Gerichtsbezirk Wadowice
Der Gerichtsbezirk Wadowice war ein dem Bezirksgericht Wadowice unterstehender Gerichtsbezirk im Kronland Galizien und Lodomerien. Er umfasste Gebiete im Westen Galiziens. Zentrum und Gerichtssitz des Gerichtsbezirks war die Stadt Wadowice. Nach dem Ersten Weltkrieg musste Österreich den gesamten Gerichtsbezirk an Polen abtreten. Das Gebiet ist heute Teil der Woiwodschaft Kleinpolen.
Ehemaliger Gerichtsbezirk Wadowice | |
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Basisdaten | |
Kronland | Galizien und Lodomerien |
Bezirk | Wadowice |
Sitz des Gerichts | Wadowice |
zuständiges Landesgericht | Wadowice |
Fläche | 269,58 km2 (1900) |
Einwohner | 35.927 |
Aufgelöst | 1919 |
Abgetreten an | Polen
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Geschichte
BearbeitenNachdem im Juni 1849 die allgemeinen Grundzüge der Gerichtsverfassung in den Kronländern durch Kaiser Franz Joseph I. genehmigt worden waren, legten die Ministerien des Inneren, der Finanz und der Justiz 1854 die neue Verwaltungs- und Justizeinteilung fest. Auf oberster Ebene wurden die beiden Verwaltungsgebiete Krakau (Westgalizien) und Lemberg (Ostgalizien) geschaffen, darunter folgten die Kreise und die Bezirke. Bei den Bezirksämtern handelte es sich vorerst um gemischte Behörden, denen Aufgaben der Politik, Verwaltung und Justiz zu kamen. Die Bezirksgerichte waren dabei Teil der Bezirksämter und der Gerichtsbezirk deckungsgleich mit dem Verwaltungsbezirk.[1]
Die Errichtung dieser gemischten Bezirksämter wurde per 29. September 1855 amtswirksam,[2] wobei der Gerichtsbezirk Wadowice aus den Gemeinden Babica, Bachowice, Barwałd Dolny, Barwałd Średni, Brankówka und Zagórze, Chocznia, Chrząstowice, Gorzeń Dolny mit Mikolay, Gorzeń Górny, Grodzisko, Jaroszowice mit Zaskawie, Jaszczurowa mit Jamniki, Klecza dolna i średnia, Klecza Górna, Kossowa, Łączany, Łękawica ad Kalwarya i Ostałowka, Lgota, Miejsce, Mucharz, Półwieś, Radocza mit Radocza Góra, Roków, Ryczów mit Lipowa, Skawce, Spytkowice ad Zator, Świnna Poręba, Tłuczań Dolny, Tłuczań Górny, Tomice, Wadowice, Witanowice, Woźniki, Zawadka und Zygodowice gebildet wurde. Im Gerichtsbezirk lebten dabei zu dieser Zeit 22.573 Menschen auf einer Fläche von 4,2 Quadratmeilen. In den Justizbereichen Verbrechen und Vergehen unterstand der Gerichtsbezirk dem Bezirksamt bzw. Bezirksgericht Wadowice, zuständiger Gerichtshof erster Instanz wurde das Landesgericht Krakau. Daneben existierte noch eine Einteilung in Kreise, wobei der Bezirk Wadowice gemeinsam mit den Bezirken Andrychów, Biała, Jordanów, Kalwarya, Kenty, Maków, Milówka, Myślenice, Oświęcim, Seypusch, Skawina und Ślemień den Kreis Wadowice bildete.[1]
