Florian Illies
Florian Illies (* 4. Mai 1971 in Schlitz) ist ein deutscher Autor, Journalist, Kunsthistoriker und Kurator.
Leben und Wirken
BearbeitenIllies wurde als jüngstes von vier Kindern des Biologen und Limnologen Joachim Illies (1925–1982) und dessen Frau Helga, geb. Niepoth (1931–2020), in der oberhessischen Kleinstadt Schlitz im Vogelsbergkreis geboren.[1][2] Nach der Grundschule in Schlitz, wo Gudrun Pausewang seine Lehrerin war, besuchte er die Winfriedschule in Fulda und sammelte von 1986 an – während seiner Schulzeit – erste journalistische Erfahrungen beim Schlitzer Boten, seinem Heimatblatt. Später volontierte er bei der Fuldaer Zeitung. Anschließend studierte Illies Kunstgeschichte und Neuere Geschichte in Bonn und Oxford. An der Universität Bonn schloss er 1998 sein Studium mit dem Grad eines Magister Artium (M.A.) bei Andreas Tönnesmann mit der Arbeit Gustav Friedrich Waagen in England. Eine Studie über den Import kunsthistorischer Systeme zur Zeit des Viktorianismus ab.
Gefördert durch Eduard Beaucamp und Frank Schirrmacher begann er 1991, für die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) zu schreiben; 1997 wurde er Feuilletonredakteur der FAZ. Ab 1999 war er verantwortlich für die „Berliner Seiten“ dieser Zeitung und ging anschließend als Feuilletonchef zur Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
Nach seinem Ausscheiden bei der FAZ gründete Illies 2004 mit seiner damaligen Frau Amélie von Heydebreck, einer Tochter des Deutsche-Bank-Vorstandes Tessen von Heydebreck, mit der er zwei Kinder hat, Monopol, eine Zeitschrift für Kunst, Literatur und Lifestyle. Bis Ende 2006 war Illies sowohl deren Herausgeber als auch deren Chefredakteur.
2008 wechselte Illies zur Wochenzeitung Die Zeit und war zunächst für das Zeit-Magazin tätig.[3] Ab 2009 leitete er dort, zusammen mit Jens Jessen, das Ressort Feuilleton und Literatur.[4] Seit 2017 gehört Illies zum fünfköpfigen Herausgebergremium der „Zeit“.[5] 2018 war er auch Mitglied der Hauptjury beim Stern-Preis, dem wichtigsten deutschen Journalistenpreis. Seit 2022 ist er Mitglied der Jury vom Deutschen Reporter:innenpreis. 2023 wurde er von der Kulturministerin Ina Brand in das Gremium für den Kunstpreis NRW berufen.[6]
Im Sommer 2011 wurde Illies zu einem der vier Gesellschafter des Berliner Auktionshauses Villa Grisebach[7]. Zum Jahresende 2018 verließ Illies die Villa Grisebach, gehört aber weiterhin dem Beirat des Unternehmens an.[8] Er etablierte dort die Abteilung „Kunst des 19. Jahrhunderts“ und das „Journal“, das jedes Jahr Autoren wie Hans Magnus Enzensberger, Botho Strauß, Helene Hegemann und Eva Menasse über Kunstwerke schreiben ließ.[9]
Zum 1. Januar 2019 trat er beim Rowohlt Verlag als verlegerischer Geschäftsführer die Nachfolge von Barbara Laugwitz an.[10][11] Ende Januar 2020 wurde sein Rücktritt auf eigenen Wunsch angekündigt. Seine Nachfolgerin ab Juli 2020 wurde Nicola Bartels.[12]
Seit 2020 ist Illies Mitglied im Kuratorium der Kulturstiftung der Länder. Seit dem Sommer 2021 ist er gemeinsam mit Giovanni di Lorenzo der Gastgeber des Kunstpodcastes Augen zu von ZEIT und ZEIT ONLINE, der auf Anhieb der erfolgreichste deutsche Kunstpodcast wurde und sich jeden Monat dem Leben und Werk eines Künstlers oder einer Künstlerin widmet.[13]
Als Kurator tätig war Illies im Jahr 2022 für die Ausstellung „Der letzte Romantiker. Albert Venus“[14] im Kupferstich-Kabinett Dresden.[15] Im Februar 2023 eröffnete die Ausstellung „Mehr Licht – Die Befreiung der Natur“[16] im Kunstpalast Düsseldorf, die er ebenfalls kuratiert hat. In November 2024 eröffnet die ebenfalls von Florian Illies kuratierte Ausstellung „Momente der Klarheit – Janus la Cour und das neue Bild der Natur“ im Museum Kunst der Westküste auf Föhr.
