Georg Marggraf

deutscher Forschungsreisender und Naturforscher
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Georg Marggraf auch Marcgrave, Marcgraf oder Markgraf, (* 20. September 1610 in Liebstadt, Kursachsen; † Juli / August 1644 in São Paulo de Loanda, Angola)[1] war ein deutscher Naturforscher und Forschungsreisender in Südamerika im 17. Jahrhundert. Sein offizielles botanisches Autorenkürzel lautet „Marcgr.“.

Historia Naturalis Brasiliae, Willem Piso und Georg Marggraf 1648

Leben und Wirken

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Der Sohn eines Schulmeisters und Organisten begann 1627 ein mehrjähriges Studium der Mathematik, Botanik, Astronomie, Chemie und Medizin, wobei er die Universitäten in Straßburg, Basel, Ingolstadt, Altdorf, Erfurt, Wittenberg, Leipzig, Greifswald, Rostock, Stettin und Leiden besuchte.

1638 nahm er als einer der jüngsten Teilnehmer zusammen mit anderen Wissenschaftlern und Künstlern wie Willem Piso, Frans Post und Albert Eckhout an der mehrjährigen Brasilien-Expedition des Fürsten Johann Moritz von Nassau-Siegen teil.

Dabei kartierte er drei Jahre lang die Küste zwischen dem 5. und 11. Breitengrad. Mehrere Exkursionen führten Marggraf auch ins Innere des Landes zwischen dem Rio Grande im Norden und dem Rio São Francisco im Süden. Während dieser Exkursionen trieb er umfangreiche Studien über Astronomie und Botanik und führte Wetterbeobachtungen und -aufzeichnungen durch. Dabei verfasste er u. a. die erste wissenschaftliche Beschreibung einer Sonnenfinsternis in der Neuen Welt (3./13. November 1640). An der Konzeption eines zoologisch-botanischen Gartens in Recife war er maßgeblich beteiligt.

Marggraf starb 1644 im Alter von 34 Jahren in S. Paulo de Loanda (Angola) an Tropenfieber.

Seine wissenschaftlichen Aufzeichnungen gelangten nach seinem Tod über Moritz von Nassau nach Europa und von dort in verschiedene Hände, weite Teile sind bis heute verschollen. Johannes de Laet, der Marggraf für die Brasilien-Expedition empfohlen hatte, verarbeitete dessen Aufzeichnungen in Historia Naturalis Brasiliae. Ein Teil seiner Karten wurden in Kupfer gestochen und im Atlas Basiliensis herausgegeben. Einige der Flussläufe sind weit bis ins Landesinnere dargestellt. Noch weit bis ins 18. Jahrhundert prägten seine Karten das Bild Brasiliens. Verschollen blieb dagegen ein Großteil der mathematisch-astronomischen Aufzeichnungen. Dabei ist es gerade in diesem Wissenschaftsbereich möglich, dass Marggraf hier Beobachtungen niederschrieb, die zum Teil erst Jahrzehnte später publiziert wurden, wie z. B. das erste Sternenverzeichnis des Südhimmels (vorgelegt 1679 von Edmond Halley).

Von Marggraf stammen wohl auch die zwei Bände der Libri Principis, Libri Picturati A 36-37, die heute zusammen mit dem vierbändigen Theatrum rerum naturalium Brasiliae sowie den Miscellanea Cleyeri aus dem Besitz der Staatsbibliothek zu Berlin in der Jagiellonischen Bibliothek verwahrt werden.

Marggrafs Herbarium

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Marggraf hatte während seiner Brasilienzeit ein umfangreiches Herbarium angelegt, das neben den Zeichnungen von Albert Eckhout als Vorlage für Abbildungen in der 1648 erschienenen Historia Naturalis Brasiliae diente. 1653 war es in den Besitz von Villum Worm (1633–1704) gelangt und von ihm an den dänischen König Frederik III. 1783 wurde es schließlich dem Botanischen Institut Kopenhagen übereignet, wo es noch heute in Gebrauch ist. Es enthält 173 Pflanzen und einige weitere sind verstreut.[2][3] Carl von Linné bemerkte 1751 über Marggraf und sein Herbarium: „Er macht gute Schilderungen, eine hervorragende Sammlung.“[4]

Problematisches Verhältnis zu Willem Piso

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Das Verhältnis zwischen den beiden Wissenschaftlern Georg Marggraf und Willem Piso wurde im Laufe des Brasilienaufenthaltes immer angespannter und Piso wurde später vorgeworfen, teilweise bei Marggraf abgeschrieben zu haben. Diese Vorwürfe sind mitunter sehr tendenziös,[5][6] während Carl von Linné zum direkten Vergleich der beiden Autoren aufforderte.[4][7]

Tatsache ist aber, dass Johannes de Laet, der Herausgeber des ersten gemeinsamen Werkes von 1648, große Probleme hatte, Marggrafs stark verschlüsselte Texte und weitgehend ungeordnete im Feld gemachten Notizen zu entziffern und zu ordnen. Er fügte eigenständig zahlreiche Ergänzungen und Hinweise auf den jeweils anderen Autor hinzu. Auch ist er für wortgleiche Passagen verantwortlich. Bei näherer Analyse lassen sich die Anteile Pisos und Marggrafs durchaus voneinander abgrenzen, wie das jüngst exemplarisch für die Paradiesnuss Lecythis pisonis und die Mangrovenbaumkrabbe Aratus pisonii erfolgte.[8]

Wie eng zusammenhängend das Werk beider Forscher von späteren Naturwissenschaftlern wie Carl Friedrich Philipp von Martius[9] eingeschätzt wurde, zeigt unter anderem die Tatsache, dass einige Tier- und Pflanzenarten nach beiden benannt wurden.

