Friedrich Lorentz (Pädagoge)

deutscher Historiker und Pädagoge
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Friedrich Wilhelm Lorentz (* 9. November 1803 in Kreuznach; † 10. Mai 1861 in Bonn) war ein deutscher Historiker und Pädagoge.

Friedrich Lorenz

Herkunft, Ausbildung

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Lorentz, Sohn eines Kreuznacher Buchbinders, besuchte das Gymnasium in Kreuznach, wo er Unterricht von Gerd Eilers erhielt, mit dem er später befreundet blieb.[1] Lorentz studierte von 1821 bis 1826 Philosophie und Philologie in Bonn, Heidelberg und Berlin. Während seines Studiums wurde er 1821 Mitglied der Bonner Burschenschaft Germania. Neben seinem Studium war er auf Empfehlung von Friedrich Christoph Schlosser als Hauslehrer bei einer englischen Familie tätig und studierte die englische Sprache und Literatur. In Berlin wurde er 1826 zum Dr. phil. promoviert.

Professor und Redakteur in St. Petersburg

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Nach seinem Studium war Lorentz als Übersetzer tätig. 1830 wurde er außerordentlicher Professor an der Universität Halle. 1832 ging er auf Vermittlung des weimarischen Superintendenten Köthe als Professor (d. h. Lehrer) an das Pädagogische Hauptinstitut in St. Petersburg. Von 1836 bis 1838 war er nebenbei als Redakteur der St. Petersburger Zeitung tätig, die von der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften herausgegeben wurde und - streng objektiv - "den verschiedenen deutschen Elementen zu einem geistigen Mittelpunkte dienen" sollte. Die auch seinem Naturell entsprechende, vermittelnde und überparteiliche Haltung wurde von der Leserschaft jedoch nicht geschätzt und als zu neutral empfunden: "für die meisten hatte der klare und geistvolle , allein völlig parteilose Darstellung der Gegenwart keinen Reiz", der Zeitschrift blieb der Erfolg versagt.[2]

Schulleiter der Petrischule, St. Petersburg

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1840 wurde Lorentz zum korrespondierenden Mitglied der Akademie gewählt.[3] 1840 wurde Lorentz zugleich zum Direktor der deutschen Hauptschule an der evangelisch-lutherischen Kirche von St. Peter ("Petrischule") gewählt - "eine der wichtigsten Pflegestätten deutscher Bildung in Rußland", die 1836 den Status eines Gymnasiums erhielt.[4] Bei Amtsantritt legte er in einer Rede das Programm seiner künftigen Aktivitäten dar und erklärte, dass es konservativ sein würde. Doch die Ausrichtung von Lorenz‘ Tätigkeit schloss die Weiterentwicklung der ihm anvertrauten Bildungseinrichtung nicht aus.

Zu den Reformen, die während seiner Amtszeit an der Schule durchgeführt wurden, gehören die Einrichtung einer Vorbereitungsschule an der Frauenabteilung der Schule, die Erweiterung des Studiengangs für alte Sprachen, Geschichte und Geographie (mit der Einführung in Statistik und Physische Geographie). Um die Zahl der Unterrichtsstunden in diesen Fächern zu erhöhen, wurden aus dem Lehrplan Anthropologie und Enzyklopädie des Wissens als Fächer gestrichen, die das Verständnis der Schüler überstiegen; der Bau einer Turnhalle und die Einführung des Turnens in das Bildungsangebot gehen auf ihn zurück. Im Hinblick auf den Präsenzunterrichts schlug Lorenz vor, die Schülerzahl zu reduzieren und für jede Klasse eine Höchstschülerzahl festzulegen, doch der Kirchenvorstand lehnte seinen Vorschlag aus wirtschaftlichen Gründen ab. Eine Überfüllung der Klassen, die den ordnungsgemäßen Ablauf des Unterrichts beeinträchtigte, machte jedoch die Reform notwendig, und 1856 wurde Lorenz gebeten, ein Projekt zur Entdeckung von Alternativen auszuarbeiten; er plante auch eine 8. Oberklasse, die dementsprechend eröffnet wurde.

„Es war natürlich kein leichtes, einer Anstalt vorzustehen, welche 700 Schüler und Schülerin[n]en zählte und ein zahlreiches in sich sehr verschiedenartig gestaltetes Lehrerpersonal besaß. Lorenz aber hat auch in dieser Stellung das in ihn gesetzte Vertrauen vollkommen gerechtfertigt, sich als erfahrenen Pädagogen und namentlich als tüchtigen und umsichtigen Leiter des Ganzen bewährt.“

Theodor Bernhardt (1837-1870), 1867[5]

Handbuch der allgemeinen Geschichte

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Sein mehrbändiges "Handbuch der allgemeinen Weltgeschichte", von seinen Schülern nur mangelhaft ins Russische übersetzt, das seit 1860 vollständig vorlag, wurde von der Zensurbehörde mehrfach beanstandet und für den Schulgebrauch sogar verboten, obwohl schon vor Erscheinen des 3. Bandes eine zweite Auflage der ersten Teile und 1857 sogar eine dritte Auflage notwendig geworden war.

Russischer Staatsrat, Pensionierung und Umzug nach Bonn

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Lorentz wurde kaiserlich-russischer Staatsrat und 1857 nach 25 Dienstjahren, wie in Russland üblich, bei vollem Gehalt emeritiert.[6] Nach der Rückkehr in seine rheinische Heimat hielt er in Bonn als Honorarprofessor Vorlesungen über russische Geschichte. 1858 zog er sich eine Lungenentzündung zu, an der er 1861 starb.

Veröffentlichungen (Auswahl)

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  • De statu in quem Sicilia a Normannis redacta sit. Dissertation Universität Berlin 1826.
  • Übersetzung: Geschichte der Römer von Cassius Dio, Jena 1826.
  • Übersetzung: Geschichte Alfreds des Großen von Sharon Turner, Hamburg 1828.
  • De Carolo Magno litterarum fautore. Habilitation Universität Halle 1828.
  • Alcuins Leben. Halle a. S., 1829. (Online)
  • Новѣйшая исторія от Вѣнскаго конгресса до Парижскаго мира, 1856. (russisch), Sankt Petersburg 1860.
  • Neueste Geschichte von den Wiener Verträgen bis zum Frieden von Paris. (1815–1856), posthum herausgegeben von Theodor Bernhardt, Berlin 1867. (Online)

Literatur

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Einzelnachweise

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  1. "...ein Buchbinder, dessen Sohn einer meiner talentvollsten und liebsten Schüler war, seit Jahren kaiserlich russischer Staatsrat ist und gegenwärtig an einer russischen Geschichte arbeitet, die in Deutschland Aufsehen erregen wird"; Eilers, Wanderung, Bd.2 (1857), S. 112
  2. Bernhardt, Vorwort zu Neueste Geschichte, S.XI
  3. Abteilung für Historische, Philologische und Politische Wissenschaften (in der Kategorie Russische Geschichte und Altertümer); Korrespondierende Mitglieder der Russischen Akademie der Wissenschaften seit 1724: Лоренц, Федор (Фридрих) Карлович; Lorentz, Fjodor (Friedrich) Karlowitsch. Russische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 23. Oktober 2021 (russisch).
  4. Bernhardt, Vorwort zu Lorentz, Neueste Geschichte, S.XI.
  5. Bernhardt ("Lebensskizze") in Lorentz, Neueste Geschichte, S.XI
  6. Biographie auf Russisch