Frank Dornseif

deutscher Bildhauer

Frank Dornseif (* 27. Juli 1948 in Radevormwald)[1] ist ein deutscher Bildhauer, der hauptsächlich mit Armierungseisen arbeitet.

Dornseif studierte von 1970 bis 1977 Bildhauerei an der Hochschule der Künste in Berlin.[1][2][3][4] An der FU Berlin studierte er parallel dazu Philosophie und Religionswissenschaft.[3] Er unternahm 1974 eine mehrmonatige Reise durch die Toskana.[3] 1976 wurde er Meisterschüler bei Joachim Schmettau.[3][4] Nach Beendigung seines Studiums erhielt er für 1977/78 ein Jahresstipendium des DAAD für Florenz.[3][4] Zusammen mit Ter Hell, Elke Lixfeld, Rainer Mang, Reinhard Pods und Gerd Rohling[4] gründete er die Künstlergruppe und die gleichnamige Selbsthilfegalerie 1/61 Berlin.[3] 1981 wurde er mit dem Villa-Romana-Preis ausgezeichnet.[3][4] 1982 bis 1984 profitierte er von einem Karl-Schmidt-Rottluff-Stipendium.[4] Innerhalb dieser Zeitspanne bezog er außerdem ein Arbeitsstipendium des Kunstfonds e.V., Bonn, sowie ein Arbeitsstipendium des Kulturkreises im BDI, Köln.[4][5] Fortgesetzt wurden die Stipendien 1985 durch ein für Rom geltendes Villa-Massimo-Stipendium.[1][6] Und 1989/90 hielt er sich in London auf, dank eines Jahresstipendiums vom Senator für kulturelle Angelegenheiten, Berlin, mit der Whitechapel Art Gallery, London.[6][5] 1995 errang Dornseif den 1. Platz beim von der Wohnungsbaugesellschaft Hellersdorf (WoGeHe) ausgelobten Skulpturenwettbewerb, der zur Aufwertung des Berlin-Hellersdorfer Neubaugebiets beitragen sollte. Das starke Verkehrsaufkommen ließ das Kunstwerk nicht recht zur Geltung kommen, sodass Dornseif seinem Zeichner anderthalb Jahre später die Rohrskulptur Der Betrachter gegenüberstellen durfte.[7]

Nach einigen Jahren in Berlin lebt und arbeitet Dornseif seit geraumer Zeit im Ortsteil Vichel der Gemeinde Temnitztal bei Berlin.[2]

 
Skulpturen „Der Zeichner“ (links) und „Der Betrachter“ (rechts) von Frank Dornseif in Berlin-Hellersdorf

Material und Methode

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Ehe Dornseif sich der Verarbeitung von Armierungseisen (kurz: Armiereisen) und gelegentlich Baudraht zuwandte, beschäftigte er sich mit Gipsarbeiten.[8] Hauptsächlich konstruiert er Großplastiken aus Betonstahl (gleichbedeutend mit Armiereisen), bisweilen unter Einbeziehung von Plexiglas, Plastikfolien, Zinkdraht, Papier und Schnüren,[3] aber auch das Anfertigen von großformatigen Zeichnungen ist ein Schwerpunkt seiner Arbeit.[2] Die Armiereisen wurden anfangs noch in einen Schraubstock eingespannt und mit der Hand gebogen, ab etwa 1983 kam dafür eine Biegemaschine zum Einsatz.[9] Aus den Schweiß-Biegearbeiten mit den Eisenstangen erwachsen lediglich Konturen, metallische Umrisse. Die Skelettartigkeit mit ihrer innewohnenden Aufhebung der „Vorne/hinten-Bestimmung“ bedingt je nach Standort des Betrachters wirkungsvolle Verzerrungen.[10] Dornseif: „Das [Erzielen einer räumlichen Wirkung] ist manchmal sehr kompliziert, und der Prozeß, diese Plastizität mir vorzustellen, ist eigentlich der viel aufwendigere Teil meiner Arbeit als das Biegen und Schweißen, das geht relativ schnell. Aber den Schwerpunkt im Arbeitsablauf bilden Zeichnungen, die irgendwann zu dieser räumlichen Vorstellung führen, und das ist eigentlich der längere Prozeß in der Arbeit – man könnte fast sagen, das steht im Verhältnis 10:1.“[9]