Ehrungen

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Charles Plumier benannte ihm zu Ehren die Gattung Marcgravia[10] der Pflanzenfamilie der Marcgraviaceae. Carl von Linné übernahm später diesen Namen.[11][12]

Schriften (Auswahl)

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  • Historiae rervm natvralivm Brasiliae, libri octo. In: Historia naturalis Brasiliae. Leiden / Amsterdam 1648.
    • História Natural do Brasil. Rio de Janeiro 1942.
  • Tractatus Topographicus & Meteorologicus Brasiliae, cum Eclipsi Solari; Quibus addit sunt Illius & Aliorum Commentarii De Brasiliensium & Chilensium Indole & Lingua. In: Willem Piso: De Indiae utriusque re Naturali et Medica. Amsterdam 1658, S. 1–39 (nach Buch VI Pisos).

Literatur

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  • Elly Albertin: Fauna und Flora der „Neuen Welt“. Die Irrfahrt von Zeichnungen Eckhouts, Pisos und Markgrafs. In: Brasilien – Entdeckung und Selbstentdeckung. Benteli, Bern 1992, S. 82–88.
  • Ernst van den Boogaart: Johan Maurits' Brazilië. Het land van de suikermolen. WBOOKS, Zwolle 2021, ISBN 978-94-6258-368-9.
  • Eugene Willis Gudger: George Marcgrave, the first student of American natural history. In: The Popular Science Monthly Nr. 81 (1912), S. 250–274.
  • Gerd Hauswald: Forschungsreise nach Brasilien. Wiederentdeckung eines sächsischen Naturforschers. In: Sächsische Heimatblätter 5 (1961), S. 271–274.
  • Egon Klemp: Georg Markgraf als Naturforscher, Landmesser und Kartograph in Brasilien (1638–1643). In: Cartographica Helvetica 8 (1993), S. 44–46. doi:10.5169/seals-5362
  • Uta LindgrenMarggraf, Georg. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 16, Duncker & Humblot, Berlin 1990, ISBN 3-428-00197-4, S. 167 (Digitalisat).
  • D. Bento José Pickel: Flora do Nordeste do Brasil segundo Piso e Marggrave no Século XVII. (Hrsg. Argus Vasconcelos de Alemida). EDUFRPE, Recife 2008.
  • Friedrich RatzelMarcgraf, Georg. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 20, Duncker & Humblot, Leipzig 1884, S. 295 f.
  • Huib J. Zuidervaart, Oscar T. Matsuura: Astronomer, cartographer and naturalist of the New World. The life and scholarly achievements of Georg Marggrafe (1610–1643) in Colonial Dutch Brazil. 2 Bände, Amsterdam University Press, Amsterdam 2022.

Einzelnachweise

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  1. Georg Markgraf bei Sächsische Biografie, abgerufen am 17. Februar 2019.
  2. Dardáno de Andrade-Lima, Anne Fox Maule, Troels Myndel Pedersen und Knud Rahn: Marcgrave’s Brazilian Herbarium Collected 1638-44. Botanisk Tidsskrift Band LXXI 1977 S. 121–160.
  3. Peter Wagner 2008: Das Markgraf-Herbarium. In: Gerhard Brunn und Cornelius Neutsch (Hrsg.) 2008 S. 233–245.
  4. a b Carl von Linné: Bibliotheca Botanica. Amsterdam 1751 S. 163–164.
  5. Marggraf: Prodromus medicinae practicae dogmaticae & vere rationalis. Superstructae circulari sanguinis motui, nec non principiis chemicis ac hypothesi Helmontianae & Sylvianae. Exhibens specimen methodi perquam facilis medendi plerisque corporis humani affectibus ope acidi & alkali. Leiden 1685 (Lione 1673?) [16 & 8 nicht paginierte Seiten (letztere = Biographie seines Bruders Georg) & 173 Seiten].
  6. Hinrich Lichtenstein: Die Werke von Marcgrave und Piso über die Naturgeschichte Brasiliens, erläutert aus den wieder aufgefundenen Originalzeichnungen. In: Abhandlungen der Königlichen Akademie der Wissenschaften in Berlin. Physikalische Klasse. Aus den Jahren 1814–1815 S. 201–222, Aus den Jahren 1816–1817 S. 155–178, Aus den Jahren 1820–1821 S. 237–254 und Aus dem Jahre 1826 S. 49–65. Berlin 1818–1829.
  7. Carl von Linné: Critica Botanica in qua nomina plantarum generica, specifica; & variantia examini subjiciuntur, selectiora confirmantur, indigna rejiciuntur; simulque doctrina circa denominationem plantarum traditur fundamentorum botanicorum pars IV. Leiden 1737 S. 79.
  8. Norbert J. Pies: Paradiesnuß, Mangrovenbaumkrabbe und Co. Willem Pisos taxonomisches Erbe, in: Pisonia, Weitere Beiträge zur Faksimileausgabe 2008 von Willem Pisos Buch De Indiae Utriusque Re Naturali et Medica. Sprockhövel 2010S. 199–202 und S. 228–230.
  9. Carl Friedrich Philipp von Martius: Versuch eines Commentars über die Pflanzen in den Werken von Marcgrav und Piso über Brasilien, nebst weiteren Erörterungen über die Flora dieses Reiches. I. Kryptogamen. In: Abhandlungen der mathematisch-physikalischen Classe der Königlich Bayerischen Akademie der Wissenschaften 7, 5. München 1853 S. 179–238.
  10. Charles Plumier: Nova Plantarum Americanarum Genera. Leiden 1703, S. 7.
  11. Carl von Linné: Critica Botanica. Leiden 1737, S. 93.
  12. Carl von Linné: Genera Plantarum. Leiden 1742, S. 232.
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