Frank Scherbaum

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Frank Scherbaum (* 29. März 1953 in Herrsching am Ammersee[1]) ist ein deutscher Seismologe, bekannt für seine Beiträge zur Seismologie, zur seismischen Gefährdungsanalyse und zur computergestützten Musikethnologie.

Frank Scherbaum (2016)

Akademischer Werdegang

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Scherbaum studierte Physik, Geologie und Musikwissenschaft an der Universität Tübingen. Nach seiner Promotion zum Dr. rer nat. im Jahr 1980 habilitierte er sich 1986 in Geophysik an der Universität Stuttgart, wo er von 1980 bis 1983 als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig war. Als Postdoktorand forschte er, gefördert durch Max-Kade- und Heisenberg-Stipendien, zwischen 1983 und 1988 an der University of Colorado in Boulder und von 1988 bis 1989 am National Research Center for Earth Science and Desaster Prevention in Tsukuba in Japan.[2][3]

1989 wurde Scherbaum zum Professor für Geophysik an der Ludwig-Maximilians-Universität München berufen. 1997 wechselte er an die neu gegründete Universität Potsdam und hatte dort bis 2016 den Lehrstuhl für Geophysik inne.[2]

Seine Forschung umfasst über 150 wissenschaftliche Publikationen, mehrere Bücher und Buchkapitel zu Themen wie Vulkanseismologie, die Grenze zwischen Erdkern und Erdmantel, seismische Wellenausbreitung, Array-Seismologie und probabilistische seismische Gefährdungsanalyse.[2][4]

Bekannt ist er auch für seine Seismogrammanalyse-Software PITSA[2] und seine Bücher und Buchkapitel zur digitalen Signalverarbeitung seismischer Signale.[2] Sein Buch Of poles and zeros. Fundamentals of digital seismology wurde international zu einem Standardlehrbuch. Er verbrachte längere Forschungsaufenthalte an der Universidad de los Andes in Mérida/Venezuela, an der Universität Joseph Fourier in Grenoble und beim United States Geological Survey (USGS) in Golden/Colorado. 2010 und 2011 war er Gastprofessor an der ETH Zürich.

Forschungen zur Musikethnologie

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Scherbaum beschäftigt sich seit vielen Jahren auch mit Themen aus der Musikwissenschaft, so zum Beispiel durch Untersuchungen geophysikalischer Phänomene mittels musikalischer Akustik[4]. 1999 produzierte er gemeinsam mit dem Komponisten Wolfgang Loos die CD Inner Earth – A Seismosonic Symphony,[5] die ausschließlich seismische Signale von Vulkanen als Klangquelle verwendet. Die CD wurde in zahlreichen Magazinen, Radio- und Fernsehbeiträgen vorgestellt und zur „CD des Monats“ des Magazins Keyboard gewählt.

2011 begann sich Scherbaum mit der zum immateriellen Weltkulturerbe gehörenden traditionellen georgischen Vokalmusik zu befassen. Seine frühen Studien führten ihn dazu, mit Körpervibrationsmessungen beim Singen[6] zu experimentieren, was zur Entwicklung von innovativen Methoden wie dem Einsatz von Kehlkopfmikrophonen und Muskelvibrationssensoren für die Aufzeichnung polyphonen Gesangs zur computergestützten Weiterverarbeitung führte.[7] Eine Feldexpedition im Jahr 2016 in Zusammenarbeit mit der georgischen Musikethnologin und Sängerin Nana Mzhavanadze, bei der diese Technik erstmalig in großem Stil eingesetzt wurde, führte zur Aufnahme einer neuartigen Sammlung traditioneller georgischer Lieder aus Swanetien[8][9]. Dadurch wurden neuartige computergestützte Analysen dieser Musik ermöglicht[9][10][11][12][13][14].

In Zusammenarbeit mit Meinard Müller (Universität Erlangen-Nürnberg), einem führenden Experten in der Musikverarbeitung, leitete Scherbaum von 2018 bis 2022 das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Projekt „Computational Analysis of Traditional Georgian Vocal Music“ (GVM). Dieses Projekt[15] stellt die erste großangelegte Studie traditioneller georgischer Vokalmusik mit computergestützten Methoden dar und führte zu mehr als 40 wissenschaftlichen Zeitschriftenartikeln und einer Monografie[16]. 2018 gründete Scherbaum außerdem das SeismoSoundScape-Lab, ein virtuelles Labor für transdisziplinäre Arbeiten in den Bereichen Seismologie, Klangverarbeitung, Musikwissenschaft und Informatik.

Arbeit in Gremien

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Scherbaum war in beratenden Funktionen in zahlreichen nationalen und internationalen Gremien tätig wie der Deutschen Gesellschaft für Erdbebeningenieurwesen, dem Vorstand der Seismological Society of America und dem Fachkollegium Geophysik/Geodäsie der Deutschen Forschungsgemeinschaft. Er war außerdem in Redaktionsgremien (z. B. Journal of Seismology) und Beiräten tätig, unter anderem für die Europäische Union, die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Humboldt-Stiftung, das GeoForschungsZentrum Potsdam, das NEID Tsukuba in Japan sowie für Bundes- und Landesministerien in Deutschland (zum Beispiel für die Reaktor-Sicherheitskommission Deutschlands).[3]

Ehrungen

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Quelle[3]

Publikationen (Auswahl)

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  • Of Poles and Zeros. Fundamentals of digital seismology (Reihe Modern Approaches in Geophysics). Springer, 2001, ISBN 978-0-7923-6834-2.
  • On the benefit of larynx-microphone field recordings for the documentation and analysis of polyphonic vocal music. In: Proc. of the 6th International Workshop Folk Music Analysis, 2016, S. 80–87.
  • mit Sebastian Rosenzweig, Meinard Müller: Detecting Stable Regions in Frequency Trajectories for Tonal Analysis of Traditional Georgian Vocal Music. 20th International Society for Music Information Retrieval Conference, Delft 2019, S. 352–359.
  • mit Nana Mzhavanadze: Svan Funeral Dirges (Zär): Musicological analysis. In: Musicologist Vol. 4(2), 2020, S. 168–197, doi:10.33906/musicologist.782185
  • mit Sebastian Rosenzweig, David Shugliashvili, Vlora Arifi-Müller, Meinard Müller: Erkomaishvili Dataset: A Curated Corpus of Traditional Georgian Vocal Music for Computational Musicology. In: Transactions of the International Society for Music Information Retrieval. 3(1) 2020, S. 31–41, doi:10.5334/tismir.44
  • mit Nana Mzhavanadze, Simha Arom, Sebastian Rosenzweig, Meinard Müller: Tonal Organization of the Erkomaishvili Dataset: Pitches, Scales, Melodies and Harmonies. Computational Analysis of Traditional Georgian Vocal Music, Vol. 1, Universitätsverlag Potsdam, 64 pages, 2020, doi:10.25932/publishup-47614
  • mit Nana Mzhavanadze: Svan Funeral Dirges (Zär): Language-Music Relation and Phonetic Properties. In: Musicologist Vol. 5(1), 2021, S. 66–82, doi:10.33906/musicologist.875348
  • mit Nana Mzhavanadze, Sebastian Rosenzweig, Meinard Müller: Tuning Systems of Traditional Georgian Singing Determined From a New Corpus of Field Recordings. In: Musicologist Vol. 6(2), 2022, S. 142–168, doi:10.33906/musicologist.1068947
  • mit Meinard Müller: From Intonation Adjustments to Synchronisation of Heart Beat Variability: Singer Interaction in Traditional Georgian Vocal Music. In: Musicologist Vol. 7(2), 2ß23, S. 155–177.
  • mit Meinard Müller, Nana Mzhavanadze, Sebastian Rosenzweig: Scales beyond major and minor. In: DFG-Journal german research, Vol. 2/2023, 2023, S. 25–29.

