Die beiden Gedenktafeln am Riesensteinweg am Nordhang des Gaisbergs bei Heidelberg erinnern an das Ableben von Paul von Hindenburg im August 1934 sowie an die verordneten Notstandsarbeiten im gleichen Jahr. Die beiden Gedenksteine wurden durch den Reichsarbeitsdienst am 3. August 1934 an der Hangstützmauer am Riesensteinweg eingefügt. Zwischen der Jahreszahl 1934 stand ursprünglich ein Hakenkreuz, das 1946 als verbotenes Symbol herausgemeißelt wurde.

Gedenktafeln an den Tod Hindenburgs und die Notstandsgesetzgebung (1934)

Der Riesensteinweg findet sich am Gaisberg unterhalb des Johannes-Hoops-Weges, am Hangfuß des stillgelegten Buntsandsteinbruchs (s. Karte Open Street Map). Der Fußweg ist insgesamt gut begehbar, endet aber nach ca. 500 im Unterholz (Stand: 2022). Koordinaten: 49° 24′ 26,2″ N, 8° 42′ 18″ O

Politischer Hintergrund

Bearbeiten
 
Reichspräsident Paul von Hindenburg (1847–1934)

Die Weltwirtschaftskrise Anfang der 1930er Jahre führte auch in Deutschland zu hoher Arbeitslosigkeit. Bereits in der Weimarer Republik 1932 lag die Arbeitslosenzahl bei 6 Millionen mit steigender Tendenz. Um die wirtschaftliche Situation zu verbessern, beschlossen die Reichsregierungen unter Brüning 1932 und Hitler 1933/34 umfangreiche Maßnahmen, wie den Freiwilligen Arbeitsdienst (FAD), das Reinhardt-Programm und den Reichsarbeitsdienst (RAD). Der RAD verpflichtete alle jugendlichen Männer vor ihrem Wehrdienst zu einem halbjährigen Arbeitseinsatz. - „Er soll die deutsche Jugend im Geiste des Nationalsozialismus zur Volksgemeinschaft und zur wahren Arbeitsauffassung, vor allem zur gebührenden Achtung der Handarbeit erziehen“.[1]

Im Zuge dieser Maßnahmen nahm die Stadt Heidelberg 1934 den lang geplanten Ausbau des Riesensteinwegs in Angriff.[2] Mit einer verbreiterten Anbindung an den Johannes-Hoops-Weg sollte der Riesensteinweg ein Pendant zum beliebten Heidelberger Philosophenweg entstehen. Das geschichtsträchtige und attraktive Geotop Riesenstein, mit seinen vermutlich im 17. Jh. abgestürzten, absonderlich aufeinander liegenden Felsen war nicht nur für Geologen, sondern auch für ein breites Publikum von größerem Interesse. Parallel lief dazu ein Würdigungsverfahren zur Ausweisung als Naturdenkmal, das am 27. Juni 1939, gemäß § 3 Reichsnaturschutzgesetz (RNG) rechtskräftig wurde.[3][4] Während der Ausbaumaßnahmen am Riesensteinweg, verstarb am 2. August 1934 Reichspräsident Paul von Hindenburg, Nachfolger von Friedrich Ebert aus Heidelberg. Der FAD ehrte von Hindenburg daraufhin mit einer Gedenktafel in der Hangstützmauer. Sie trägt die Inschrift:

ZUM TODESTAG
DES REICHSPRÄSIDENTEN
V. HINDENBURG
ERRICHTET AM 3. AUGUST
1934

Reichskanzler A. Hitler übernahm im gleichen Jahr nun auch das Amt des verstorbenen Reichspräsidenten und wurde damit formell Oberbefehlshaber der deutschen Streitkräfte.[5] 1935 kamen die Arbeiten am Riesensteinweg zu einem raschen Ende. Gerade mal 400 m des Wegs mit angrenzender Stützmauer waren vollendet. Das Warum und Wie blieben unklar. Auch wer personell am Ausbau des Riesensteinwegs beteiligt war, lässt sich nicht mehr verifizieren. Möglicherweise waren auch Zwangsarbeiter mit im Spiel, die für den Bau des Ehrenfriedhofs abgezogen wurden. Am 25. März 1945 ließ Oberbürgermeister Carl Neinhaus zahlreiche Akten (darunter Dienstakten aus der Registratur des Personal- und Organisationsamtes) aussortieren und im Heizungskeller des Heidelberger Rathauses verbrennen. Diese Dokumente fehlten nach 1945 z. B. in den Spruchkammerverfahren, um die dienstlichen Abläufe während des NS-Zeit in der Stadtverwaltung aufzuarbeiten. Die Schriftstücke zur Schutzgebietsausweisung des Riesensteins waren im Badischen Innenministerium in Karlsruhe hinterlegt und haben den Zweiten Weltkrieg überstanden.

Siehe auch

Bearbeiten

Literatur

Bearbeiten
  • E. Klueting: Die gesetzlichen Regelungen der nationalsozialistischen Reichsregierung für den Tierschutz, den Naturschutz und den Umweltschutz. In: Joachim Radkau, Frank Uekötter (Hrsg.): Naturschutz und Nationalsozialismus. Campus Verlag, Frankfurt/New York 2003, ISBN 3-593-37354-8.
  • K. Pfaff: Heidelberg und Umgebung. Zweiter Nachdruck der dritten umgearbeiteten Auflage von Rudolf Sillib anno 1910. Nachdruck Verlag Brigitte Gunderjahn, Heidelberg 1995.

Einzelnachweise

Bearbeiten
  1. Der Reichsarbeitsdienst. (PDF) Abgerufen am 4. September 2022.
  2. Friedrich-Franz Koehnemann: Wanderungen durch Heidelberger Wälder. Heidelberger Verlagsanstalt, 1990, S. 26.
  3. LUBW Sachdaten, abgerufen am 21. September 2022.
  4. H. Derwein: Die Flurnamen von Heidelberg: Riesenstein (Steinbruch, Gewann, Walddistrikt), Nr. 724. Veröffentlichungen der Heidelberger Gesellschaft zur Pflege der Heimatkunde, Band 1. Verlag Universitätsbuchhandlung Carl Winter, Heidelberg 1940.
  5. Heidelberger Geschichtsverein, abgerufen am 15. September 2023
Bearbeiten
Portal: Heidelberg – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Heidelberg
Wiktionary: Reichsarbeitsdienst – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikisource: Paul von Hindenburg – Quellen und Volltexte