Famagusta

Hafenstadt an der Ostküste Zyperns
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Famagusta, griechisch Αμμόχωστος Ammóchostos (türkisch Mağusa, nach der türkischen Invasion 1974 umbenannt in Gazimağusa), ist eine Hafenstadt an der Ostküste Zyperns in der international nicht anerkannten Türkischen Republik Nordzypern. Sie ist Hauptort des Distriktes Gazimağusa. Formal ist sie Hauptort des Bezirks Famagusta der Republik Zypern.

Famagusta
Αμμόχωστος
Gazimağusa
Famagusta (Zypern)
Famagusta (Zypern)
Basisdaten
Staat: Nordzypern Türkische Republik Nordzypern (de facto)
Distrikt: Zypern Republik Famagusta
Nordzypern Gazimağusa
Geographische Koordinaten: 35° 7′ N, 33° 56′ OKoordinaten: 35° 7′ N, 33° 56′ O
Einwohner: 40.920 (2011[1])
LAU-1-Code: CY-04
Postleitzahl: 5000
Bürgermeister: Nordzypern İsmail Arter
Website: www.magusa.org
Blick über Famagusta
Blick über Famagusta
Blick über Famagusta
Die Lala-Mustafa-Pascha-Moschee, die frühere St.-Nikolaus-Kathedrale

In der Antike hieß die Stadt nach der ägyptischen Königin Arsinoë II. zeitweilig auch Arsinoë. Die griechische Bezeichnung Ammochostos bedeutet versteckt im Sand; aus diesem Namen hat sich im Mittelalter Famagusta beziehungsweise Mağusa entwickelt.

Geschichte

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Die Fischersiedlung Ammochostos gewann in byzantinischer Zeit an Bedeutung, als die Bewohner der nördlich benachbarten Stadt Constantia/Salamis nach Überfällen der Araber, mehreren Erdbeben und der Versandung ihres Hafens dorthin umsiedelten. Trotz seines günstigen tiefen Hafens blieb der Ort auch unter den Byzantinern unbedeutend.

Der Aufschwung zur reichsten Stadt des östlichen Mittelmeeres setzte im 13. Jahrhundert ein, nachdem der fränkische Kreuzritter Guido von Lusignan, bis 1192 König von Jerusalem, im Dritten Kreuzzug vom englischen König Richard Löwenherz 1192 die Insel Zypern gekauft hatte. Nach Guidos Tod im Jahre 1194 übernahm dessen älterer Bruder Amalrich II. die Herrschaft.

Famagusta wurde katholischer Bischofssitz. Die Stadt galt im Mittelmeer als östlichster Außenposten der römischen Kirche. 1291, nach dem Fall von Akkon, siedelten sich Adlige, Ritter, Kaufleute und Kleriker aus Palästina auf der Insel an. Famagusta erlebte als Handelszentrum mit Verbindungen zu den Häfen des Nahen Ostens und Italiens eine bedeutende wirtschaftliche, kulturelle und bauliche Entwicklung. Im 14. Jahrhundert stieg die Einwohnerzahl auf 40.000 an. Die Wahrung des Wohlstandes der Kaufleute erforderte den Bau von Befestigungsanlagen. Unter Heinrich II. entstanden die Festungsbauten: die Zitadelle am Hafen als Wehr- und Wohnturm (Othello-Turm), in dem sich die Ereignisse abgespielt haben sollen, die dem Drama Shakespeares zu Grunde liegen, und die mächtige Stadtbefestigung mit zahlreichen Türmen und Toren.

In Famagusta wurden Gotteshäuser für alle bedeutenden Glaubensrichtungen errichtet. Von 1291 bis 1373 wurde die Kathedrale St. Nikolaos im Stil der französischen Gotik erbaut. Dort fand im 14. Jahrhundert die Krönung der Lusignans zu Königen des untergegangenen Königreiches Jerusalem und von Zypern statt. Im Umkreis der Kathedrale errichteten im 14. und 15. Jahrhundert die Ritterorden und die Händlerkolonien der Syrer, Armenier, Italiener, Griechen und Juden eine Vielzahl von Kirchen, Konventen und Klöstern, Synagogen und Moscheen. Um 1330 erreichte der Wohlstand der Stadt und ihrer Einwohner seinen Höhepunkt.