Dornseifs Skulpturen sind aufs Äußerste reduziert und abstrahiert.[10] Sie erscheinen originell und bizarr zugleich, weil sie sich durch Perspektivwechsel verändern.[1] Sie werden gemeinhin als „Zeichnungen im Raum“ wahrgenommen und beschrieben.[1][9][10] Der Künstler bricht mittels Reduktion der Materie mit der traditionellen Auffassung von Plastik. Seine Arbeiten sind ein – so schrieb der Kunsthistoriker Martin Stather – „dreidimensional zeichnerisches System. Den Ausgangspunkt bilden dabei Umrisse, die sich, vom Blickwinkel des Betrachters abhängig, in Formvielfalt auffächern, Dreidimensionalität andeuten ohne sie illusionistisch greifbar zu machen. Der konkrete Ort, den Plastik im Raum traditionell besetzt, löst sich im Falle der Arbeiten Frank Dornseifs gleichsam im Zugehen darauf auf, wird unbestimmt.“[11]

Der Schatten spielt für ihn eine wichtige Rolle;[8][9][12] er wird mit Filzstift auf den Boden gezeichnet oder mit Plastikfolie ausgelegt oder als Schattenriss an die Wand gemalt.[12] Zu der so erzeugten Illusion eines Volumens schrieb der Künstler, Kunsthistoriker und Kunstverein-Direktor Karl-Egon Vester: „Dornseifs Arbeiten erzielen ihre Spannung aus dem Wechselspiel von tiefenräumlichen und bildflächigen Wirkungen. Die Drahtgeflechte werfen ihren eigenen Raumschatten, der dem Betrachter die Figuren als vollplastisch erscheinen läßt, um im nächsten Augenblick bei leicht verändertem Blickpunkt in der perspektivischen Überschneidung der Linien zur Flächigkeit zusammenzufallen. Dornseifs Arbeiten handeln davon, wie mit minimalstem Einsatz von materiellem Substrat die größtmögliche raumplastische Wirkung zu erzielen ist.“[13] Selbst bei seiner Großskulptur im Hellersdorfer Straßenraum wird der Schatten durch eine Stahlplatte in Schattenwurfform angezeigt. Der Zeichner (Höhe 8 m, Länge 16 m, Tiefe 8 m) ist auf einer Rasenfläche aufgestellt und auf jener im Boden eingelassenen Schattenstahlplatte verankert. Auch diese hoch aufragende Skulptur weist die anderen typischen Dornseif-Effekte auf: „In struktureller Abstraktion stellt sie eine am Boden kauernde, monumentale Figur dar, die zeichnet. Die Glieder sind auf einzelne Metallrohre reduziert. Dadurch changiert die optische Wirkung der Skulptur: Je nach Standpunkt lässt sie sich als Figur oder als abstrakte Komposition erkennen.“[14]