Bekannt wurde Illies besonders durch seinen Bestseller Generation Golf (2000), in dem er ein kritisches Bild seiner eigenen, um 1970 geborenen Generation entwarf. In den beiden folgenden Bänden Anleitung zum Unschuldigsein (2001) und Generation Golf zwei (2003) beschäftigte sich Illies mit weiteren Phänomenen seiner Generation.[17] Eine Auswahl von Illies’ gesammelten Kunstkritiken und Essays zur Kultur erschien 2017 unter dem Titel Gerade war der Himmel noch blau.[18] 2006 erschien Ortsgespräch, ein Rückblick auf eine Kindheit in der deutschen Provinz. 2012 gelang Illies sein bislang größter Bestseller: 1913: Der Sommer des Jahrhunderts. Es war im Jahre 2012 das meistverkaufte Sachbuch Deutschlands, stand mehr als siebzig Wochen auf der Bestsellerliste und wurde bislang in 28 Sprachen übersetzt. Im Jahr 2018 erschien die Fortsetzung 1913. Was ich unbedingt noch erzählen wollte, in dem der Autor weitere Geschichten aus dem Jahr 1913 auf seine eigene Weise collagenartig miteinander vernetzt. 2021 erschien Liebe in Zeiten des Hasses, in dem sich Florian Illies mit den Jahren von 1929 bis 1939 befasst. Sein bislang aktuellstes Buch Zauber der Stille erschien 2023, das sich dem Maler Caspar David Friedrich widmet.
Auszeichnungen
Bearbeiten- 1999 – Axel-Springer-Preis und Ernst-Robert-Curtius-Förderpreis
- 2003 – Hessischer Kulturpreis
- 2014 – Ludwig-Börne-Preis[19]
- 2016 – Max J. Friedländer-Preis, verliehen vom Kupferstichkabinett Berlin[20]
- 2023 – Ehrenpreis des Bayerischen Ministerpräsidenten beim Bayerischen Buchpreis 2023[21]
Werke
Bearbeitenals Autor
- Gustav Friedrich Waagen in England. Eine Studie über den Import kunsthistorischer Systeme zur Zeit des Viktorianismus. (Bonn, Univ., Mag.-Arb., 1998).
- Generation Golf. Eine Inspektion. 13. Aufl. S. Fischer, Frankfurt am Main 2011, ISBN 978-3-596-15065-6 (Erstauflage 2000).[Anm 1]
- Anleitung zum Unschuldigsein. Das Übungsbuch für ein schlechtes Gewissen. Argon, Berlin 2001, ISBN 3-596-50843-6.[Anm 1]
- Generation Golf zwei. Blessing, München 2003, ISBN 3-89667-246-0.[Anm 1]
- Ortsgespräch. Blessing, München 2006, ISBN 3-89667-262-2.[Anm 1]
- 1913: Der Sommer des Jahrhunderts. S. Fischer, Frankfurt am Main 2012, ISBN 978-3-10-036801-0.[Anm 1][22] (Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste in den Jahren 2012 und 2013)
- Gerade war der Himmel noch blau: Texte zur Kunst, S. Fischer, Frankfurt am Main 2017, ISBN 978-3-10-397251-1.
- 1913. Was ich unbedingt noch erzählen wollte. S. Fischer, Frankfurt am Main 2018, ISBN 978-3-10-397360-0.
- Liebe in Zeiten des Hasses. Chronik eines Gefühls 1929–1939. S. Fischer, Frankfurt am Main 2021, ISBN 978-3-10-397073-9.
- Florian Illies über Gottfried Benn (= Bücher meines Lebens, Bd. 1). Hrsg. von Volker Weidermann. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2022, ISBN 978-3-462-00325-3.
- Zauber der Stille. Caspar David Friedrichs Reise durch die Zeiten. S. Fischer, Frankfurt am Main 2023, ISBN 978-3-10-397252-8.
als Mitautor
- 1913. Bilder vor der Apokalypse, mit Cathrin Klingsöhr-Leroy. Sieveking, München 2013, ISBN 978-3-944874-00-5.
als Herausgeber
- Kleines deutsches Wörterbuch. S. Fischer, Frankfurt am Main 2002, ISBN 3-10-036800-2 (zusammen mit Jörg Bong).
