Gaspéit

Mineral aus der Calcitgruppe

Gaspéit ist ein selten vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der „Carbonate (und Verwandte)“ mit der idealisierten chemischen Zusammensetzung Ni[CO3] und damit chemisch gesehen ein Nickel(II)-carbonat.

Gaspéit
Gaspéit (grüne Kruste) mit etwas Gips (farblos) aus der Nickelgrube 132 North, Widgiemooltha, Western Australia
Allgemeines und Klassifikation
IMA-Nummer

1965-029[1]

IMA-Symbol

Gpé[2]

Andere Namen

Nickel(II)-carbonat

Chemische Formel
Mineralklasse
(und ggf. Abteilung)
Nitrate und Carbonate (ehemals Nitrate, Carbonate und Borate)
System-Nummer nach
Strunz (8. Aufl.)
Lapis-Systematik
(nach Strunz und Weiß)
Strunz (9. Aufl.)
Dana

Vb/A.02
V/B.02-080[6]

5.AB.05
14.01.01.08
Kristallographische Daten
Kristallsystem trigonal
Kristallklasse; Symbol ditrigonal-skalenoedrisch; 32/m
Raumgruppe R3c (Nr. 167)Vorlage:Raumgruppe/167[3]
Gitterparameter a = 4,61 Å; c = 14,74 Å[3]
Formeleinheiten Z = 6[3]
Physikalische Eigenschaften
Mohshärte 4,5 bis 5[4]
Dichte (g/cm3) gemessen: 3,71(1); berechnet: 3,748[4]
Spaltbarkeit gut nach {1011}[4]
Bruch; Tenazität uneben[4]
Farbe hellgrün, grasgrün, olivgrün[4]
Strichfarbe gelbgrün[4]
Transparenz durchscheinend[4]
Glanz Glasglanz, matt[4]
Kristalloptik
Brechungsindizes nω = 1,830[7]
nε = 1,610[7]
Doppelbrechung δ = 0,220[7]
Optischer Charakter einachsig negativ

Gaspéit kristallisiert im trigonalen Kristallsystem und entwickelt nur kleine, rhombische Kristalle bis etwa 0,6 mm Länge[4] mit einem glasähnlichen Glanz auf den Oberflächen. Allgemein findet er sich in traubig-nierigen bis massigen und erdig matten Mineral-Aggregaten von hellgrüner, grasgrüner bis olivegrüner Farbe. Die Strichfarbe ist ähnlich, aber eher gelbgrün.

Etymologie und Geschichte

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Entdeckt wurde das Mineral von Mitarbeitern der New Jersey Zinc Exploration Co. (Canada), Ltd., die in der Gemeinde Lemieux im Norden des Bezirks Gaspé auf der Halbinsel Gaspésie in der kanadischen Provinz Quebec Erkundungen am dort anstehenden kieselhaltigen Dolomit durchführte. In einer massiven Gesteinsader fiel ihnen ein ungewöhnlich hellgrünes Mineral auf, das zur Untersuchung an die Forschungsabteilung der New Jersey Zinc Company in Palmerton, Pennsylvania geschickt wurde. Die Analyse führten Donald W. Kohls und John Landon Rodda[8] durch, die feststellten, dass es sich bei dem Material um ein bisher unbekanntes Nickel-Magnesium-Eisen-Carbonat handelte.

Kohls und Rodda benannten das neu entdeckte Mineral nach dessen Typlokalität und sandten ihre Untersuchungsergebnisse und den gewählten Namen 1965 zur Prüfung an die International Mineralogical Association (interne Eingangsnummer der IMA: 1965-029[1]), die den Gaspeit (zunächst noch ohne Akut über dem ‚e‘) als eigenständige Mineralart anerkannte. Die Anerkennung wurde allerdings erst 1969 in einem Sammelartikel zur Vorstellung Neuer Mineralnamen veröffentlicht.[9] Die Erstbeschreibung wurde bereits 1966 im Fachmagazin American Mineralogist publiziert.

Das Typmaterial des Minerals wird im National Museum of Natural History (NMNH) in Washington, D.C. (USA) unter der Inventarnummer 119544 und in der Mineralogischen Sammlung der University of British Columbia (UBC) in Vancouver (Kanada) unter der Inventarnummer S-75-4222 aufbewahrt.[10][11]

Klassifikation

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In der veralteten 8. Auflage der Mineralsystematik nach Strunz gehörte der Gaspéit zur Mineralklasse der „Nitrate, Carbonate und Borate“, Unterklasse „Carbonate“, und dort zur Abteilung „Wasserfreie Carbonate ohne fremde Anionen“, wo er gemeinsam mit Calcit, Magnesit, Otavit, Rhodochrosit, Siderit, Smithsonit und Sphärocobaltit sowie im Anhang mit Vaterit in der „Calcit-Gruppe“ mit der Systemnummer Vb/A.02 steht.