Nachdem die Kreisämter Ende Oktober 1865 abgeschafft worden und deren Kompetenzen auf die Bezirksämter übergegangen waren,[3] schuf man nach dem Österreichisch-Ungarischen Ausgleich 1867 auch die Einteilung des Landes in zwei Verwaltungsgebiete ab. Zudem kam es im Zuge der Trennung der politischen von der judikativen Verwaltung[4] zur Schaffung von getrennten Verwaltungs- und Justizbehörden. Während die gerichtliche Einteilung weitgehend unberührt blieb und die „reinen“ Bezirksgerichte per 28. Februar 1867 ihren Dienst aufnahmen,[5] fasste man Gemeinden mehrerer Gerichtsbezirke zu Verwaltungsbezirken zusammen. Dadurch wurde der Gerichtsbezirk Wadowice 1867 zusammen mit Gemeinden der Gerichtsbezirke Andrichów, Kalwarya, Maków, Oświęcim, Skawina und Ślemień Teil des Bezirks Wadowice.[6]
Im Gegensatz zu anderen Kronländern, wo ein Gerichtsbezirk immer nur einem politischen Bezirk angehörte, waren die Gerichtsbezirke Galiziens durch die Bestimmungen von 1867 teilweise auf mehrere Bezirke aufgeteilt worden. Diese Situation wurde schließlich 1878 durch umfassende Änderungen im Gebietsumfang der Gerichtsbezirke bereinigt, wobei der Gerichtsbezirk Wadowice per 1. August 1878 um die Gemeinden und Gutsgebiete Graboszyce, Laskowa, Palczowice, Rudze, Smolice, Trzebieńczyce, Wiglowice und Zator aus dem Gerichtsbezirk Andrichów erweitert wurde. Zudem erhielt der Gerichtsbezirk Wadowice die Gemeinden Kolipowieckie, Podolsze und Przeciszów vom Gerichtsbezirk Oświęcim, die Gemeinden Marcówka und Zembrzyce vom Gerichtsbezirk Maków und die Gemeinden Śleszowice Dolne und Śleszowice Górne vom Gerichtsbezirk Ślemień.[7]
Im Zuge der Schaffung des Kreisgerichtes Wadowice wurde der Gerichtsbezirk Wadowice per 1. Mai 1882 diesem unterstellt und aus dem Zuständigkeitsbereich des Landesgerichts Krakau ausgeschieden.[8][9]
Durch die Schaffung des Gerichtsbezirk Zator verlor der Gerichtsbezirk Wadowice per 1. Oktober 1891 die Gemeinden und Gutsgebiete Bachowice, Chrząstowice, Graboszyce, Grodzisko, Laczany, Laskowa, Lipowa, Miejsce-Spytkowice, Palczowice, Podolsze, Półwieś, Przeciszów, Rudze, Ryczów, Smolice, Trzebieńczyce und Zator,[10][11] im Gegenzug erhielt der Gerichtsbezirk Wadowice jedoch die Gemeinden und Gutsgebiete Kaczyna, Koziniec und Ponikiew per 1. Jänner 1894 vom Gerichtsbezirk Andrichów.[12] Zudem war bereits am 1. Jänner 1890 die Gemeinde Tarnawa vom Gerichtsbezirk Ślemień an den Gerichtsbezirk Wadowice gekommen.[13]
Der Gerichtsbezirk Wadowice bestand bei der Volkszählung 1900 nach den Gebietsgewinnen und Gemeindezusammenlegungen aus den 35 Gemeinden bzw. 33 Gutsgebieten Babica, Barwałd Dolny, Barwałd Średni, Brzeźnica, Chocznia, Gorzeń Dolny, Gorzeń Górny, Jaroszowice, Jaszczurowa, Kaczyna, Klecza Dolna, Kosowa, Koziniec, Łękawica, Lgota, Marcówka, Marcyporęba, Mucharz, Nowe Dwory, Ponikiew, Radocza, Roków, Skawce, Śleszowice, Świnna Poręba, Tarnawa, Tłuczań Dolny, Tłuczań Górny, Tomice, Wadowice, Witanowice, Woźniki, Zawadka, Zembrzyce und Zygodowice. Hatte die Bevölkerung 1890 noch 44.015 Menschen umfasst, so war sie durch die zwischenzeitlichen Gebietsverluste bis 1900 auf 35927 Menschen gesunken. Auf dem 269,58 km² großen Gebiet lebten dabei fast ausschließlich Menschen mit polnischer Umgangssprache und römisch-katholischem Glauben, lediglich in Wadowice bestand eine größere jüdische Gemeinde.
