothese von Wilhelm Abel, zitiert nach Massimo Livi Bacci: Europa und seine Menschen: eine Bevölkerungsgeschichte, C.H.Beck Verlag, 1999, ISBN 3-406-44700-7, S. 69.
  13. a b Hans Jürgen Teuteberg: Der Fleischverzehr in Deutschland und seine strukturellen Veränderungen. In: Unsere tägliche Kost. Münster 1988, ISBN 3-88547-279-1, S. 71 (d-nb.info).
  14. TONNEN FÜR DIE TONNE. Abgerufen am 7. Januar 2024.
  15. Food Agriculture Statistics. Ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 7. Januar 2024.@1@2Vorlage:Toter Link/www.fao.org (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  16. Bundesinformationszemtrum Landwirtschaft: Versorgung mit Fleisch in Deutschland im Kalenderjahr 2020 (vorläufig). Abgerufen am 18. Februar 2022.
  17. Statistiken der FAO, Handelsblatt, abgerufen am 13. Juni 2015
  18. Zukunftsstiftung Landwirtschaft: Fleisch und Futtermittel. In: weltagrarbericht.de.
  19. Bundesinformationszemtrum Landwirtschaft: Versorgung mit Fleisch in Deutschland im Kalenderjahr 2020 (vorläufig). Abgerufen am 18. Februar 2022.
  20. Fleischatlas 2018: Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel. (PDF) Heinrich-Böll-Stiftung, S. 13, abgerufen am 5. September 2019.
  21. a b Nationale Verzehrstudie II Ergebnisbericht Teil 2. (pdf, 2 MB) Max Rubner-Institut, Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, 4. November 2008, S. 307, abgerufen am 28. August 2019 (Abschnitt 4.1.9 S 44 Tab. 4.25).
  22. Fleischatlas extra 2014: Abfall und Verschwendung. (PDF; 4 MB) Heinrich-Böll-Stiftung, S. 16–19, abgerufen am 15. Juni 2015.
  23. Fighting Our Food Fallacy. In: Donanto Foundation. 23. März 2021, abgerufen am 20. April 2021 (englisch).
  24. Fleischproduktion im Jahr 2023 um 4 % gesunken. In: destatis.de. Statistisches Bundesamt, 7. Februar 2024, abgerufen am 7. Februar 2024.
  25. Fleischatlas 2021 – Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel. Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin 2021, ISBN 978-3-86928-224-4, S. 41, Grafik (Download [PDF; 5,1 MB; abgerufen am 30. März 2021]).
  26. Fleischatlas 2021 – Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel. Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin 2021, ISBN 978-3-86928-224-4, S. 47 (Download [PDF; 5,1 MB; abgerufen am 30. März 2021]).
  27. Studie Schwere Kost für Mutter Erde (PDF; 3,8 MB) des WWF 2014, S. 5. Abgerufen am 9. März 2015.
  28. WWF: Ernährung
  29. Grüne fordern Verbot von Dumpingpreisen für Fleisch, Wirtschaftswoche, abgerufen am 14. Juni 2016.
  30. Bauerntag: Verbandschef ist gegen Agrarwende, NDR, 30. Juni 2016
  31. Fleischatlas 2021 – Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel. Heinrich-Böll-Stiftung, Berlin 2021, ISBN 978-3-86928-224-4, S. 46 (Download [PDF; 5,1 MB; abgerufen am 30. März 2021]).