Friedrich Heldmann

deutscher Ökonom und Hochschullehrer

Friedrich Heldmann (* 21. November 1776 in Margetshöchheim; † 24. Mai 1838 in Darmstadt) war ein deutscher Professor für Handelslehre und Kameralistik.

Über seine Ausbildung geben die zeitgenössischen biographischen Handbücher[1] keine und über seine beruflichen Tätigkeiten nur sehr rudimentäre Auskünfte. Im Jahr 1803 sei er in Würzburg an der Universität Professor der Handlungswissenschaft und im Jahr 1804 Mathematiklehrer am dortigen Gymnasium sowie Leiter (s)einer „Commerzschule“ geworden. Von 1807 bis 1814[2] war er dann Professor der Handlungswissenschaften an der 1802 gegründeten Kantonsschule in Aarau und von 1817 bis 1819 a.o. Professor für Kameralistik an der Akademie in Bern.[3] Er lebte bis 1821 in Bern und ging dann zunächst nach Italien, bis er anschließend zunächst „einige Jahre“ in Mainz und dann in Darmstadt „privatisierte“, wo er 1830 schließlich „eine Pensionsanstalt für die weibliche Jugend errichtete“. Dort hat er auch eine zwölfbändige „Kinderbibliothek“ herausgebracht. In Darmstadt ist er auch am 24. Mai 1838 verstorben.

Aus seiner Würzburger Schulschrift[4] ist bekannt, dass er „in einem der ersten (Handlungs-) Institute“ Deutschlands erzogen worden sei.[5] Und aus der Würzburger Universitätsgeschichte lässt sich ergänzen, dass er vor der Aufnahme seiner Würzburger Tätigkeiten „Spezereyhändler“ gewesen sei. Er hat also eine kaufmännische Lehre absolviert und wahrscheinlich auch einige Jahre als Handelsdiener gearbeitet. Aber diese Information spricht nun eigentlich nicht dafür, dass er für seine Würzburger Tätigkeiten hinreichend vorgebildet war. Und so erfahren wir auch bei Engelhorn, dass die Würzburger Professoren bereits 1804 reklamierten, dass sich Heldmann „zu einem Lehrer an der Universität nicht qualificire“.

Weil nun dem Heldmannschen „Handlungs-Institute“ von der bayerischen Regierung das „Privilegium“ gnädigst erteilt worden war, „dass dessen Eleven, wenn solche in dem nach einem zweijährigen Lehrkurse mit ihnen vorzunehmenden Examen, Proben ihrer erlangten Kenntnisse“ abgelegt hatten, „von aller übrigen sonst verordneten Lehrzeit (im Land Würzburg waren das damals fünf Jahre; d. Verf.), so wie nicht minder von den bisher üblichen 3 Wanderjahren befreyt, und nach einer nur noch zweijährigen Praxis zur Aufnahme in den Handelsstand sollten geeignet sein“[6] versuchten der Würzburger Handelsstand zu erreichen, dass Heldmann wegen „Unfähigkeit (…) auch in praktischen Dingen“ von seiner Prüfungstätigkeit suspendiert werde (Juli 1805), zunächst allerdings ohne Erfolg.[7] Im August 1806 ist Heldmann dann beschuldigt worden, ein „mutwilliger Bankerottirer und Dieb“ zu sein. Und schon wenige Wochen später hat Heldmann seine Würzburger „Geschäftstätigkeit“ mit einer Schuldenlast von ca. 30.000 fl. beendet.

„Auf Druck hauptsächlich kaufmännischer Kreise“ hat die Direktion der Aarauer Kantonsschule den – wie sie glaubte – soliden[8] Fachschul-Vertreter Heldmann (der allerdings ein „Blender“ gewesen sein muss) als Gegengewicht zum idealistisch verblendeten, aber „zupackenden“ Rektor Ernst August Evers (1779–1823) berufen,[9] dessen Ansichten schon den offen zutage liegenden Tendenzen und Ansichten seiner eigenen Zeit nicht entsprachen. Und so erschienen 1807 in Aarau zwei Schulschriften, die vom Inhalt her nicht unterschiedlicher hätten sein können:

Evers, Ernst August: Ueber die Schulbildung zur Bestialität: ein Programm zur Eröffnung des neuen Lehrkurses der Kantonsschule zu Aarau. Aarau 1807 (kommentierter Nachdruck Heidelberg 2002 - Beachtenswert das Nachwort von Michele C. Ferrari, S. 50–61, jedoch ohne Hinweis auf Heldmann) und Heldmann, Friedrich: Ueber die Bildung der Jugend zum Handlungsstande in republikanischen Staaten. Ein Programm. Aarau 1807

In der wirtschaftspädagogischen Literatur ist dieses räumlich konzentrierte Aufeinandertreffen zweier völlig unvereinbarer „Konzepte“ [Clemens Menze (1928–2003) spricht von der „Disjunktion“ von allgemeiner und beruflicher Bildung[10]] noch nicht einmal registriert, geschweige denn erforscht worden. Bei Müller-Wolfer (1883–1970)[11] heißt es [mit Bezug auf den dortigen Mathematiklehrer Franz Xaver Bonner (1758–1850)] „beruhigend“, „Evers’ Absichten seien die besten gewesen. Aber in seinem Eifer habe er unrecht getan, und der Ausdruck „Erziehung zur Bestialität“, womit er frühere Lehrer angegriffen habe, sei ein offenbarer Missgriff gewesen.“ Der militante Neuhumanist Evers wird ganz gezielt auch Heldmann angegriffen haben, der ihm intellektuell deutlich unterlegen gewesen sein dürfte!