Genua und Venedig gewannen jedoch zunehmend an Macht und Einfluss und konkurrierten um die Vormachtstellung. Anlässlich der Krönung Peters II. zum König von Jerusalem brach in der Stadt ein Aufruhr aus. Es kam zu Plünderungen, Zerstörungen und einem Massaker an genuesischen Kaufleuten. Daraufhin besetzte ein Geschwader unter Pietro di Campofregoso 1374 die Stadt und verlangte hohe Reparationen sowie einen jährlichen Tribut. Sie wurde von Jakob I. an Genua abgetreten. Mit Hilfe der Venezianer erlangten die Lusignans 1464 die Herrschaft über Ammochostos zurück. 1489 trat die aus Venedig stammende Königin Katharina Cornaro die Herrschaft über die gesamte Insel an ihre Heimatstadt ab.

 
Wallanlagen (links: San Luca-Bastion, im Hintergrund: Ruine der Karmeliter-Kirche)

Unter venezianischer Herrschaft gelangte Ammochostos noch einmal zu kurzer Blüte. Angesichts der osmanischen Bedrohung wurden 1491 bis 1567 die Befestigungsanlagen im Renaissance-Stil umgestaltet und verstärkt: Die etwa 3,5 km lange Stadtmauer wurde auf 17 m erhöht und bis auf 9 m verbreitert, es wurde ein breiter Wallgraben angelegt, den Bastionen Rivettina/Limassol-Tor und Martinengo wurden 1544 bis 1567 eindrucksvolle Ravelins vorgesetzt, das Seetor wurde prunkvoll umgestaltet, die Zitadelle 1552 bis 1554 vergrößert und 1552 ein Gouverneurs-Palast errichtet.

 
Famagusta nach einer Darstellung aus dem Jahr 1572, Georg Braun, Frans Hogenberg: Civitates Orbis Terrarum, Bd. 1, 1572, Ausgabe Beschreibung vnd Contrafactur der vornembster Stät der Welt, Köln 1582 (Digitalisat)

1570 stand das Heer der Osmanen unter Lala Mustafa Pascha vor der Stadt. Nach elfmonatiger Belagerung mussten sich die letzten 500 Verteidiger am 1. August 1571 der Übermacht ergeben. Die Osmanen sicherten den Menschen Unversehrtheit zu. Am 4. August 1571 wurde die Stadt übergeben. Am 5. August brachen die Osmanen ihr Versprechen und töteten alle Christen. Die im Kampf kaum beschädigte Stadt wurde von den Eroberern nachträglich zerstört, Kirchen wurden in Moscheen umgewandelt, so unter anderem die St. Nikolaos-Kathedrale in die Lala-Mustafa-Pascha-Moschee. Andere Kirchen wurden als Lagerhallen genutzt. Famagusta hat gegenwärtig noch 22 Kirchen, die meisten von ihnen müssen allerdings als Ruinen angesehen werden.

 
Die USS Albany im Hafen, 1949

Neuen Aufschwung erlebte Famagusta Ende der 1960er Jahre, denn mit steigendem touristischen Interesse wurde nach der Entlassung der Insel in die Unabhängigkeit von 1960 an am südlichen Stadtrand der Stadtteil Varosia mit zahlreichen Hotels zum wichtigsten Tourismuszentrum der Insel ausgebaut.

