Gemeinderatswahlen in der Steiermark 1932
Die Gemeinderatswahlen in der Steiermark 1932 wurden am 24. April dieses Jahres abgehalten. Sie brachten Verluste für die bürgerlichen Parteien und die Sozialdemokraten und Gewinne für Kommunisten und Nationalsozialisten. Zeitgleich fanden auch Gemeinderatswahlen in Kärnten und Landtagswahlen in Niederösterreich, Salzburg und Wien statt.
Anmerkungen zur Auswertung
BearbeitenEine exakte Auswertung dieser Gemeinderatswahlen ist für die Steiermark nicht möglich, da kein amtliches Endergebnis vorliegt. Ferner wurde aufgrund der damals geltenden gesetzlichen Bestimmungen in fast der Hälfte der steirischen Gemeinden überhaupt nicht gewählt. Nach § 7 des 1932 noch geltenden Landesgesetzes vom 28. März 1924 konnte nämlich in Gemeinden, wo nur ein Wahlvorschlag eingebracht worden war und dieser die zur Vollzähligkeit des Gemeinderats notwendige Zahl von Wahlwerbern enthielt, die Wahl entfallen. Von dieser Möglichkeit machten insgesamt 446 Gemeinden der Steiermark Gebrauch, während in 582 Gemeinden Wahlen durchgeführt wurden.[1]
Letztlich können verschiedenen Zeitungen lediglich die Wahlergebnisse von 351 steirischen Gemeinden entnommen und daher ausgewertet werten. Abgesehen von einzelnen Ausnahmen enthalten diese aber keine Wahlberechtigtenzahlen, weswegen für Wahlanalysen im Allgemeinen die Wahlberechtigtenzahlen der Nationalratswahl von 1930 als Berechnungsbasis herangezogen werden. Ein weiteres Problem ergibt sich daraus, dass speziell im bürgerlichen Lager eine Vielzahl von wahlwerbenden Gruppen mit meist rein lokalem Bezug zur Wahl antraten. Häufig bildeten sie Gemeinschaftslisten und stellten sich als „Wirtschaftsblock“, „Wirtschaftspartei“, „Ständeblock“, „Ständebund“, „Ständevertretung“ usw. der Wahl. Eine exakte Aufschlüsselung der bürgerlichen Kräfte ist daher nicht möglich, sondern nur eine Gegenüberstellung von „bürgerlichen“ bzw. „rechten“ und von „marxistischen“ bzw. „linken“ Parteien.[2]
Ergebnisse
BearbeitenDer Hauptverlierer der Wahl war der Block der bürgerlichen Parteien, darunter vor allem die Großdeutsche Volkspartei, deren Wählerschaft bei den österreichischen Wahlgängen dieses Jahres von den Nationalsozialisten fast völlig „aufgesogen“ wurde. Die Stellung der Großdeutschen war in der Steiermark aber bereits zum Zeitpunkt der Wahl derart geschwächt, dass sie sich mit Ausnahme der Stadt Deutschlandsberg nur in Koalition mit anderen wahlwerbenden Gruppen den Gemeinderatswahlen stellten.[3] Insgesamt fiel der Anteil der bürgerlichen Parteien – gemessen an den gültigen Stimmen – in den 351 auswertbaren Gemeinden von 59,0 % (bei der Gemeinderatswahl 1928) auf 54,1 % ab. Der Stimmanteil der Sozialdemokratischen Partei ging von 39,5 % auf 35,9 % zurück. Zu den Gewinnern durften sich neben den Nationalsozialisten auch die Kommunisten zählen, wenngleich sie mit einem Anteil von 1,8 % (1928: 0,2 %) nach wie vor eine verschwindend kleine politische Minderheit darstellten. Die NSDAP erreichte 8,2 % (1928: 1,3 %), wobei anzumerken ist, dass die Nationalsozialisten aufgrund ihres damals in der Steiermark noch eher geringen Organisationsgrads nur in 122 Gemeinden in der Lage gewesen waren, eine Kandidatur anzumelden. Unter Einbeziehung dieser Tatsache erhöht sich ihr Stimmenanteil in den 122 der 351 auswertbaren Gemeinden auf 13,2 % (auf Basis der Wahlberechtigten 11,6 %). Damit blieb die Steiermark aber immer noch hinter Kärnten zurück, wo die NSDAP in den 98 der insgesamt 212 Gemeinden mit eigener NS-Kandidatur auf 15,7 % (auf Basis der Wahlberechtigten) kam. Im Gegensatz zum Wahlergebnis in der Steiermark lag jenes in Kärnten vor dem Hintergrund der Wahlergebnisse in Niederösterreich, Salzburg und Wien somit genau „im Trend“.[4]
Zu hohe oder zu niedrige Resultate hinsichtlich des Abschneidens der NSDAP werden vor allem in der älteren Literatur genannt. Gerhard Jagschitz beispielsweise spricht von einem NS-Stimmenanteil von 20,0 % für Kärnten und 16,0 % für die Steiermark und datiert die Wahlen irrigerweise auf März und April 1933.[5] Stefan Karner wiederum nennt für die Steiermark nur einen landesweiten NS-Stimmenanteil von 3,0 % und beruft sich dabei auf ein im Steiermärkischen Landesgesetzblatt veröffentlichtes Ergebnis.[6]
Literatur
Bearbeiten- Dirk Hänisch: Die österreichischen NSDAP-Wähler. Eine empirische Analyse ihrer politischen Herkunft und ihres Sozialprofils (= Böhlaus Zeitgeschichtliche Bibliothek, Bd. 35) Wien-Köln-Weimar 1998, ISBN 978-3-205-98714-7.
Einzelnachweise und Anmerkungen
Bearbeiten- ↑ Hänisch (1998), S. 102, der sich dabei auf die Grazer Zeitung vom 30. April 1932 beruft und darauf hinweist, dass dort offensichtlich zehn Gemeinden zu viel angegeben wurden, da die Summe die Gesamtzahl der steirischen Gemeinden (insgesamt 1.018) überschreitet.
- ↑ Zu weiteren Details bezüglich der Problematik der Analyse der Gemeinderatswahlen 1932 vgl. Hänisch (1998), S. 102f.
- ↑ Gerald M. Wolf: „Jetzt sind wir die Herren ...“ Die NSDAP im Bezirk Deutschlandsberg und der Juli-Putsch 1934 (= Grazer zeitgeschichtliche Studien, Band 3). StudienVerlag, Innsbruck-Wien-Bozen 2008, S. 82, Anm. 155.
- ↑ Hänisch (1998), S. 100f. und 104.
- ↑ Gerhard Jagschitz: Zur Struktur der NSDAP in Österreich vor dem Juliputsch 1934. In: Ludwig Jedlicka und Rudolf Neck (Hrsg.): Das Jahr 1934: 25. Juli. Protokoll des Symposiums in Wien am 8. Oktober 1974 (= Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Kommission des Theodor-Körner-Stiftungsfonds und des Leopold-Kunschak-Preises zur Erforschung der österreichischen Geschichte der Jahre 1927 bis 1938, Bd. 3) Wien 1975, S. 9–20, hier S. 11.
- ↑ Karner Stefan: Die Steiermark im Dritten Reich 1938-1945. Aspekte ihrer politischen, wirtschaftlich-sozialen und kulturellen Entwicklung. 3. Aufl., Graz 1994, S. 28 und 479, Anm. 12.