Ausstellungen

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Einzelausstellungen

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  • 1979: Forum für aktuelle Kunst, Berlin
  • 1980: Galerie 1/61, Berlin
  • 1981: Realismusstudio, Neue Gesellschaft für Bildende Kunst, Berlin
  • 1981: Galleria Schema, Florenz
  • 1981: Galleria Unimedia, Genua
  • 1982, 1985, 1987, 1995, 1999: Galerie Jöllenbeck, Köln
  • 1983, 1986: Galerie Fahnemann, Berlin
  • 1984: Ein Raum für Pontormo, Villa Romana, Florenz
  • 1984, 1987: XPO Galerie Ida Kaufmann, Hamburg
  • 1985: Galeriebau Villa Stuck, München
  • 1987: Neuer Berliner Kunstverein, Studioausstellung zum Skulpturenboulevard, Berlin
  • 1988: Galerie im Körnerpark, Berlin
  • 1988, 1990: Galerie Zellermayer, Berlin
  • 1989, 1991: Galerie Hermeyer, München
  • 1990: Galleria Ponte Pietra, Verona
  • 1990: Kunstverein Bochum, Bochum
  • 1991: Mannheimer Kunstverein, Mannheim (Wanderausstellung)
  • 1991, 2000, 2009, 2013: Galerie Carol Johnssen, München
  • 1992: Leerer Beutel, Regensburg
  • 1995: Galerie Marie Louise Wirth, Zürich
  • 1995: Von der Heydt-Museum, Wuppertal
  • 1996, 1999: Galerie Hirschmann, Frankfurt am Main
  • 1996: Province Galerie, Słubice
  • 1998: Galerie Pro Arte, Freiburg
  • 2004: Dornseif trifft Muthesius, Landhaus de Burlet, Berlin
  • 2007, 2009: Galerie Heike Curtze, Berlin
  • 2013: Galerie am Bollwerk, Neuruppin

Ausstellungsbeteiligungen (Auswahl)

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Wettbewerbsteilnahmen

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  • 1983: Skulpturenpark Seestern (mit Großer Schatten)
  • 1986/87: Skulpurenboulevard Kurfürstendamm, Berlin (mit Großer Schatten mit Sockel)
  • 1988: Olympiade des Arts, Seoul (17. August – 5. Oktober)
  • 1995: Großplastik Berlin-Hellersdorf, Wettbewerb I (1. Platz mit Der Zeichner)
  • 1996: Erweiterung zum Skulpturenensemble, Wettbewerb II (Der Betrachter)
  • 1997/98: Steinhof an der Panke, Berlin (Chausseestraße) (zahlreiche Kunstinstallationen)
  • 1997/98: Fassaden- und Innenhofgestaltung Staatstheater Mainz (2. Platz)
  • 1999: Deutsche Botschaft Peking (1. Platz; Außenplastik)
  • 2006: Künstlerische Gestaltung des Außenraums des Townhouses Prenzlauer Gärten, Berlin (Brunnenplastik und Wandgestaltung)
  • 2006: Frauenkirche, Dresden, Porträtplastik des Landesbischofs Hugo Hahn (Ausführung des Entwurfs in Eisen)

Auszeichnungen

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  • 1981: Villa-Romana-Preis, Florenz
  • 1985/86: Villa-Massimo-Preis, Rom

Arbeiten im öffentlichen Raum

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Berlin
deutsche Städte
Bundesrepublik Deutschland
ausländische Städte
  • Coll-Museum Beelden aan Zee, Scheveningen (Niederlande)
  • Deweer Art Foundation, Zwevegem (Belgien)
  • Olympia-Park Seoul (Südkorea)

