Paselstollen

Stollen bei Böckstein im Gasteinertal, Land Salzburg
(Weitergeleitet von Gasteiner Heilstollen)

Koordinaten: 47° 4′ 48,9″ N, 13° 5′ 50,9″ O

Karte: Land Salzburg
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Paselstollen

Der Paselstollen ist ein seit 1943 bestehender Stollen bei Böckstein im Gasteinertal, Land Salzburg. Er wurde zur Goldgewinnung vorgetrieben und wird seit 1952 unter dem Namen Gasteiner Heilstollen als Kureinrichtung der Radonbalneologie genutzt. Bergrechtlich wird der Stollen von der Erzbergbau Radhausberg GesmbH betrieben und von der Gasteiner Kur-, Reha- u Heilstollen BetriebsgesmbH medizinisch genutzt.

Lage und Daten

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Die heutige Einfahrt zum Stollen

Das Stollenportal liegt etwa 2 Kilometer westlich des Bahnhofs Böckstein in Richtung Sportgastein, am Fuß des Radhausbergmassivs in 1290 m ü. A. Seehöhe.

Der Stollen wurde fast 2 Kilometer (1888 m Stollenlänge) Richtung Süd vorgetrieben, die lichten Maße waren: Höhe 3,40 m, Sohlenbreite 3,40 m, und Firstbreite 3,0 m.[1]

Geschichte

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Das Radhausbergmassiv ist ein altes Goldbergbaugebiet, die Schürfrechte wurden mit dem Anschluss Österreichs 1938 von der Republik (Bundesschätze) auf die Preuß-A.G. übertragen.[2] 1940 erfolgte der Anschlag des Pasel-Stollens in Böckstein, um die alten Stollen am Radhausberg zu unterfahren. Schon 1943 wurde der Vortrieb, der auch unter Einsatz von etwa zwei Dutzend polnischer Zwangsarbeiter erfolgte, wegen mangelnder Ergiebigkeit eingestellt.[1] Stattdessen fand man hohe Gesteins- und Lufttemperaturen und eine über dem Normalbereich liegende Konzentration von Radon in der Stollenluft. Diese Besonderheiten und Hinweise auf Heilwirkungen des Stollenklimas bei der Belegschaft des seinerzeitigen Bergbaubetriebes veranlassten die Universität Innsbruck, 1946 mit umfangreichen wissenschaftlichen Untersuchungen zu beginnen.[3]

Die hohe radioaktive Hintergrundstrahlung des Gasteinertals war schon seit Anfang des 20. Jahrhunderts bekannt,[4] im Gasteiner Stollen liegt die Konzentration im Jahresmittel bei etwa 44.000 Becquerel je m³ Stollenluft. Zum Vergleich: In Gebäuden wird ein Richtwert von 200–400 Bq/m³ als Obergrenze für eine Radongefährdung angenommen.[5]

Der Stollen ist nach Curt Pasel, einem Ministerialdirigenten im Reichs- und Preußischen Wirtschaftsministerium, benannt.[6]

Geologie

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Der Gasteiner Paselstollen folgt mit seinen Stollenstrecken einem ca. 25 Mio. Jahre alten Erzgang, welcher steil einfallend in große Tiefen (bis 3000 m) des Radhausberges reicht. Dieser Erzgang entstand im Zuge der Alpidischen Gebirgsbildung durch Dehnung der durch den damaligen Nordschub Afrikas hochgefalteten Gesteinsmassen entlang der Gebirgsachse. Die Druckentlastung beim Aufreißen der tiefen Gangspalte lässt ein Aufsteigen und Absetzen sulfidischer Metallerze aus den unterlagernden alten Schiefern der Habachformation zu, die den Riss bis zur Oberfläche mit edelmetallreichen Erzen füllen.

Am Ende der letzten Europäischen Eiszeit versickerten große Massen an Schmelzwässern entlang jüngerer unvererzter Spalten (Fäulen) in den Berg, welche die ca. 3000 m mächtige Gneisabfolge langsam bis zum dichten Schieferboden (Formation des Tauernfensters) durchwässerten, sich dort aufwärmten und als heiße Wässer wieder nach oben stiegen. Die beim Aufstieg in höhere (= kältere) Gesteinsschichten neuerliche Abkühlung erzeugte langsam einen großräumigen und langfristigen Wasserkreislauf, der über Tausende von Jahren die Spurenelemente des Gneises (Radium, Fluor und Chrom) löste und im Wasser anreicherte. Das im heißen Wasser gelöste Radium zerfiel weiter in Radon und aus dem Fluor entstanden in Verbindung mit Wasser starke Säuren, die letztlich auch die Metalle des Erzganges angriffen und zersetzten.

