Fritz Paul (Widerstandskämpfer)

deutscher NS-Widerstandskämpfer

Fritz Paul (* 25. Juni 1903; † 1988) war ein deutscher Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus und Verleger.

Paul war gelernter Schriftsetzer und trat in seiner Jugend dem Wandervogel bei. Von diesem kam er 1928 zur SPD.[1] Nach der sogenannten Machtergreifung Hitlers 1933 erfolgte der Übertritt zum Internationalen Sozialistischen Kampfbund (ISK) in Bremen, welchem seine Frau Frieda Paul bereits seit 1928 angehörte.[2] Dem ISK gelang es daraufhin, die Zeitung Blick in die Zeit, für die Fritz Paul arbeitete, ab 1933 zu unterwandern.[3]

Während der Olympischen Spiele 1936 verteilte Paul mit Hilfe eines präparierten Koffers Flugblätter mit dem Ausspruch „Deutschlands Ruhe ist Friedhofsruhe“.[4] Ein weiteres Flugblatt beschrieb Adolf Hitler als „Rattenfänger von Hameln“.[1] Ebenfalls 1936 reiste Paul unter dem Deckmantel einer KdF-Fahrt nach London, um sich mit der ISK-nahen Publizistin Mary Saran zu treffen.[5] Gemeinsam mit seiner Frau wurde Paul während der ISK-Zerschlagung 1937/1938 durch die Gestapo verhaftet. Das Kammergericht verurteilte ihn zu 2½ Jahren Zuchthaus.[1]

Nach Haftentlassung wurde Paul erneut Teil konspirativer Netzwerke, insbesondere im Umfeld der Sozialistischen Arbeiterpartei in Bochum. In Begleitung Hellmut Kalbitzers geriet Paul im Sommer 1942 bei Osnabrück in eine Gestapo-Routinekontrolle und wurde verwarnt, aber nicht erneut verhaftet.[6] Zu den weiteren engeren Kontakten zählten die Eheleute Änne und Josef Kappius, die zwischen 1943 und 1944 im Auftrag des ISK-Funktionärs Willi Eichler nach Deutschland zurückkehrten.[7]

Nach Kriegsende wurde Paul Mitglied im Führungsgremium der Kampfgemeinschaft gegen den Faschismus, einer Institution der frühen Bremer Nachkriegsverwaltung, die von den Besatzungsmächten unterstützt wurde.[2] Er betätigte sich außerdem als technischer Leiter des 1945 gegründeten Weser-Kuriers.[1][8] In den folgenden Jahren war Paul damit beschäftigt, mit dem entschädigten ISK-Vermögen Organisationen aufzubauen, die das Erbe des ISK antreten sollten. So wurde Paul 1949 Mitglied der Philosophisch-Politischen Akademie, welche sich der Rezeption der Lehren des ISK-Gründers Leonard Nelson verschrieben hat.[8]

Gleichsam baute er ab 1946 mit weiteren ehemaligen Dissidenten die Europäische Verlagsanstalt (EVA) als ideellen Nachfolge-Verlag des ISK auf. Paul hatte als Gesellschafter des Rechtstitels Öffentliches Leben, welcher die Rechte am Werk des ISK-Gründers Nelson besaß, sowie als neuer Druckereileiter im nahe gelegenem Offenbach am Main einen Anteil an der Entscheidung, den Verlag in Frankfurt am Main statt in Hamburg aufzubauen. Er gehörte zum frühen inneren Kern der 1950er EVA.[9] Er fungierte als Druckereileiter und übernahm gemeinsam mit der ehemaligen ISK-Genossin Hanna Bertholet die Geschäftsführung. In diese Zeit fällt etwa 1955 die Akquise und deutschsprachige Erstveröffentlichung von Hannah Arendts Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft. Mit der Übernahme der EVA durch eine Tochtergesellschaft der Bank für Gemeinwirtschaft schied Paul 1964 aus der EVA aus.[10]

Im Ruhestand kehrte er in seine Heimat Bad Essen zurück, wo er sich im Ortsverein der SPD engagierte.[11][12]

Literatur (Auswahl)

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  • Peter Brandt: Antifaschismus und Arbeiterbewegung. Aufbau – Ausprägung – Politik in Bremen 1945/46. Christians, Hamburg 1976, ISBN 978-3-767-20400-3.
  • Hellmut Kalbitzer: „Widerstehen oder Mitmachen. Eigensinnige Ansichten und persönliche Erinnerungen (1987)“ in Sabine Lemke-Müller (Hrsg.): Ethik des Widerstands. Der Kampf des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes (ISK) gegen den Nationalsozialismus. Dietz, Bonn 1996, 2. Aufl., 236–277. ISBN 978-3801240769.
  • Inge Marßolek und René Ott: Bremen im Dritten Reich. Anpassung – Widerstand – Verfolgung. Carl Schünemann, Bremen 1986, ISBN 978-3796117657.

Einzelnachweise

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  1. a b c d Peter Brandt: Antifaschismus und Arbeiterbewegung. Aufbau – Ausprägung – Politik in Bremen 1945/46. Hamburg 1976, S. 312.
  2. a b Peter Brandt: Antifaschismus und Arbeiterbewegung. Aufbau – Ausprägung – Politik in Bremen 1945/46. Hamburg 1976, S. 108.
  3. Peter Brandt: Antifaschismus und Arbeiterbewegung. Aufbau – Ausprägung – Politik in Bremen 1945/46. Hamburg 1976, S. 41.
  4. Inge Marßolek und René Ott: Bremen im Dritten Reich. Anpassung – Widerstand – Verfolgung. Carl Schünemann, Bremen 1986, S. 228.
  5. Inge Marßolek und René Ott: Bremen im Dritten Reich. Anpassung – Widerstand – Verfolgung. Carl Schünemann, Bremen 1986, S. 229.
  6. Hellmut Kalbitzer: „Widerstehen oder Mitmachen. Eigensinnige Ansichten und persönliche Erinnerungen (1987)“ in Sabine Lemke-Müller (Hrsg.): Ethik des Widerstands. Der Kampf des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes (ISK) gegen den Nationalsozialismus. Dietz, Bonn 1996, 2. Aufl., S. 269–270.
  7. Inge Marßolek und René Ott: Bremen im Dritten Reich. Anpassung – Widerstand – Verfolgung. Carl Schünemann, Bremen 1986, S. 384.
  8. a b Die Mitglieder der PPA Philosophisch-Politische Akademie. Abgerufen am 13. Januar 2021.
  9. Klaus Körner: „Die Europäische Verlagsanstalt 1945-1979“ in Sabine Groenewald (Hrsg.) Mit Lizenz. Geschichte der Europäischen Verlagsanstalt, 1946-1996 Hamburg 1996, 35–133: S. 52–54.
  10. Klaus Körner: „Die Europäische Verlagsanstalt 1945-1979“ in Sabine Groenewald (Hrsg.): Mit Lizenz. Geschichte der Europäischen Verlagsanstalt, 1946-1996 Hamburg 1996, 35–133: S. 72.
  11. Edith Laudowicz: Biografie von Frieda Arnold, verh. Paul Bremer Frauengeschichte. Abgerufen am 21. Dezember 2020.
  12. rw: SPD für „offensiven Wahlkampf“. In: Wittlager Kreisblatt. Bad Essen 9. Februar 1979.