Einzelnachweise

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  1. a b c d e Frank Dornseif. In: Art. Das Kunstmagazin. Gruner + Jahr, Hamburg November 1985, ART-Lexikon zeitgenössischer Künstler, S. 132.
  2. a b c Rader Künstler: Frank Dornseif. In: stadtnetz-radevormwald.de. 30. April 2016, abgerufen am 5. März 2017.
  3. a b c d e f g h Heinz Ohff: Frank Dornseif. In: Thomas Kempas, Katrin Sello (Hrsg.): Zwischen Plastik und Malerei. Skulpturen von Johannes Brus, Frank Dornseif, Peter Fischli/David Weiss, Ulla Lauer, Rainer Mang, Gerd Rohling, Henk Visch. Kunstverein Hannover, 4. Februar bis 18. März 1984. Haus am Waldsee Berlin, 30. März bis 13. Mai 1984. Hannover 1984, S. 21–22.
  4. a b c d e f g Katrin Sello: Frank Dornseif. In: Katrin Sello (Hrsg.): Schatten der Liebe. Frank Dornseif, Thomas Lange. Kunstverein Hannover, 8. Mai bis 26. Juni 1988. Prvinciaal Museum voor Moderne Kunst, Ostende, 10. September bis 23. Oktober 1988. Hannover 1988, S. 95–96.
  5. a b Frank Dornseif – Vita. Preise und Auszeichnungen. In: frankdornseif.de. Abgerufen am 5. März 2017.
  6. a b Frank Dornseif. Biografie. In: artcarol.de. Galerie Carol Johnssen, abgerufen am 5. März 2017.
  7. kg: Zweite Skulptur von Frank Dornseif aufgestellt. In: berliner-zeitung.de. 16. November 1996, abgerufen am 5. März 2017.
  8. a b Katrin Sello: Kunst und Leidenschaft. In: Katrin Sello (Hrsg.): Schatten der Liebe. Frank Dornseif, Thomas Lange. Kunstverein Hannover, 8. Mai bis 26. Juni 1988. Prvinciaal Museum voor Moderne Kunst, Ostende, 10. September bis 23. Oktober 1988. Hannover 1988, S. 7–8.
  9. a b c d Karl-Egon Vester: Frank Dornseif. In: Kunstverein in Hamburg (Hrsg.): Figural. Thomas Böhmer, Frank Dornseif, Heinz Kleine-Klopries, Adem Yilmaz. Kunstverein in Hamburg, 5. September – 11. Oktober 1987. Hamburg 1987, S. 26–35 (Interview).
  10. a b c Annelie Pohlen: Der Knochenmensch oder das Zeitalter der Skulptur als Zeichnung. In: Karl Schmidt-Rottluff Förderstiftung Berlin in Zusammenarbeit mit der Studienstiftung des deutschen Volkes (Hrsg.): Frank Dornseif. Ausstellungshallen Mathildenhöhe Darmstadt, 21. März bis 21. April 1985. März 1985, S. 7–12 (Seitenangabe handgezählt, da unpaginiert).
  11. Martin Stather: Vom Verschwinden der Materie. In: Jürgen Hermeyer (Hrsg.): Galerie Hermeyer München (= Galeriebuch). Band 3. München 1992, ISBN 3-925881-29-8, S. 25.
  12. a b Katrin Sello: Zu dieser Ausstellung. In: Thomas Kempas, Katrin Sello (Hrsg.): Zwischen Plastik und Malerei. Skulpturen von Johannes Brus, Frank Dornseif, Peter Fischli/David Weiss, Ulla Lauer, Rainer Mang, Gerd Rohling, Henk Visch. Kunstverein Hannover, 4. Februar bis 18. März 1984. Haus am Waldsee Berlin, 30. März bis 13. Mai 1984. Hannover 1984, S. 5–8.
  13. Karl-Egon Vester: Einleitung. In: Kunstverein in Hamburg (Hrsg.): Figural. Thomas Böhmer, Frank Dornseif, Heinz Kleine-Klopries, Adem Yilmaz. Kunstverein in Hamburg, 5. September – 11. Oktober 1987. Hamburg 1987, S. 3–6.
  14. Thorsten Goldberg, Ellena Olsen, Martin Schönfeld, Andreas Sommerer: Kunst in der Großsiedlung. Kunstwerke im öffentlichen Raum in Marzahn und Hellersdorf. Eine Dokumentation. (PDF; 2,2 MB) In: stadtentwicklung.berlin.de. Kommission für Kunst im öffentlichen Raum […] im Auftrag des Bezirksamtes Mahrzahn-Hellersdorf, S. 50, abgerufen am 24. August 2022.
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Commons: Frank Dornseif – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien