Freshfields

Internationale Wirtschaftskanzlei

Freshfields (bis Oktober 2024 Freshfields Bruckhaus Deringer) ist eine international tätige Wirtschaftskanzlei mit Sitz in London. Die Kanzlei berät und vertritt nationale und internationale Unternehmen, Finanzinstitutionen und Regierungen.

Freshfields

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Rechtsform LLP
Gründung 2000
Sitz London, Vereinigtes Konigreich Vereinigtes Königreich
Mitarbeiterzahl ca. 4.700 (weltweit)
Umsatz 1,64 Mrd. Euro (weltweit), Deutschland: 441,8 Mio. EUR (2018)
Branche Rechtsberatung
Website www.freshfields.de
Stand: 2019
Park Tower, Sitz der Kanzlei in Frankfurt am Main

Größe und Verbreitung

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Die Kanzlei hat über 2500 Rechtsanwälte an 26 Standorten in 17 Ländern Europas, Asiens, Nordamerikas und des Nahen Ostens und zählt am Unternehmenssitz zu den Magic Circle-Kanzleien.[1]

In Deutschland bestehen fünf Büros in Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg und München, die im Geschäftsjahr 2018/2019 einen Umsatz von 441,8 Mio. Euro erwirtschafteten.[2] Damit ist Freshfields die nach Umsatz größte Kanzlei Deutschlands.[3] Der frühere Standort Köln wurde 2016 mit dem Düsseldorfer Büro zusammengelegt.[4] Das so entstandene "Rheinland-Büro" befindet sich in Düsseldorf.[5]

In Österreich gibt es ein Büro in Wien, das im Geschäftsjahr 2018/2019 einen Umsatz von 53,8 Mio. Euro erwirtschaftete.[6]

Arbeitsgebiete

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Das Unternehmen deckt die üblichen Rechtsgebiete einer Wirtschaftskanzlei ab. Zusätzlich bildet die Sozietät sektor- oder branchenbezogene Teams für Automobilbau, Gesundheitswesen und Großkapitalanleger.[7][8]

Geschichte

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In ihrer heutigen Form als internationale Großkanzlei besteht Freshfields seit dem Jahr 2000, als die Londoner Kanzlei Freshfields zunächst mit der deutschen Kanzlei Deringer Tessin Herrmann & Sedemund fusionierte, mit der sie zuvor seit 1998 in einer strategischen Allianz verbunden war, und wenige Monate später auch mit der deutsch-österreichischen Kanzlei Bruckhaus Westrick Heller Löber, die 1998 als erste grenzüberschreitende Fusion einer deutschen Anwaltskanzlei entstanden war. Der Zusammenschluss wurde Mitte 2000 bekanntgegeben[9] und gilt in Branchenkreisen als einziger echter Erfolg unter den vielen zu dieser Zeit neu entstandenen internationalen Großkanzleien in Deutschland.[10]

Die Unternehmensgeschichte von Freshfields reicht zurück bis ins Jahr 1743, als die Kanzlei in London gegründet wurde und Samuel Dodd als Rechtsanwalt für die Bank of England bestellt wurde, die bis heute ein Mandant der Kanzlei ist. Die Kanzlei Bruckhaus Westrick Heller Löber hat ihre frühesten Ursprünge in Hamburg (Büro seit 1840), Düsseldorf (seit 1919) und Berlin/Frankfurt (seit 1936/48). Die Sozietät Deringer Tessin Herrmann & Sedemund wurde 1962 von dem Kartellrechtler und CDU-Europapolitiker Arved Deringer (1913–2011) in Bonn gegründet.[11] Weitere Namensgeber waren die Rechtsanwälte Claus Tessin, Hansjürgen Herrmann und Jochim Sedemund.

Freshfields hat mehr als 500 Anwälte in Deutschland, weltweit wird die Zahl der Mitarbeiter mit 4700 beziffert. In Deutschland machte Freshfields 2016 einen Umsatz von rund 370 Millionen Euro.[12]

Im September 2024 kündigte die Kanzlei an, ihren Außenauftritt zu überarbeiten und künftig nur noch unter dem Namen Freshfields zu firmieren. Die Änderungen wurden im Oktober des Jahres vollzogen.[13]

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Die Kanzlei verfügt über einen Namensschriftzug in Form einer Wort-Bild-Marke, bestehend aus dem Firmennamen und links davor einem stilisierten Engel in einem Kreis. Der dargestellte Erzengel Michael zierte seit Mitte des 18. Jahrhunderts das Wappen der Familie Freshfield und wurde zum Firmenlogo, nachdem James William Freshfield (1775–1864) als erster der Familie zum Partner in der 1743 gegründeten Kanzlei worden war.[14]

Bundesregierung

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Die Kanzlei beriet die deutsche Bundesregierung und Bundesministerien in der Vergangenheit mehrfach bei Verordnungen und Gesetzesvorhaben. Angelegenheiten, in denen die Kanzlei tätig war, sind unter anderem der Entwurf des Finanzmarktstabilisierungsgesetzes, die Formulierung der Bedingungen für den griechischen Schuldenschnitt, der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin), die Kreditanstalt für Wiederaufbau, die dem Finanzministerium unterstellt ist, wird bei den Hilfen für Griechenland von Freshfields juristisch vertreten.[15]

Nachdem bereits bekannt war, dass die Kanzlei 1,8 Millionen Euro Beraterhonorar unter dem damaligen Finanzminister Peer Steinbrück erhalten hatte, berichtete die Bild-Zeitung am 22. Februar 2013, dass die gezahlte Summe wesentlich höher sei. So habe die Kanzlei zwischen Oktober 2008 und Oktober 2009 weitere rund 5,5 Millionen Euro für Beratungsleistungen von der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA) erhalten, die zum Geschäftsbereich des Ministeriums gehört. Diese Summe sei nach Angaben der FSMA direkt oder indirekt von den Empfängern der SoFFin-Maßnahmen zu tragen gewesen. Für Kontroversen sorgte, dass Steinbrück im September 2011 für einen Vortrag bei der Kanzlei 15.000 Euro Honorar erhalten hatte. Er behauptete, mit den Beratungshonoraren nicht befasst gewesen zu sein.[16]

Deutscher Fußball-Bund

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Im Zuge der Unregelmäßigkeiten bei der Vergabe der Fußball-WM 2006 wurde die Kanzlei im Oktober 2015 vom Deutschen Fußball-Bund mit der Untersuchung und rechtlichen Überprüfung des Sachverhalts und der Zahlungsflüsse beauftragt. Geleitet wurde die Untersuchung von Christian Duve.[17] In seiner Präsentation der Ergebnisse[18] erklärte Duve, es seien keine Beweise für Manipulationen gefunden worden, ausgeschlossen werden könnten diese jedoch auch nicht.[19]

Cum-Ex-Skandal

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Laut einem Bericht des Spiegel von November 2016 beriet Freshfields die Banken Macquarie, Fortis, Barclays und Maple Bank (letztere mittlerweile insolvent) bei umstrittenen Dividendengeschäften (sog. Cum-Ex-Deals) auf der Basis von Gutachten des Partners Ulf Johannemann, damals Steuer-Chef der Anwaltskanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer in Frankfurt.[20] Dabei soll der deutsche Fiskus durch komplizierte Aktientransaktionen rund um den Dividendenstichtag veranlasst worden sein, einmal gezahlte Kapitalertragsteuer auf Dividenden mehrfach zu erstatten. Dadurch entstand ein Steuerschaden in zweistelliger Milliardenhöhe.[21] Hierzu wurde ein Untersuchungsausschuss des Bundestags eingerichtet, der auch die Rolle von Freshfields bei Cum-Ex-Geschäften untersucht. Der Ausschuss beantragte im November 2016 beim Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs die Durchsuchung der Freshfields-Geschäftsräume und die Beschlagnahme von Beweisunterlagen.[22] Dieser Antrag wurde zunächst abgelehnt: Die Antragsteller hätten nicht hinreichend dargetan, dass die Beweismittel für die Untersuchung von Bedeutung sein könnten.[23] Später wurden die Räume der Kanzlei insgesamt viermal auf Veranlassung der Staatsanwaltschaft durchsucht, zuletzt am 16. September 2021.[24][25][26][27]

Im August 2019 einigte sich Freshfields mit dem Insolvenzverwalter der Maple Bank auf einen Schadensersatz in Höhe von 50 Millionen Euro.[28]

Am 22. November 2019 beantragte die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main für den früheren Steuer-Chef der Frankfurter Freshfields-Filiale einen Haftbefehl wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Noch am selben Tag nahmen Beamte des Bundeskriminalamts Ulf Johannemann fest und führten ihn einer Haftrichterin vor, die Untersuchungshaft anordnete.[29] Im Dezember 2019 wurde auch Wolfgang Schuck, der ehemalige Deutschland-Chef der Maple Bank, und ein weiterer deutscher Top-Manager der Bank verhaftet.[30] Kurz vor Weihnachten 2019 erhob die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt Anklage gegen Johannemann, der als Schlüsselfigur in dem möglicherweise größten Steuerskandal in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland gilt.[21][31] Er wurde gleichzeitig aus der Untersuchungshaft entlassen.[32]

Wolfgang Schuck und weitere Banker wurden 2022 im ersten Strafprozess um die Geschäfte des Bankhauses zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt. Aus diesem Verfahren blieb der Satz des Strafverteidigers Alfred Dierlamm im Gedächtnis: „Ohne Freshfields säßen wir nicht hier.“ Kurz vor Weihnachten 2023 legte Ulf Johannemann, der vor seiner Verhaftung einer der einflussreichsten Steuerrechtler Deutschlands gewesen war, vor der 24. Großen Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main ein umfassendes Geständnis ab, nachdem das Gericht zwei Wochen zuvor bereits signalisiert hatte, dass es die Vorwürfe im Wesentlichen bestätigt sieht. Die Kanzlei Freshfields Bruckhaus Deringer selbst war nicht an dem Verfahren beteiligt, zahlte aber auf freiwilliger Basis 10 Millionen Euro an die hessische Finanzverwaltung.[33] Am 30. Januar 2024 verurteilte das Landgericht Frankfurt Ulf Johannemann zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren und sechs Monaten.[34]

Beobachter und Ermittler gehen davon aus, dass Freshfields „wie kaum eine andere Kanzlei“ deutsche und ausländische Banken und Investmentfirmen dabei unterstützt hat, „den Staat auszunehmen“.[21][35]

Umgehung der EEG-Umlage

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Freshfields hat Unternehmen dabei beraten, die EEG-Umlage zu umgehen.[36]

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. Kanzleibroschüre 2017 (Memento vom 21. April 2017 im Internet Archive; PDF)
  2. Umsatz 2018: Freshfields-Kurve zeigt weiter nach oben auf juve.de vom 5. Juli 2019, abgerufen am 8. November 2019.
  3. Kanzleiumsätze 2017/18 auf juve.de, abgerufen am 14. März 2019.
  4. Freshfields Bruckhaus Deringer - Großkanzlei gibt Standort in Köln auf auf handelsblatt.de vom 17. Dezember 2015, abgerufen am 20. April 2017.
  5. Freshfields Bruckhaus Deringer - Großkanzlei gibt Standort in Köln auf auf handelsblatt.de vom 17. Dezember 2015, abgerufen am 20. April 2017.
  6. Kanzleiumsätze 2018/19 Österreich (Memento vom 21. Januar 2019 im Internet Archive) auf juve.de, abgerufen am 8. November 2019.
  7. Zugeschnitten auf die Eckpfeiler erfolgreicher Unternehmensführung auf freshfields.com, abgerufen am 8. März 2016.
  8. Freshfields Bruckhaus Deringer (Memento des Originals vom 18. Mai 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.lobbyradar.de, abgerufen am 9. Mai 2015.
  9. Handelsblatt vom 21. Juni 2000, 16 und Kommentar von Mävers, ebenda, 63
  10. Handelsblatt vom 12. August 2002, 14
  11. Pöllath, Reinhard/Saenger, Ingo (Hrsg.) (2009): 200 Jahre Wirtschaftsanwälte in Deutschland, Nomos Verlagsgesellschaft, 71
  12. sueddeutsche.de 23. Oktober 2017: Freshfields und der wohl größte deutsche Steuerbetrug
  13. Freshfields streicht deutsche Namen. In: manager-magazin.de. 24. September 2024, abgerufen am 29. September 2024.
  14. Slinn, Judy (1984): A History of Freshfields, London
  15. Diener zweier Herren: Wie Großkanzleien die Bundesregierung in der Eurokrise beraten (Memento vom 28. Juli 2012 im Internet Archive) auf abgeordnetenwatch.de vom 25. Juli 2012, abgerufen am 8. März 2016.
  16. Bericht der Zs. Focus 22. Febr. 2013
  17. DFB-Affäre: Freshfields-Partner Christian Duve steuert externe Aufklärung auf juve.de vom 21. Oktober 2015, abgerufen am 8. März 2016.
  18. Freshfields-Bericht abrufbar beim DFB
  19. Keine eindeutigen Beweise für gekaufte WM 2006 - DFB verschleierte Millionenzahlung. In: Zeit Online. 4. März 2016, archiviert vom Original am 30. Juni 2016;.
  20. Martin Hesse, Anne Seith: Kanzlei Freshfields tief in Steuerskandal verstrickt. In: Der Spiegel. 18. November 2016, abgerufen am 17. Januar 2020.
  21. a b c Tim Bartz, Simon Hage, Martin Hesse, Thomas Schulz, Jörg Schmitt: Die Akte Freshfields. In: Spiegel Online. 17. Januar 2020, abgerufen am 17. Januar 2020.
  22. Anja Hall: Freshfields soll durchsucht werden. In: Legal Tribune Online. 25. November 2016, abgerufen am 17. Januar 2020.
  23. BGH verhindert Kanzleidurchsuchung. In: Legal Tribune Online. 9. Februar 2017, abgerufen am 17. Januar 2020.
  24. Das System Maple gilt als besonders perfide. In: Süddeutsche Zeitung. 19. Februar 2019, abgerufen am 17. Januar 2020.
  25. Cum Ex: Ermittler durchsuchen Großkanzlei Freshfields zum zweiten Mal. In: Die Zeit. 23. November 2018, abgerufen am 20. Februar 2019.
  26. Freshfields erneut durchsucht. In: Legal Tribune Online. 17. Juni 2019, abgerufen am 17. Januar 2020.
  27. Cum-ex-Ermittlungen: Durchsuchung bei Freshfields. In: FAZ Online. 17. Juni 2021, abgerufen am 16. September 2021.
  28. Cum-Ex-Skandal – Fast zwei Milliarden Euro gehen an die Gläubiger der Maple Bank. In: Handelsblatt, 29. August 2019, abgerufen am 8. Dezember 2019.
  29. Cum-Ex-Skandal – Erster Beschuldigter in U-Haft. In: tagesschau.de, 27. November 2019, abgerufen am 8. Dezember 2019.
  30. Marcus Jung: Früherer Chef der Maple Bank verhaftet. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 13. Dezember 2019, abgerufen am 17. Januar 2020.
  31. Marcus Jung: Freshfields droht Geldbuße von bis zu 15,3 Millionen Euro. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 17. Januar 2020, abgerufen am 17. Januar 2020.
  32. René Bender, Sönke Iwersen, Volker Votsmeier: Ex-Steuerchef von Freshfields wird aus der U-Haft entlassen. In: Handelsblatt. 18. Dezember 2019, abgerufen am 17. Januar 2020.
  33. Marcus Jung: „Habe als Anwalt völlig versagt“. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 18. Dezember 2023, abgerufen am 18. Dezember 2023.
  34. Staranwalt wegen Beihilfe zu Steuerbetrug zu langer Haftstrafe verurteilt. Spiegel Online, 30. Januar 2024.
  35. Jan Willmroth: Die Zeit der Ausreden ist vorbei. In: Süddeutsche Zeitung, 23. November 2019, S. 23.
  36. Frank Dohmen: Bayer, Evonik und Daimler: Die Milliarden-Abzocke beim Strom (S+). In: Der Spiegel. 29. Oktober 2021, ISSN 2195-1349 (spiegel.de [abgerufen am 1. November 2021]).

Koordinaten: 51° 30′ 50,8″ N, 0° 6′ 27,7″ W