Friedrich Wilhelm Weber
Friedrich Wilhelm Weber (* 25. Dezember 1813 in Alhausen; † 5. April 1894 in Nieheim) war ein deutscher Arzt, Politiker und Dichter. Bis 1857 benutzte er das Pseudonym „B. Werder“.
Leben
BearbeitenAls Sohn eines Försters in Alhausen, heute ein Ortsteil von Bad Driburg, am 1. Weihnachtstag 1813 geboren und in der ländlichen Idylle am Fuße des Eggegebirges aufgewachsen, legte Weber 1833 am Gymnasium Theodorianum in Paderborn seine Abiturprüfung ab. 1834 begann er sein medizinisches Studium in Greifswald und Breslau (hier traf er mit Hoffmann von Fallersleben und Gustav Freytag zusammen), das er 1839 mit der Promotion zum Doktor der Medizin summa cum laude abschloss.
Während seiner Greifswalder Studienjahre trat er 1835 dem Corps Pomerania bei und setzte sich für eine freiheitliche Lebensordnung und die nationale Einheit Deutschlands ein. Das hellblau-silber-hellblaue Band trug er mit Stolz. Dieses Engagement blieb für den „Senior“ der Pomerania nicht ohne Folgen. Im Zuge der Ermittlungen zum Frankfurter Attentat musste er sich vor dem Greifswalder Universitätsgericht verantworten. Er wurde beschuldigt, sich einer landsmannschaftlichen Verbindung angeschlossen zu haben und politisch aktiv geworden zu sein. Pomerania verlieh ihm später die Ehrenmitgliedschaft.[1][2]
Nach dem medizinischen Staatsexamen 1840 in Berlin wirkte Weber nach einigen Wanderjahren durch ganz Europa als Arzt in Bad Driburg und als Brunnenarzt in Bad Lippspringe. Seine politische Laufbahn begann er als Mitglied des Driburger demokratischen Vereins 1854 als Stadtverordneter in der ostwestfälischen Badestadt. Seine demokratische Grundhaltung brachte ihm den Spitznamen „der rote Weber“ ein. Von 1862 bis 1893 vertrat er den Wahlkreis Höxter/Warburg als Mitglied der Zentrumspartei im preußischen Landtag.
1892 wurde Weber Ehrenmitglied der katholischen Studentenverbindung Askania Berlin (jetzt KStV Askania-Burgundia Berlin) im KV.[3]
Von 1867 bis 1887 lebte Friedrich Wilhelm Weber mit seiner Familie (Ehefrau Anna geb. Gipperich, Tochter Elisabeth, Sohn Friedrich Wilhelm gen. Friedemann) auf dem Schloss Thienhausen bei Steinheim und siedelte nach zwei großen Brandkatastrophen 1887 in das Landstädtchen Nieheim um, wo er die letzten Jahre seines Lebens verbrachte und seine letzte Ruhestätte fand. Sein Vermächtnis finden Weberfreunde dort in sein Grabkreuz eingemeißelt:
„Und schlaf’ ich längst schon unter Friedhofslinden,
das sollst du stets bewahren im Gedächtnis
als meiner Liebe teuerstes Vermächtnis:
Es ist kein Heil, als nur im Kreuz zu finden.“
Neben seiner beruflichen und politischen Tätigkeit widmete sich Weber sein gesamtes Leben lang der Dichtung. Bereits als Gymnasiast schrieb er erste Gedichte. Dabei maß er selbst seinem künstlerischen Schaffen wenig Bedeutung zu. Seine Gedichte seien nur „Funken, die beim heißen Drang der Arbeit am Amboss sprühen“. Erste Gedichte veröffentlichte er bis 1857 unter dem Pseudonym „B. Werder“ (z. B. in: Armenia von Bachmann).