- Karl Scheffler: Berlin, ein Stadtschicksal. Suhrkamp, Berlin 2015, ISBN 978-3-518-42511-4.
- Eduard von Keyserling: Landpartie (Nachwort). Manesse, Zürich 2018, ISBN 978-3-7175-2476-2.
- Mehr Licht. Die Befreiung der Natur: die Kunst der Ölstudien im 19. Jahrhundert. Sandstein, Dresden 2023, ISBN 978-3-95498-725-2.
Weblinks
Bearbeiten- Literatur von und über Florian Illies im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Florian Illies im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
- 2017: Juror des Hans Platschek Preis für Kunst und Schrift der Hans Platschek Stiftung
- Günter Kaindlstorfer im Gespräch mit Florian Illies im Jahr 2000 ( vom 23. April 2008 im Internet Archive) für den Tages-Anzeiger
- Marc Reichwein: Ich bin dann mal Illies, Die Welt, 19. Oktober 2021
- WDR 3 (Westdeutscher Rundfunk) Mosaik Samstagsgespräch vom 23. Oktober 2021: Florian Illies über sein Buch „Liebe in Zeiten des Hasses“
- Kurzbiografie und Rezensionen zu Büchern von Florian Illies beim Perlentaucher
Anmerkungen
BearbeitenEinzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Jörg-Uwe Albig; Isabelle Graw: Naivität als Vergehen Ein Interview mit Florian Illies. In: www.textezurkunst.de. 2002, abgerufen am 30. August 2018.
- ↑ Traueranzeigen von Helga Illies | trauer36.de. Abgerufen am 31. Dezember 2021.
- ↑ Florian Illies wechselt zur ZEIT. auf: presseportal.de 11. Januar 2008.
- ↑ Die Zeit, Nr. 27, vom 25. Juni 2009, S. 14.
- ↑ Bülend Ürük: Neue Herausgeber für "Die Zeit": Zanny Minton Beddoes, Jutta Allmendinger, Florian Illies und René Obermann. In: kress. 28. April 2017 (kress.de [abgerufen am 6. Juni 2021]).
- ↑ Kunstpreis des Landes Nordrhein-Westfalen 2023. Abgerufen am 14. Juni 2024.
- ↑ Generation Kunst. In: FAZ. 17. Dezember 2010, S. 34.
- ↑ Florian Illies' leiser Abgang. In: Der Tagesspiegel Online. 16. Juli 2018, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 29. August 2018]).
- ↑ Das Journal. Abgerufen am 14. Juni 2024.
- ↑ Auktionshaus Grisebach. Florian Illies’ leiser Abgang. In: www.tagesspiegel.de. 16. Juli 2018, abgerufen am 20. Juli 2018.
- ↑ Florian Illies wird Rowohlt-Verleger. In: www.spiegel.de. 29. August 2018, abgerufen am 29. August 2018.
- ↑ Nicola Bartels wird Rowohlt-Verlegerin. In: Börsenblatt, 30. Januar 2020
- ↑ Der Kunstpodcast: Augen zu, auf www.zeit.de
- ↑ Kupferstich-Kabinett: Albert Venus. Abgerufen am 30. Januar 2023.
- ↑ Florian Illies kuratiert Schau zu Dresdner Romantiker Venus. 1. Oktober 2022, abgerufen am 30. Januar 2023.
- ↑ Mehr Licht - Die Befreiung der Natur. Abgerufen am 30. Januar 2023.
- ↑ Eckhart Nickel: Deutsche Problemzonengymnastik. Selten war schlechtes Gewissen so unterhaltsam wie in Florian Illies’ Anleitung zum Unschuldigsein. In: Die Welt. 6. Oktober 2001 (welt.de).
- ↑ opus5 interaktive medien gmbh, http://www.opus5.de/: S. Fischer Verlage - Gerade war der Himmel noch blau (Hardcover). Abgerufen am 6. August 2018.
- ↑ Börne-Preis 2014 an Florian Illies, focus.de vom 11. Februar 2014
- ↑ Friedländer Preis geht an den Berliner Autor Florian Illies, auf morgenpost.de
- ↑ https://www.bayerischer-buchpreis.de/nominiert-ausgezeichnet/2023/ehrenpreis/
- ↑ 1913 – der Beginn der Gegenwart Rezension in der Rheinische Post
Personendaten | |
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NAME | Illies, Florian |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Journalist und Buchautor |
GEBURTSDATUM | 4. Mai 1971 |
GEBURTSORT | Schlitz |