Bei der türkischen Militäroffensive im Jahre 1974 spielte die Altstadt von Famagusta eine besondere Rolle. Viele Zyperntürken waren in den Kriegswirren aus der Umgebung in die Altstadt geflohen und wurden dreieinhalb Wochen durch die Zyprische Nationalgarde belagert. Die türkischen Streitkräfte besetzten sowohl die Stadt Famagusta als auch den touristisch wichtigen Stadtteil Varosia; dieser wurde zur militärischen Sperrzone erklärt und sollte als Pfand für spätere Verhandlungen dienen.

Das heutige Gazimağusa mit seinen rund 40.000 Einwohnern hat als einziger Frachthafen der Türkischen Republik Nordzypern als Touristenziel und seit einigen Jahren auch als Universitätsstadt wieder an Bedeutung gewonnen.

Im Ort befindet sich das Namık-Kemal-Gymnasium Gazimağusa, das 1944 gegründet wurde und damit eines der ältesten zyperntürkischen Gymnasien auf der Insel Zypern ist. Im Jahr 1979 erfolgte die Gründung der Ostmediterranen Universität, die laut Times Higher Education als die beste Universität der Insel gilt.

Kultur und Sehenswürdigkeiten

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Die Altstadt umgibt eine noch weitgehend original erhaltene Festungsmauer aus dem 16. Jahrhundert mit einer Gesamtlänge von über 3500 Metern.[2] Das heutige Zentrum der Altstadt bildet die Lala-Mustafa-Pascha-Moschee, entstanden aus der St. Nikolaus-Kathedrale kurz nach der Eroberung durch deren Umwidmung. Diese war eine 1326 von französischen Baumeistern als dreischiffige Basilika errichtete Hauptkirche der Lusignan. Durch einen Portikus aus drei Rundbögen und vier ionischen Granitsäulen gelangt man zum Palazzo del Provveditore, dem einstigen Amtssitz des venezianischen Stadtkommandanten – heute eine Ruine. Diesem benachbart befinden sich die Ruinen eines Franziskaner-Klosters sowie die St.-Peter-und-Paul-Kirche (Sinan Pasha Moschee), errichtet 1360. Paläste von Kreuzrittern und reichen Kaufleuten sind in der Altstadt überwiegend als Ruinen erhalten. Ebenfalls aus der arabischen Periode stammt das Badehaus Paşa Hammam, es wird heutzutage als Bar verwendet.

Das Stadtmuseum Namık Kemal bewahrt zahlreiche Funde aus der Stadtgeschichte auf. In einem gesonderten Raum befindet sich das mit militärischen Insignien und Fahnen geschmückte Grab von Canbulat.[3]

Städtepartnerschaften

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Kirchenruinen in Famagusta

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Die Stadt war Endbahnhof der von 1904 bis 1951 bestehenden Bahnstrecke Famagusta–Morphou.

Wirtschaft

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Famagusta galt als wichtiger Handelshafen und war Hauptniederlassung einiger Reedereien. Die Stadt ist auch einer der wichtigsten Standorte der Tourismusbranche der Türkischen Republik Nordzypern. Im Stadtgebiet befinden sich zwölf Hotels.

Famagusta war die Heimat der Fußballvereine Anorthosis Famagusta und Nea Salamis Famagusta, diese wanderten jedoch nach der türkischen Invasion nach Larnaka ab. Anorthosis gewann während seiner Zeit in Famagusta sechsmal die nationale Meisterschaft (1950 bis 1963); seit 1995 folgten weitere sieben Meistertitel im Exil. Anorthosis Famagusta schaffte 2008 den Einzug in die Champions League.

Aus der Türkischen Republik Nordzypern ist der Verein Mağusa Türk Gücü aktiv. Der Verein wurde 1945 von der zyperntürkischen Bevölkerung der Stadt gegründet. Das Team trägt seine Spiele im Dr. Fazıl Küçük Stadion mit einer Kapazität von 5.000 Plätzen aus.