In der zuletzt 2018 überarbeiteten Lapis-Systematik nach Stefan Weiß, die formal auf der alten Systematik von Karl Hugo Strunz in der 8. Auflage basiert, erhielt das Mineral die System- und Mineralnummer V/B.02-080. Dies entspricht ebenfalls der Abteilung „Wasserfreie Carbonate [CO3]2−, ohne fremde Anionen“, wo Gaspéit zusammen mit Calcit, Magnesit, Otavit, Rhodochrosit, Siderit, Smithsonit, Sphärocobaltit und Vaterit die „Calcitgruppe“ mit der Systemnummer V/B.02 bildet.[6]

Die von der IMA zuletzt 2009 aktualisierte[12] 9. Auflage der Strunz’schen Mineralsystematik ordnet den Gaspéit in die neu definierte Klasse der „Carbonate und Nitrate“ (die Borate bilden hier eine eigene Klasse), dort aber ebenfalls in die Abteilung „Carbonate ohne zusätzliche Anionen; ohne H2O“ ein. Diese ist allerdings weiter unterteilt nach der Zugehörigkeit der beteiligten Kationen zu bestimmten Elementgruppen. Das Mineral ist hier entsprechend seiner Zusammensetzung in der Unterabteilung „Erdalkali- (und andere M2+) Carbonate“ zu finden, wo es zusammen mit Calcit, Magnesit, Otavit, Rhodochrosit, Siderit, Smithsonit und Sphärocobaltit die „Calcitgruppe“ mit der Systemnummer 5.AB.05 bildet.

In der vorwiegend im englischen Sprachraum gebräuchlichen Systematik der Minerale nach Dana hat Gaspéit die System- und Mineralnummer 14.01.01.08. Das entspricht wie in der veralteten Strunzschen Systematik der Klasse der „Carbonate, Nitrate und Borate“ und dort der Abteilung „Wasserfreie Carbonate“. Hier findet er sich innerhalb der Unterabteilung „Wasserfreie Carbonate mit einfacher Formel A+CO3“ in der „Calcitgruppe (Trigonal: R3c)“, in der auch Calcit, Magnesit, Siderit, Rhodochrosit, Sphärocobaltit, Smithsonit und Otavit eingeordnet sind.

Chemismus

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In der idealen, stoffreinen Zusammensetzung von Gaspéit (NiCO3) besteht das Mineral im Verhältnis aus je einem Teil Nickel (Ni) und Kohlenstoff (C) und drei Teilen Sauerstoff (O) pro Elementarzelle. Dies entspricht einem Massenanteil (Gewichtsprozent) von 49,45 Gew.-% Ni, 10,12 Gew.-% C und 40,43 Gew.-% O.

Gaspéit bildet allerdings eine lückenlose Mischreihe mit Magnesit (MgCO3). Natürliche Gaspéite enthalten daher meist einen geringen Anteil an Magnesium, welches das Nickel in der Formel ersetzt (substituiert). In verschiedenen Quellen wird entsprechend oft die Mischformel (Ni,Mg)CO3[4] angegeben. Das untersuchte Typmaterial aus Gaspé enthielt zusätzlich formelrelevante Beimengungen von Eisen, das ebenfalls Magnesium vertreten kann. Daher wurde die ursprüngliche Formel mit (Ni,Mg,Fe)(CO3) angegeben.[5]

Die von der IMA anerkannte Formel entspricht allerdings der oben angegebenen Endgliedformel.

Kristallstruktur

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Gaspéit kristallisiert trigonal in der Raumgruppe R3c (Raumgruppen-Nr. 167)Vorlage:Raumgruppe/167 mit den Gitterparametern a = 4,61 Å und c = 14,74 Å sowie 6 Formeleinheiten pro Elementarzelle.[3]

Eigenschaften

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Gaspéit ist unlöslich in Wasser und nur sehr schwach löslich in Salpetersäure und Salzsäure.

Bildung und Fundorte

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Gaspéit (hellgrün) mit Gillardit (dunkelgrün) aus 132 North, Widgiemooltha, Western Australia (Sichtfeld 4 mm)

Gaspéit bildet sich als seltenes Sekundärmineral in nickelsulfidhaltigen Adern in metamorph umgewandeltem kieselsäurehaltigen Dolomitgestein, möglicherweise auch als Umwandlungsprodukt in nickelreichen Meteoriten. Begleitminerale sind unter anderem Annabergit, Antigorit, Bunsenit, Chrysotil, Dolomit, Gersdorffit, Glaukosphärit, Heazlewoodit, Jamborit, Liebenbergit, Magnesit, Mcguinnessit, Millerit, Nickelin, Nimit, Pecorait, Polydymit, Siderit, Spinell, Trevorit und Violarit.

Als seltene Mineralbildung konnte Gaspéit nur an wenigen Orten nachgewiesen werden. Weltweit sind bisher rund 30 Vorkommen dokumentiert (Stand 2025). Seine Typlokalität auf der Halbinsel Gaspésie in Quebec ist dabei der bisher einzige bekannte Fundort in Kanada.

In Deutschland konnte das Mineral bisher nur im Wechselschacht bei Süß und der Grube Wilhelm in der hessischen Gemeinde Nentershausen gefunden werden.