Erst die starke, manchmal bis zu 1000 m tiefe Erosions-Eintiefung der alpinen Täler nach Ende der Eiszeit ließ die im Gneis des Radhausbergs lange Zeit gefangenen Massen von Schmelzwässern an der tieferen nordöstlichen Talsohle in Form heißer, radonhaltiger Quellen austreten. Wie bei einem gefüllten Eimer, welcher an seinem Rand (= Quellhorizont bzw. Höhenlage der Quellen) überläuft, tritt aus den Quellen immer nur jene Wassermenge aus, welche durch die jährliche Schneeschmelze/Niederschläge im weitläufigen Einzugsgebiet dem Gesamtsystem regelmäßig zufließt (diese Tiefenstruktur wird Mallnitzer Mulde genannt).

Die fortgeschrittene Lösung der Edelmetallerze in der Gangspalte wurde auf Höhe des ältesten (ersten) Talbodens gestoppt, da das Thermalwasser aufgrund seiner frühesten Quellaustritte hier nicht mehr höher im Berg aufsteigen konnte. Dies ermöglichte letztlich später den historischen Gold- und Silberbergbau entlang der über 1000 m über dem Talboden gelegenen Ausbisse des Erzganges, bis in Tiefen von ca. 400 m (Bergwerk Radhausberg/Hieronymushaus, Knappenbäudelsee).

Erst in den 1940er-Jahren wurde versucht, mit dem Vortrieb des 2 km langen Paselstollens den Radhausberg samt seines Erzgangs nur knapp (200 m) über dem heutigen Talboden zu unterfahren. Statt der erhofften Erze wurden nur heißer radonhaltiger Wasserdampf angetroffen, der über die leere Gangspalte aus der Tiefe (vom ca. 200 m tiefer liegenden heutigen Quellhorizont) aufstieg und die umgebenden Gesteine bis auf ca. 40 °C aufwärmte.

Kurbetrieb

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Darstellung im Montanmuseum Altböckstein

Der Kurbetrieb wird heute von der Gasteiner Kur-, Reha- und Heilstollen Betriebsgesellschaft m.b.H betrieben, einem Konsortium örtlicher, regionaler und überregionaler Heil- und Tourismuseinrichtungen und Einzelpersonen der Branche.[7] Wissenschaftlich betreut wird er von der Paracelsus Medizinische Privatuniversität in Salzburg (Forschungsinstitut Gastein).[8]

Im Gasteiner Heilstollen werden vor allem chronische Erkrankungen des Bewegungsapparates, der Atemwege und der Haut mit Radon und Hyperthermie behandelt.[9] Der Therapiebereich des Stollens gliedert sich in fünf unterschiedliche Stationen, die sich in Wärme (37–41,5 °C) und Luftfeuchtigkeit (75–100 %) unterscheiden. Die Einfahrt dauert 90 Minuten, von denen ca. 60 Minuten liegend im Therapiebereich verbracht werden. Jährlich werden 14.000 Patienten dort behandelt.[10]

Die effektive radioaktive Strahlendosis einer 3-wöchigen Kur mit 10 Anwendungen im Stollen beträgt etwa 1,8 mSv.[11] Die natürliche jährliche Strahlenbelastung durch Radon und andere inhalierte Nuklide bewegt sich weltweit zwischen 1 und 10 mSv pro Jahr (UNSCEAR 2008).[12] Für nicht beruflich oder als Patient strahlenexponierte Personen definieren die EU-Staaten eine zusätzliche Belastung von 1 mSv pro Jahr als Obergrenze; der Radonstollen ist daher ein Kontroll- oder Überwachungsbereich gemäß Strahlenschutzverordnung.[13] Gegenwärtig gibt es keine wissenschaftlich fundierte Empfehlung zur Radontherapie.[14] Die Kureinfahrten werden allerdings von den österreichischen Sozialversicherungen für Morbus Bechterew, rheumatoide Arthritis und Psoriasisarthritis als Behandlung anerkannt.[15]