Feldmann wurde im Jahre 1809 in Freiburg i. B. in den Freimaurerei aufgenommen und schloss sich in Aarau der Loge Zur Brudertreue an. Er veröffentlichte zur freimaurerischen Geschichte und gab einige freimaurerische Zeitschriften heraus.

  • Ueber die Bildung der Jugend zum Handlungsstande in republikanischen Staaten. Ein Programm. Aarau 1807.
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Einzelnachweise

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  1. Vgl. das Deutsche Biographische Archiv. (DBA), I 506, 16–24 und II, 135. Außerdem: Neuer Nekrolog der Deutschen. 16. Jahrgang 1838 (Zweiter Theil), Weimar 1840, S. 534/35 (Hier ausführliches Verzeichnis seiner Veröffentlichungen). Über Heldmann als Freimaurer vgl. C. Lenning: Encyclopädie der Freimaurer nebst Nachrichten über die … geheimen Verbindungen… zweiter Band, Leipzig 1824, S. 15–42.
  2. nicht bis 1817
  3. ausgeschieden „in Folge ungerecht erlittener Behandlung von Seiten der damaligen dortigen Regierung“ bzw. nach einer anderen Quelle: „aus politischen Gründen“
  4. Systematische Entwicklung der Lehranstalten in dem neuen kurpfalzbaierischen Handlungs-Institute zu Würzburg. Eine Einladungsschrift zur zweckmäßigen Bildung geschickter Kaufleute. Würzburg 1805, S. 3.
  5. Werner Engelhorn: Die Universität Würzburg 1803 – 1848. Ein Beitrag zur Verfassungs- und Institutionen- geschichte. Neustadt/Aisch 1987, S. 149 – Auch Johann Georg Cleminius (1776 – 1808), der die bayerische Regierung ebenfalls gebeten hat, in Würzburg ein Handlungs-Institut errichten zu dürfen, bezweifelt in seinem Schreiben vom 20. Juli 1804 ebenfalls die Qualifikation Heldmanns. Es handele sich bei ihm um „einen simplen, in einer Commerz- und Fabriklosen Stadt erzogenen, weiland gewesenen Kraemer, der das Fach der Handlung unmoeglich in seinem ganzen Umfang kennen kann. Der aber, als eigentlicher Schullehrer für Kinder von 10 bis 14 Jahren, welche zur Handlung bestimmt sind, gut seyn mag“. [Bayer. Hauptstaatsarchiv München, Signatur M Inn No. 23304 (Friedrich Heldmann)]
  6. Systematische Entwicklung … 1805, S. 5.
  7. Engelhorn: Die Universität Würzburg 1803 – 1848. 1987, S. 149.
  8. Diese Einlassung wird durch eine Begebenheit gestützt, die Bronner für überliefenswert hält: „Heldmann wollte sich seinen Kollegen als Mann zeigen, der zu leben wisse. Zu diesem Zwecke lud er sie zu einem Abendtee ein. Seine Zimmer waren recht artig beleuchtet, die Gäste wurden in hübschen Gefäßen bedient und mit allerlei Erfrischungen bewirtet, zuletzt sogar mit Wein. Mit strahlender Bewunderung betrachteten die Kollegen das artige Fest. Sie selbst hatten es, in Anbetracht ihrer bescheidenen Besoldung, nie gewagt, solch kleine Feste zu geben, dachten jedoch, ein Finanzmann möge die Sache besser einzurichten verstehen. Doch die Rechnung war doch zuverlässiger als die des neuen Gastfreundes. Er verlernte es auch bald, solche Feste zu geben.“ (zitiert nach Müller-Wolfer, Th[eodor]: Die Aargauische Kantonsschule in den vergangenen 150 Jahren. Festschrift. Aarau 1952, S. 32/33)
  9. Die Neuhumanisten waren der Meinung, dass bereits der Beruf an sich „gefährlich“ sei, weil er die Tendenz habe, den Menschen sich selbst zu entfremden statt ihn sich entfalten zu lassen (Wilhelm von Humboldt). Ziel musste es also sein, den Berufseintritt durch den Besuch allgemeinbildender Schulen so lange wie möglich hinauszuzögern. Jede Form „realistischer Bildung“ (auch der Berufsbildung) war zu unterbinden! Den Vorwurf der „Erziehung zur Bestialität“ sah Evers darin begründet, dass es in beruflichen Schulen ausschließlich darum gehe, die Akkumulation von abrufbarem, marktgängigem (Erfahrungs-)Wissen zu organisieren.
  10. Clemenz Menze: Zur Entstehung der Disjunktion von allgemeiner und beruflicher Bildung und ihrer Auswirkung auf die Bildungsorganisation. In: Vierteljahresschrift für wissenschaftliche Pädagogik. Band 53, Paderborn 1977, S. 75–89.
  11. Th. Müller-Wolfer: Die Aargauische Kantonsschule. 1952, S. 33.