Weitere Fundorte liegen unter anderem auf Tasmanien und in Western Australia in Australien, bei Duboštica in Bosnien und Herzegowina, der Kupfer-Lagerstätte Pulang im autonomen Bezirk Dêqên in China, in der „Km-3 Mine“ bei Lavrio (Laurion) in der griechischen Region Attika, in der „Monteponi Mine“ bei Iglesias auf der italienischen Insel Sardinien, in der „Nakauri Mine“ bei Shinshiro auf der japanischen Insel Honshū, in der „Kempirsai Cr Lagerstätte“ bei Aqtöbe in Kasachstan, in der „Damba Lagerstätte“ bei Gweru in Simbabwe, in der „Eugenia Mine“ bei Bellmunt del Priorat in der spanischen Provinz Tarragona, am Mabilikewe (Limpopo) und bei Bon Accord (Mpumalanga) in Südafrika, im Gebiet um Haneti-Itiso im Distrikt Chamwino in Tansania sowie in der Red Pit Mine und der Wood's Chrome Mine im Lancaster County des US-Bundesstaates Pennsylvania.[13]

Siehe auch

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Literatur

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  • D. L. Graf: Crystallographic tables for the rhombohedral carbonates. In: American Mineralogist. Band 46, 1961, S. 1283–1316 (englisch, rruff.info [PDF; 2,1 MB; abgerufen am 21. März 2025]).
  • D. W. Kohls, J. L. Rodda: Gaspeite, (Ni,Mg,Fe)(CO3), A new carbonate from the Gaspe Peninsula, Quebec. In: American Mineralogist. Band 51, 1966, S. 677–684 (englisch, rruff.info [PDF; 435 kB; abgerufen am 21. März 2025]).
  • Michael Fleischer: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 54, 1969, S. 326–330 (englisch, rruff.info [PDF; 328 kB; abgerufen am 21. März 2025]).
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Commons: Gaspéite – Sammlung von Bildern

Einzelnachweise

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  1. a b c Malcolm Back, Cristian Biagioni, William D. Birch, Michel Blondieau, Hans-Peter Boja und andere: The New IMA List of Minerals – A Work in Progress – Updated: January 2025. (PDF; 3,8 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Marco Pasero, Januar 2025, abgerufen am 23. März 2025 (englisch).
  2. Laurence N. Warr: IMA–CNMNC approved mineral symbols. In: Mineralogical Magazine. Band 85, 2021, S. 291–320, doi:10.1180/mgm.2021.43 (englisch, cambridge.org [PDF; 351 kB; abgerufen am 21. März 2025]).
  3. a b c d Hugo Strunz, Ernest H. Nickel: Strunz Mineralogical Tables. Chemical-structural Mineral Classification System. 9. Auflage. E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2001, ISBN 3-510-65188-X, S. 286 (englisch).
  4. a b c d e f g h i j k Gaspéite. In: John W. Anthony, Richard A. Bideaux, Kenneth W. Bladh, Monte C. Nichols (Hrsg.): Handbook of Mineralogy, Mineralogical Society of America. 2001 (englisch, handbookofmineralogy.org [PDF; 65 kB; abgerufen am 23. März 2025]).
  5. a b D. W. Kohls, J. L. Rodda: Gaspeite, (Ni,Mg,Fe)(CO3), A new carbonate from the Gaspe Peninsula, Quebec. In: American Mineralogist. Band 51, 1966, S. 677–684 (englisch, rruff.info [PDF; 435 kB; abgerufen am 23. März 2025]).
  6. a b Stefan Weiß: Das große Lapis Mineralienverzeichnis. Alle Mineralien von A – Z und ihre Eigenschaften. Stand 03/2018. 7., vollkommen neu bearbeitete und ergänzte Auflage. Weise, München 2018, ISBN 978-3-921656-83-9.
  7. a b c Gaspéite. In: mindat.org. Hudson Institute of Mineralogy, abgerufen am 21. März 2025 (englisch).
  8. Palmerton Mayor: John Landon Rodda. In: articles.mcall.com. The Morning Call, 10. April 2000, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 22. Dezember 2018; abgerufen am 21. Dezember 2018.
  9. Michael Fleischer: New mineral names. In: American Mineralogist. Band 54, 1969, S. 326–330 (englisch, rruff.info [PDF; 328 kB; abgerufen am 23. März 2025]).
  10. Catalogue of Type Mineral Specimens – G. (PDF 191 kB) Commission on Museums (IMA), 9. Februar 2021, abgerufen am 23. März 2025 (Gesamtkatalog der IMA).
  11. Catalogue of Type Mineral Specimens – Depositories. (PDF; 311 kB) Commission on Museums (IMA), 18. Dezember 2010, abgerufen am 23. März 2025 (englisch).
  12. Ernest H. Nickel, Monte C. Nichols: IMA/CNMNC List of Minerals 2009. (PDF; 1,9 MB) In: cnmnc.units.it. IMA/CNMNC, Januar 2009, archiviert vom Original am 29. Juli 2024; abgerufen am 30. Juli 2024 (englisch).
  13. Fundortliste für Gaspéit beim Mineralienatlas (deutsch) und bei Mindat (englisch), abgerufen am 21. März 2025.