Einzelnachweise
Bearbeiten- ↑ a b Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Österreich 1854, XXXIX. Stück, Nr. 111 „Verordnung der Minister des Innern, der Justiz und der Finanzen, betreffend die politische und gerichtliche Organisirung der Königreiche Galizien und Lodomerien, mit dem Großherzogthume Krakau und den Herzogthümern Auschwitz und Zator“
- ↑ Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Österreich 1855, XXVII. Stück, Nr. 118: „Verordnung der Minister des Innern und der Justiz, über die Einführung der Bezirksämter in dem Königreiche Galizien und Lodomerien, dem Großherzogthume Krakau und dem Herzogthume Bukowina“
- ↑ Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Österreich 1865, XXVI. Stück, Nr. 90: „Verordnung des Staatsministeriums vom 23. September 1865, über die Aufhebung der Kreisbehörden in Galizien“
- ↑ Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Oesterreich. Jahrgang 1868, XVII. Stück, Nr. 44. „Gesetz vom 19. Mai 1868 über die Einrichtung der politischen Verwaltungsbehörden in den Königreichen ...“
- ↑ Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Oesterreich. Jahrgang 1867, XVII. Stück, Nr. 36: „Verordnung des Justizministeriums vom 15. Februar 1867, über die Aufstellung von reinen Bezirksgerichten im Sprengel des Oberlandesgerichtes Krakau“
- ↑ Reichs-Gesetz-Blatt für das Kaiserthum Oesterreich. Jahrgang 1891, XII. Stück, Nr. 39: „Verordnung des Staatsministeriums vom 23. Jänner 1867“
- ↑ Reichsgesetzblatt für die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder 1878, V. Stück, Nr. 15: „Verordnung des Justizministeriums, betreffend Aenderungen des Gebietsumfanges mehrerer Bezirksgerichts- und Gerichtshofs-Sprengel in den Königreichen Galizien und Lodomerien und dem Großherzogthume Krakau“
- ↑ Reichsgesetzblatt für die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder 1879, XXXI. Stück, Nr. 85: „Verordnung des Justizministeriums vom 27. Mai 1879, betreffend die Einrichtung des Kreisgerichtes Wadowice im Königreiche Galizien und Lodomerien“
- ↑ Reichsgesetzblatt für die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder 1882, IV. Stück, Nr. 15: „Verordnung des Justizministeriums vom 25. Jänner 1882, betreffend die Activierung des Kreisgerichtes Wadowice im Königreiche Galizien“
- ↑ Reichsgesetzblatt für die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder 1891, XII. Stück, Nr. 39: „Verordnung des Justizministeriums vom 17. März 1891, betreffend die Errichtung des Bezirksgerichtes Zator in Galizien“
- ↑ Reichsgesetzblatt für die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder 1891, XXXIII. Stück, Nr. 99: „Verordnung des Justizministeriums vom 15. Juli 1891, betreffend die Activierung des Bezirksgerichtes Zator in Galizien“
- ↑ Reichsgesetzblatt für die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder 1878, LXXVI. Stück, Nr. 205: „Verordnung des Justizministeriums, betreffend die Zuweisung der Gemeinden Kaczyna, Koziniec und Ponikiew sammt Gutsgebieten zu dem Sprengel des städtisch-delegierten Bezirksgerichtes Wadowice in Galizien“
- ↑ Reichsgesetzblatt für die im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder 1889, LI. Stück, Nr. 141: „Verordnung des Justizministeriums, betreffend die Zuweisung der Gemeinde Tarnawa Dolna und Górna zu dem Sprengel des städtisch-delegirten Bezirksgerichtes Wadowice in Galizien“
Literatur
Bearbeiten- Christian Andreas Steiner: Die territoriale Entwicklung der Verwaltung und der Gerichtsbarkeit in den Königreichen Galizien und Lodomerien von 1848 - 1918. Diplomarbeit Graz, 2012
- k. k. Statistische Zentralkommission (Hrsg.): Special-Orts-Repertorium der im österreichischen Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder. Neubearbeitung auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung vom 31. December 1890. Wien 1893
- k. k. Statistische Zentralkommission (Hrsg.): Gemeindelexikon der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder. Bearbeitet auf Grund der Ergebnisse der Volkszählung vom 31. Dezember 1900. XII. Galizien, Wien 1907