Friedrich Wilhelm Webers erste größere literarische Arbeiten sind die Übersetzungen poetischer Erzählungen Tennysons (Enoch Arden, Aylmers Field und Maud) und des Schweden Esaias Tegnér (Axel – Eine poetische Erzählung). Erst 65-jährig trat er 1878 mit seinem Epos Dreizehnlinden ins Rampenlicht. Die Wertschätzung, die dieses Werk im deutschsprachigen Raum erfährt, lässt sich an den Verkaufszahlen ablesen. Bis 1922 wurde Dreizehnlinden allein vom Verlag Ferdinand Schöningh in über 200 Auflagen veröffentlicht. Mehr als 2 Millionen Exemplare wurden bis heute verkauft. Weber avancierte als „Sänger von Dreizehnlinden“ zum bedeutendsten Dichter Westfalens. Die philosophische Fakultät der Universität Münster würdigte Weber 1880 mit der Verleihung der Ehrendoktorwürde. Was Generationen von Lesern begeisterte und bis zur Zeit der Hitler-Diktatur einen festen Platz in den Lehrplänen deutschsprachiger Schulen besaß, ist jedoch nach dem Zweiten Weltkrieg, ebenso wie Friedrich Wilhelm Weber selbst, außerhalb Westfalens – nicht zuletzt durch einen überdauerten Sprachstil – in Vergessenheit geraten. Die große Schar der Bewunderer ist geschwunden. Dabei besitzt Dreizehnlinden eine Botschaft, die bis heute nichts an Aktualität eingebüßt hat: die Überwindung von Zwietracht und Gewalt durch Toleranz und Nächstenliebe.
Die Geschichte von Dreizehnlinden spielt im westfälischen Nethegau 822 und 823, der Regierungszeit Ludwigs des Frommen, Sohn Karls des Großen. Sie erzählt in 25 Gesängen in vierhebigen, gereimten Trochäen die Liebesgeschichte des Sachsen Elmar, im heidnischen Glauben aufgewachsen, zum Hass gegen die invasorischen Franken erzogen, und der Christin Hildegunde. Als titelgebendes Kloster wählte Friedrich Wilhelm Weber die Abtei Corvey bei Höxter an der Weser. Den Kern des Epos bildet Elmars Aufenthalt im Kloster, in dem der Sachse – durch den Franken Gero hinterhältig schwer verletzt – Zuflucht findet. Jenseits von Hass und Gewalt gesundet er unter der Obhut des greisen Abtes und des Priors an Körper, Geist und Seele. Der Dichterarzt Weber behält hier eindrucksvoll den ganzen Menschen als Leib-Seelen-Einheit im Auge: Swanahild, der sächsischen Seherin, kommt die Aufgabe zu, mit ihrer Heilkunst Elmar als Naturwesen in seiner angestammten Umgebung, seiner Heimat, körperlich zu gesunden, den christlichen Mönchen aber ist es vorbehalten, die seelisch-geistige Erneuerung auf den Weg zu bringen. In Dreizehnlinden verbinden sich so Heidentum und Christentum in gegenseitiger Toleranz und Achtung zu einem Werk der gelebten christlichen Liebe.
Neben einer Gedichtsammlung, die das Lebenswerk Webers spiegelt, und einigen religiösen Dichtungen wie Marienblumen und Das Vaterunser erschien 1892 seine dichterische Erzählung Goliath. Dieses Werk gründet im Wesentlichen auf einer wahren Begebenheit, die ihm der befreundete Maler Magnus Thulstrup Bagge erzählt hatte. Zwei Jahre nach Webers Tod wurden die nachgelassenen Gedichte Herbstblätter veröffentlicht.
Werke
Bearbeiten- Die Arminiusquelle zu Lippspringe (1858)
- Übersetzungen von A. Tennysons Enoch Arden und Aylmers Field (1869)
- Übersetzung Schwedische Lieder und mit ihren Singweisen und Klavierbegleitung (1872)
- Übersetzung von A. Tennysons Maud (1874)
- Übersetzung von Esais Tegnérs Axel – Eine poetische Erzählung (1876)
- Dreizehnlinden (1878)
- Gesammelte Gedichte (1881)
- Marienblumen (1885), vertont von Carl Thiel
- Das Vaterunser (1887)
- Goliath (1892)
- Das Leiden unseres Heilandes (1892)
- Herbstblätter Nachgelassene Gedichte (1896)
- Gesammelten Dichtungen in 3 Bänden (1922 – Hrsg.: Webers Kinder Elisabeth und F.W. Weber jun.)