Literatur

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  • Ferdinand Scheminzky: Der Thermalstollen von Badgastein-Böckstein. Tyrolia, Innsbruck 1965. Darin u. a.: Christof Exner: Die Geologie des Thermalstollens und seiner Umgebung; Karl Zschocke: Der Goldbergbau in den Hohen Tauern und die Auffahrung des Radhausberg-Unterbaustollens (Pasel-Stollen, Thermalstollen, Heilstollen) in Böckstein bei Badgastein.
  • Josef Zötl, Johann E. Goldbrunner: Die Mineral- und Heilwässer Österreichs: Geologische Grundlagen und Spurenelemente. Gabler Wissenschaftsverlage, 1993, ISBN 978-321182396-5; Kapitel Heilquellen im Grenzbereich der Nördlichen Kalkalpen der Grauwackenzone und im inneralpinen Tertiär. 5.2. Die Heilwasserbereiche im Tauernfenster, S. 81–97 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
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Commons: Paselstollen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

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  1. a b Karl Zschocke: Jahresbericht über den Vortrieb des Radhausberger Unterbaustollens für das Jahr 1940. Böckstein, 7. Februar 1941; Geschichte des Gasteiner Goldbergbaus. Der Bau des Paselstollens (Radhausbergunterbaustollen bzw. Heilstollen). Arbeitsbericht, Böckstein, 3. Januar 1943. Beide veröffentlicht in Der Radhausberg. Zeitschrift für Montanforschung zum Gasteiner Goldbergbau (1940 und 1943 als Webdokument, beide mfzr.org).
  2. vergl. Sitzung des Gewerkenrates der Gewerkschaft Rathausberg am 2. August 1938. Niederschrift (auf mfzr.org).
  3. F. Scheminzky: Der Thermalheilstollen von Badgastein-Böckstein – seine Geschichte, Erforschung und Heilkraft.
  4. so etwa H. Mache: Über die Radioaktivität der Gasteiner Thermen. Sitzungsberichte d. Kais.Akad.Wiss., mathem.-naturwiss.Kl., Abt. IIa, 23, Wien 1904, S. 13;
    ausführlich Joseph Braunbeck: Der strahlende Doppeladler: Nukleares aus Österreich-Ungarn. Leykam Buchverlagsgesellschaft, 1996, ISBN 978-370117333-4, insb. Kap. VII. Hoffende und Enttäuschte, S. 110 ff (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  5. Informationen über Radon. Das österreichische Radonprojekt (ÖNRAP), Harry Friedmann, Faculty of Physics-Nuclear Physics, Universität Wien.
  6. Heinz Dopsch, Hans Spatzenegger, Oswald Reiche: Geschichte Salzburgs. Band 2 Stadt und Land., 1991, S. 2626.
  7. Firma Gasteiner Kur-, Reha- und Heilstollen Betriebsgesellschaft m.b.H in Böckstein. Firmenbuchdaten Creditreform/firmenabc.at
  8. Das Forschungsinstitut Gastein stellt sich vor, Infoblatt (pdf, auf gasteiner-heilstollen.com, abgerufen am 10. Februar 2013; 103 kB).
  9. Markus Ritter: Indikationsliste zur Radontherapie. Institut für Physiologie und Pathophysiologie, Forschungsinstitut Gastein (pdf, abgerufen am 10. Februar 2013).
  10. Meldung auf springermedizin.at, 3. Mai 2012 (Memento des Originals vom 17. Dezember 2015 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.springermedizin.at
  11. Radon als Heilmittel - Therapeutische Wirksamkeit, biologischer Wirkungsmechanismus und vergleichende Risikobewertung Peter Deetjen, Albrecht Falkenbach, Dietrich Harder, Hans Jöckel, Alexander Kaul, Henning von Philipsborn. Verlag Dr. Kovac, 2005, ISBN 3-8300-1768-5.
  12. UNSCEAR-Report 2008, S. 339, Tabelle 12 (PDF; 12,8 MB).
  13. Österreichische Strahlenschutzverordnung, § 14@1@2Vorlage:Toter Link/www.lebensministerium.at (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  14. HTA zur Radontherapie bei muskuloskeletalen Erkrankungen. Update 2012. (PDF; 618 kB)@1@2Vorlage:Toter Link/www.hauptverband.at (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Mai 2019. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, Februar 2012
  15. Gesundheitseinrichtung der VAEB, abgerufen am 24. Oktober 2016.