Diskografie

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  • Inner Earth, a seismosonic symphony. CD mit Wolfgang Loos (Traumton/Indigo; 1999)
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Einzelnachweise

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  1. Frank Scherbaum. (PDF) In: Neugewählte Mitglieder. Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina, S. 46, abgerufen am 1. Oktober 2024.
  2. a b c d e Frank Scherbaum. In: Universität Potsdam. Abgerufen am 1. November 2024 (englisch).
  3. a b c Prof. Dr. Frank Scherbaum. In: Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina. Abgerufen am 1. November 2024.
  4. a b Vera Schlindwein, Joachim Wassermann, Frank Scherbaum: Spectral analysis of harmonic tremor signals at Mt. Semeru volcano, Indonesia. Geophysical Research Letters. Vol. 22, 1685–1688, 1995.
  5. Wolfgang Loos, Frank Scherbaum: Inner Earth, a seismosonic symphony. Traumton/Indigo, 1999.
  6. Frank Scherbaum: On the benefit of larynx-microphone field recordings for the documentation and analysis of polyphonic vocal music. Proc. of the 6th International Workshop Folk Music Analysis,15–17 June, Dublin/Ireland: 80–87, 2016.
  7. Scherbaum, Frank, Sebastian Rosenzweig, Meinard Müller, Daniel Vollmer, and Nana Mzhavanadze (2018). Throat Microphones for Vocal Music Analysis, in Demos and Late Breaking News of the International Society for Music Information Retrieval Conference (ISMIR), 2018.
  8. Frank Scherbaum, Nana Mzhavanadze, Sebastian Rosenzweig, Meinard Müller: Multi-media recordings of traditional Georgian vocal music for computational analysis. Proceedings of the 9th International Workshop on Folk Music Analysis, 2–4 July, 2019, Birmingham, 2019.
  9. a b Frank Scherbaum, Nana Mzhavanadze, Sebastian Rosenzweig, Meinard Müller: Tuning Systems of Traditional Georgian Singing Determined From a New Corpus of Field Recordings. Musicologist. Vol. 6(2), 142–168, 2022.
  10. Frank Scherbaum, Nana Mzhavanadze: ‘‘Svan Funeral Dirges (Zär): Musical Acoustical Analysis of a New Collection of Field Recordings, Musicologist, 4, 2, 138–167‘‘ Musicologist, 4, 2, 138–167, 2020.
  11. Nana Mzhavanadze, Frank Scherbaum: Svan Funeral Dirges (Zär): Musicological analysis. Musicologist. Vol. 4(2), 168–197, 2020.
  12. Frank Scherbaum, Nana Mzhavanadze: Svan Funeral Dirges (Zär): Language-Music Relation and Phonetic Properties. Musicologist, Vol. 5(1), 66–82, 2021.
  13. Nana Mzhavanadze, Frank Scherbaum: ‘‘Svan Funeral Dirges (Zär): Cultural Context.‘‘ Musicologist, 5(2), 133–165, 2021.
  14. Frank Scherbaum, Meinard Müller: From Intonation Adjustments to Synchronisation of Heart Beat Variability: Singer Interaction in Traditional Georgian Vocal Music. Musicologist, Vol. 7(2), 155–177, 2023.
  15. Frank Scherbaum, Meinard Müller, Nana Mzhavanadze, Sebastian Rosenzweig: Scales beyond major and minor. DFG-Journal german research, Vol. 2/2023, 25–29. 2023
  16. Frank Scherbaum, Nana Mzhavanadze, Simha Arom, Sebastian Rosenzweig, Meinard Müller: Tonal Organization of the Erkomaishvili Dataset: Pitches, Scales, Melodies and Harmonies. Computational Analysis of Traditional Georgian Vocal Music, Vol. 1, Universitätsverlag Potsdam, 64 pages, 2020, DOI: https://doi.org/10.25932/publishup-47614.
  17. Silvana Grabowski: Ehrung der Besten beim Neujahrsempfang der Universität Potsdam. In: Universität Potsdam. 28. Januar 2016, abgerufen am 1. November 2024.