- Herrgottsblumen (1932 – Hrsg.: Elisabeth Weber)
- Lesebuch. Zusammengestellt und mit einem Nachwort von Rüdiger Bernhardt (Nylands Kleine Westfälische Bibliothek 79). Bielefeld 2018.
Bekannte Gedichte
Erinnerung
BearbeitenDie Erinnerung an Friedrich Wilhelm Weber wird heute durch die Weber-Gesellschaft in den Gedenkstätten in seinem Geburtshaus in Bad Driburg-Alhausen und im Weberhaus Nieheim (Heimvolkshochschule) wachgehalten.
Weber-Erinnerungsstätten
- Friedrich-Wilhelm-Weber-Museum im Geburtshaus und Kräutergarten mit Weberbüste
- Wegekreuz am Ortseingang (F.W. Weber Wanderweg)
- Straßennamen im Ort: Dreizehnlindenweg, Weberplatz, Weberring
- Dreizehnlindenbrunnen auf dem Rathausplatz
- Gedenktafel am Hotel „Brauner Hirsch“, Lange Straße
- Weberbüste im Rosengarten des Gräflichen Kurparks
- Gedenktafeln auf der Iburg
- Wegekreuz zur Erinnerung an Dr. Weber
- Weberhöhe
- Straßennamen im Ort: Friedrich-Wilhelm-Weber-Straße – Nach Figuren aus Dreizehnlinden: Elmarstraße, Hildegundestraße, Drudenweg, Widostraße, Fulkostraße, Eggiweg
- Gedenkstein im Arminiuspark
- Straßenname im Ort: Friedrich-Wilhelm-Weber-Platz
- Bronzerelief an der St.-Johannes-Nepomuk-Pfarrkirche; der rechte Kirchturm ist Weber gewidmet
- Schloss Bökerhof: fiktiver Hintergrund für den Hof Bodinkthorpe aus Dreizehnlinden
- Gut Abbenburg: fiktiver Hintergrund für den Habichtshof aus Dreizehnlinden
- St.-Johannes-Nepomuk-Pfarrkirche: in den zehn großen Kirchenfenstern sind jeweils Strophen aus Dreizehnlinden, passend ausgesucht zu den dargestellten Szenen
- Straßennamen im Ort: Dreizehnlindenstraße, Friedrich-Wilhelm-Weber-Straße, Elmarstraße, Hildegundestraße, Eschenburger Straße, Eggiweg, Fulkstraße, Drudestraße
- St.-Johannes-Nepomuk-Pfarrkirche: zwei der drei Glocken sind benannt nach den Hauptpersonen aus Dreizehnlinden: Elmar-Glocke und Hildegunde-Glocke
- Kloster Corvey, fiktiver Hintergrund für Webers Hauptwerk Dreizehnlinden
- Weberzimmer
- Dreizehnlindenkreuz neben der Abtei von Kloster Corvey
- Freilichtbühne Lohne, Inschrift an der Eingangspforte, ein Spruch aus dem 17. Gesang von Webers Epos Dreizehnlinden (allerdings ohne Quellenangabe): „Erst gehörst du deinem Gotte, ihm zunächst der Heimaterde.“
- Abtei Marienmünster, Wohnsitz der Schwiegereltern Anton und Lisette Gipperich 1867–1877
- Weberkreuz, gegenüber der Abtei
- Weberhaus Nieheim, Webers letzter Wohnsitz 1887–1894, heute Heimvolkshochschule und Literarische Gedenkstätte
- Erbbegräbnisstätte der Familie Weber auf dem Friedhof
- Gedenkstein gegenüber dem Weberhaus
- Schloss Thienhausen, Webers Wohnsitz 1867–1887, hier vollendete er 1877 das Epos Dreizehnlinden
- Straßenname im Ort: Friedrich-Wilhelm-Weber-Straße
- Gedenktafel, auf dem Hof des Theodorianums
- Standkreuz von 1887 im Erzbischöflichen Diözesanmuseum
- Grabstein von Webers Mutter neben der Kirche, die auch Webers Taufkirche am 31. Dezember 1813 war
- Verbindungshaus der K.D.St.V. Kaiserpfalz Aachen „Dreizehnlinden“ am Hexenberg
- Stadtwald, „Dreizehnlinden-Platz“
Weiterhin sind Straßen und Plätze in Höxter, Lügde, Lünen, Marl, Münster, Nieheim, Schwandorf und Warburg nach Weber benannt.