Söhne und Töchter

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  • Agnes Smith: Through Cyprus, Hurst and Blackett, London 1887, S. 110–114. (Digitalisat, PDF)

Literatur

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  • Michael J. K. Walsh (Hrsg.): The Armenian Church of Famagusta and the Complexity of Cypriot Heritage, Palgrave Macmillan, 2017.
  • Michael J. K. Walsh: City of Empires. Ottoman and British Famagusta, Cambridge Scholars Publishing, 2015.
  • Michalis Olympios: The Shifting Mantle of Jerusalem: Ecclesiastical Architecture in Lusignan Famagusta / Saint George of the Greeks and Its Legacy: A Facet of Urban Greek Church Architecture in Lusignan Cyprus, in: Annemarie Weyl Carr (Hrsg.): Famagusta, Bd. 1: Art and Architecture (=Mediterranean Nexus 1100–1700. Conflict, Influence and Inspiration in the Mediterranean Area, 2), Brepols, Turnhout 2014, S. 75–142 und 143–202. (academia.edu)
  • Benjamin Arbel: Port Dredging in the Venetian Stato da Mar: the Case of Famagusta (1489–1571), in: Epetirida 37 (2015) 103–144.
  • Benjamin Arbel: Elijah of Pesaro's Description of Famagusta (1563), in: Gilles Grivaud, George Tolias (Hrsg.): Cyprus at the Crossroads. Geographical Perceptions and Representations from the Fifteenth Century, Sylvia Ioannou Foundation, Athen 2014, S. 123–136.
  • Benjamin Arbel: Maritime Trade in Famagusta during the Venetian Period (1474–1571), in: Michael J. K. Walsh, Tamas Kiss, Nicholas Coureas (Hrsg.): The Harbour of all this Sea and Realm. Crusader to Venetian Famagusta, Budapest 2013, S. 91–103.
  • Benjamin Arbel: What happened to the Jews of Famagusta following the Ottoman Conquest of 1571?, in: Benjamin Arbel (Hrsg.): Minorities in Colonial Settings: the Jews in Venice's Hellenic Territories (= Mediterranean Historical Review 27 (2012)), London 2012, S. 241–249.
  • Michele Bacci: L’arte delle società miste del Levante medievale: tradizioni storiografiche a confronto. In: A. C. Quintavalle (Hrsg.): Medioevo: arte e storia, Proceedings of the International Symposium (Parma, 18–22 September 2007), Electa, Mailand 2008, S. 339–354, 6. ISBN 978-88-370-6695-6
  • Michael J. K. Walsh, Peter W. Edbury, Nicholas S. H. Coureas (Hrsg.): Medieval and Renaissance Famagusta. Studies in Architecture, Art and History, Ashgate, Farnham 2012. ISBN 978-1-4094-3557-0 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)
  • Michele Bacci: Syrian, Palaiologan, and Gothic Murals in the “Nestorian” Church of Famagusta, Deltion tes christianikes archaeologikes hetaireias, ser. IV, 27, 2006, S. 207–220
  • Socrates Stratis (Hrsg.): Guide to Common Urban Imaginaries–The “Hands-on Famagusta” Initiative, JOVIS Verlag Berlin 2016, ISBN 978-3-86859-420-1
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Commons: Famagusta – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen

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  1. Birgit Albrecht, Henning Aubel et al.: Der neue Fischer Weltalmanach 2019. S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt a. M., ISBN 978-3-596-72019-4, S. 520.
  2. Man kann diese italienisch beeinflusste Renaissance-Festungsarchitektur auch als Kulisse von vielen Abenteuerfilmen der 1960er Jahre wiederkennen.
  3. Nach der Überlieferung opferte der osmanische Offizier sein Leben, um eine von den Verteidigern errichtete, bis dahin unüberwindliche Sperranlage unbrauchbar zu machen. Dieser Moment der Verwirrung verschaffte den osmanischen Angreifern die Gelegenheit, in die Festung eindringen zu können. Canbulat wird seitdem als Kriegsheld verehrt.
  4. a b c Archivlink (Memento vom 2. April 2015 im Internet Archive)