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Ehrentafel am Gymnasium Theodorianum, Paderborn
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Gedenkstein in Bad Lippspringe
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Gedenkstein am Weberhaus in Nieheim
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Weber-Zitat in der Eingangspforte der Freilichtbühne Lohne
Literatur
Bearbeiten- Gotthold Kreyenberg: F. W. Weber, der Dichter von „Dreizehnlinden“. In: Velhagen und Klasings Monatshefte. Jg. 8 (1893/94), Bd. 2, Heft 10, Juni 1894, S. 456–464.
- Julius Schwering: Friedrich Wilhelm Weber – sein Leben und seine Werke. Schöningh, Paderborn 1900.
- Irmgard Gehle: WEBER, Friedrich Wilhelm. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 32, Bautz, Nordhausen 2011, ISBN 978-3-88309-615-5, Sp. 1463–1476 .
- Friedrich Wilhelm Weber: Arzt – Politiker – Dichter. Hrsg. von der Vereinigung der Freunde des Dichters F. W. Weber e. V. aus Anlass des 100. Todesjahres. Bonifatius, Paderborn 1994.
Weblinks
Bearbeiten- Literatur von und über Friedrich Wilhelm Weber im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Friedrich Wilhelm Weber im Lexikon Westfälischer Autorinnen und Autoren
- Friedrich Wilhelm Weber Arzt-Politiker-Dichter, Hrsg. Friedrich-Wilhelm-Weber-Gesellschaft e. V., 2. erweiterte Auflage Paderborn 1996
- Weber, Friedrich Wilhelm ( vom 21. April 2012 im Internet Archive) In: W. Gödden/I. Nölle-Hornkamp (Hrsg.): Autorinnen und Autoren des Vormärz
- Werke von Friedrich Wilhelm Weber im Projekt Gutenberg-DE
- Biografie (englisch)
- Friedrich-Wilhelm-Weber Gesellschaft e. V.
- Die deutsche Geschichtsbibliothek; Sprüche und Gedichte von F-W-Weber
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ Kösener Korpslisten 1910, 93/150.
- ↑ Eine weitere Corpsmitgliedschaft (Pomerania Berlin) ist in den Kösener Corpslisten nicht vermerkt.
- ↑ Siegfried Koß, Wolfgang Löhr (Hrsg.): Biographisches Lexikon des KV. 1. Teil (= Revocatio historiae. Band 2). SH-Verlag, Schernfeld 1991, ISBN 3-923621-55-8, S. 105.
- ↑ Der Handschuh im Projekt Gutenberg-DE
- ↑ Am Amboß im Projekt Gutenberg-DE
- ↑ Beim Tode meines Bruders im Projekt Gutenberg-DE
- ↑ Uhlands Tod im Projekt Gutenberg-DE
- ↑ [1]
- ↑ [2]
- ↑ [3]
Personendaten | |
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NAME | Weber, Friedrich Wilhelm |
ALTERNATIVNAMEN | Werder, B. (Pseudonym) |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Arzt, Politiker und Dichter |
GEBURTSDATUM | 25. Dezember 1813 |
GEBURTSORT | Alhausen |
STERBEDATUM | 5. April 1894 |
STERBEORT | Nieheim |